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Lieblingsgedichte

Dankbarkeit war des Letzten Worts.
Dankbarkeit für den Schatten dieses Orts.
 
Donawschwabe
Jakob Wolf, *1914

Heimat

Alles geht vergessen:
Reichtum, Ruhm wie Glück.
Was wir einst besessen,
sinkt ins Nichts zurück.

Nur an einem Orte
wob die Heimlichkeit
uns der Sehnsucht Pforte
über Raum und Zeit.

Was wir tun und lassen
niemals schwinde sie;
Sterne leicht erblassen,
doch die Heimat nie.

Mag die Welt uns schenken
Reichtum, Ruhm und Glück –
immer wieder denken
wir an sie zurück.

Immer wieder hoffen
wir der Wiederkehr;
stünd' uns alles offen,
blieb doch alles leer.

Niemand kann verwehren
uns der Heimat Glück:
nachts im Traum noch kehren
wir zu ihr zurück.

*******

Alte Bäume versetzt man nicht

Als Oma mit nach Deutschland kam,
war sie nicht allzu glücklich.
Als sie dann Einkauf übernahm,
ward sie sogar verdrießlich:
"Drei Kilo Krumbere mecht ich hann,"
sprach sie zu dem Verkäufer.
Der sah sie unverständig an.
"Ham wir nicht", sagte er in seinem Eifer.
"No mecht ich noch e Pund Parteis -
"Liebe Frau, soviel ich weiß,
führen wir auch dieses nicht."
"Do gebt mr hal e Pack Ziwebe",
versuchte Oma zu verlangen.
"Gerne würd' ich's ihnen geben,
doch ... "Er wußt' halt nix damit anzufangen.
"Na, gebt m'r halt zwa Stange Krien,
die han ich doch im Korb drauß gsiehn."
"Sie haben sicher falsch gesehn",
warf er ihr oberflächlich hin.
"Ich breicht ach Knofl un e Zeller,
Grienzeich un Lemoni noch drzu."
"Liebe Frau", sprach der schon schneller,
"bittschön, lassen's mich in Ruh,
Sie sehen ja, ich hab zu tun.
Schauen Sie sich im Geschäf erst um,
dann werde ich gerne Sie bedienen.
Finden Sie nichts, dann rat ich Ihnen:
Versuchen Sie's mal um die Ecke,
dort finden Sie die Apotheke.
Oder gehn's zum Türken nebenan,
vielleicht, dass der Ihnen helfen kann."

Damit war die Geschicht nicht aus.
Den Rest erzählte Oma dann zu Haus:
"Ei, hat mr sowas schon mol gsiehn,
dass mr im G'schäft gar nix kann krie'n?
Ich han doch gsiehn, dass se es han,
doch de hintrlischtich Mann,
sagt emmer nor: "Das hab'n wir nicht!"
oder aach: "Das führ'n wir nicht!"
De wollt mr eenfach nix vrkaafe.
Umsunsch tät ich em Gschäft romlaafe,
hann deutlich gsiehn newr'm Spinat
war im Korb ach de Zalat.
Ich vrlang drvun, doch der wischti Mann
saat, dass se des aach net han,
mt sei'm ewich "Hab'n wir nicht!"
Do schau ich zornich ehm ins Gsicht
un saag ganz schtaat un trcke:
"Ei do bleibt doch uf eir'm Zeich hucke!"

Quelle: Georg Weiner, Heitere Geschichten aus der Heimat der Donauschwaben, (Verlag der Donauschwäbischen Kulturstiftung - Stiftung des privaten Rechts -, München), München 1997.
 
Hier mal eines meiner Lieblingsgedichte (bin großer Morgenstern-Fan):

Du dunkler Frühlingsgarten,
durch den ich wandre jede Nacht,
all deine Knospen warten
auf ihre junge Pracht.

Wie liegst du schwarz und schweigend nun
und doch so sonnenbang und -toll!
Schon geht der Mond, im See zu ruhn,
bald ist die Stunde voll.
(Christian Otto Josef Wolfgang Morgenstern)


Ich mag es besonders, weil es nicht von bunten Wiesen und trällernden Vögelchen handelt, wie die meisten Frühlings-Gedichte. Beim Lesen des Gedichtes fühl' ich mich selbst wie in einem Garten in einer Frühlingsnacht...
 
