Das Problem der Verdrängung von kleinen Läden von Supermärkten und Einkaufszentren in deutschsprachigen Ländern (Deutschland vor allem) ist mir schon seit Jahren bekant. Während des Studiums haben wir ein paar ziemlich große Zeitungsartikel über Tante-Emma-Laden gelesen, damals haben wir auch diesen Begriff kennen gelernt.
Ich bin vielleicht etwas jung für dieses Thema, kann mich weder an die 60-er noch an die 70-er Jahre erinnern, zudem bin ich in einer Stadt mit gewöhnlichen Geschäften aufgewachsen. Ein paar Bemerkungen könnte ich doch schon machen.
Der erste Supermarkt erschien in Archangelsk vor 10 Jahren, und zur Zeit sind schon viele Supermärkte und Einkaufszentren entstanden, und viele kleinere Geschäfte können nicht mehr konkurrenzfähig sein. Ich kann zustimmen, es ist wirklich bequem und angenehm, wenn man in einem großen hellen Raum selbst nach nötigen Waren schaut, dabei ist der Angebot beinahe lückenlos und angenehme Musik spielt, und niemand beeilt dich und… Ich persönlich habe doch an solchen großen Geschäften was auszusetzen: Gemüse kaufe ich immer am Markt ein, da sind Obst und Gemüse immer frisch. Außerdem, wenn ich viele schöne Sachen sehe (Süßigkeiten…), kann ich nur mit großer Mühe, auch nicht immer der Versuchung widerstehen und gebe zu viel Geld aus… Die Supermärkte und Einkaufszentren zeigen uns auch oft ein anderes Leben, das für viele unerreichbar ist. Was nützt einem Auswahl von exotischen Früchten und Meerprodukten, wenn er sich das nicht leisten kann?
In meiner Schulzeit wurden immer noch viele Produkte lose gekauft – auch Milch, Eis, Quark, Nudeln… Ich erinnere mich auch bisher sehr gut an eine Geschichte aus Jahr 1987, die ich beim Milchkaufen erlebte (als Fortsetzung der Geschichte, die Cerambyx oben erzählt hat). Ich sollte einmal im Winter Milch im Geschäft kaufen, bin aber zum Geschäft nicht gegangen, habe sondern Schlittschuhen angezogen
und bin gelaufen! Werde nicht in Einzelheiten erzählen, ließ Milch in die Milchkanne eingießen und habe schon an der Kasse entdeckt, dass ich Geld zu Hause vergessen habe. Habe es dann zu Hause geholt und beim Zahlen an der Kasse sind mir die Beine auseinander gelaufen und ich bin auf den Boden gefallen, und Milch wurde vergossen. So ein Pech!
Die heutigen Tüten kann man ruhig auf den Boden fallen lassen (nicht absichtlich natürlich!), da passiert nichts Schlimmes.
Die gute Erinnerung an diese Zeit sind im Sommer für uns die spezifischen Autos, die an heißen Sommertagen Kwaß auf den Straßen verkaufen. Man kann gleich ein Gläschen trinken oder eine Plastikflasche mitnehmen und Kwaß kaufen und nach Hause mitnehmen. Daraus wird auch tolle Kaltsuppe gemacht
Zurück zum Thema: Wenn wir das Dorf nehmen, wo es keine Rede von Einkaufszentren sein kann, existieren da bis heute die kleinen Dorfläden, die im Laufe der Zeit keinen großen Veränderungen unterworfen wurden. An den Dorfladen im Heimatdorf meiner Mutter erinnere ich mich sehr gut, denn in der Schule habe ich fast jeden Sommer bei meiner Oma im Dorf Lebskoje verbracht (Archangelsker gebiet). In jedem Dorfladen werden neben Lebensmitteln auch andere Sachen verkauft: Geschirr, Faden und Nägel, Kleidung, verschiedene Kleinigkeiten. In Lebskoje gab es damals nur einen Laden und es war für mich immer interessant, die Waren dort zu betrachten, während die Oma einkaufte. In der Stadt habe ich natürlich auch viel mehr in Geschäften gesehen, dieses Dorfgeschäft hatte für mich aber immer einen besonderen Reiz. Brot wurde nicht ins Dorf gebracht, sondern von einer Frau selbst in der Dorfbäckerei gebacken.
Interessant war auch, dass es im Sommer im Geschäft ein Heftchen lag, wo die Einwohner aufschreiben mussten, wie viel Brot sie am nächsten Tag brauchten und kaufen möchten. Das war, glaube ich, deshalb so, weil viele Verwandte bei Dorfeinwohnern im Sommer zu Besuch waren und man musste genaue Anzahl von Brot wissen, damit Brot allen reichen würde. Mittags versammelten sich die Dorfeinwohner an diesem Geschäft und warteten auf die Bäckerin, die selbst in einem großen Sack Brot zum Geschäft brachte. War schöne Zeit...
Die Bäckerei funktioniert schon lange nicht mehr, das Geschäft steht auch geschlossen. Die Fotos unten zeigen den heutigen Laden in Lebskoje, der sich in einem Dorfwohnhaus befindet. Da wird nur das Nötige verkauft. Links auf Regalen stehen Lebensmittel, an der Wand gegenüber sind Waschmittel, Zahnpasta, Shampoo, auch im Laden, aber nicht auf den Fotos: Socken, Hauskleider und noch welche Kleidung. Soviel zum Thema.