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Kashik

In kann mich gut in die Kampfeszenen hineinversetzen.

Ich sehe auch die Arbeit, die geschichte zu Papier zu bringen und dann nocheinmal abzutippen. Meine Bewunderrung. Wenn einem etwas wirklich am Herzen liegt, fällt es auch leichter.
 
Es folgt ein ziemlich (für mich) heftiges kapitel 9. mein bisher (glaube ich ) längstes^^

Kapitel IX

Brennendes Trauma



Blut floss. Ein Schmerzensschrei. Die Waldläuferin brach zusammen. Kaal lief auf Marow zu, als dieser seine Waffe erneut auf Reii richtete. Der Tiger wich einigen Schüssen aus, brüllend und fauchend. Sie umkreiste den jungen Mann, ohne ihn einen Augenblick unbeobachtet zu lassen. Feuer prasselte. Weitere Eisenkugeln trieben mit ungeheurer Kraft in den feuchten Waldboden. Plötzlich verließ einen der umstehenden Bäume die Kraft, sich mit seinen Wurzeln im Boden zu halten und senkte sich in Richtung Erde. Kaal wich ihm aus und stob davon.
Marow kniete sich zu Reii nieder, packte sie an den Haaren, riss ihren Kopf nach oben, damit sie ihn ansah. Tränen vermischt mit Blut. Entsetzt wie panisch blickte sie ihn aus schmalen Augen an. Ein Rinnsal aus Speichel, wie auch Blut, bahnte sich seinen Weg, ihr Kinn hinab.
<<Weißt du, was das Problem an euch dummen Waldtieren ist? Ihr seid zu leicht zu täuschen. Selbst dein alter Mann hat sich von mir reinlegen lassen.>>
Reii schnaubte wütend und packte sein Handgelenk, versucht, seinen Griff um die Pistole zu lösen.
<<Wie niedlich. Reii, glaubst du wirklich, ein kleines, dummes Mädchen könnte etwas gegen die menschlichen Waffen unternehmen, oder gar gegen sie selbst? Sieh dich doch an. Verletzt. Verstört. Ängstlich. Damit kannst du niemandem die Stirn bieten, meine Liebe. Ich sagte doch, ich->>

Augenblicklich löste sich sein Griff und Reiis Kopf schlug auf dem Boden auf. Als sie aufsah erkannte sie Leeto, auf dessen Rücken Demar saß und Kaal, die ihre Krallen in Marows Rücken schlug.
Die junge Frau schaffte es, sich aufzusetzen. Stechende Schmerzen ließen sie aufschreien. Kaal stürmte zu ihr, wollte ihr helfen, konnte es aber nicht. Reii hielt weinend die Schusswunde unter ihren Rippen. Bei jedem Atemzug spürte sie die Patrone, wie sie an ihren Knochen rieb und Muskeln kratzte. Sie schwitzte und rang nach Luft, sie konnte weder klar sehen noch denken. Die Weiße legte sich neben sie, sodass Reii sich auf ihren Rücken ziehen konnte. Der Tiger erhob sich, bemüht, ihr keine weiteren Schmerzen zu bereiten. Marow stand wutbrüllend auf, suchte seine Waffe und stierte entgeistert Reii nach, die zusammen mit Kaal zwischen den Flammen der Bäume verschwand und sich ihrem Bruder widmete, der wie sein Tiger mit dem Feuer des Waldes verschmolz.


*


<<Reii! Reii, was ist passiert?!>>, rief Ruja und rannte auf ihre Tochter zu.
Diese ließ sich von Kaal fallen, schwankte einige Schritte, bevor sie ihrer Mutter in die Arme taumelte und ihre Knie erneut nachgaben. Ihr Gewand war blutgetränkt, schwarz und rußig wie auch zerrissen.
<<Marow.>>, brachte sie hervor <<er ist an allem Schuld, Mutter.>>
Erneut liefen ihr Tränen die Wangen hinab.
<<Ist schon gut mein Liebling, alles wird gut.>>
Ruja schloss sie in ihre Arme und gab ihr einen Kuss auf den Kopf. Als sie die junge Frau wieder ansah und ihr die Tränen aus den Gesicht strich, kamen schon einige Frauen des Stammes angelaufen. Sie waren in den Höhlen des großen Wasserfalls Kashiks untergekommen.
Sie knieten sich zu Reii nieder und legten ihre Hände auf die Wunde. Augenblicke später stoppte die Blutung und neue Haut bildete sich. Reii krallte sich mit den Händen an den Boden, biss sich auf die Lippe und atmete schwer, versucht, den Schmerz zu unterdrücken.

Viele Waldläufer hatten besondere Fähigkeiten, die jeder Einzelne im Laufe seines Lebens selbst herausfinden, wie auch trainieren musste. Einige Frauen des Stammes waren Heilerinnen, denen die junge Frau mehr als dankbar um ihre Gabe war.
Sie halfen der jungen Kriegerin auf die Beine; sie stützend, als sie ihr Gleichgewicht nicht sofort wiederfand.

Aus dem Wald waren Schüsse zu hören. Bäume und andere Pflanzen in der Umgebung standen in Flammen, Rauch stieg auf und nahm den Frauen die Sicht.

Die Männer und ihre Tiger waren den Menschen entgegen geritten, um sie von den Höhlen wegzuführen.

<<Ist Großvater wieder zurück?>>, stieß Reii plötzlich heraus. Ein Raunen ging durch die Frauenmenge, gefolgt von Kopfschütteln.

Das Entsetzen war Reii von den Augen abzulesen und schon im nächsten Moment schwang sie sich auf den Rücken der Weißen, bemüht das Gesicht nicht zu sehr zu verziehen. Ihre Wunde war zwar notdürftig versorgt, aber eine vollständige Heilung konnten die Frauen nicht herbeibringen.

<<Reii, was hast du vor?>> schrie ihre Mutter besorgt.
<<Ich suche Großvater. Ihr bleibt in den Höhlen bis ich- >>

Ein Schuss fiel. Eine Patrone bohrte sich neben Kaals Pfote in den Boden. Verschreckt brüllend sah sich die Tigerin nach allen Seiten um. Alle waren verstummt, wagten sich nicht zu rühren. Reii musterte die Gegend, als das kurze Aufblinken von Metall einen Gewehrlauf verriet. So schnell sie konnte stürmte Reii davon, in der Hoffnung, dass der Mensch die Frauen nicht gesehen hatte und ihr folgen würde.

Sie lenkte Kaal in seine Richtung, doch es war zu spät. Er, wie auch drei weitere Männer, dick gepanzert in matten Westen, schlichen in Richtung Höhle.

<<Lauf Reii! Lauf!>>, war das letzte, was Reii von ihrer Mutter hörte, ehe hunderte Schüsse auf die Frauen vor dem Felseneingang niederprasselten.

Die junge Frau schrie auf vor Entsetzen, doch Kaal wusste, dass sie nicht zurück konnten und ließ sich von Reii nicht zurücktreiben. Laut weinend krallte sie sich in das Fell des Tigers, schrie und schluchzte, bis ihr Hals schmerzte.

Doch auf einmal kam die Raubkatze schlitternd zum Stehen. Sie waren wieder bei der Wohnstätte der Waldläufer angekommen, doch als Reii aufsah, stockte ihr erneut der Atem.

Marows Fratze stierte sie blutdurstig an. Er hielt Demars Kopf an den Haaren. Seine Kehle wurde zu einer sprudelnden roten Quelle, ehe er ihn wie einen Stein fallen und Reiis Dolch, Leetos Pfote an den Boden heften ließ. Der Schwarze lag nach Luft röchelnd am Boden und zuckte nur kurz, als sich das Messer durch deine Pranke stieß.

Mit panischen, blutunterlaufenen Augen stierte sie Marow an, der nur hämisch vor sich hin grinste. Er leckte Demars Blut von seiner Hand und ging auf Reii zu.

Die Weiße sträubte das Fell, lief einige Schritte rückwärts, ehe sie mit Reii im Wald verschwand.

Sie wollte weg. Reii wollte weg. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als dass all dies nur ein schrecklicher Albtraum sei. Ihr Kopf war leer, alles verschwommen. Dies konnte nicht die Realität sein, nicht die Welt, in der sie lebte.
Wach auf! Doch es war kein Albtraum, sondern grausame Wirklichkeit.

Kaal hechelte vor Erschöpfung, jedoch sprintete sie tapfer weiter in Richtung Strand, auf der Suche nach Shikosa.

Ein kurzes Kribbeln durchfuhr den Körper der Waldläuferin, bevor sie ihre Tigerin zum Stehen brachte. Sie sah nach rechts auf einen Speer der Waldläufer, der einen Menschen an einen Baum gespießt hatte. Mit einem Ruck riss sie an dem Wurfgeschoss, hielt es einen Moment prüfend in ihrer von Schürfwunden geprägten Hand und sah zu dem am Boden liegenden Mann.
Kämpfen. Sie musste sich wehren. Entschlossen trieb sie Kaal nun an, um wie die anderen die Restlichen des Stammes zu verteidigen.
Insgeheim wusste sie, das es keinen Nutzen hatte den Männern zu helfen die Insel zu aber sie hasste es, hilflos daneben zu stehen während ihre Familie in Gefahr war. Sie umgriff den Schaft des Speeres fester und trieb Kaal energisch an. Hass und Verzweiflung brannten in ihr, gewollt, auszubrechen.

*

Schwer atmend hielt sie Kaal an und sah sich um. Verschwitzt. Müdigkeit und Erschöpfung. Schmerzen in allen Gliedern machten es ihr nicht leichter einen Waldläufer im dichten Flammenmeer des Waldes zu erspähen. Sie konzentrierte sich und lauschte über das Prasseln der Flammen und das Schreien der Tiere hinweg. Bilder in ihrem Kopf die nicht verschwinden wollten, die sie aber auch nicht vertreiben konnte, machten es ihr unnötig schwer.
Vergessen. Sie musste das Vergangene vergessen, hinter sich lassen.
Im nächsten Moment erkannte sie eine Silouette in der Ferne, eine Zweite. Sie glitt von Kaals Rücken und gab ihr den Befehl sich in Deckung zu begeben, allerdings bereit zu halten.
Reii ging näher an die Scene heran und erkannte einen der Stammesmänner wie er verzweifelt versuchte den ihn angreifenden Menschen, die Stirn zu bieten. Der Kampf war schnell vorbei. Angeschlagen und verletzt hatte er keine Chance gegen den Menschen. Die junge Waldläuferin musste sich zusammenreißen um sich nicht wild auf ihn zu stürzen. Rücklings verbarg sie sich hinter einem Baum, die Fingernägel in die Rinde krallend um ihren eigenen Schutz willen. Ihr Tod brachte nichts, so musste sie mitansehen wie ein weiteres Mitglied des Stammes unter den Schüssen zu Boden ging.
Sie dachte angestrengt nach: Wie konnte sie einen ihr so überlegenen Gegner besiegen?
Sie brauchte eine Waffe. Sie musste Feuer mit Feuer bekämpfen. Nur wie?
Sie sah sich um, als würde die Antwort aus dem Feuer steigen. Plötzlich vernahm sie ein Brüllen und Fauchen hinter sich. Kaal hatte sich nicht zurückhalten können und fiel über den Menschen her, ohne von einem Schuss getroffen zu werden. Sofort verliess Reii ihre Deckung um ihr zu helfen, doch als sie hinter dem Stamm hervorlugte, kam ihr der Mann entgegengeflogen. Im letzten Moment wich sie zurück und beobachtete wie er stöhnen zu Fall kam. Kurz verwirrt, schüttelte sie den Kopf bevor sie die wutsch naubende Kaal ansah. Wie es schien konnte die Tigerin ihre Kräfte, die Luft und den Wind zu beherrschen, immer präzieser Nutzen.
Als der Mann sich versuchte Aufzurappeln, zog Reii ihren Dolch und kniete sich über ihn. Sie packte ihn am Kragen, blickte in seine kalten, braunen Augen. Sie erkannte nichts herzliches, warmes in ihnen, nichts bannendes oder faszinierendes, nur den Tod, die Zerstörung.
<<Wer seid ihr?>> ihre Stimme war dünn. Sie klang nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte also umgriff sie fester den Griff ihres Dolches als sie ihn dem Mann an die Kehle drückte.
Dieser lachte hämisch. Er lachte laut. Entsetzt sellte sie fest wie er sich lustig über sie machte, eine Frau, eine junge Waldläufferin die aus der Panik heraus handelte, jedoch wusste das sie sich nicht aus ihrem Schicksal winden vermochte.
<<Kleines Mädchen. Du hast Mut>> juchtzte er, << Was willst du mit diesem Spielzeug anrichten? Selbst wenn du den Mut dazu hättest, würdest du es nicht zustande bringen mir diese Klinge durch den Hals zu jagen>>
Reii biss sich auf die Lippe.
<<Bist du wütend? Provoziere ich dich? Dann töte mich ! Los!>> er verdrehte die Augen und packte das Handgelenk Reiis, das ihn am Rand seiner Schutzweste packte. Die Augen der Waldläuferin zitterten, genau wie ihre Finger, doch ihr Wille war ein anderer. Nicht aufzugeben.
<<Nicht? Ich wusste das du genauso schwach bist. Du willst dich wehren, aber es ist gegen euere Natur, nicht wahr?>> wieder lachte er laut auf, er verschluckte sich, spuckte Blut. Aus kalten Augen stierte er sie an, sein Blick war nicht der seine, das erkannte Reii.
Hämisch und verloren grinste er sie an: << Schwaches Tier des Waldes. Du bist Reii?>>
Sie stutze.
<<Ich wusste es>> jaulte er selbstgefallend,<<kennst du das hier?>>
Verwirrt liess sie den Mann mit der Hand den Weg in seine Hosentasche finden. Zitternd zog er ein Lederband hervor das von einem Steinernen Anhänger geziert wurde. Es war die Kette ihres Großvaters.