Sehr schönes Gedicht! Wann ist es ca. entstanden?

Ich weiß nicht genau, wann das Gedicht entstanden ist, nehme aber an, während des 2. Weltkriegs. Damals wurde eine große Zahl von Donaudeutschen aus Jugoslawien vertrieben, weil sie als illoyale Staatsbürger galten. Außerdem hat auch Hitler alle Deutschen zum Verlassen des Landes aufgefordert und versprach ihnen finanzielle Entschädigung, falls sie nach Deutschland oder Österreich kämen.
 
Zu guter Letzt

Als Kind wußte ich:
Jeder Schmetterling
den ich rette
jede Schnecke
und jede Spinne
und jede Mücke jeder Ohrwurm
wird kommen und weinen
wenn ich begraben werde

Einmal von mir gerettet
muß keines mehr sterben
Alle werden sie kommen
zu meinem Begräbnis

Als ich dann groß wurde
erkannte ich:
Das ist Unsinn
Keines wird kommen
ich überlebe sie alle

Jetzt im Alter
frage ich: Wenn ich sie aber
rette bis ganz zuletzt
kommen doch vielleicht zwei oder drei?

Aus der Todesanzeige einer sehr alten Frau (99)

Gedicht von Erich Fried - Ulrike
 
ostern ist jetzt schon wieder etwas vorbei, aber gerade um die zeit im frühjahr wenn sich alles nach wärme und frühling sehnt, denke ich immer an dieses gedicht, weshalb es eindeutig zu meinen absoluten lieblingsgedichten gehört!

Osterspaziergang

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dort her sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurück zu sehen!
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden:
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß in Breit und Länge
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen,
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!

Johann Wolfgang von Goethe
 
Danke fürs Erinnern an Gryphius!-
Hier noch ein Buchtipp: Szyrocki, Marian: Die deutsche Literatur des Barock.
Eine Einführung. Rowohlts Deutsche Enzyklopädie. Dieses nun schon alte
Taschenbuch besitze ich seit 40 Jahren, immer wieder eine Fundgrube!
Lohnt sich evtl. antiquarisch zu erwerben! Darin wird einem die Barocklyrik
nahegebracht! - Viele Grüße von Ulrike
 
Zum heutigen Muttertag passend:

Mutter
Mitten aus all den fremden Gestalten
Plötzlich kamst du auf mich heran
Mit den Augen, den tiefen, alten
Sahst du mich so innig an
Ganz noch das alte Bauernweibchen
Die hohe Haube, das bunte Leibchen
Und die tausend Runzeln im Gesicht
Ich drückte dir die raue Hand
Und all die schönen geputzten Damen
Die auf und ab die Alleen kamen
Vor dir war alles eitler Tand
Jakob Kneip
entdeckt in der Jahresgabe 1980 der Fa. Hoesch
Kneip lebte 1881-1958, Mitglied der
"Werkleute auf Haus Nyland" u. des "Rheinischer Dichterbund"
Gesammelte Gedichte erschienen 1953 - Ulrike
 
Sachliche Romanze

Als sie einander acht Jahre kannten
(und man darf sagen: sie kannten sich gut),
kam ihre Liebe plötzlich abhanden.
Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.

Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
versuchten Küsse, als ob nichts sei,
und sahen sich an und wußten nicht weiter.
Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.

Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.
Er sagte, es wäre schon Viertel nach Vier
und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.
Nebenan übte ein Mensch Klavier.

Sie gingen ins kleinste Café am Ort
und rührten in ihren Tassen.
Am Abend saßen sie immer noch dort.

Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort
und konnten es einfach nicht fassen.


Erich Kästner
 
Wie versprochen hier mein Lieblingsgedicht von Eichendorff:


Mondnacht
Es war, als hätt' der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst'.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis' die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.


