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Lieblingsgedichte

Am fünftausendsten Abend unsrer Liebe
Bin ich noch immer so schüchtern wie einst:
Beflecke meine weißen Handschuh mit dem Blau
Zu feucht gepflückter Glockenblumen
Und ersticke ungeschickt die Lerche
Die ich dir mitgebracht in meiner Tasche
Noch immer weiß ich nicht wie ich dir lächeln soll
Um die Traurigkeit meines Glücks zu verstecken
Und wenn ich dich umarmen will
Werf ich die Sonne um
 
Evas Klage
(von Richard Dehmel)

Stern im Abendgrauen,
laß dein bleich Erschauern;
laß micht endlich ruhig
heim gen Eden trauern.

O Eden, mein Eden,
Garten meiner Träume,
warum gab mir Gott den Anblick
deiner Frühlingsträume!

Deine Sommerfluren
hat er nicht behütet;
in den stolzen Garben
hat der Blitz gewütet.

In dein Herbstgefilde
ist der Sturm gekommen,
hat mir von den Ästen
Frucht um Frucht genommen.

Warum sang der Frühling?
sang von seligem Wandern
nur auf Blumenauen,
sang von einem seligen Andern!

Ach, er kam, der andre,
kam mit Glut und Flammmen
über meinen Blumen
schlugen sie zusammen.

Lachend aus der Asche
hat mich getragen.
In der kalten Fremde
hat ihn Gott erschalgen.

Winter ist geworden
Ach, ich möchte weinen.
Aber seine Seele
lacht noch in der meinen.

Still af seinem Grabe
muß ich warten, warten;
meine Kinder irren
suchend nach dem Garten.

O mein Garten Eden,
verlorenes Eedn,
o Eden, mein Eden,
stehst du denn noch offen?
Bis zur letzten Stunde
will ich auf dich hoffen!

Magst du, Gott, mich töten,
mag mein Trum verglühen,
aber meinen Kindern muß er
neu erblühen! ----

Laß dein bleich Erschauern,
Stern im Abendgrauen!
Endlich kann ich ruhig
heim gen Eden schauen.

Magst du, Stern, versinken,
mag ich selbst vergehen:
Meine Kinder werden
Eden wiedersehen.
 
Advent

ADVENT….. das ist ein schöner Klang
ein Wort fast wie ein Gebet
so wie ein Engelchorgesang
den lang nach Sonnenuntergang
der Nachtwind herüberweht.

ADVENT…..das ist ein zartes Licht
als ob eine Kerze brennt
ein Wort, das sich so leise spricht
fast wie ein Kindertraumgedicht
doch wie schreiben wir dieses….ADVENT?

A wie abgekämpft….abgehetzt
Aktionsangebot und alles zuletzt
Anstrengung, Anspannung, Angst allein
A….wie ganz außer Atem sein.

D wie Drängen…..es drängt die Zeit
und Weihnachten – Himmel – ist nicht weit
drunter und drüber und dies und das
Dauerstress ohne Unterlass!

V wie Vortäuschen….und überhaupt
irgendwas vormachen, was man nicht glaubt
V….wie Verschwenden, Vergeuden, Vergessen
Völlegefühl vom Viel-zu-viel-Essen!

E wie Eile….in Eile sein
erschöpft in das Einkaufscenter hinein
was Exklusives, was echt keiner hat
mit eigenem Echtheitszertifikat!

N wie Nerven….die Nerven verlieren
dieser ADVENT geht mir voll auf die Nieren
und noch und noch….und noch viel mehr
ach wenn doch endlich Neujahr wär!

T wie tausenderlei Termine
Torschlusspanik….ob ich so viel verdiene
wie viel ich für den Trubel brauch?
T…wie Trott…wie Trostlos auch!

Das alles steckt in diesem Wörtchen ADVENT
und der Zeiger der Weihnachtsuhr rennt und rennt
und du musst nur ein bisschen stehen bleiben
dann kannst du das Wort auch ganz anders schreiben!

A wie Andacht, Aufmerksamkeit
achten auf Andere, allezeit
auch wenn die Anderen anders sind
anders war auch jenes göttliche Kind!

D wie Demut….Dankbarkeit
dankbar für Licht in der Dunkelheit
D wie Datteln, Duftkerzenduft
D wie….Da-sein, wenn DICH einer ruft!

V wie Vergeben, Versöhnen, Versteh’n
ganz ohne Vorurteil durchs Leben geh’n
V wie….ein Vogelhäuschen bau’n
so wie die Kinder – völlig vertrau’n!

E wie Erwartung, wie echtes Empfinden
E wie….die Engherzigkeit überwinden
und wie….Erbarmen….und für jeden Gehör…
E wie….ein Fingerhut Eierlikör!