*

Sie hatte es getan. Schnell und unkompliziert, kurz aber schmerzvoll. Die Tränen hatte sie nicht zurückhalten können doch sie hatte ihn getötet. Sie war am Ende ihrer Kräfte, ihre Nerven waren überreizt und ihr ganzer Körper schmerzte. Wo war Shikosa? Er konnte nicht tot sein, er hatte ihn nich umgebracht. Der Stammesführer war so stark, zu gewitzt. Sie redete sich einen Wunschtraum ein. Sie nahm sich zusammen, kletterte auf Kaal, entschlossen ihren Großvater zu finden. Tot oder lebendig.
Sie war blutverschmiert und verschwitzt, Kaals Fell war stumpf und glanzlos, wie Reii es noch nie gesehen hatte. Der Tiger war aufgeregt aber die Weiße war Reiis Ruhepol, da die Katze wusste sich gelassen zu geben auch wenn die Sorge um den Stamm und insbesondere Leeto groß war. Dieser Gedanke kam auch Reii. Sie war einfach fortgelaufen und hate den Schqwarzen Marow überlassen. Zu groß war ihre Angst gewesen. So hastig wie sie aufgestiegen war, rutschte sie vom Rücken der Tigern, packte ihre Mähne und sah ihr tief in die Augen, als sie sich hinkniete und ihre Stirn an die der Weißen lehnte. Ihr Fell fühlte sich weich an, so vertraut und seidig.
<<Geh zu Leeto. Beschütze ihn, meine Liebe, mit all deiner Kraft.>> Reiis letzte Worte gingen beinahe in Tränen unter, die ihr zahlreich über die Wangen liefen. Die Weiße leckte ihr über das Gesicht und schmiegte ihren Kopf an das Gesicht der Waldläuferin. Bevor die Raubkatze im brennenden Wald verschwand drehte sie sich noch einmal um doch Reii war bereit in die andere Richtung aufgebrochen ohne zurückzuschauen.
Die Tigerin machte sich auf den Weg ihren Freund zu finden währrend Reiisich in Richtung Strand vorkämpfte. In der einen Hand den Speer in der anderen ihren blutverschmierten Dolch den sie krampfend umklammerte. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust und ihre Lungen schmerzten vom Laufen und dem beissenden Rauch. Fast die ganze Insel musste von Flammen zerfressen sein doch dies war Reii im Moment egal. Sie wollte nur ihren Großvater finden und so stieg sie weiter über gestürtzte Bäume und brennende Pflanzen hinweg. Sie glitt einen kleinen Abhang hinab und stolperte in einen Bach. Sie fiel auf die Knie und hielt ihre Hände in das schmutzige Rinnsal. Ihre Finger waren geschwollen, an manchen Stellen verschürft, aufgerieben oder mit Brandblasen übersäht. Schließlich stand sie wieder auf und beschloss den Bach aufwärts zu gehen. Das Wasser musste weiter oben aufgewühlt worden sein wenn es hier schmutzig war. Mühsam stapfte sie bergauf, rutschte ständig auf den bewachsenen Steinen im Bachbett aus und atmete schwer. Immer wieder stürzten verkohlte Äste oder hin und wieder ein totes Tier in den Bach, das sich hier Rettung erhofft hatte. An einer seichteren Stelle schleppte sich ein kleines flauschigen Tier hustend zum Wasser. Das Haarkleid des Jungen war angesenkt und es hinkte und schnappte verzwifelt nach Luft. Reii blieb stehen. Sie betrachtete das kleine Etwas und stellte fest das es ein Antaru war, ein im erwachsenen Alter, etwa Handgroßes Tier mit Katzenohren und Flügeln, doch dieses Jungtier schien schwer verletzt zu sein. Reii ging auf das Katzenartige Tier zu, kniete sich nieder und hielt ihm eine Hand vor die kleine Nase. Erschreckt zuckte es aber schnupperte dann daran bevor seine Beinchen nachgaben. Seine Flügel waren versenkt und sahen ausgerissen oder abgeschnitten aus und so nahm sie den kleinen Nabu, wie sie ihn später nannte, in die Hände und musste unwillkürlich lächeln. Wie er sie ansah mit seinen großen orang-farbenen Augen, verzauberte die Waldläuferin ganz und gar. Sie ging weiter mit dem kleinen im Schlepptau, der auf ihrer Hand eingeschlafen war und ruhig und regelmäßig atmete.
Reii blieb immer wieder stehen und sah sich um, immer in der Hoffnung ein Geräusch oder eine Bewegung wahrzunehmen, doch nichts war zu erkennen. Sie seufzte und sah zu ihren Füßen hinab, wie Schlamm und Ruß von ihren Stiefeln gewaschen wurde, doch nun runzelte sie die Stirn. Sie ging in die hockte und tauchte drei Finger ins kühle nass. Als sie sie wieder anhob musste sie feststellen das sie rot verfärbt waren. Blitzartig richtete sie sich auf und rannte los. Vielleicht hatte sie Glück und sie traf einen der Stammesmänner. Hoffnung flammte in ihre auf und vor einer Biegung verharrte sie. Sie hörte Stimmen. Klingen die aufeinander schlugen. Schüsse und Schreie. Es waren mehr als zwei Personen beteiligt und sie erkannte eine der Stimmen wieder. Shikosa. Er klang so zaghaft und leise, nicht wie sonst, wenn seine durchdringende Stimme durch die Wohnstädte hallte.
Vorsichtig näherte sich Reii der kleinen Gruppe, verbarg sich hinter einigen Bäumen und linste auf das Geschehen. Shikosa saß auf dem Boden, am Fuß eines Baumes, regungslos. Ein heißes Flirren durchfuhr Reiis Körper und sie setzte den kleinen Nabu auf den Boden wo er weiterschlief. Sie strich ihm einmal behutsam über den Kopf bevor sie sich hinter den Baum in Shikosas unmittelbarer Nähe begab. Nun saß sie einen der Waldläufer der sich versuchte gegen zwei Mencshen zu behaupten, drei andere Stammesmitglieder lagen bewegungslos am Boden. Reii schauderte. Sie registrierte wie einer der Männer mit dem Rücken zu ihr stand und eine Pistole zog. Ohne zu zögern holte sie mit dem Speer aus und traf ihn in die Brust. Er zuckte, drehte sich langsam zu ihr um, doch als er blutspuckend auf sie losgehen wollte brach er zusammen. Schlagartig fielen einige Schüsse und der Waldläufer sakte auf den Boden. Reii duckte sich vor den Schüssen weg und rollte sich nach rechts hinter einen Busch ab. Sie kam auf die Beine. Sie wartete.
<<Komm raus, kleines Mädchen. Ich verspreche dir das es ganz schnell gehen wird, ich tue dir nicht weh>> murmelte der Mann. Reii trat hinter dem Gewächs hervor und warf ihren Dolch bevor sie sich auf den Boden warf um den Schüssen auszuweichen. Gekonnt holte sie mit dem Bein aus und schlug dem Mann die seinen weg. Er fiel in ihre Richtung und ihre Faust traf ihm ins Gesicht. Er wurde rückwärts geschleudert, prallte an einen Baum wo er ächzend zusammensank. Er stand nicht wieder auf.

*

Überwältigt von ihrer eigenen Stärke stand Reii da, sichtlich zufrieden. Sie sortierte einen Moment lang ihre Gedanken ehe sie sich Shikosa zuwandte. Sie lief auf ich zu und fiel auf die Kniee als sie sah was sie ihm angetan hatten. Sein eigener Dolch steckte in seiner Brust und zahlreiche Schusswunden übersähten seinen geschundenen Körper. Er musste trotz schlimmster Verletzugngen weitergekämpft haben. Von seinem Tiger Grishk, war keine Spur zu sehen. Behutsam legte Reii eine Hand auf die Wange ihres Großvaters und strich Blut uns Schweiß hinfort. Kopfschüttelnd nahm sie seine Hand und hielt sie. Hielt sie fest. Sie spührte wie er ihre Hand festhielt und wieder liessen Tränen ihre Wängen glänzen.
<<Reii?>> brachte Shikosa im flüsterton hervor. Er hustete und spuckte Blut.
<<Großvater ich->> ihre Worte gingen unter als sie sich mit ihrer Stirn an seine lehnte. Sie schluchzte und weinte voller Verzweiflung.
<<Hör auf damit, Reii. Wie soll ich das mitansehen? Tu mir das nicht an.>> zittrig hob der Alte eine Hand und wischte seiner Enkelin über die Wange. Sie schmiegte sich an seine Hand, Tränen rollten ohne Kontrolle.
<<Hör zu, Reii. Du musst stark sein. Verschwinde von hier bis der Regen und die Zeit das Blut und die Trauer hinfort gewaschen haben. Wie ich sehe hast du meine Halskette gefunden und ich bin froh darüber. Behlate sie bei dir und du wirst erkennen wenn dir Gutes wiederfährt, Reii>> ein schwaches Lächeln durchzog das Gesicht Shikosas ehe er seinen letzten Atemzug tat.

*

Seine Hand lag kalt in ihrer. Einzelne Tropfen fielen zu ihr hinunter. Regen. Sie lebte das Geräusch von Regen. Nichts war beruhigender, doch an jenem Tag hätte sie sich gewünscht, von den erlöschenden Flammen verschlungen worden zu zu sein. Lange saß sie da. Still.Ohne jegliche Reaktion. Ihr Blick war leer, wie ihr Kopf und kein Gedanke wollte sie ablenken von der Grausamen Wahrheit. Der Regen wurde stärker. Bald war ihr langes Haar durchnässt, ihre Kleidung die ihr am Körper klebte wie eine Strähne in ihrem Gesicht.
Nabu hinkte aus seinem Unterschlupf hervor, auch er hatte feuchte Augen. Er settze sich neben die Waldläuferin doch Reiis Blick hielt nichts fest. Abwesend starrte sie auf den Boden. Der Antaru sah sie an bevor er ihr auf den Schoß kletterte. Ihm schmerzten die Beine und er hatte Angst vor dem nahenden Gewitter. Der Regen prasselte schon bald ohne Rücksicht auf Kashik nieder und liess die Flammen erlöschen. Die Insel glich einem gewaltigen Schornstein dessen Rauch unaufhaltsam in Richtung Himmel strömte. Ein Blitz zuckte über den Himmel und die untergehende Sonne tauchte alles in ein warmes Rot. Bis es fast dunkel war verharrte Reii dort trotz das sie frohr und ihre Glenke schmerzten. Nabu hatte sich in ihre Armbeuge gelegt im Versuch sie zu trösten. Vergeblich. Als er ihr nach einiger Zeit über den Unterarm leckte rührt sich die junge Frau. Wortlos stand Reii auf, setzte Nabu auf ihre Schulterund machte sich auf den Weg. Ohne sich noch einmal umzudrehen liess sie ihren Großvater zurück, doch seine Worte jagten durch ihren Kopf und füllten die Leere in ihr.
<<Gib nicht auf>> hallte es in ihr. Nein. Sie würde Kashik nicht aufgeben. Niemals.
 
Ich habe nunmal versucht das ganze etwas lustig anzuhauchen bevor schon das nächste drama folgt xD

Kapitel X

Company des Todes/ Todes-Kompanie


Der Schwarze trieb Saguro immer dichter in den Wald hinein, blickte sich in regelmäßigen Abständen um, wahrscheinlich um sicher zu gehen, dass weder seine Partnerin noch Reii ihnen folgte.
<<Wo bringst du mich hin, Leeto?>>, haspelte Saguro, während er hastig einer Ameisenstraße auswich und fast auf eine tellergroße Spinne trat. Er schüttelte sich, während er über seine Arme rieb um die Gänsehaut zu vertreiben.
<<Warte ab, Mensch. Glaube nicht, dass ich dich gerne zu diesem Ort bringe, aber ich spüre, dass es an der Zeit ist, dich in Kashiks Vergangenheit einzuweihen.
Saguro nickte mit funkelnden Augen und folgte dem Tiger weiter durch den Dschungel. Er sah sich wie auf jedem ihrer Streifzüge interessiert um, schrieb hin und wieder etwas in sein Notizbuch, ehe er sich wieder dem Weg widmete, was zu allerlei Stürzen und Verletzungen führte. Der junge Forscher war nicht nur einmal einem überdimensionalen Insekt in die Quere gekommen oder aber hatte nicht selten eine Schlange oder gar ein anderes zu großgewachsenes Tier bei einer Tätigkeit gestört, was diese ihn mit Bissen, Stichen oder Krallen spüren ließen. Dennoch ließ er sich trotz seines langen Aufenthalts auf Kashik regelmäßig von buntschillernden Pflanzen wie Tieren irritieren und ablenken. Seine Augen verfolgten jetzt auch ein heuschreckenartiges Insekt, das um seinen Kopf herumschwirrte, bevor es im Wald verschwand. Saguro drehte sich im Kreis und sah dem Tier nach. Plötzlich fiel sein Blick auf den Baum, hinter dem er das Flugtier aus den Augen verloren hatte. Ein hölzerner Speer steckte im Stamm. Saguro legte die Stirn in Falten und untersuchte eindringlich und verwundert den Speer, an dessen Schaft seltsame Fetzen hingen und andere Dinge baumelten. Leeto machte große Augen und stürmte auf Saguro zu.
<<Saguro, lass uns weitergehen.>>
<<Was ist das?>>, fragte er den Tiger mit gerunzelter Stirn und stellte fest, dass Kleidungsfetzen und Knochen an dem Stab baumelten.
<<Nichts von Bedeutung>>, stammelte der Schwarze nicht überzeugend.
Geschockt ging er um den Baum herum und erkannte eingewachsene Patronen in seiner Rinde. Der Schwarze ließ seufzend die Ohren hängen.
<<Eigentlich wollte ich anders mit der Geschichte anfangen, aber wie es scheint, ist mir dies nicht vergönnt.>>
Immer noch betrachtete der Forscher die wenigen Überreste des menschlichen Skelettes, das dort an dem Baum hing und ihn missbilligend anzublicken schien.
Langsam und schaudernd drehte er sich zu Leeto um. Stumm zeigte er mit dem Finger auf seinen Fund.
<<Komm mit>>, entgegnete der Schwarze trocken, zum Gehen gewandt.
Immer mehr menschliche Überreste entdeckte Saguro in den Baumkronen und ihren Stämmen wie auf dem Boden, alle lagen sie in qualvollen Positionen da. Ein ungutes Gefühl beschlich den jungen Mann, als er an den Gerippen vorbeizog. In einem Strauch lag das gut erhaltene Skelett eines großen, stark gebauten Mannes, der wohl zu Lebzeiten eine Schutzweste getragen hatte. Sie war unwahrscheinlich gut erhalten, zwar nur noch zu erahnen, aber vorhanden. An einer angebrochenen Rippe klebte ein Stofffetzen, auf dem ein kleiner Schriftzug zu erkennen war. Mit verzogenem Gesicht streckte Saguro die Hand danach aus, bekam das Stück zu packen, doch es klebte fest. Er rollte mit den Augen und als er behutsam daran zog, gab der Knochen ein ungesund knirschendes Geräusch von sich. Schließlich hatte der junge Mann das erwünschte Stück Stoff, allerdings ekelte ihn, gelinde gesagt, das daran hängende Rippenstück und er versuchte, es abzuschütteln.
<<Saguro, was tust du da?>>, Leeto war entsetzt über das, was er tat, aber sein glimmendes Fell hielt Saguro nicht davon ab, zu entziffern, was auf dem Stoff geschrieben war.
Der Forscher schüttelte immer noch seinen Fund herum. Er fuchtelte wild mit der Hand herum, als sich der Knochen nach langer Prozedur endlich löste und davon geschleudert wurde. Angewidert zuckte Saguro, doch seine Aufmerksamkeit galt nun dem, was er aufgespürt hatte. Er legte den Kopf schief und er erkannte eine blasse Aufschrift: Fair Research Company. Die einzelnen Buchstaben sollten wohl die Stadt New York darstellen.
<<Faire Forschungskompanie>>, übersetzte er laut denkend. Sehr unkreativ wie er fand. Er selbst hatte an der University of Nature, der Universität für Naturwissenschaften in New York gearbeitet. Ursprünglich kam er aus Boston, doch seine Suche nach einem Institutsplatz führte ihn schließlich zum Big Apple, nach New York City. Doch der Name Fair Research Company war ihm trotz seines umfangreichen Allgemeinwissens noch nie untergekommen.
<<Lass uns endlich gehen, Saguro. Es ist ohnehin nicht richtig, dass wir uns hier aufhalten, also setz dich in Bewegung. Ich möchte keine unnötige Zeit an diesem Ort verbringen.>>, schnaubte der Tiger sauer.
Saguro legte seinen Fund in eine Seite seines Notizbuches, ehe er Leeto folgte.
<<Nun?>>, hackte der junge Mann nach.
Der Schwarze sah ihn nicht an.
<<Es gab einen Krieg zwischen Menschen und Waldläufern. Wohl eher ein Gemetzel.>>
Genervt verdrehte Saguro die Augen und wollte sich fast lautstark beschweren, dass er dies nun schon das zehnte mal zu hören bekam, doch Leeto nahm ihm sein Vorhaben ab.
<<Damals kamen regelmäßig Menschen auf die Insel um Forschungen zu betreiben, wie sie es nannten. Sie waren auch solche Spinner mit Notizbüchern, Computern und anderem technischen Kram, wie du.>>
Saguro hielt sich mit seiner Beschwerde zurück, wobei er sich nun sicher war, dass Leeto ihn mit Absicht provozierte.
<<Wie auch immer. Einer blieb. Für sehr lange. Marow.>>
<<Was?!>>, Saguro blieb stehen.
<<Halt! Du willst mit erzählen, dass Marow schon einmal hier auf Kashik war? Sogar für längere Zeit?>>, fassungslos starrte er Leeto an. Dieser nickte nur trüb. Saguros Stimme versiegte und er tappte Leeto weiter nach.
<<Er blieb nicht ohne Grund hier.>>, Leeto wurde etwas kleinlaut, jedoch bemüht, nicht auffällig zu wirken.<<Er hatte sich in Reii verliebt.>>
<<Warum traue ich ihm auch noch zu, dass->>
<<und Reii sich in ihn.>>, sprach der Schwarze weiter.
Saguro blieb erneut stehen, schnitt eine Grimasse, die sein Entsetzen ausdrücken sollte, als er die Worte des Tigers verarbeitet hatte.
<<Die beiden waren ein Paar und Marow wurde praktisch Teil des Stammes.>>
Da der Forscher seine Fassungslosigkeit nicht weiter steigern konnte, setzte er sich ruckartig zu Boden. Leeto wandte sich ihm zu, ehe er fortsetzte:
<<Verstehst du das Saguro? Er hatte unser Vertrauen, unser aller.>>
Saguro wurde beinahe schlecht und er ließ Leeto ungestört weiter erzählen.
<<Er blieb über ein Jahr auf Kashik, ehe viele Schiffe vor Anker gingen. Späher berichteten von bewaffneten Menschen, die vom Strand aus in Richtung unserer Wohnstätte zogen. Marow hatte uns verraten und die Vernichtung der Waldläufer zu verantworten. Es waren zu viele, sie waren zu stark bewaffnet. Wir konnten ihnen nichts entgegensetzen. Das gesamte Waldläufervolk bis auf Reii wurde getötet, ebenso alle Tiger, bis auf Kaal und mich. Seit dem Krieg habe ich meinen Reiter, Demar, Reiis Bruder , verloren. Vielleicht lässt sich meine schlechte Laune so erklären...>>
Saguro merkte, wie der Schwarze immer mehr vertrübte und mit seinen Gedanken abschweifte. Als die Raubkatze dies merkte, schüttelte er die Mähne und setzte seinen Weg fort.
<<Wie dem auch sei. Ich hoffe, du kannst nun verstehen, weshalb Reii solch einen Hass auf deine Rasse hat. Zuvor misstraute sie euch schon. Sie hasste Waffen, Schiffe und eure Art, die Dinge zu sehen. In ihren Augen war Marow anders, doch er hat sogar ihren Großvater getäuscht. Shikosa war ein weiser Mann, dem man nichts vorgaukeln konnte, doch auch er starb durch Menschenhand. Reii hat den Schmerz über den Verlust ihrer Mutter, ihres Bruders und vor allem ihres Großvaters nie verkraftet, aber auch den Verrat ihres Volkes wird sie wohl nie verschmerzen können. Sie liebte Marow, doch->>
Leeto stockte.
<<Wir sind da>>, gab er trocken hervor.
Saguro sah nach vorn und bemerkte, dass sich in einer Felswand eine Öffnung präsentierte. Misstrauisch sah er sich um, bevor er dem Schwarzen zögerlich in das Innere der Höhle folgte.