Grüße Volker
 
Hallo Volker, danke für das "Lieblingsgedicht", es ist immer wieder schön, so
klassische Verse zu lesen. Wenn ich bedenke, was ich früher alles auswendig
konnte!? - Konntest Du letzte Nacht nicht schlafen? (Uhrzeit!) - Viele Grüße
sendet Ulrike
 
Erinnerungsblatt

Wie das Leben auf und nieder schwankt
Und sich bald an Rosen, bald an Dornen rankt
Wie es traumhaft schnell vorüberirrt
Hier beklatscht, dort ausgepfiffen wird -
's ist ein Jammer, trostlos bis zum Grund
Sei's nun Traum, sei's Wahrheit. Hols der Hund!

F. Nietzsche

;)
 
Auf einer Trauerkarte:

Je lebendiger und voller die Erinnerung
desto schwerer ist die Trennung.
Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung
in eine stille Freude.
Man trägt das vergangene Schöne
wie ein kostbares Geschenk in sich.

D. Bonhoeffer


Ulrike
 
Une Charogne

Rappelez-vous l'objet que nous vîmes, mon âme,
Ce beau matin d'été si doux:
Au détour d'un sentier une charogne infâme
Sur un lit semé de cailloux,

Les jambes en l'air, comme une femme lubrique,
Brûlante et suant les poisons,
Ouvrait d'une façon nonchalante et cynique
Son ventre plein d'exhalaisons.

Le soleil rayonnait sur cette pourriture,
Comme afin de la cuire à point,
Et de rendre au centuple à la grande Nature
Tout ce qu'ensemble elle avait joint;

Et le ciel regardait la carcasse superbe
Comme une fleur s'épanouir.
La puanteur était si forte, que sur l'herbe
Vous crûtes vous évanouir.

Les mouches bourdonnaient sur ce ventre putride,
D'où sortaient de noirs bataillons
De larves, qui coulaient comme un épais liquide
Le long de ces vivants haillons.

Tout cela descendait, montait comme une vague
Ou s'élançait en pétillant;
On eût dit que le corps, enflé d'un souffle vague,
Vivait en se multipliant.

Et ce monde rendait une étrange musique,
Comme l'eau courante et le vent,
Ou le grain qu'un vanneur d'un mouvement rythmique
Agite et tourne dans son van.

Les formes s'effaçaient et n'étaient plus qu'un rêve,
Une ébauche lente à venir
Sur la toile oubliée, et que l'artiste achève
Seulement par le souvenir.

Derrière les rochers une chienne inquiète
Nous regardait d'un oeil fâché,
Epiant le moment de reprendre au squelette
Le morceau qu'elle avait lâché.

— Et pourtant vous serez semblable à cette ordure,
À cette horrible infection,
Etoile de mes yeux, soleil de ma nature,
Vous, mon ange et ma passion!

Oui! telle vous serez, ô la reine des grâces,
Apres les derniers sacrements,
Quand vous irez, sous l'herbe et les floraisons grasses,
Moisir parmi les ossements.

Alors, ô ma beauté! dites à la vermine
Qui vous mangera de baisers,
Que j'ai gardé la forme et l'essence divine
De mes amours décomposés!

— Charles Baudelaire
 
Zu den beiden "französischen" Gedichten fiel mir eine Ballade ein, die mich
immer sehr beeindruckt hat: Conrad Ferdinand Meyer, Die Füße im Feuer.
Eine Geschichte, die etwas über die Verfolgung der Hugenotten erzählt.
Leider ist der Text sehr lang, deshalb kann ich ihn nicht hier eingeben. In der
Schule lernten wir noch sehr viele Balladen und Gedichte, z.B. auch "Die
Glocke" von Schiller. Dazu wurde extra ein Heft angelegt, Strophe für Strophe
mit Erläuterungen aufgeschrieben. Leider habe ich es (das Heft) nicht mehr.
Möchte noch einige "Erinnerungen" hier angeben:
Herder, Joh. Gottfried: Edward
Bürger, Gottfr. August: Leonore
Goethe, Joh. Wolfgang: Erlkönig, Der Fischer, Der Zauberlehrling, Der getreue Eckhard,
Der König in Thule (und einige mehr!)
Schiller, Friedr.: Die Bürgschaft, Die Kraniche des Ibykus, Der Taucher,
Der Ring des Polykrates, Das verschleierte Bild zu Sais (und viele mehr)-
 
