Ich habe mit Ehrfurcht zur Kenntnis genommen, daß die Wiener Kaffeehauskultur seit 2011 zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO gehört. Auch weniger ehrfurchtgebietende Spielarten wie Tchibo und Häferlkaffee auf der Hütte wurden hier schon gewürdigt. Eine weitere sollte aber nicht vergessen werden: Der Bürokaffee. Da meine Bürozeit vorbei ist und ich sie nicht mehr fotografisch dokumentieren kann, stelle ich hier eine verbale Würdigung ein, eine Gemeinschaftsdichtung unter Kollegen während einer ausgedehnteren Kaffeepause:
Ode auf den Bürokaffee
(In memoriam Friedrich Hölderlin)
Still und lieblich beglänzt lagert in friedevoller
Ruh des hellbraunen Kaffees wärmeduftendes Quantum,
Eingedämmt und gehegt
Von der runden gehenkelten Schale.
Milde Blasen aus Luft, zärtlich vereint zu engen
Kolonien am Rand, spiegeln die Sonne, selber
Sonnengleich und gewölbt,
Jede klar und vollendet in sich.
Jedes Heben zum Trunk wirkt einen Wellenschlag.
In dem grausamen Sog senkt sein Spiegel sich tiefer,
Blasse Schlieren durchziehen
Für Sekunden die weihvolle Glätte.
Kühler wird er, und schon trocknen am Rand die Spuren
Des gelabeten Munds. Mählich sterben die sonnigen
Luftgemeinschaften aus,
Und der Grund des Gefäßes wird sichtbar.
Kaffee, holdes Getränk in der plastiknen Tasse!
Wieviel Stunden der Fron hast du nicht schon versüßt mir
Dadurch, daß ich dich trank,
Dadurch, daß ich dir Oden dichtete!