*

Im Felsinneren wurde es immer kühler und feuchter. Wasser rann von den Wänden, tropfte von der Decke oder sammelte sich in kleinen Pfützen am Boden. Kleine Tropfsteine ragten aus dem Boden, sodass Saguro ständig Acht geben musste, um nicht zu stolpern. Während Leeto geräuschlos über den Boden ging, hallten die Schritte des Forschers von allen Wänden wider. Er glaubte ein Zwitschern zu hören und duckte sich im letzten Moment vor einem Fledermausschwarm weg, der kreischend seinen Weg hinaus aus der Höhle suchte. Mittlerweile musste die Dämmerung angebrochen sein, weshalb die kleinen Säuger nun auf Jagd gingen. Saguro sah ihnen kurz nach, sie beneidend, dass sie die Höhle verließen, im Gegensatz zu ihm. Es war eine ruhige, aber angespannte Atmosphäre. Darum traute er sich auch nicht, etwas zu sagen. Stattdessen folgte er dem Schwarzen stumm, der fast mit dem Dunkel der Höhle verschmolz.
Sie gingen eine Weile durch verschlungene Gänge und allmählich war sich Saguro nicht mehr sicher, ob er dem Tiger wirklich weiter folgen sollte, doch sein Misstrauen wurde ihm abgenommen. Die Raubkatze blieb vor einem Wasserfall stehen, der zusammen mit fahlem Mondlicht durch die Decke brach. Der junge Mann stellte sich stirnrunzelnd neben ihn. Leetos Schwanz schwang im Rhythmus des tropfenden Wassers hin und her und er hatte die Augen geschlossen. Aus der vorher so ungemütlichen Stimmung wurde eine entspannende Stille, die nur vom gelegentlichen Fall eines Tropfens auf den Boden unterbrochen wurde. Trotzdem fragte sich Saguro, was er hier nun sollte. Er beobachtete den Spalt seitlich in der Decke, wie allerlei schimmernder Pflanzen, Moose und Ranken ihn verengten, doch das Wasser strömte wie ein Vorhang hinunter und eine unruhige Wand verbarg den weiteren Weg. Leeto ging nah an die Wasserwand heran und berührte sie sanft mit der Nase. Augenblicklich zogen sich die Pflanzen im Spalt zusammen, sodass das Mondlicht einfiel. Das Wasser wurde ruhig wie ein Teich und Saguro hätte schwören können, in einen Spiegel zu blicken. Mit offenem Mund stand er da, etwas verwirrt, jedoch mehr erstaunt.
<<Du musst wissen, Saguro, meine Vorliebe für Wasser hält sich in Grenzen. Ein Tiger, der das Feuer beherrscht, macht sich nicht viel aus dem nassen Element. Zudem sehe ich ungern noch einmal, was damals passierte.>>
Saguro legte den Kopf schief. Er verstand wieder einmal nur die Hälfte von Leetos Worten.
Der Schwarze seufzte.
<<Du hast noch einiges über diesen Ort zu lernen wie mir scheint. Greif hinein>>
<<Ins Wasser?>>, der Forscher sah Leeto misstrauisch an, der genervt mit dem Kopf nickte.
Langsam drehte Saguro seinen Kopf in Richtung der Wasserwand und streckte zögerlich die Hand aus.
Der Schwarze machte eine zustimmende Kopfbewegung, doch Saguro zögerte.
<<Wenn ich das richtig verstanden habe, was werde ich sehen? Oder werde ich sehen wollen, was mir gezeigt wird?>>
<<Das erfährst du früh genug. Irgendwann musst du dir ein Bild unserer Vergangenheit machen, Saguro. Dies ist der beste Weg dafür.>>
Der junge Mann widmete sich wieder seiner Hand, die kurz vor den nassen Vorhang verharrte. Entschlossen zuckte seine Hand vor, an seinen Fingerspitzen spürte er bereits beißende Kälte. Schließlich streckte er den Arm aus. Er hatte das Gefühl seine Finger auf eine Wand gelegt zu haben, fest wie Stein, jedoch glatt, wie auch kühl. Eine heiße, unangenehme Woge durchströmte ihn. Ein schmerzendes Gefühl durchzuckte ihn wie ein Blitz. Er sah Bildfetzen, hörte Stimmen und Schreie, unter denen er Reiis Stimme erkannte. Schüsse. Das Brüllen von Tigern. Wieder Schüsse. Er sah die junge Waldläuferin, wie sie bei einem Kind kniete, einem kleinen Mädchen, dann, wie sie auf Kaals Rücken saß, mit blutgetränkter Kleidung, verletzt, geschunden, in Panik. Sie hielt ein Gewehr in den zittrigen Händen. Saguro verkrampfte sich. Reii wurde von einem Mann an der Kehle gepackt und gegen einen Baum gedrückt. <<Monster.>>, hörte er plötzlich Reii husten. Ihre klägliche Stimme hallte in seinem Kopf, ehe das Bild wieder anriss. Ein gewaltiger Knall versetzte Saguro in Schwindel. Eine Höhle, in dessen Inneren Tote lagen, Waldläufer, erschossen, erdrosselt, gewaltsam umgebracht. Der Eingang wurde verschüttet. Männer, die sich wohlwollend auf die Schultern klopften. Es wurde schwarz. Regen fiel. Reii, mit einer tiefen Wunde im Gesicht, lag schwer atmend an Kaals Seite, Leeto dicht neben ihr, zwischen seinen Pfoten Nabu. Das letzte, was Saguro sah, waren die leeren, kalten Augen der Waldläuferin, die durch ihn hindurch blickten.
Der Forscher zog ruckartig seine Hand zurück, taumelte einige Schritte und hielt sich den schmerzenden Kopf. Seine Lungen krampften, er konnte kaum atmen. Wirr sah er sich um.
<<Komm, wir gehen.>>
<<Warte! Leeto, was, was habe ich da gerade gesehen?>>
<<Sag du es mir, Saguro>>, sprach der Schwarze beim Weitergehen.
Der junge Mann überlegte einen Moment.
<<Ich weiß es nicht. Du warst dort, Kaal und Nabu. Ich habe Reii gesehen, ihre Stimme gehört. Es war furchtbar...>>, gab er zu.
Leeto schüttelte seine Mähne.
<<Es ist keine Entschuldigung für unser, insbesondere Reis Verhalten, aber eine Erklärung. Ich hoffe, du weißt nun, weshalb wir so sind, wie wir eben sind. Wir haben alles verloren, unsere Familien unser Zuhause. Glaubst du nicht, dass der Tod der Menschen, die hier ankommen, gerechtfertigt ist?>>
<<Jemanden zu töten, dafür gibt es keine Entschuldigung, Leeto, schon gar keine Begründung. Genauso wenig kann ich euch verstehen.>>
Der Schwarze sah ihn an.
<<Aber ich kann und werde es versuchen>>, Saguro lächelte dem Tiger zu, der ihn ungläubig ansah. Solche Worte hatte er Saguro nicht zugetraut, auch wenn es keine großen Worte waren, bedeuteten sie der Raubkatze viel.
Als die beiden die Höhle verließen, war es bereits dunkel. Glühwürmchen schwirrten den beiden um die Köpfe, frech und flink.
Ein lautes Surren ließ den Tiger, wie auch Saguro, auffahren. Ein Schatten über ihnen ließ die Baumkronen erzittern, er war jedoch gleich wieder verschwunden. Leeto knurrte unruhig und mit dem Schwanz peitschend. Wieder flog das Ungetüm über sie hinweg, zahlreiche Vögel brachten sich kreischend in Sicherheit. Trotz dunkelster Nacht erkannte Saguro, was dort über ihnen seine Runden zog.
<<Ein Helikopter.>>
 
Ich persöhnlich finde das 11te kapitel am schlimmsten :( es macht mich i-wie sehr traurig obwohl es noch nicht ganz fertig ist... ich schreibe morgen weiter ;)


Kapitel XI

Lass den Regen nicht enden

Reii hustete und schnappte nach Luft. Der aufsteigende Rauch des erlöschenden Feuers liess sie kaum atmen., auch Kaal, auf dessen Rücken sie klammerte, hatte es nicht leicht. Sie war zu Leeto gelaufen um ihm zu helfen, doch als sie ankam waren er und Marow verschwunden. Auf ihrem Rückweg zu Reii fand die Weiße ihren Freund, schwer verletzt, aber er lebte. Die Tigerin hatte ihn erneut zurückgelassen, allerdings machte er sich langsam auf den Weg zu den schützenden Höhlen.
Entschlossen jagte die Weiße nun mit Reii durch den nächtlichen Jungel. Die Tierstimmen kehrten zurück, genau wie der Mut der Waldläuferin. Sie hielt den Anhänger ihrer Kette fest in der Hand, während sie in Gedanken nur bei einem Mann war. Marow. Sie schwor sich, dass er dafür büssen sollte, aber zunächst mussten die restlichen Männer verschwinden.
Die Höhlen waren nichtmehr weit entfernt und Reii legte den kleinen Nabu wieder hinter einen Strauch um wenigstens ihn, sicher zu wissen. Der kleine sah guckte zu ihr nach oben als sie ihn auf dem feuchten, moosigen Boden absetzte. Sie sah ihn nicht an, sondern schwang sich ohne weiteres wieder auf Kaals Rücken und trabte davon, traurig blieb der kleine zurück.
Der Regen prasselte wie ein dichter Vorhang herab und selbst die wenigen intakten Baumkronen konnten ihn nicht davon abhalten bis zur Erde vorzudringen. Reii war durchnässt, doch sie frohr nicht. Ihr war heiß und sie zitterte angespannt, vor Aufregung.
Sie standen auf einer kleinen Anhöhe, oberhalb der Höhle, während sie das Treiben der Menschen beobachteten. Schmerzvoll mussten sie mit ansehen wie die Männer die Leichen sämtlicher Waldläufer in die Felsöffnung warfe, unachtsam und mit ihnen umgehen als seinen sie alte Lumpen, die man wegwarf. Reiis Zorn wurde immer mehr geschürt, doch sie musste warten, auf den richtigen Moment. Sie sah ihre Mutter, ihren Bruder und zuletzt Shikosa wie sie zu dem Haufen toter Körper gebracht wurden. Verstümmelt, gequält, getötet. Stunden vergiengen ehe sich etwas regte. Einige Männer kletterten die Felswand hinauf, in Reiis Richtung, sodass sie zunächst das Weite suchen musste. Aus sicherer Entfernung beäugte sie missfallend was die Soldaten vorhatten. Sie bohrten Löccher an einige Stellen des Felsen, liessen kleine, nach Pulver stinkende Röllchen hinein, die mit Draht verbunden waren, dann gingen sie wieder. Reii wollte näher heran doch der ohrenbetäubende Knall der Sprengsätze liess ihren Kopf dröhnen. Zudem nahm ihr die riesige Wolke aus Steinen, Dreck und Moos die Sicht. Kaal brüllte vor Schreck auf, aber zum Glück der beiden schien es niemand gehört zu haben. Bis auf einen. Marow. Er zog verärgert die Oberlippe hoch. Blut lief ihm aus dem Mund, welches er fast genüsslich ableckte. Im Kampf gegen Reiis Bruder, Demar, hatte er offensichtlich einige seiner Zähne lassen müssen. Um die verbliebenen kümmerte er sich später und besah sich zunächst das Ergebnis seiner Arbeit. Die Leichen der Waldläufer waren zusammen mit denen seiner Soldaten im Inneren der Höhle eingeschlossen und nun konnte er seinen eigentlichen Plan in die Tat umsetzen.
<<Seht zu das wir verschwinden. Bringt die Katzen unter Deck, die anderen könnt ihr meinetwegen an die Reling binden. Macht mit diesen Tieren was ihr wollt.>>
Reii sah zu wie zwei Männer ihres Stammen, mit Händen unf Füßen an einen Pfahl gebunden, wie tote Tiere, die man als Trophäen präsentierte, abtransportiert wurden, zusammen mit den Tigern. Unter ihnen Demar und Grishk. Kaal wandt den Kopf ab, zu sehr schmerzte sie der Anblick ihres geschlachteten Vaters.