(Forts.)
Chamisso, Adelbert von: Der alte Sänger
Uhland,Ludwig: Bertran de Born, Des Sängers Fluch
Platen, August Graf von: Das Grab im Busento
Die Dichterin meiner Heimat Westfalen: Annette von Droste Hülshoff:
Der Knabe im Moor
Kopisch, August: Die Heimzelmännchen
Wir waren wieder mal in Köln, dort gibt es "alte" und moderne Bücher
mit dem Text, zudem ein Heinzelmännchen-Brunnen
-Mörike,Eduard: Schön-Rohtraut
Freiligrath, Ferdinand: Das berühmte: Prinz Eugen
Fontane, Theodor: Archibald Douglas, John Maynard (ein" Renner" damals
in der Schule-7./8. Klasse)
Arno Holz: Een Boot ist noch buten (liebe ich)
Börries von Münchhausen: Ballade vom Brennesselbusch (herzig!)
Agnes Miegel ist neuerdings umstritten (Nazi-Vergangenheit)
Auch bei uns läuft eine Auseinandersetzung, ob eine Straße umgewidmet
werden soll. In meiner alten Balladensammlung stehen von ihr
4 Gedichte (Die Nibelungen u.a.)

Wir haben A. Miegel in der Schule als große Dichterin Ostpreußens
nahegebracht bekommen. Wenn es nun nicht stimmt, d.h. politisch
zweifelhaft, was kann man als Kind beurteilen, wenn einem die
Informationen fehlen. Es gab damals noch keinen Computer!

Mich würde doch mal die Meinung anderer dazu interessieren!
Wenn dies nun wieder unter "zu politisch" fällt, dann bitte löschen!

Viele Grüße von Ulrike
 
Mir geht es so mit K.H.Waggerl. Den hab ich als Kind in einem Schulfilm lieben gelernt, da hat er Weihnachtsgeschichten vorgelesen und durch seine Heimat Wagrain geführt. Das erste Buch war sein „Heiteres Herbarium“, das weckte meine Begeisterung für Kräuter. Es folgten dann viele Bücher, sein „Alles Wahre ist einfach“ ist ein Leitsatz von mir.
Irgendwann erfuhr ich, dass er auch braune Flecken haben soll, weil er sich „gegen die Vereinnahmung seiner Werke durch den Nationalsozialismus nicht gewehrt hat.“ Ich lese immer wieder in seinen Büchern und hör immer noch seine Stimme aus dem Schulfilm…

Untenstehendes vom großen Goethe hätte mich beim Selberlesen vielleicht nicht wirklich erreicht, aber auf der CD von Oskar Werner gelesen: unvergeßlich!!

Johann Wolfgang von Goethe

Der Gott und die Bajadere
(Indische Legende)

Mahadöh, der Herr der Erde,
Kommt herab zum sechsten Mal,
Daß er unsersgleichen werde,
Mitzufühlen Freud und Qual.
Er bequemt sich, hier zu wohnen,
Läßt sich alles selbst geschehn.
Soll er strafen oder schonen,
Muß er Menschen menschlich sehn.
Und hat er die Stadt sich als Wandrer betrachtet,
Die Großen belauert, auf Kleine geachtet,
Verläßt er sie abends, um weiterzugehn.

Als er nun hinausgegangen,
Wo die letzten Häuser sind,
Sieht er, mit gemalten Wangen,
Ein verlornes schönes Kind.
>>Grüß dich, Jungfrau !<< - >>Dank der Ehre!<<
Wart, ich komme gleich hinaus.<< -
>>Und wer bist du?<< ->>Bajadere,
Und dies ist der Liebe Haus.<<
Sie rührt sich, die Zimbeln zum Tanze zu schlagen,
Sie weiß sich so lieblich im Kreise zu tragen,
Sie neigt sich und biegt sich und reicht ihm den Strauß.

Schmeichelnd zieht sie ihn zur Schwelle,
Lebhaft ihn ins Haus hinein:
>>Schöner Fremdling, lampenhelle
Soll sogleich die Hütte sein.
Bist du müd, ich will dich laben,
Lindern deiner Füße Schmerz.
Was du willst, das sollst du haben,
Ruhe, Freuden oder Scherz.<<
Sie lindert geschäftig geheuchelte Leiden.
Der Göttliche lächelt; er siehet mit Freuden
Durch tiefes Verderben ein menschliches Herz.