N wie Nachbar…den Nächsten lieben
Nüsse im Ganzen – und Nüsse gerieben
Nachsicht, Nachgeben und obendrein
nie wieder irgendwem nachtragend sein!

T wie Tränen trocknen und trösten
tauet Himmel, den Erlösten
T wie Traum und wie…Toleranz
und Tannenbäumchen-Lichterglanz!

ADVENT…..das ist ein schöner Klang
ein Wort fast wie ein Gebet
so wie Engelschorgesang
den lang nach Sonnenuntergang
Der Nachtwind herüberweht.

ADVENT… und jetzt liegt es wohl an dir
der diesen Begriff buchstabiert –
ob aus dem ADVENT, diesem Wörtchen hier
auch wirklich WEIHNACHTEN wird.


Ich wünsche euch ein wunderschönes Weihnachtsfest,
viele unvergessliche Momente mit denen, die euch nahe sind
und dass im neuen Jahr der eine oder andere Wunsch in Erfüllung geht.

alterego
 
Goethe, Faust I, Walpurgisnacht


Faust (mit der Jungen tanzend):
Einst hatt ich einen schönen Traum
Da sah ich einen Apfelbaum,
Zwei schöne Äpfel glänzten dran,
Sie reizten mich, ich stieg hinan.

Die Schöne:
Der Äpfelchen begehrt ihr sehr,
Und schon vom Paradiese her.
Von Freuden fühl ich mich bewegt,
Daß auch mein Garten solche trägt.

Mephistopheles (mit der Alten):
Einst hatt ich einen wüsten Traum
Da sah ich einen gespaltnen Baum,
Der hatt ein ungeheures Loch;
So groß es war, gefiel mir's doch.

Die Alte:
Ich biete meinen besten Gruß
Dem Ritter mit dem Pferdefuß!
Halt Er einen rechten Pfropf bereit,
Wenn Er das große Loch nicht scheut.
 
Nach längerer Zeit mal wieder ein Gedicht. Es steht in einem Roman von Ernst
Zahn, den ich in einem Nachlaß fand. Es handelt sich wohl um einen Schweizer
Bergroman, das Gedicht steht zum Anfang. Ich habe aber das Buch noch nicht
gelesen, nur in meinen "Vorrat" an Lesestoff aufgenommen. Hier nun das Gedicht:
Der Weg hinauf

Wir haben alle den Weg gesucht
hinauf zur Höhe des Lebens,
vorbei an Absturz und Schrund und Schlucht.
Der Winter Härte, der Wetter Wucht,
sie schüttelten uns vergebens.

Nun ist der letzte Kulm erreicht.
Die Täler liegen zu Füßen.
Und wo aus Tiefen der Nebel weicht,
winkt s wie ein Garten, der Eden gleicht:
die Rosen der Jugend grüßen.

Da packt wie jubel es uns und Leid,
als wären wir auserlesen.
Und schienen die Wege hart und weit, uns ist, als wäre die Wanderzeit
ein seliger Traum gewesen.

-Ulrike
 
Herbstlied
Der Frühling hat es angefangen,
Der Sommer hat s vollbracht,
Seht, wie mit seinen roten Wangen,
So mancher Apfel lacht.

Es kommt der Herbst mit reicher Gabe,
Er teilt sie fröhlich aus,
Und geht dann wie am Bettelstabe,
Ein armer Mann, nach Haus.

Voll sind die Speicher nun und Gaden
Dass nichts uns mehr gebricht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir wollen ihn zu Gaste laden.
Er aber will es nicht.

Er will uns ohne Dank erfreuen,
Kommt immer wieder her,
Laßt uns das Gute nun erneuen,
DAnn sind wir gut wie er.

Hoffmann v. Fallersleben
 
Ein tolles Gedicht von H.Heine
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten

Ich weiß nicht was soll es bedeuten,
Dass ich so traurig bin;
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar;
Ihr goldnes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.

Sie kämmt es mit goldenem Kamme
Und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schaut nur hinauf in die Höh.

Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn;
Und das hat mit ihrem Singen
Die Lore-Ley getan.
 
Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,
behaart und mit böser Visage.
Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt
und die Welt asphaltiert und aufgestockt,
bis zur dreißigsten Etage.

Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn,
in zentralgeheizten Räumen.
Da sitzen sie nun am Telefon.
Und es herrscht noch genau derselbe Ton
wie seinerzeit auf den Bäumen.

Sie hören weit. Sie sehen fern.
Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.
Sie putzen die Zähne. Sie atmen modern.
Die Erde ist ein gebildeter Stern
mit sehr viel Wasserspülung.

Sie schießen die Briefschaften durch ein Rohr.
Sie jagen und züchten Mikroben.
Sie versehn die Natur mit allem Komfort.
Sie fliegen steil in den Himmel empor
und bleiben zwei Wochen oben.