*

Die Männer waren gegangen. Ihre gierigen Fratzen, die ihre gefallende Beute inspizierten. Angeekelt hatten die beiden ihnen nachgesehen, jedoch besorgt, da einer von ihnen blieb. Der Verräter des Stammes stand am Fuße des Steinhaufens, der den Höhleneingang verschüttete. Er ging auf die Felsbrocken zu, die spöde und kantig vor seinen Füßen lagen. Der fallende Regen spühlte die roten Flecken von seiner Haut und aus seinem Haar. Ein eises Schluchzen liess ihn aufhorchen. Dieser einzelne laut liess sein zuvor noch so hässliches Grinsen, verschwinden, auch die beiden verbleibliebenen lauschten. Reii glitt leise vom Rücken der Weißen. Sie landete unsanft, da ihre Knie unter Schmerzen nachgaben. Sie schlich bis zu Kante. Als sie hinabspähte blieb ihr Herz für einige Sekunden stehen. Ein kleines Mädchen, lag verängstigt hinter einem Baum. Sie umklammerte ein Stofftier, dessen ehmalig weisses Fell bräunlich verfärbt und schmutzig war. Marow ging in die Richtung der kleinen Waldläuferin. Reii musste handeln. Sie wies Kaal an, zu bleiben wo sie war, selbst stieg sie möglichst geräuschlos den Abhang hinab, möglichst ohne entdeckt zu werden. Ihre Gabe war anders als die ihrer Familie. Sie konnte weder heilen, noch vermochte sie die Fähigkeiten ihres Tigers zu nutzen, nein, sie spührte Vibrationen im Boden und spührte die Anwesenheit ihrer Feinde. So auch jetzt als sie die Hand auf die nasse Erde legte. Marow zog ein Bein nach, seine Schritte waren schwerfällig, während das Mädchen still in ihrem Versteck verharrte. Der Lärm musste sie verschreckt haben nachdem sie es geschafft hatte dem Kugelhagel zu überleben und aus der Höhle zu flüchten. Marow war bei ihr angekommen, doch reii wartete ab. Wenn sie es überstürzte könnte es das Leben des Kindes kosten.
<<Was ist denn mit dir geschehen, Tamal? So allein im dunklen Wald Kashiks?>> grinste der Mann mit auffalend höher Stimme. Er quiekte mehr als das er sprach. Die kleine drückte sie entsetzt gegen den Baumstamm, ihr Stofftier umklammernd. Sie kniff die Augen zusaffen und weinte vor Angst. Marow kniete sich zu ihr nieder, seine Hand glitt über die Wange der kleinen Waldläuferin, als er an ihr heruntersah. Eine Kugel in ihrer Brust lieff sie mit einem rasselnden Geräusch die Luft in ihre Lungen ziehen, ihr Arm hing in einer abnormalen Haltung an ihr herunter, gebrochen, bewegungslos. Ihr ganzer Körper krampfte vor Panik. Reii bis sich auf die Unterlippe bis sie blutete, mit der Hand umgriff sie bereits ihren Dolch.
<<Hast du Schmerzen meine Kleine? Zeig mir deinen Arm. >>
Grob packte er sie am Ellbogen und sie schrie auf vor Schmerz, was ihn anzuspornen schien. Im selben Moment sprang Reii ab und landete zielsicher hinter ihm. Mit einem Schlag ins Genick sackte er zusammen, sie wirbelte ihn herum sodass er einige Meter über den Boden schlidderte, dann blieb er liegen. Aufgeregt kniete sie sich zu Tamal hinunter die weinte und schluckzte.
<< Ist ja gut. Sie mich an, Tamal, ich bin es, Reii.>>
Die Waldläuferin spielte ein Lächeln vor. Das Mädchen hate keine Kraft mehr um den Kopf oben zu halten, zu groß waren die Schmerzen in ihrem Körper. Blut lief ihr auf Mund, zusammen mit Speichel, der ihr das Kinn hinblief. Reii musste mit ansehen wie die Lebensgeister des Mädchens immer weiter schwanden, ohne dass sie etwas dagegen hätte machen können. Marow begann sich hinter ihr bereits wieder zu rühren, doch sie wollte dem Kind weiteren Schrecken ersparen. Sie rief Kaal zu sich. Die Weiße legt sich zu dem Mädchen nieder und bließ ihr kühlen Wind ins Gesicht um ihr das Aatmen zu erleichtern,dann kam auch noch Nabu zu ihnen gekrabbelt. Er sah dem Kuscheltier der Kleinen Waldläuferin sehr ähnlich, bis auf Fell- und Augenfarbe. Nabus Harr, das sonst immer wild abstand, hing matt und kraft hinunter, vom Regen, wie auch den vergangenen Strapazen. Als das Mädchen den Antaru sah zauberte sich ein Lächeln auf ihre rissigen Lippen. Regentropfen vermischten sich mit Tränen, die beiden Waldläufern übers Gesicht liefen. Kaal sah Reii betroffen an und trat zurück. Die junge Frau nahm das Mädchen sanft in den Arm, bevor sie sie auf dem Boden ablegte. Wieder zwang sie sich zu einem Lächeln ehe sie ihren Dolch zog.
<<Schließ die Augen, Tamal. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.>>
Aus großen Augen, hoffnungsvoll, aber doch so leer, blickte sie das Kind an, genau wie Nabu.
<<Na los>> Sie für ihr mit einem Finger über die Lider und strich ihr erneut über die Wange, ihre Atmung beruhigte sich ein wenig.
<<Versuch einzuschlafen, meine Kleine, und wenn du aufwachst, wird dieser Albtraum zuende sein, das verspreche ich dir.>>
Nun konnte auch Reii ihr Schluchzen nicht mehr unterdrücken.
<<Reii>>
Die Stimme des Mädchens war dünn, so unwarscheinlich schwach.
<<Lass... den Regen nicht enden...Pochy mag ihn so gern>> sie umgriff ihr Stofftier fester.
Ein Blitz zuckte über den Himmel, Doner grollte. Windstöße trieben lose Blätter vor sich her, Reiis langes Haarwar für Sekunden wie schwerelos.
<<Versprochen>> presste sie hervor.
Sie legte ihre Hand auf die des Mädens und ihren Dolch an ihre Kehle. Sie zögerte einen Moment bevor sie zustach und Tamal erlöste.

*

Reii wartete. Wartete bis er sich aufsetzte und sie ansah, sie ansah mit den selben braunen Augen in die sie sich verliebt hatte und in welche sie blickte als er den Abzug seiner Pistole drückte. Sie wollte ihm in ganu die Augen sehen die für den Tot ihre Volkes verantwortlich war. Sie wollte seinen Blick schwinden sehen, wenn er starb.
 
Nochmals kapitel 12, diesmal zuende geschrieben ;)

Kapitel XI

Lass den Regen nicht enden

Reii hustete und schnappte nach Luft. Der aufsteigende Rauch des erlöschenden Feuers ließ sie kaum atmen. Auch Kaal, auf dessen Rücken sie klammerte, hatte es nicht leicht. Sie war zu Leeto gelaufen um ihm zu helfen, doch als sie ankam, waren er und Marow verschwunden. Auf ihrem Rückweg zu Reii fand die Weiße ihren Freund, schwer verletzt, aber er lebte. Die Tigerin hatte ihn erneut zurückgelassen, allerdings machte er sich langsam auf den Weg zu den schützenden Höhlen.
Entschlossen jagte die Weiße nun mit Reii durch den nächtlichen Dschungel. Die Tierstimmen kehrten zurück, genau wie der Mut der Waldläuferin. Sie hielt den Anhänger ihrer Kette fest in der Hand, während sie in Gedanken nur bei einem Mann war. Marow. Sie schwor sich, dass er dafür büßen würde, aber zunächst mussten die restlichen Männer verschwinden.
Die Höhlen waren nicht mehr weit entfernt und Reii legte den kleinen Nabu wieder hinter einen Strauch, um wenigstens ihn sicher zu wissen. Der Kleine guckte zu ihr nach oben, als sie ihn auf dem feuchten, moosigen Boden absetzte. Sie sah ihn nicht an, sondern schwang sich ohne weiteres wieder auf Kaals Rücken und trabte davon. Traurig blieb der Kleine zurück.
Der Regen prasselte wie ein dichter Vorhang herab und selbst die wenigen intakten Baumkronen konnten ihn nicht davon abhalten, bis zur Erde vorzudringen. Reii war durchnässt, doch sie fror nicht. Ihr war heiß und sie zitterte angespannt, vor Aufregung.
Sie standen auf einer kleinen Anhöhe, oberhalb der Höhle, während sie das Treiben der Menschen beobachteten. Schmerzvoll mussten sie mit ansehen wie die Männer die Leichen sämtlicher Waldläufer in die Felsöffnung warfen, unachtsam und grauenvoll, als seien sie alte Lumpen, die man wegwarf. Reiis Zorn wurde immer mehr geschürt, doch sie musste warten. Auf den richtigen Moment. Sie sah ihre Mutter, ihren Bruder und zuletzt Shikosa, wie sie zu dem Haufen toter Körper gebracht wurden. Verstümmelt, gequält, getötet. Stunden vergingen, ehe sie sich etwas regte. Einige Männer kletterten die Felswand hinauf, in Reiis Richtung, sodass sie zunächst das Weite suchen musste. Aus sicherer Entfernung beäugte sie missfallend, was die Soldaten vorhatten. Sie bohrten Löcher an einige Stellen des Felsen, ließen kleine, nach Pulver stinkende Röllchen hinein, die mit Draht verbunden waren, dann gingen sie wieder. Reii wollte näher heran doch der ohrenbetäubende Knall der Sprengsätze ließ ihren Kopf dröhnen. Zudem nahm ihr die riesige Wolke aus Steinen, Dreck und Moos die Sicht. Kaal brüllte vor Schreck auf, aber zum Glück der beiden schien es niemand gehört zu haben. Bis auf einen. Marow. Er zog verärgert die Oberlippe hoch. Blut lief ihm aus dem Mund, welches er fast genüsslich ableckte. Im Kampf gegen Reiis Bruder, Demar, hatte er offensichtlich einige seiner Zähne lassen müssen. Um die verbliebenen kümmerte er sich später und besah sich zunächst das Ergebnis seiner Arbeit. Die Leichen der Waldläufer waren zusammen mit denen seiner Soldaten im Inneren der Höhle eingeschlossen und nun konnte er seinen eigentlichen Plan in die Tat umsetzen.
<<Seht zu, dass wir verschwinden. Bringt die Katzen unter Deck, die anderen könnt ihr meinetwegen an die Reling binden. Macht mit diesen Tieren, was ihr wollt.>>
Reii sah zu, wie zwei Männer ihres Stammes, mit Händen und Füßen an einen Pfahl gebunden wurden. Wie tote Tiere, die man als Trophäen präsentierte. Zusammen mit den Tigern wurden sie abtransportiert. Unter ihnen Demar und Grishk. Kaal wendete den Kopf ab, zu sehr schmerzte ihr der Anblick ihres geschlachteten Vaters.

*

Die Männer waren gegangen. Ihre gierigen Fratzen, die ihre gefallende Beute inspizierten. Angeekelt hatten die beiden ihnen nachgesehen, jedoch besorgt, da einer von ihnen blieb. Der Verräter des Stammes stand am Fuße des Steinhaufens, der den Höhleneingang verschüttete. Er ging auf die Felsbrocken zu, die spröde und kantig vor seinen Füßen lagen. Der fallende Regen spülte die roten Flecken von seiner Haut und aus seinem Haar. Ein leises Schluchzen ließ ihn aufhorchen. Dieser einzelne Laut ließ sein zuvor noch so hässliches Grinsen verschwinden, auch die beiden Verbliebenen lauschten. Reii glitt leise vom Rücken der Weißen. Sie landete unsanft, da ihre Knie unter Schmerzen nachgaben. Sie schlich bis zur Kante. Als sie hinab spähte, blieb ihr Herz für einige Sekunden stehen. Ein kleines Mädchen lag verängstigt hinter einem Baum. Sie umklammerte ein Stofftier, dessen ehemalig weißes Fell bräunlich verfärbt und schmutzig war. Marow ging in die Richtung der kleinen Waldläuferin. Reii musste handeln. Sie wies Kaal an, zu bleiben, wo sie war. Selbst stieg sie möglichst geräuschlos den Abhang hinab, möglichst ohne entdeckt zu werden. Ihre Gabe war anders als die ihrer Familie. Sie konnte weder heilen noch vermochte sie die Fähigkeiten ihres Tigers zu nutzen, nein, sie spürte Vibrationen im Boden und spürte die Anwesenheit ihrer Feinde. So auch jetzt, als sie die Hand auf die nasse Erde legte. Marow zog ein Bein nach, seine Schritte waren schwerfällig, während das Mädchen still in ihrem Versteck verharrte. Der Lärm musste sie verschreckt haben, nachdem sie es geschafft hatte, dem Kugelhagel zu überleben und aus der Höhle zu flüchten. Marow war bei ihr angekommen, doch Reii wartete ab. Wenn sie es überstürzte. könnte es das Leben des Kindes kosten.
<<Was ist denn mit dir geschehen, Tamal? So allein im dunklen Wald Kashiks?>>, grinste der Mann mit auffallend hoher Stimme. Er quiekte mehr, als dass er sprach. Die kleine drückte sie entsetzt gegen den Baumstamm, ihr Stofftier umklammernd. Sie kniff die Augen zusammen und weinte vor Angst. Marow kniete sich zu ihr nieder, seine Hand glitt über die Wange der kleinen Waldläuferin, als er an ihr heruntersah. Eine Kugel in ihrer Brust ließ sie mit einem rasselnden Geräusch die Luft in ihre Lungen ziehen, ihr Arm hing in einer abnormalen Haltung an ihr herunter, gebrochen, bewegungslos. Ihr ganzer Körper krampfte vor Panik. Reii biss sich auf die Unterlippe bis sie blutete, mit der Hand umgriff sie bereits ihren Dolch.
<<Hast du Schmerzen meine Kleine? Zeig mir deinen Arm.>>
Grob packte er sie am Ellbogen und sie schrie auf vor Schmerz, was ihn anzuspornen schien. Im selben Moment sprang Reii ab und landete zielsicher hinter ihm. Mit einem Schlag ins Genick sackte er zusammen, sie wirbelte ihn herum, sodass er einige Meter über den Boden schlitterte, dann blieb er liegen. Aufgeregt kniete sie sich zu Tamal hinunter, die weinte und schluchzte.
<< Ist ja gut. Sieh mich an, Tamal, ich bin es, Reii.>>
Die Waldläuferin spielte ein Lächeln vor. Das Mädchen hatte keine Kraft mehr, um den Kopf oben zu halten, zu groß waren die Schmerzen in ihrem Körper. Blut lief ihr aus dem Mund, zusammen mit Speichel, der ihr das Kinn hinab lief. Reii musste mit ansehen, wie die Lebensgeister des Mädchens immer weiter schwanden, ohne dass sie etwas dagegen hätte machen können. Marow begann sich hinter ihr bereits wieder zu rühren, doch sie wollte dem Kind weiteren Schrecken ersparen. Sie rief Kaal zu sich. Die Weiße legt sich zu dem Mädchen nieder und blies ihr kühlen Wind ins Gesicht, um ihr das Atmen zu erleichtern, dann kam auch noch Nabu zu ihnen gekrabbelt. Er sah dem Kuscheltier der kleinen Waldläuferin sehr ähnlich, bis auf Fell- und Augenfarbe. Nabus Harr, das sonst immer wild abstand, hing matt und kraft hinunter, vom Regen, wie auch den vergangenen Strapazen. Als das Mädchen den Antaru sah, zauberte sich ein Lächeln auf ihre rissigen Lippen. Regentropfen vermischten sich mit Tränen, die beiden Waldläufern übers Gesicht liefen. Kaal sah Reii betroffen an und trat zurück. Die junge Frau nahm das Mädchen sanft in den Arm, bevor sie sie auf dem Boden ablegte. Wieder zwang sie sich zu einem Lächeln, ehe sie ihren Dolch zog.
<<Schließ die Augen, Tamal. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.>>
Aus großen Augen, hoffnungsvoll, aber doch so leer, blickte sie das Kind an, genau wie Nabu.
<<Na los.>>, sie fuhr ihr mit einem Finger über die Lider und strich ihr erneut über die Wange, ihre Atmung beruhigte sich ein wenig.
<<Versuch einzuschlafen, meine Kleine, und wenn du aufwachst, wird dieser Albtraum zu Ende sein, das verspreche ich dir.>>
Nun konnte auch Reii ihr Schluchzen nicht mehr unterdrücken.
<<Reii.>>
Die Stimme des Mädchens war dünn, so unwahrscheinlich schwach.
<<Lass... den Regen nicht enden...Pochy mag ihn so gern>>, sie umgriff ihr Stofftier fester.
Ein Blitz zuckte über den Himmel, Donner grollte. Windstöße trieben lose Blätter vor sich her, Reiis langes Haar war für Sekunden wie schwerelos.
<<Versprochen.>>, presste sie hervor.
Sie legte ihre Hand auf die des Mädchens und ihren Dolch an ihre Kehle. Sie zögerte einen Moment bevor sie zustach und Tamal erlöste.