Und er fordert Sklavendienste;
Immer heitrer wird sie nur,
Und des Mädchens frühe Künste
Werden nach und nach Natur.
Und so stellet auf die Blüte
Bald und bald die Frucht sich ein;
Ist Gehorsam im Gemüte,
Wird nicht fern die Liebe sein.
Aber, sie wird schärfer und schärfer zu prüfen,
Wählet der Kenner der Höhen und Tiefen
Lust und Entsetzen und grimmige Pein.

Und er küßt die bunten Wangen,
Und sie fühlt der Liebe Qual,
Und das Mädchen steht gefangen,
Und sie weint zum erstenmal,
Sinkt zu seinen Füßen nieder,
Nicht um Wollust noch Gewinst,
Ach! und die gelenken Glieder,
Sie versagen allen Dienst.
Und so zu des Lagers vergnüglicher Feier
Bereiten den dunklen, behaglichen Schleier
Die nächtlichen Stunden, das schöne Gespinst.

Spät entschlummert unter Scherzen,
Früh erwacht nach kurzer Rast,
Findet sie an ihrem Herzen
Tot den vielgeliebten Gast.
Schreiend stürzt sie auf ihn nieder;
Aber nicht erweckt sie ihn,
Und man trägt die starren Glieder
Bald zur Flammengrube hin.
Sie höret die Priester. die Totengesänge,
Sie raset und rennet und teilet die Menge.
>>Wer bist du? Was drängt zu der Grube dich hin?<<

Bei der Bahre stürzt sie nieder,
Ihr Geschrei durchdringt die Luft:
>>Meinen Gatten will ich wieder!
Und ich such ihn in der Gruft.
Soll zu Asche mir zerfallen
Dieser Glieder Götterpracht?
Mein! er war es, mein vor allen!
Ach, nur Eine süße Nacht!<<
Es singen die Priester: >>Wir tragen die Alten,
Nach langem Ermatten und spätem Erkalten,
Wir tragen die Jugend, noch eh sie's gedacht.

Höre deiner Priester Lehre:
Dieser war dein Gatte nicht.
Lebst du doch als Bajadere,
Und so hast du keine Pflicht.
Nur dem Körper folgt der Schatten
In das stille Totenreich;
Nur die Gattin folgt dem Gatten:
Das ist Pflicht und Ruhm zugleich. –
Ertöne, Drommete, zu heiliger Klage!
O nehmet, ihr Götter! die Zierde der Tage,
O nehmet den Jüngling in Flammen zu euch!<<

So das Chor, das ohn Erbarmen
Mehret ihres Herzens Not;
Und mit ausgestreckten Armen
Springt sie in den heißen Tod.
Doch der Götterjüngling hebet
Aus der Flamme sich empor,
Und in seinen Armen schwebet
Die Geliebte mit hervor.
Es freut sich die Gottheit der reuigen Sünder;
Unsterbliche heben verlorene Kinder
Mit feurigen Armen zum Himmel empor.
 
Liebe Elfie, ich danke für deine Antwort! Waggerl mag ich auch!
Von seiner Vergangenheit wußte ich auch nichts. Muß ich mich
jetzt schämen? Immerhin habe ich Buchhändlerin gelernt! In der
Ausbildung kam so etwas nicht zur Sprache, wohl die Werke.
Wahrscheinlich hat man damals noch die Akten unter Verschluß
gehalten und erst in letzter Zeit kommt so manches zu Tage (Entnazifizierung).

Auch in meinen damaligen Literaturgeschichtsbüchern wurde
dergleichen nicht erwähnt. Computer gibt es (glaube ich) erst 30 Jahre,
ich bin immerhin doppelt so alt. Besitze viele Fachbücher, Gedichtsammlungen,
Literaturgeschichten-aber in genannter Hinsicht ???

Danke auch für die Erinnerung an "den alten Goethe" - darf ich hier sagen,
daß ich immer ein "Schiller-Fan" war (und bin). Nach einer Umfrage gilt
natürlich Goethe weiterhin als "der größte Deutsche"! "Faust" ist sicherlich
weltweit so bekannt wie die Bibel und übrigens Grimms Märchen.

Viele Grüße von Ulrike
 
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