Was ihre Verdauung übrigläßt,
das verarbeiten sie zu Watte.
Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest.
Und sie stellen durch Stiluntersuchungen fest,
daß Cäsar Plattfüße hatte.

So haben sie mit dem Kopf und dem Mund
Den Fortschritt der Menschheit geschaffen.
Doch davon mal abgesehen und
bei Lichte betrachtet sind sie im Grund
noch immer die alten Affen.

Erich Kästner
 
Spitz pass auf



Es richtet gnä‘ Frau Schmitz sich her,
heut macht man in Kultur.
Das Staatstheater gibt Moliere,
Herr Schmitz schaut auf die Uhr.

Nun aber rasch ein Griff zum Muff,
die Hände in den Schlitz.
Und nur ein sehr gedämpftes Wuff,
zeigt an es war der Spitz.

Jawohl es ist der arme Spitz,
der ihr die Hände wärmt.
Und ach zu spät bemerkt Frau Schmitz,
dass sie den Hund entdärmt.

Auch wenn sie die Verwechslung reut,
der Spitz der ist perdu.
An seinem Stammbaum wird verstreut,
die Asche, Montag früh.

Ein Hund, so heißt hier die Moral,
ist weder Mütze, Muff noch Schal.

Michael Schönen

:)
 
Als ich einmal mit einer Frau, die im Kölner Karneval kennenlernte eine spontane Weltreise unternahm


In Wien da küsst ich ihre Hand,
was Lisa ganz bezaubernd fand.
Dann streichelte ich
Lisas Knie,
im Strandcafe in Rimini.

Ich wollte mehr in Malibu
Sie sagte wart‘ bis Bali du
Enttäuschung auch in Eschnapur
Von Kamasutra keine Spur

Des gleichen hofft‘ ich in La Pass
Vergeblich bloß da ginge was
Nicht anders dann in Amsterdam
Das selbe Null-Aktion-Programm

So dass ich in San Salvador
Allmählich die Geduld verlor
Ich grübelte in Budapest
Wann mich mal ran das Luder lässt

Doch durft‘ ich auch in Marrakesch
Ihr noch nicht an die Unterwäsch‘
So merkt ich erst in Sansibar
Dass Lisa eine Transe war

Drum fahre ich nach Singapur
Recht skeptisch nun mit Inga nu
r

Michael Schönen
 
Etwas Besinnliches zum Jahresausklang, das mich immer wieder berührt. Dietrich Bonhoeffer verfaßte dieses Lied vor seiner Hinrichtung.-

Laß warm und hell die Kerzen heute flammen, die du in unsre Dunkelheit gebracht, führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.
Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet, so laß uns hören jenen vollen Klang der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all deiner Kinder hohen Lobgesang.
- Ulrike
 
Immer noch eine

Fantasie von übermorgen

Und als der nächste Krieg begann
da sagten die Frauen: Nein
und schlossen Bruder, Sohn und Mann
fest in der Wohnung ein.

Dann zogen sie in jedem Land
wohl vor des Hauptmanns Haus
und hielten Stöcke in der Hand
und holten die Kerls heraus

Sie legten jeden über's Knie
der diesen Krieg befahl:
die Herren der Bank und Industrie,
den Minister und General.

Da brach so mancher Stock entzwei
und manches Großmaul schwieg.
In allen Ländern gab's Geschrei,
doch nirgends gab es Krieg.

Die Frauen gingen dann wieder nach Haus
zu Bruder und Sohn und Mann
und sagten ihnen: der Krieg sei aus.

Die Männer starrten zum Fenster hinaus
und sahen die Frauen nicht an...

Erich Kästner
 
Ein sehr wienerisches Adventgedicht:

Advendtwunder

Trude Marzik


Was mir heut passiert is – i kann’s gar net fassn!

A Autofahrer hat mi umigehn lassn!

Aufs Hupen und Schrein hat der Mensch ganz vergessen,

is freundlich und still hinterm Lenkradl gsessen.

I deut‘ auf mein Kopf, denn i hab mi nur gwundert,

daß‘ so was no gibt in unserm Jahrhundert!


Und no was is is gschehn heut. I kann’s gar net glauben:

Der Pomeisl – mir san ja bös weg'n die Tauben,

er wohnt ober mir – und des boshafte Luader

streut Sommer und Winter am Fensterbrett Fuader –

der grüaßt heut scheißfreundlich: „Gelns, grauslich, die Patzen!

I fuader jetzt nur mehr im Stadtpark die Spatzen.“


Beim Bäckn hat mi ane vualssen wollen,

mei Freundin is kummen, die Schulden mir zahlen,

die Straßenbahn bleibt wegn mir sogar stehn,

a fremde Frau grüaßt mi – i hab’s nu nie gsehen –

wo san ma? Was is denn?

Es weihnachet sehr!

Aber nur a paar Tag. Und des is des Malheur.
 
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