*

Reii wartete. Wartete, bis er sich aufsetzte und sie ansah, sie ansah mit den selben Augen, in die sie sich verliebt hatte und in welche sie blickte, als er den Abzug seiner Pistole gedrückt hatte. Sie wollte ihm in genau die Augen sehen, die für den Tod ihres Volkes verantwortlich war. Sie wollte seinen Blick schwinden sehen, wenn er starb. Strömender Regen sammelte sich in zahlreichen Pfützen, in denen weitere Tropfen ihre Kreise zogen. Ruhig atmend saß Reii da, dem Regen horchend, den Tropfen, die von den Blättern fielen lauschend, den Menschen beobachtend. Der Wald war still, schien mit ihr den Atem anzuhalten, als Marow sich schmerzvoll stöhnend aufsetzte. Das einzige, was Reii vernahm, war ihr Herz, welches sich nicht entscheiden konnte, sanft zu pochen, oder in ihrer Brust zu hämmern, so verwirrt, wie auch hin- und hergerissen, ballten sich die Gefühle der Waldläuferin. Sie zwang sich jedoch zur Ruhe, atmete bewusst die feuchte, kalte Luft ein und schweifte den kleinen Wölkchen, die sich beim ausatmen bildeten, nach. Marow saß da, rieb sich den Kopf, fluchte und spuckte Blut, ohne sie zu bemerken. Erst, als er sich aufrappelte, erkannte er die zierliche Gestalt am Boden kauern, so schutzlos, hilflos, verzweifelt, wie sich ihr gesamter Hass gegen ihn stellte. Er schnitt eine Grimasse, die ein Grinsen darstellen sollen.
<<Du verstehst es nicht, oder?>>
Er ging auf sie zu, spuckte ihr voller Verachtung vor die Füße. Reii stand auf, ohne jegliche Reaktion, ohne ein einziges Wort und im gleichen Moment, in der selben Sekunde, wie sie ihren Dolch zog, grub er sich bereits in Marows Fleisch. Stumm, mit weit aufgerissenen Augen, stierte er auf sie hinunter. Völlig kalt, emotionslos, drehte sie das Messer in Marows Bauch, ehe sie ihn mit einem Ruck wieder herauszog. Der Mensch verzog das Gesicht, aus seiner lächerlichen Fratze wurde der Ausdruck von Schmerz und Überraschung. Wasser lief ihm aus den Haaren sein Gesicht hinab, tropfte zu Boden, wie sein Blut, das seine Kleidung tränkte.
<<Ich habe also nicht verstanden, sagst du? Nein, das habe ich auch nicht.>>
Tränen liefen ihre Wangen hinab, doch ihre Mine regte sich keinen Augenblick.
<<Du widerst mich an, Mensch.>>
Marow schwankte einige Schritte rückwärts und schien wieder ganz er selbst zu sein.
<<Als du das letzte Mal morgens aufwachtest, neben mir, so verschlafen, so verträumt, warst du mir eindeutig besser gesonnen, meine Liebe.>>
Er hob zitternd den Arm und machte eine winkende Handbewegung. Zwei Soldaten traten an den Rand des Abhangs, ihre Gewehre im Anschlag.
<<Sieh es doch endlich ein, du dummes Tier. Das ist kein Spiel!>>
Mit weit aufgerissenen Lidern, mehr abgedreht schreiend, als rufend, gab er seinen Schützen den Befehl zum Angriff. Ein einziger Schuss fiel, bevor die beiden Männer sich umdrehten und dort ihre Munition losfeuerten. Brüllen und Fauchen gefolgt vom Schreien der beiden Soldaten, verrieten Reii, dass Kaal ihr den Rücken freihielt. Marow gab einen verächtlichen Laut von sich, doch als er sich Reii zuwendete, war sie verschwunden. Ein Schlag zwischen die Schulterblätter ließ ihn vorwärts taumeln, dann packte er Reii am Handgelenk, als sie zum nächsten Stich ausholen wollte, versetzte ihr einen Hieb zwischen die Rippen, bevor ihr Dolch ihm einen Schnitt vom Kinn bis zur Brust einbrachte. Aufgebracht von Reiis zynischem Grinsen packte er sie am Ellbogen, überdrehte ihn, bis sie aufstand und sich vor Schmerzen quälte. Sie wagte nicht zu schreien, ihm Triumph zu gönnen, war keines ihrer Anliegen. Knochen brachen und ein Schmerzensschrei entfuhr ihr. Provozierend trat er ihr in die Kniekehle, damit sie zusammensackte, doch sie hielt stand.
<<Was willst du tun, kleines Mädchen?>>, sie spürte seinen Atem an ihrem Ohr, seine nassen Haare an ihrem Hals. Sie biss sich auf die Unterlippe und zog ihre Ferse in Körperrichtung an, trat ihn in den Schritt und spürte, wie er seinen Griff um ihren Arm löste. Seine Knie gaben nach. Er keuchte. Blitzartig drehte sie ihren Oberkörper, rammte ihren gesunden Ellbogen in seine Wange und spürte, wie sein Kiefer dem Druck nicht standhalten konnte. Sie stolperte von ihm weg, in Richtung des verschütteten Eingangs, doch sie wusste, dass er bereits hinter ihr war. Wieder zog sie ihren Dolch, wirbelte herum, als ihr plötzlich die Luft wegblieb. Das Messer steckte in Marows Schulter, er jedoch drückte sie mit aller Kraft am Hals gegen den schroffen Felsen. Sie umklammerte sein Handgelenk, ohne Nutzen. Sie strampelte, zappelte, ohne Erfolg. Sie rang nach Atem, hustete, röchelte. Bald ging ihr die Luft aus. Ihre Sicht verschwamm, ihr Blick trübte, die Venen in ihrem Hals pochten. Marow zog den Dolch aus seinem Fleisch und versetzte ihr einen Hieb über ihr Gesicht. Er konnte nicht mehr sprechen, zu geschunden war sein Gesicht, doch Reii wusste, dass der tiefe Riss in ihrer Wange sie jedesmal wieder an den Mann erinnern sollte, der ihr alles genommen hatte.

Im nächsten Moment wurde ihr schwarz vor Augen, sie sank am Fels entlang zu Boden und ihre Lungen füllten sich. Sie riss die Augen auf, zog pfeifend Luft ein, blinzelte um etwas erkennen zu können. Langsam kehrten ihre Sinne zurück und sie hörte Marow brüllen, wie auch Kaal fauchen. Die Raubkatze holte mit ihrer gewaltigen Pranke aus, sodass Marows Pistole aus seiner Hand geschleudert wurde und vor Reiis Füße schlidderte. Fluchend versuchte sich der Mensch mit einem Ast zu verteidigen, doch als die Weiße erneut ausholte, knickte er wie ein dünner Halm in Zwei. Reii rappelte sich auf. Ihre Muskeln krampften, ihr Sehnen schrien, ihr Körper bebte. Sie hielt Marows Pistole in der Hand, aber der Schuss verfehlte ihn weitgehend, zu unsicher stand die Waldläuferin auf den Beinen. Kaal umkreiste ihn, bereit, jederzeit auf ihn loszugehen, doch es wurde ihr verwehrt. Reei stand in ihrem Rücken und nun trennte sie eine Feuerwand von Marow. Ein ohrenbetäubendes Brüllen hallte durch die Szenerie. Die Zähne fletschend, hinkend und brennend trat Leeto zu seinen Freunden. Er warf den Kopf nach oben, das Feuer bewegte sich auf Marow zu, dieser wich zurück. Entschlossen ließ der Schwarze das Feuer in Richtung Nachthimmel lodern, bis der Mensch im Dickicht verschwunden war.
Er drehte sich mit angelegten Ohren um, sah seine Gefährtin an und trottete zu Reii.
<< Er ist fort.>>, brachte der Kater hervor, bevor seine Kräfte schwanden und er zu Boden ging.
<<Er wird wiederkommen.>>
Die Stimme der Waldläuferin war dünn. So unwahrscheinlich, so unwirklich und leer. Sie fuhr sich über die Wange. Sie blickte auf ihre Hand, auf das Blut, das daran haftete, ihr Blut. Beim Gedanken für immer mit der Narbe, die zurück bleiben würde, gezeichnet zu sein, musste sie lächeln.
 
UND das 12te das ich eigentlich recht gut gelungen finde :)

Kapitel XII

Gefahr im Anflug/Nicht alles Gute kommt von oben

Nachdem die beiden der Maschine am Himmel nachgeschaut hatten, sahen sie sich an. Den beiden schwirrte der gleiche Gedanke durch den Kopf: <<Das kann nichts gutes bedeuten.>> sprach Saguro ihre Gedanken aus.
Der Helikopter tauchte wieder über ihren Köpfen auf. Leeto schnaubte, bevor er, von Saguro gefolgt, lossprintete. Schon bald hatte er den Menschen zurückgelassen, während er durch den Dschungel jagte. Er flog regelrecht über Hindernisse wie Baumstämme oder kleine Tiere hinweg. In Windeseile war er bei Reii und Kaal angekommen, die an der Feuerstelle saßen. Reii lehnte an der Weißen während sie einige Löcher an ihrem Gewand flickte. Sie hatte sich ein Tuch um den Körper geschlungen, war somit mehr als überrascht, Leeto zu sehen, da sie die beiden erst in einigen Stunden zurück erwartet hatte. Sie sah sich um, konnte den Mensch allerdings nicht ausmachen.

<<Wo ... wo ist Saguro?>>, fragte sie, bemüht unaufällig zu klingen. Nicht, dass es sie interessiert hätte, wo er war, sondern weil sie keine Kleidung trug.
<<Ich weiß es nicht. Reii, hast du ihn nicht bemerkt?>>
<<Wen? Saguro? Wo ist er?!>>, hektisch sah sie sich um, konnte aber niemanden entdecken.
<<Du meinst diese höllisch laute Maschine, die schon seit Ewigkeiten über der Insel kreist?>>, hackte sie aus reiner Scham nach,<<Natürlich. Aber wieso bist du jetzt nach Stunden so aufgebracht zurück gekommen?>>

<<Wir haben ihn erst gerade eben bemerkt. Wir waren in einer der Höhlen.>>, rutschte es den Schwarzen heraus.
<<Ihr wart in einer der Höhlen?>>, Reii war völlig fassungslos.
<<Irgendwann musste er erfahren, was damals geschehen ist.>>, Leeto legte die Ohren an, zog das Genick ein und schlich geduckt auf die Waldläuferin zu.
<<Ich kann es nicht glauben, Leeto. Wieso wagst du es, ihn->>
<<Reii. Kaal. Hubschrauber. Aber Leeto. Ich bin hier.>>, komplett außer Atem stammelte Saguro Unverständliches vor sich hin.
Ruckartig stand Reii auf, starrte Saguro an und begann das Leinentuch enger um sich zu wickeln, während sie hektisch überprüfte, ob der Stoff auch nichts durchblicken ließ.
<< Oh, Reii. T-tut mir leid, ich wusste nicht, dass...>>, fast schon panisch sah er sich um, bevor er sich schließlich umdrehte und mit dem Rücken zu ihr sprach.
<<Hast du den Helikopter auch schon bemerkt? Was denkst du, hat das zu bedeuten?>>
Hätte Leeto Hände gehabt, hätte er sich wohl vor die Stirn geschlagen. Er schlich zu seiner Gefährtin und kauerte sich demütig nieder.
Ohne ein weiteres Wort schnappte sich Reii ihre Kleidung und Stiefel, wandte sich um und verschwand in ihrer Behausung.
<<Dreh dich um, Schwachkopf>>, raunte der Schwarze.

*

Die Katzen trabten leichtfüßig über den Waldboden. Reii war mit ihrem Bogen bewaffnet und aufmerksamer denn je. Sie verharrten nicht, trotteten stetig weiter, ohne Rücksicht auf Saguro zu nehmen der schwer atmend, schwitzend und immer mehr stolpernd versuchte, den Anschluss nicht zu verlieren. Als die drei schließlich anhielten, war die Maschine schon unzählige Male über sie hinweg gesurrt, auf der Suche nach einem Landeplatz. Gezeichnet kam Saguro bei der Gruppe an.
<<Es würde mir durchaus leichter fallen, wenn ich auch reiten könnte.>>
Der junge Mann sah den Schwarzen an, der völlig empört die Mähne schüttelte, knurrte, geradezu geschockt von Saguros Worten, ehe er weiterlief.
Reii dachte währenddessen nach: Wer auch immer dort oben kreist, er muss landen. Direkt auf der Insel gibt es keine freien Flächen, doch der Strand bietet genug Platz.
Blitzartig wendete sie Kaal, um am östlichen Rand der Insel zu warten, bis der Helikopter zur Landung ansetzte.
Genervt, dass sie nun in die entgegengesetzte Richtung rannten, verdrehte der Forscher die Augen, ehe er beschloss ihnen in langsamerem Tempo zu folgen. Während er mehr darauf achtete, dass er gegen keinen Ast lief, vergaß er, auf den Boden zu sehen, stolperte über eine Wurzel, die sich aus dem Boden streckte, stolperte einen Abhang hinunter, bevor er der Länge nach im Wasser lag. Er kannte diesen Platz. Es war der kleine Bach, in den Reii damals ihre Halskette geworfen und Kaal das erste Mal mit ihm gesprochen hatte. Er lächelte, rappelte sich auf, stürmte weiter. Wenig später hatte er Reii, Kaal und Leeto wiedergefunden. Die Tiger hielten sich weiter im Dickicht zurück, Reii kauerte hinter einem Baumstamm, gerade so, dass sie hinter ihm hervor lugen konnte, ihr Bogen lag neben ihr. Saguro kam zu ihr, stützte sich mit einem Arm auf das Holz. Kritisch beäugte sie ihn aus dem Augenwinkel, drückte seinen Kopf kräftig nach unten, damit er sich mehr verbarg.
Ein hämisches Grinsen entfuhr ihm, als er seinen Gedanken laut aussprach:
<< Hast du damals auch hier gesessen, als wir angekommen sind?>>
Reii zischte etwas Unverständliches, schlug ihm vor die Stirn und schob ihn am Kopf nach hinten.

*

Es konnten Minuten oder Stunden sein, die sie im Schatten verbracht hatten. Immer wieder war das schwarz-rote Ungetüm über ihren Köpfen aufgetaucht, laut, erschreckend und hinterlistig. Gebannt beobachteten sie nun, wie sich der Helikopter langsam, man konnte meinen vorsichtig, hinab senkte. Er wirbelte einen Trichter aus Sand auf, der in alle Richtungen davonstob. Saguro musste sich ducken, zu sehr schmerzte es ihn in den Augen, Reii schien es nicht im Geringsten zu stören. Sanft berührten die silbernen Kufen den weißen Sand, der metallene Körper vibrierte, die Rotoren wurden langsamer, der Helikopter war gelandet. Im Cockpit erkannten sie zwei Personen, schwarz gekleidet, zierlich, ihre Gesichter mit Sonnenbrillen verhüllt. Nachdem sich kein weiterer Sand erhob, öffneten sich die Türen und die beiden Frauen stiegen aus. Ihre eng anliegenden Lederjacken betonten ihre Oberweite und die schlanken Figuren. Die Pilotin stand da, betrachtete den Waldrand, wie ein Radar auf der Suche. Ihre Begleiterin warf schnell ihre Ledermontur zurück in den Helikopter, strahlte, lief aufgeregt hin und her, redete ununterbrochen. Reii zischte, nahm ihren Bogen vom Boden und legte einen ihrer Pfeile an, visierte das Plappermaul und spannte sie Sehne. Irritiert sah Saguro sie an, doch als er merkte, dass es ihr Ernst war, eine der Frauen zu erschießen, packte er sie an der Schulter, gepaart mit einem halblauten <<Nein!>>
Reii ließ den Pfeil vor Schreck aus ihren Fingern schnellen, die Augen weit aufgerissen. Nun wurde auch Saguro sich seines fatalen Fehlers bewusst und stieß nur ein <<Oh oh.>> aus. Der Holzstab sirrte kurz durch die Luft, die kurzen Federn an seinem Ende reflektieren kurz in der Sonne, dann flog er am Kopf der Pilotin vorbei. Im selben Moment hob sie den Arm und schloss die Hand.
Reii, die Saguro an den Kragen ging, Saguro der versuchte, die ihn erdrosselnde Reii von ihm abzuschütteln, und die beiden Tiger starrten auf den Strand.
<< Sie ... ist schnell>>, unterbrach Leeto die Stille, nachdem er tief durgeatmet hatte. Das gleiche dachten sich auch die anderen, als urplötzlich eine Patrone den oberen Rand des Baumstammes schrammte, hinter der Reii und der Forscher ihre Auseinandersetzung fortgesetzt hatten. Die Metallhülse bohrte sich knirschend ins Dickicht, alle stierten erneut zur Pilotin hinüber, die eine Pistole in der Hand hielt.
<<Scheiße.>>, Reii drehte sich im Aufstehen um, Kaal kam bereits auf sie zugelaufen.
Ein weiterer Schuss. Nun sprang auch Saguro auf, rannte ohne sich umzudrehen den Tigern nach, die sich bereits ins Dunkel des Waldes drängten. Es war Abend geworden, dämmrig. Nebel begann sich zu bilden, tauchte sie Szenerie in schaurigen Dunst, Mondlicht brach sich in den weißen Schleiern, die am Boden waberten. Die Raubkatzen stoben durch den Wald, auf der Flucht vor dem Feind. Eine der beiden Frauen hatte sie entdeckt, erspäht, nun war es, dank Saguro, Zeit sich zurückzuziehen, sich auf den Wald zu verlassen, dass er ihnen die nötige Deckung bot. Saguro sprintete immer noch Leeto hinterher, welcher sich von Kaal und Reii abgesetzt hatte. Die Weiße lief mit Reii einen großen Bogen durch den Wald, zurück zum Strand um den Helikopter zu begutachten. Die beiden Frauen schlenderten regelrecht durch den Dschungel, unbekümmert über jegliche Gefahr.
<<Sag mal, Sarith, hast du keine Angst, dass uns diese Waldgeschöpfe angreifen könnten?>>, erkundigte sich die kleine zierliche Frau, mehr einem Mädchen gleich, mit braunen wuscheligen Haaren.
Ihre Schwester, mit der sie auf die Insel gekommen war, war größer, war muskelbepackt, hatte harte Kanten, blondes Haar, in einem Zopf zusammengehalten.
<<Halt deinen Mund, Tachmar. Sammel brav dein Grünzeug ein und sei still, ich habe einen Job zu erledigen.>>
Die schmale Tachmar begann, wie auf Befehl, in einem kleinen Notizbuch zu blättern, zupfte Blätter und Blüten von bestimmten Bäumen, bevor sie sie in kleine Gläschen, Fläschchen oder Röhren stopfte und in ihrer Umhängetasche verstaute.
Sarith hingegen konzentrierte sich auf die Umgebung, jedes noch so kleine Geräusch wurde von ihr wahrgenommen, jeder Laut registriert. Sie erkannte selbst die leiseste Tierstimme aus dem Gewirr, den der Wald durch ihre Ankunft verursachte. Mit einer Hand stets am Abzug ihrer Pistole stapfte sie durch eine Pfütze, ihre Schwester glief außen herum.
Sie waren an einer Felswand angekommen, betrachteten den Eingang zu einer kleinen Höhle, beschlossen dann aber, weiter zu gehen.
Leeto beobachtete sie durchgehend, verfolgte sie, während er versucht war, Saguro abzuhängen. Dieser wusste nicht, was er tun sollte. Er musste Leeto davon abhalten, den beiden zu Leibe zu rücken, allerdings war er nicht sehr erpicht darauf, sich den Damen vorzustellen und bestenfalls erschossen zu werden, also beschloss er sich, im Hintergrund zu halten und abzuwarten, was geschah. Doch bis auf einen hastigen Blick, den Sarith in ihre Richtung warf, schien nichts darauf hinzudeuten, dass sie die beiden bemerkt hatte. Rücklings drückte sich der Forscher an einen Baum, Leeto schlich in geduckter Haltung einen kleinen Abhang hinauf, bis er oberhalb der Felswand angekommen war, vor welcher sich Tachmar und Sarith befanden. Ein kleines Steinchen, nicht größer als ein Fingernagel, löste sich und kullerte hinab. Mit klackernden Lauten fiel er am Fels entlang nach unten, rollte über den moosbewachsenen Boden und kam vor Sariths linkem Fuß zum Halten. Ein erschrockener Blick Leetos war das erste, was Saguro oberhalb der Felswand erkennen konnte. Danach hörte er ein leises Klacken, eine langsame, zeitlupenschnelle Bewegung. Sarith sah zu der gewaltigen Raubkatze hinauf, sie leckte Speichel vor Gefallen, zog ihre Pistole und feuerte einen einzelnen Schuss, während sie sich zu Saguro umdrehte. Seine Beine brachen unter ihm ein

*

Vorsichtig, wie ein scheues Reh gingen Reii und Kaal auf den Helikopter zu. Ein letztes Mal sah sich die Waldläuferin um, bevor sie sich ganz und gar der Maschine widmete, Kaal blieb entfernt im Sand sitzen, zu ungeheuerlich war ihr dieser Metallvogel. Reii inspizierte zunächst das Cockpit. Mit einen unsanften Ruck öffnete sie die linke Türe und kletterte hinein. Neben einem Kopfhörer, fand sie einen Helm, Sonnenbrillen, einige Notizen. Eine Landkarte, wie sie ihr noch nie untergekommen war, glitt in ihre Finger, als sie eine Klappe über der Tür öffnete. Es war keine normale Seekarte, wie sie sie kannte. Nein. Eine moderne Karte, lediglich die Küsten Nord- und Südamerikas, Japans und Russlands waren zu erkennen, der Rest war blau gefärbt. Der Pazifik. In Mitten des Blaus war ein kleiner, unbedeutend großer Fleck Land zu erkennen, um ihn herum bunte Kreise, Linien, Ovale gezogen, die jeweils mit Daten verschiedenster Jahre versehen waren. Es war Kashik mit den jeweiligen Standorten, an dem die Insel gesichtet wurde. Kashik bewegte sich in unregelmäßigen Bahnen durch den Ozean, sodass sie fast unauffindbar war. Nur wenigen war es bislang gelungen, sie zu betreten oder gar lebend zu verlassen. Diese Daten bewiesen, dass jemand auf der Suche nach einer Regelmäßigkeit der Strecke, die die Insel zurücklegte, zu finden. Reii warf die Karte aus der Cockpittüre. Erneut öffnete sie eine Klappe mithilfe eines Plastikhebels, an dem sie sich gestoßen hatte. Fluchend rieb sie sich den Schrammen am Unterschenkel und griff tief in das Fach unterhalb des Pilotensitzes. Sie spürte Papier unter ihren Fingern, tastete weiter und bekam einen Haufen Briefe, Unterlagen und Mitschriften zu fassen, wie eine weitere Karte. Beladen kletterte sie aus dem Helikopter hinaus, ließ sich in den Sand fallen und besah sich ihren Fund. Zunächst breitete sie die Seekarte aus, die identisch zu der war, die sie bereits gefunden hatte, allerdings war diese um das Vierfache größer, sodass es ihr nur mit Mühe gelang, sie komplett aufzuklappen. Wieder war Kashik und die farbigen Spuren mit Daten angegeben. Doch diesmal war mit der Karte gearbeitet worden. Bilder, Formeln mit fantasievollsten Zeichen, langen Zahlenreihen, Buchstaben, Linien und zugehörige Rechnungen auf beiliegenden Schriftstücken. Reii flog darüber hinweg, faltete die Karte wieder sorgfältig zusammen, legte sie beiseite, nahm sich ein laminiertes Dokument zur Hand. In ihrem Kopf arbeitete es. Konzentriert flog sie über die Zeilen eines Institutes für Landerschließung hinweg, empfand es für unwichtig und warf es zu der kleinen Landkarte. Kaal saß immernoch ungerührt, Reii beobachtend da, in der Hoffnung, dass ihre Freundin etwas herausfand.
Reii hatte währenddessen ein ungutes Gefühl. Nicht nur was ihren Fund anbelangte, sondern auch diese Frau machte ihr zu schaffen. Es war nicht der Pfeil gewesen, welcher sie verraten hatte, er war lediglich der Auslöser. Sie hatte sie schon früher bemerkt. Die Waldläuferin zerbrach sich ihren Kopf, also beschloss sie sich den verbleibenden zwei Briefen zu widmen, die als übrige im Sand lagen. Seufzend nahm sie das geöffnete Kuvert, auf dessen Umschlag << Fair Research Company, New York>> stand, die Zeilen darunter waren verblasst.
Als Reii in den Umschlag sah, musste sie feststellen, dass er leer war. Sie zuckte die Schultern und ließ das Papier in den Sand gleiten. Der andere Brief trug den gut leserlichen Empfänger <<Sarith Nuak, Boston>>
Die Waldläuferin fingerte ein knittriges Papier hervor, welches weder Datum noch Grußformel enthielt, stattdessen begann der Text sofort.
<<Du weißt, Sarith, ich bin kein großer Fan der Telefone, zu leicht werden meine Gespräche von ungewollten Ohren verfolgt. Dies ist meine letzte Warnung an dich. Lasse mir die Standortdaten der Insel zukommen. Du und ich, wir wissen, dass du nicht die Möglichkeit hast, deine Feststellung auch zu verwirklichen. Ich habe die Mittel zum Zweck, du die nötigen Informationen. Überlegst du es dir anders, werde ich dir versichern, dass ich mir holen werde, nach dem mir strebt.
Marow Farnhill>>
Als Reii diesen Namen las, blieb ihr Herz einen Moment stehen. Sie hatte den Inhalt nicht vollständig verstanden. Sarith, eine der beiden Frauen, war in Kontakt mit Marow und sie hatte Informationen über eine Insel, die er so sehr begehrte, dass er ihr drohte. Es handelte sich um Kashik, soviel konnte sich die Waldläuferin zusammenreimen, was diese Daten allerdings enthielten, wusste sie nicht. Noch einmal flog sie über die Zeilen, griff dann nach der kleinen Landkarte, besah sich sie Kreise und Zahlen, die sich durch den Ozean zogen. Wie eine Erleuchtung schien es ihr. Die Informationen bezogen sich auf die Route Kashiks. Anscheinend hatte Sarith es geschafft, herauszufinden, wie sich die Insel bewegte, sodass sie jederzeit auffindbar war.
Reii sprang auf, sah sich hektisch um. Kaal hob den Kopf und sah zu ihr. Der Tigerin gefiel der Ausdruck in Reiis Gesicht nicht. Blankes Entsetzen, gemischt mit Aufregung zeichnete sich bei ihr ab. Sie hastete über den Sand, zurück zum Helikopter. Es musste noch mehr geben. Das konnte nicht alles sein. Reii erinnerte sich an den Namen des Forschungsinstitutes und das leere Briefkuvert. Wo war der zugehörige Brief? Als Absender war Marows Institut adressiert. Marow musste ihr einen weiteren Brief geschickt haben, eine weitere Drohung, eine Antwort, irgendetwas, was Aufschluss darüber gab, ob er nun über diese wichtigen Informationen verfügte oder nicht. Sie musste ihn finden. Nur so konnte sie wissen, ob Marow nach Kashik zurückkehren konnte, zu jeder Zeit. Unvorhersehbar, mit unabsehbaren Folgen. Stürmisch riss Reii alle Schubladen, Klappen, Türen auf, die sie im Bauch der Maschine fand. Einige Konserven fielen ihr beinahe auf die Füße, Reagenzgläser mit allerlei toten Insekten und vertrockneten Pflanzen zerbrachen auf dem Boden, doch nirgends war ein Brief zu finden. Nun widmete sie sich wieder dem Cockpit, um erneut nachzusehen, ob er nicht hier zu finden war. Doch plötzlich wurde sie von einem Schuss aus ihren Gedanken gerissen.

*

Wie erstarrt blickte der Schwarze zu Sarith hinunter, die langsam ihre Pistole senkte. Aus der Öffnung stieg eine keine Rauchwolke auf, auf ihrem Gesicht breitete sich ein spitzes Grinsen aus.
<<Du bist nicht tot. Steh auf.>>
Mit einem Klacken schob sich die nächste Patrone in den Schlund der Waffe, bereit zum Schuss.
Saguro schwindelte es. Er setzte sich langsam auf. Mit schmerverzerrtem Gesicht hielt er sich die Wunde oberhalb der Hüfte. Mit einem zusammengekniffenen Auge betrachtete er das Blut, das über seine Finger lief, warm und mit rasender Geschwindigkeit. Sein weißes Hemd war rot gesprenkelt und seine Hose bekam einige bräunliche Flecken.
Ein Schuss traf genau in den Zwischenraum seiner Finger mit denen er sich am Boden abstützte. Die Haut an seinen Finger wurde rot uns schlug Brandblasen.
<<Beweg endlich deinen bemitleidenswerten Arsch hier her, Saguro.>>, befahl Sarith mit einem Lachen in er Stimme.
Woher kannte sie seinen Namen? Wer war sie? Seine Schmerzen verbaten ihm, nachzudenken. Nachdem er sich aufgerappelt hatte, tappte er auf die beiden Frauen zu. Tachmar war geschockt und konnte nicht hinsehen, wie Saguro immer mehr Blut verlor, zu erschreckend war der Anblick von Blut in ihren Augen.
Der Forscher trat ins fahle Licht des aufgehenden Mondes und der untergehenden Sonne, die sich um den Platz am Himmel zu streiten schienen.
<<Sag deinem Kuscheltier, das es herkommen soll, ich mag es nicht, wenn mir jemand im Nacken sitzt, schon gar nicht wenn er brennt.>>
Der junge Mann atmete einmal durch, bemüht seinen ernsten Blick beizubehalten. Er schloss kurz die Augen, im nächsten Moment trat auch Leeto aus dem Dickicht, lodernde Flammen zwischen den Krallen, glimmendes Fell und rauchender Boden ließen ihn geisterhaft erscheinen. Mit einer Handbewegung lenkte sie ihn neben Saguro, den er sich, aus der Not heraus, abstützen ließ.

*

Du bist also derjenige, der mir diese ganze Scheiße hier eingebrockt hat. Wenn ich ehrlich bin, hast du gar keine Schuld daran, allerdings macht es mir Spaß, jemandem etwas zuzuweisen, wenn du verstehst, was ich meine.>>
Verächtlich zuckten Leetos Lefzen nach oben. Ein Schuss zwischen seine Pfoten ließ ihn vor Schreck wütend aufbrüllen.
<<Ihr solltet auch wissen, dass ich es nicht abkann, unterbrochen zu werden. Wie auch immer. Saguro, du bist also der Zurückgelassene, dessen wehmütiges Schicksal die Runde macht.>>
Der Forscher musste sein linkes Bein entlasten, zu groß waren die Schmerzen, seine Sicht war verschwommen, zu hoch der Blutverlust.
Sarith begann einige Schritte auf- und abzugehen, immer noch ihre Pistole in der Hand haltend, ihre Schwester hielt sich still lächelnd im Hintergrund.
<<Marow hat mir viel von dir erzählt. Dem jungen, gutaussehenden, intelligenten Forscher aus New York. Die ersten beiden Punkte sprechen zu, das muss ich wahrlich zugeben>>, lachte sie spitz, als sie ihn musterte, <<Inteligent, gar clever ... das trifft es nun eher weniger. Ich habe auch gehört, dass es hier eine Bestie geben soll, in Begleitung zweier Tiger. Wenn du und deine kleine Fellfackel das einzige ist, was mich hier erwartet, bin ich ehrlich enttäuscht.>>
Leeto fauchte verächtlich, doch im gleichen Moment gaben Saguros Beine unter einem schmerzvollen Stöhnen nach. Leeto stand unberührt da, verzog keine weitere Mine, während Saguro an ihm lehnte. Seine langen Reißzähne glänzten im Licht, seine Augen stachen aus der Dämmerung heraus.
<<Armer Junge, ich hoffe du stirbst nicht allzu qualvoll>>, quietschte sie schrill. Sie kniete sich zu ihm herunter und packte ihn am Kragen, Leeto trat einen Schritt zurück. Sie drückte den Lauf gegen Saguros Kehle, sodass er husten musste. Er versuchte sich auf ihrem Griff zu winden, doch er hatte keine Kraft mehr.
<<Wie überlebt ein junger Mann, ein unbedeutender Forscher, der es liebt, Katzen nachzustellen auf einer Insel wie Kahik? Ist es dir gelungen, die Bestie zu töten? Sag schon!>>, mit Schwung warf sie Saguros Kopf zu Boden. Leeto brüllte, das Feuer aus seiner Mähne stach hervor, doch er konnte nur zurückbleiben. Erneut packte sie sein Hemd und zog ihn auf die Knie, hielt seinen Kopf nach oben. Sie wollte ihn ansehen.
<< Du bist schwach, mein Lieber. Ich dachte, einer der so lange in der Wildnis zurechtkommt, sollte einen kleinen Schuss überleben. Dir wurde ja schließlich auch zu Teil, dass du weder essen noch trinken musstest, diesen Luxus bringt dieser herrliche Ort mit sich. Doch du, mein Lieber, hast anscheinend mehr erfahren, als nur die Welt, die man von außen sieht. Du weißt mehr, als du hier ausspucken möchtest, habe ich Recht?>>
Saguro sah zur Seite.
Sariths Grinsen wurde breit, breiter als es jedes normale Gesicht erlaubt hätte. Ihre Augen waren blutunterlaufen, weit aufgerissen. Leeto schauderte bei ihrem Anblick. Sie war nicht normal, ihre Psyche gehörte keiner normalen Frau. Etwas musste sie geprägt haben, jemand hatte ihr Wesen beeinflusst, manipuliert. Sie konnte wahrscheinlich nicht einmal denken, wie es Saguro tat. Nein. Leeto konnte es nur als verrückt abstempeln, zudem sadistisch, wie sie sich daran labte, Saguro leiden zu sehen.
<<Sag mir am besten gleich, wo sie ist. Wenn du erst einmal tot bist, hast du keinen Nutzen mehr für mich.>>
Saguro schwieg. Sarith holte aus und der Griff ihrer Pistole an Saguros Wange ließ ihn Blut spucken. Röchelnd zog er Luft in seine Lunge. Er konnte nicht mehr klar sehen und seine Gedanken wanderten ab.
Leeto fauchte und spuckte, er brannte streifenweise, die Krallen ausgefahren, die Zähne gebleckt.
Sarith lachte. Lachte laut und ungehalten. Wahrlich amüsiert stand sie auf und ging einen letzten Schritt auf Saguro zu, hob das Bein und presste ihren Stiefel in seine geschundene Wange. Er packte ihr Schienbein, versuchte sie wegzudrücken, doch als sie ihre Fußspitze drehte, schrie er auf und ließ seinen Arm sinken.
<<So ist´s brav. Weißt du Herzchen, wenn ich etwas gar nicht mag, ist es->>
Ein leißes Sirren. Die junge Frau drehte sich um. Gerade noch konnte sie den leeren Blick ihrer Schwester sehen, bevor sie mit einem Pfeil in ihrer Schläfe zu Boden sank. Amüsiert biss sich Sarith auf die Unterlippe und ließ von Saguro ab, der endlich wieder zu atmen vermochte.
Oberhalb der Felswand stand Kaal, auf ihrem Rücken Reii, die bereits den nächsten Pfeil in ihren Bogen eingelegt hatte.
<<Da bist du ja.>>, flüsterte Sarith verschmitzt. Sie richtete ihre Waffe auf die Waldläuferin. Die beiden Frauen taxierten sich einige Sekunden, ehe Sarith ihre Pistole mit einem Klicken nachlud. In diesem Moment ließ sich Kaal hinunterfallen. Die Schüsse trafen nur die Felswand. Kaal schlug ihre Krallen in den dunklen Fels, Funken sprühten und sie kam sanft auf dem Boden auf. Reii feuerte einen weiteren Pfeil ab, traf aber nur einen Baumstamm. Sie sprang vom Rücken der Tigerin, welche eine Wand aus Nebel in die Luft zog, indem sie einatmete. Reii und Sarith standen sich wie in einem hellen Trichter gegenüber, um sie herum dichter Nebel, undurchschaubar. Reiis Sehne war zum Bersten gespannt, Sariths Finger krampfhaft zurückgehalten, den Abzug zu drücken.
<<Gib einfach auf. Glaubst du, deine Pfeile könnten etwas gegen mich ausrichten?>>, quietschte der Mensch vergnügt.
Reiis ernster Blick schwand.
<<Dieser Ansicht bin ich nicht. Aber wie wäre es hiermit?>>
Der Nebel lichtete sich, die weißen Schwaden wichen zu Seite. Zu Reiis Linken Leeto, der komplett in Flammen stand, verächtlich fauchte. Rechts Kaal, deren lange Mähne und Fell von Luft durchströmt wurden, sie schwerelos erscheinen ließ.
Keiner rührte sich. Sarith biss sich die Unterlippe blutig vor Anspannung, überlegend, was sie nun tun sollte. Im Augenwinkel sah sie nach hinten, richtete ihre Waffe auf den am Boden liegenden Saguro.
<< Erschieß ihn ruhig. Er geht mir sowieso nur auf die Nerven.>>, lässig zuckte sie mit den Schultern, in der Hoffnung ihr Bluff flog nicht auf.
Im gleichen Moment drückte Sarith ab und eine Kugel bohrte sich durch Saguros Weste, direkt durch seine Brusttasche. Er zuckte noch einmal, ehe sein Kopf zur Seite sank.
Reiis Augen waren aufgerissen vor Entsetzen. Nie hätte sie damit gerechnet. Nein, das konnte nicht wahr sein. Leetos Flammen erloschen und Kaals Fell hing stumpf und matt hinunter. Die Fassungslosigkeit war den Dreien ins Gesicht geschrieben. Allen schwebte der gleiche Gedanke durch den Kopf: Diese Frau ist unberechenbar. Ein Monster.
Sarith pustete die Rauchwolke, die aus ihrer Pistole trat, davon.
<<Schade, er sah gut aus, aber du hattest Recht, er war langweilig und->>, sie wurde zu Boden gerissen. Ein Pfeil steckte in ihrer Schulter und heftete sie an den Boden. Reii packte sie am Kragen, holte aus und schlug ihr mit der Faust ins Gesicht. Sie flog einige Meter über den Boden, rappelte sich auf, doch Kaal ließ sie mit einem Windstoß gegen die Felswand prallen. Leeto stürzte sich auf sie, im gleichen Moment griff sie in ihren Stiefel und zog ein Messer. Sie holte aus, erwische Leetos Ohr und hinterließ eine Kerbe. Auf ihrem Bauch blieben allerdings vier verbrannte Risse zurück. Wieder stach sie zu und das Messer blieb in Leetos Pfote stecken. Er jaulte auf, während sie die Klinge drehte und herausriss. Der Schwarze schwankte rückwärts. Ohne Mühe stand die junge Frau wieder auf, bevor ein weiterer Pfeil ihren Unterschenkel durchbohrte. Blut spritzte wie eine Fontäne aus der Wunde, doch sie stand immer noch da, gab nicht nach, ließ keinen Schmerz zu. Reii biss wütend die Zähne zusammen, ging erneut auf sie los. Sarith wehrte einige Schläge ab, packte Reiis Hand und wirbelte sie herum. Ihre Finger sprangen aus den Gelenken, kugelten sich aus, schmerzten unbeschreiblich. Doch auch die Waldläuferin zeigte keinen Schmerz, keine Schwäche.
<<Warum so aufgebracht? Gefällt es dir nicht, dass dein kleiner Freund nur noch eines der unbedeutenden Lichter ist?>>
Reii schrie auf, Wut, Zorn brannten in ihr, heller als ein Lauffeuer. Sie rannte auf Sarith zu, als diese nach ihr mit dem Messer ausholen wollte, ließ sich Reii fallen, schlitterte über den Boden, schlug ihr mit dem Fuß die Beine unter dem Körper weg. Mit ihrem Dolch erwischte sie nur Sariths Rhr, das nun in zwei Hälften auseinander klaffte. Reii kam wieder auf die Beine, ging erneut auf Sarith los, die bewegungslos an Boden lag. In letzter Sekunde stand diese auf, packte Reii am Handgelenk, rammte ihr das Knie in den Bauch. Unter stechenden Schmerzen, hustend und spuckend, sank Reii zu Boden. Erneut trat Sarith zu, Reiis Rippe hielt dem Druck nicht stand, brach, bohrte sich in ihr Fleisch. Stöhnend, mit zitternden Armen stützte Reii sich ab. Wie wollte Sarith zutreten, Reii hielt sich lediglich ihren Dolch vor den Kopf, der sich erst kurz quietschend durch Sariths Schuhsole, schließlich aber in ihren Fuß bohrte. Sarith kreischte, fiel rückwärts hin, versuchte hektisch das Messer aus ihrem Fuß zu ziehen.
<< Reii!>, Die Waldläuferin drehte sich um und entdeckte Saguro, wie er auf Kaals Rücken hing, kaum fähig zu sitzen, und Leeto, der ihr zurief. Mit aller erdenklichen Kraft stemmte sie sich auf die Beine und lief davon zu ihren Freunden. Sarith schrie und quiekte, riss und rüttelte an Reiis Dolch, rief Flüche und drehte völlig durch.
Reii lief voraus, gefolgt vom hinkenden Leeto und Kaal, die versuchte Sagruo nicht zu verlieren. Bald waren sie an ihrer Behausung angekommen, doch Sariths Schreie waren immer noch zu hören, bis der Morgen anbrach.



Ziemlich lang geworden, worauf ich aber recht stolz bin :D
fortsetzung folgt xD
 
Sodala, nocheinmal das 12te Kapitel und Fortsetzung :) Bin nach Wochen endlich mal wieder dazugekommen ^^

Kapitel XII

Gefahr im Anflug/Nicht alles Gute kommt von oben

Nachdem die beiden der Maschine am Himmel nachgeschaut hatten, sahen sie sich an. Den beiden schwirrte der gleiche Gedanke durch den Kopf: <<Das kann nichts gutes bedeuten.>> sprach Saguro ihre Gedanken aus.
Der Helikopter tauchte wieder über ihren Köpfen auf. Leeto schnaubte, bevor er, von Saguro gefolgt, lossprintete. Schon bald hatte er den Menschen zurückgelassen, während er durch den Dschungel jagte. Er flog regelrecht über Hindernisse wie Baumstämme oder kleine Tiere hinweg. In Windeseile war er bei Reii und Kaal angekommen, die an der Feuerstelle saßen. Reii lehnte an der Weißen während sie einige Löcher an ihrem Gewand flickte. Sie hatte sich ein Tuch um den Körper geschlungen, war somit mehr als überrascht, Leeto zu sehen, da sie die beiden erst in einigen Stunden zurück erwartet hatte. Sie sah sich um, konnte den Mensch allerdings nicht ausmachen.

<<Wo ... wo ist Saguro?>>, fragte sie, bemüht unaufällig zu klingen. Nicht, dass es sie interessiert hätte, wo er war, sondern weil sie keine Kleidung trug.
<<Ich weiß es nicht. Reii, hast du ihn nicht bemerkt?>>
<<Wen? Saguro? Wo ist er?!>>, hektisch sah sie sich um, konnte aber niemanden entdecken.
<<Du meinst diese höllisch laute Maschine, die schon seit Ewigkeiten über der Insel kreist?>>, hackte sie aus reiner Scham nach,<<Natürlich. Aber wieso bist du jetzt nach Stunden so aufgebracht zurück gekommen?>>

<<Wir haben ihn erst gerade eben bemerkt. Wir waren in einer der Höhlen.>>, rutschte es den Schwarzen heraus.
<<Ihr wart in einer der Höhlen?>>, Reii war völlig fassungslos.
<<Irgendwann musste er erfahren, was damals geschehen ist.>>, Leeto legte die Ohren an, zog das Genick ein und schlich geduckt auf die Waldläuferin zu.
<<Ich kann es nicht glauben, Leeto. Wieso wagst du es, ihn->>
<<Reii. Kaal. Hubschrauber. Aber Leeto. Ich bin hier.>>, komplett außer Atem stammelte Saguro Unverständliches vor sich hin.
Ruckartig stand Reii auf, starrte Saguro an und begann das Leinentuch enger um sich zu wickeln, während sie hektisch überprüfte, ob der Stoff auch nichts durchblicken ließ.
<< Oh, Reii. T-tut mir leid, ich wusste nicht, dass...>>, fast schon panisch sah er sich um, bevor er sich schließlich umdrehte und mit dem Rücken zu ihr sprach.
<<Hast du den Helikopter auch schon bemerkt? Was denkst du, hat das zu bedeuten?>>
Hätte Leeto Hände gehabt, hätte er sich wohl vor die Stirn geschlagen. Er schlich zu seiner Gefährtin und kauerte sich demütig nieder.
Ohne ein weiteres Wort schnappte sich Reii ihre Kleidung und Stiefel, wandte sich um und verschwand in ihrer Behausung.
<<Dreh dich um, Schwachkopf>>, raunte der Schwarze.

*

Die Katzen trabten leichtfüßig über den Waldboden. Reii war mit ihrem Bogen bewaffnet und aufmerksamer denn je. Sie verharrten nicht, trotteten stetig weiter, ohne Rücksicht auf Saguro zu nehmen der schwer atmend, schwitzend und immer mehr stolpernd versuchte, den Anschluss nicht zu verlieren. Als die drei schließlich anhielten, war die Maschine schon unzählige Male über sie hinweg gesurrt, auf der Suche nach einem Landeplatz. Gezeichnet kam Saguro bei der Gruppe an.
<<Es würde mir durchaus leichter fallen, wenn ich auch reiten könnte.>>
Der junge Mann sah den Schwarzen an, der völlig empört die Mähne schüttelte, knurrte, geradezu geschockt von Saguros Worten, ehe er weiterlief.
Reii dachte währenddessen nach: Wer auch immer dort oben kreist, er muss landen. Direkt auf der Insel gibt es keine freien Flächen, doch der Strand bietet genug Platz.
Blitzartig wendete sie Kaal, um am östlichen Rand der Insel zu warten, bis der Helikopter zur Landung ansetzte.
Genervt, dass sie nun in die entgegengesetzte Richtung rannten, verdrehte der Forscher die Augen, ehe er beschloss ihnen in langsamerem Tempo zu folgen. Während er mehr darauf achtete, dass er gegen keinen Ast lief, vergaß er, auf den Boden zu sehen, stolperte über eine Wurzel, die sich aus dem Boden streckte, stolperte einen Abhang hinunter, bevor er der Länge nach im Wasser lag. Er kannte diesen Platz. Es war der kleine Bach, in den Reii damals ihre Halskette geworfen und Kaal das erste Mal mit ihm gesprochen hatte. Er lächelte, rappelte sich auf, stürmte weiter. Wenig später hatte er Reii, Kaal und Leeto wiedergefunden. Die Tiger hielten sich weiter im Dickicht zurück, Reii kauerte hinter einem Baumstamm, gerade so, dass sie hinter ihm hervor lugen konnte, ihr Bogen lag neben ihr. Saguro kam zu ihr, stützte sich mit einem Arm auf das Holz. Kritisch beäugte sie ihn aus dem Augenwinkel, drückte seinen Kopf kräftig nach unten, damit er sich mehr verbarg.
Ein hämisches Grinsen entfuhr ihm, als er seinen Gedanken laut aussprach:
<< Hast du damals auch hier gesessen, als wir angekommen sind?>>
Reii zischte etwas Unverständliches, schlug ihm vor die Stirn und schob ihn am Kopf nach hinten.

*

Es konnten Minuten oder Stunden sein, die sie im Schatten verbracht hatten. Immer wieder war das schwarz-rote Ungetüm über ihren Köpfen aufgetaucht, laut, erschreckend und hinterlistig. Gebannt beobachteten sie nun, wie sich der Helikopter langsam, man konnte meinen vorsichtig, hinab senkte. Er wirbelte einen Trichter aus Sand auf, der in alle Richtungen davonstob. Saguro musste sich ducken, zu sehr schmerzte es ihn in den Augen, Reii schien es nicht im Geringsten zu stören. Sanft berührten die silbernen Kufen den weißen Sand, der metallene Körper vibrierte, die Rotoren wurden langsamer, der Helikopter war gelandet. Im Cockpit erkannten sie zwei Personen, schwarz gekleidet, zierlich, ihre Gesichter mit Sonnenbrillen verhüllt. Nachdem sich kein weiterer Sand erhob, öffneten sich die Türen und die beiden Frauen stiegen aus. Ihre eng anliegenden Lederjacken betonten ihre Oberweite und die schlanken Figuren. Die Pilotin stand da, betrachtete den Waldrand, wie ein Radar auf der Suche. Ihre Begleiterin warf schnell ihre Ledermontur zurück in den Helikopter, strahlte, lief aufgeregt hin und her, redete ununterbrochen. Reii zischte, nahm ihren Bogen vom Boden und legte einen ihrer Pfeile an, visierte das Plappermaul und spannte sie Sehne. Irritiert sah Saguro sie an, doch als er merkte, dass es ihr Ernst war, eine der Frauen zu erschießen, packte er sie an der Schulter, gepaart mit einem halblauten <<Nein!>>
Reii ließ den Pfeil vor Schreck aus ihren Fingern schnellen, die Augen weit aufgerissen. Nun wurde auch Saguro sich seines fatalen Fehlers bewusst und stieß nur ein <<Oh oh.>> aus. Der Holzstab sirrte kurz durch die Luft, die kurzen Federn an seinem Ende reflektieren kurz in der Sonne, dann flog er am Kopf der Pilotin vorbei. Im selben Moment hob sie den Arm und schloss die Hand.
Reii, die Saguro an den Kragen ging, Saguro der versuchte, die ihn erdrosselnde Reii von ihm abzuschütteln, und die beiden Tiger starrten auf den Strand.
<< Sie ... ist schnell>>, unterbrach Leeto die Stille, nachdem er tief durgeatmet hatte. Das gleiche dachten sich auch die anderen, als urplötzlich eine Patrone den oberen Rand des Baumstammes schrammte, hinter der Reii und der Forscher ihre Auseinandersetzung fortgesetzt hatten. Die Metallhülse bohrte sich knirschend ins Dickicht, alle stierten erneut zur Pilotin hinüber, die eine Pistole in der Hand hielt.
<<Scheiße.>>, Reii drehte sich im Aufstehen um, Kaal kam bereits auf sie zugelaufen.
Ein weiterer Schuss. Nun sprang auch Saguro auf, rannte ohne sich umzudrehen den Tigern nach, die sich bereits ins Dunkel des Waldes drängten. Es war Abend geworden, dämmrig. Nebel begann sich zu bilden, tauchte sie Szenerie in schaurigen Dunst, Mondlicht brach sich in den weißen Schleiern, die am Boden waberten. Die Raubkatzen stoben durch den Wald, auf der Flucht vor dem Feind. Eine der beiden Frauen hatte sie entdeckt, erspäht, nun war es, dank Saguro, Zeit sich zurückzuziehen, sich auf den Wald zu verlassen, dass er ihnen die nötige Deckung bot. Saguro sprintete immer noch Leeto hinterher, welcher sich von Kaal und Reii abgesetzt hatte. Die Weiße lief mit Reii einen großen Bogen durch den Wald, zurück zum Strand um den Helikopter zu begutachten. Die beiden Frauen schlenderten regelrecht durch den Dschungel, unbekümmert über jegliche Gefahr.
<<Sag mal, Sarith, hast du keine Angst, dass uns diese Waldgeschöpfe angreifen könnten?>>, erkundigte sich die kleine zierliche Frau, mehr einem Mädchen gleich, mit braunen wuscheligen Haaren.
Ihre Schwester, mit der sie auf die Insel gekommen war, war größer, war muskelbepackt, hatte harte Kanten, blondes Haar, in einem Zopf zusammengehalten.
<<Halt deinen Mund, Tachmar. Sammel brav dein Grünzeug ein und sei still, ich habe einen Job zu erledigen.>>
Die schmale Tachmar begann, wie auf Befehl, in einem kleinen Notizbuch zu blättern, zupfte Blätter und Blüten von bestimmten Bäumen, bevor sie sie in kleine Gläschen, Fläschchen oder Röhren stopfte und in ihrer Umhängetasche verstaute.
Sarith hingegen konzentrierte sich auf die Umgebung, jedes noch so kleine Geräusch wurde von ihr wahrgenommen, jeder Laut registriert. Sie erkannte selbst die leiseste Tierstimme aus dem Gewirr, den der Wald durch ihre Ankunft verursachte. Mit einer Hand stets am Abzug ihrer Pistole stapfte sie durch eine Pfütze, ihre Schwester glief außen herum.
Sie waren an einer Felswand angekommen, betrachteten den Eingang zu einer kleinen Höhle, beschlossen dann aber, weiter zu gehen.
Leeto beobachtete sie durchgehend, verfolgte sie, während er versucht war, Saguro abzuhängen. Dieser wusste nicht, was er tun sollte. Er musste Leeto davon abhalten, den beiden zu Leibe zu rücken, allerdings war er nicht sehr erpicht darauf, sich den Damen vorzustellen und bestenfalls erschossen zu werden, also beschloss er sich, im Hintergrund zu halten und abzuwarten, was geschah. Doch bis auf einen hastigen Blick, den Sarith in ihre Richtung warf, schien nichts darauf hinzudeuten, dass sie die beiden bemerkt hatte. Rücklings drückte sich der Forscher an einen Baum, Leeto schlich in geduckter Haltung einen kleinen Abhang hinauf, bis er oberhalb der Felswand angekommen war, vor welcher sich Tachmar und Sarith befanden. Ein kleines Steinchen, nicht größer als ein Fingernagel, löste sich und kullerte hinab. Mit klackernden Lauten fiel er am Fels entlang nach unten, rollte über den moosbewachsenen Boden und kam vor Sariths linkem Fuß zum Halten. Ein erschrockener Blick Leetos war das erste, was Saguro oberhalb der Felswand erkennen konnte. Danach hörte er ein leises Klacken, eine langsame, zeitlupenschnelle Bewegung. Sarith sah zu der gewaltigen Raubkatze hinauf, sie leckte Speichel vor Gefallen, zog ihre Pistole und feuerte einen einzelnen Schuss, während sie sich zu Saguro umdrehte. Seine Beine brachen unter ihm ein

*

Vorsichtig, wie ein scheues Reh gingen Reii und Kaal auf den Helikopter zu. Ein letztes Mal sah sich die Waldläuferin um, bevor sie sich ganz und gar der Maschine widmete, Kaal blieb entfernt im Sand sitzen, zu ungeheuerlich war ihr dieser Metallvogel. Reii inspizierte zunächst das Cockpit. Mit einen unsanften Ruck öffnete sie die linke Türe und kletterte hinein. Neben einem Kopfhörer, fand sie einen Helm, Sonnenbrillen, einige Notizen. Eine Landkarte, wie sie ihr noch nie untergekommen war, glitt in ihre Finger, als sie eine Klappe über der Tür öffnete. Es war keine normale Seekarte, wie sie sie kannte. Nein. Eine moderne Karte, lediglich die Küsten Nord- und Südamerikas, Japans und Russlands waren zu erkennen, der Rest war blau gefärbt. Der Pazifik. In Mitten des Blaus war ein kleiner, unbedeutend großer Fleck Land zu erkennen, um ihn herum bunte Kreise, Linien, Ovale gezogen, die jeweils mit Daten verschiedenster Jahre versehen waren. Es war Kashik mit den jeweiligen Standorten, an dem die Insel gesichtet wurde. Kashik bewegte sich in unregelmäßigen Bahnen durch den Ozean, sodass sie fast unauffindbar war. Nur wenigen war es bislang gelungen, sie zu betreten oder gar lebend zu verlassen. Diese Daten bewiesen, dass jemand auf der Suche nach einer Regelmäßigkeit der Strecke, die die Insel zurücklegte, zu finden. Reii warf die Karte aus der Cockpittüre. Erneut öffnete sie eine Klappe mithilfe eines Plastikhebels, an dem sie sich gestoßen hatte. Fluchend rieb sie sich den Schrammen am Unterschenkel und griff tief in das Fach unterhalb des Pilotensitzes. Sie spürte Papier unter ihren Fingern, tastete weiter und bekam einen Haufen Briefe, Unterlagen und Mitschriften zu fassen, wie eine weitere Karte. Beladen kletterte sie aus dem Helikopter hinaus, ließ sich in den Sand fallen und besah sich ihren Fund. Zunächst breitete sie die Seekarte aus, die identisch zu der war, die sie bereits gefunden hatte, allerdings war diese um das Vierfache größer, sodass es ihr nur mit Mühe gelang, sie komplett aufzuklappen. Wieder war Kashik und die farbigen Spuren mit Daten angegeben. Doch diesmal war mit der Karte gearbeitet worden. Bilder, Formeln mit fantasievollsten Zeichen, langen Zahlenreihen, Buchstaben, Linien und zugehörige Rechnungen auf beiliegenden Schriftstücken. Reii flog darüber hinweg, faltete die Karte wieder sorgfältig zusammen, legte sie beiseite, nahm sich ein laminiertes Dokument zur Hand. In ihrem Kopf arbeitete es. Konzentriert flog sie über die Zeilen eines Institutes für Landerschließung hinweg, empfand es für unwichtig und warf es zu der kleinen Landkarte. Kaal saß immernoch ungerührt, Reii beobachtend da, in der Hoffnung, dass ihre Freundin etwas herausfand.
Reii hatte währenddessen ein ungutes Gefühl. Nicht nur was ihren Fund anbelangte, sondern auch diese Frau machte ihr zu schaffen. Es war nicht der Pfeil gewesen, welcher sie verraten hatte, er war lediglich der Auslöser. Sie hatte sie schon früher bemerkt. Die Waldläuferin zerbrach sich ihren Kopf, also beschloss sie sich den verbleibenden zwei Briefen zu widmen, die als übrige im Sand lagen. Seufzend nahm sie das geöffnete Kuvert, auf dessen Umschlag << Fair Research Company, New York>> stand, die Zeilen darunter waren verblasst.
Als Reii in den Umschlag sah, musste sie feststellen, dass er leer war. Sie zuckte die Schultern und ließ das Papier in den Sand gleiten. Der andere Brief trug den gut leserlichen Empfänger <<Sarith Nuak, Boston>>
Die Waldläuferin fingerte ein knittriges Papier hervor, welches weder Datum noch Grußformel enthielt, stattdessen begann der Text sofort.
<<Du weißt, Sarith, ich bin kein großer Fan der Telefone, zu leicht werden meine Gespräche von ungewollten Ohren verfolgt. Dies ist meine letzte Warnung an dich. Lasse mir die Standortdaten der Insel zukommen. Du und ich, wir wissen, dass du nicht die Möglichkeit hast, deine Feststellung auch zu verwirklichen. Ich habe die Mittel zum Zweck, du die nötigen Informationen. Überlegst du es dir anders, werde ich dir versichern, dass ich mir holen werde, nach dem mir strebt.
Marow Farnhill>>
Als Reii diesen Namen las, blieb ihr Herz einen Moment stehen. Sie hatte den Inhalt nicht vollständig verstanden. Sarith, eine der beiden Frauen, war in Kontakt mit Marow und sie hatte Informationen über eine Insel, die er so sehr begehrte, dass er ihr drohte. Es handelte sich um Kashik, soviel konnte sich die Waldläuferin zusammenreimen, was diese Daten allerdings enthielten, wusste sie nicht. Noch einmal flog sie über die Zeilen, griff dann nach der kleinen Landkarte, besah sich sie Kreise und Zahlen, die sich durch den Ozean zogen. Wie eine Erleuchtung schien es ihr. Die Informationen bezogen sich auf die Route Kashiks. Anscheinend hatte Sarith es geschafft, herauszufinden, wie sich die Insel bewegte, sodass sie jederzeit auffindbar war.
Reii sprang auf, sah sich hektisch um. Kaal hob den Kopf und sah zu ihr. Der Tigerin gefiel der Ausdruck in Reiis Gesicht nicht. Blankes Entsetzen, gemischt mit Aufregung zeichnete sich bei ihr ab. Sie hastete über den Sand, zurück zum Helikopter. Es musste noch mehr geben. Das konnte nicht alles sein. Reii erinnerte sich an den Namen des Forschungsinstitutes und das leere Briefkuvert. Wo war der zugehörige Brief? Als Absender war Marows Institut adressiert. Marow musste ihr einen weiteren Brief geschickt haben, eine weitere Drohung, eine Antwort, irgendetwas, was Aufschluss darüber gab, ob er nun über diese wichtigen Informationen verfügte oder nicht. Sie musste ihn finden. Nur so konnte sie wissen, ob Marow nach Kashik zurückkehren konnte, zu jeder Zeit. Unvorhersehbar, mit unabsehbaren Folgen. Stürmisch riss Reii alle Schubladen, Klappen, Türen auf, die sie im Bauch der Maschine fand. Einige Konserven fielen ihr beinahe auf die Füße, Reagenzgläser mit allerlei toten Insekten und vertrockneten Pflanzen zerbrachen auf dem Boden, doch nirgends war ein Brief zu finden. Nun widmete sie sich wieder dem Cockpit, um erneut nachzusehen, ob er nicht hier zu finden war. Doch plötzlich wurde sie von einem Schuss aus ihren Gedanken gerissen.

*

Wie erstarrt blickte der Schwarze zu Sarith hinunter, die langsam ihre Pistole senkte. Aus der Öffnung stieg eine keine Rauchwolke auf, auf ihrem Gesicht breitete sich ein spitzes Grinsen aus.
<<Du bist nicht tot. Steh auf.>>
Mit einem Klacken schob sich die nächste Patrone in den Schlund der Waffe, bereit zum Schuss.
Saguro schwindelte es. Er setzte sich langsam auf. Mit schmerverzerrtem Gesicht hielt er sich die Wunde oberhalb der Hüfte. Mit einem zusammengekniffenen Auge betrachtete er das Blut, das über seine Finger lief, warm und mit rasender Geschwindigkeit. Sein weißes Hemd war rot gesprenkelt und seine Hose bekam einige bräunliche Flecken.
Ein Schuss traf genau in den Zwischenraum seiner Finger mit denen er sich am Boden abstützte. Die Haut an seinen Finger wurde rot uns schlug Brandblasen.
<<Beweg endlich deinen bemitleidenswerten Arsch hier her, Saguro.>>, befahl Sarith mit einem Lachen in er Stimme.
Woher kannte sie seinen Namen? Wer war sie? Seine Schmerzen verbaten ihm, nachzudenken. Nachdem er sich aufgerappelt hatte, tappte er auf die beiden Frauen zu. Tachmar war geschockt und konnte nicht hinsehen, wie Saguro immer mehr Blut verlor, zu erschreckend war der Anblick von Blut in ihren Augen.
Der Forscher trat ins fahle Licht des aufgehenden Mondes und der untergehenden Sonne, die sich um den Platz am Himmel zu streiten schienen.
<<Sag deinem Kuscheltier, das es herkommen soll, ich mag es nicht, wenn mir jemand im Nacken sitzt, schon gar nicht wenn er brennt.>>
Der junge Mann atmete einmal durch, bemüht seinen ernsten Blick beizubehalten. Er schloss kurz die Augen, im nächsten Moment trat auch Leeto aus dem Dickicht, lodernde Flammen zwischen den Krallen, glimmendes Fell und rauchender Boden ließen ihn geisterhaft erscheinen. Mit einer Handbewegung lenkte sie ihn neben Saguro, den er sich, aus der Not heraus, abstützen ließ.

*

Du bist also derjenige, der mir diese ganze Scheiße hier eingebrockt hat. Wenn ich ehrlich bin, hast du gar keine Schuld daran, allerdings macht es mir Spaß, jemandem etwas zuzuweisen, wenn du verstehst, was ich meine.>>
Verächtlich zuckten Leetos Lefzen nach oben. Ein Schuss zwischen seine Pfoten ließ ihn vor Schreck wütend aufbrüllen.
<<Ihr solltet auch wissen, dass ich es nicht abkann, unterbrochen zu werden. Wie auch immer. Saguro, du bist also der Zurückgelassene, dessen wehmütiges Schicksal die Runde macht.>>
Der Forscher musste sein linkes Bein entlasten, zu groß waren die Schmerzen, seine Sicht war verschwommen, zu hoch der Blutverlust.
Sarith begann einige Schritte auf- und abzugehen, immer noch ihre Pistole in der Hand haltend, ihre Schwester hielt sich still lächelnd im Hintergrund.
<<Marow hat mir viel von dir erzählt. Dem jungen, gutaussehenden, intelligenten Forscher aus New York. Die ersten beiden Punkte sprechen zu, das muss ich wahrlich zugeben>>, lachte sie spitz, als sie ihn musterte, <<Inteligent, gar clever ... das trifft es nun eher weniger. Ich habe auch gehört, dass es hier eine Bestie geben soll, in Begleitung zweier Tiger. Wenn du und deine kleine Fellfackel das einzige ist, was mich hier erwartet, bin ich ehrlich enttäuscht.>>
Leeto fauchte verächtlich, doch im gleichen Moment gaben Saguros Beine unter einem schmerzvollen Stöhnen nach. Leeto stand unberührt da, verzog keine weitere Mine, während Saguro an ihm lehnte. Seine langen Reißzähne glänzten im Licht, seine Augen stachen aus der Dämmerung heraus.
<<Armer Junge, ich hoffe du stirbst nicht allzu qualvoll>>, quietschte sie schrill. Sie kniete sich zu ihm herunter und packte ihn am Kragen, Leeto trat einen Schritt zurück. Sie drückte den Lauf gegen Saguros Kehle, sodass er husten musste. Er versuchte sich auf ihrem Griff zu winden, doch er hatte keine Kraft mehr.
<<Wie überlebt ein junger Mann, ein unbedeutender Forscher, der es liebt, Katzen nachzustellen auf einer Insel wie Kahik? Ist es dir gelungen, die Bestie zu töten? Sag schon!>>, mit Schwung warf sie Saguros Kopf zu Boden. Leeto brüllte, das Feuer aus seiner Mähne stach hervor, doch er konnte nur zurückbleiben. Erneut packte sie sein Hemd und zog ihn auf die Knie, hielt seinen Kopf nach oben. Sie wollte ihn ansehen.
<< Du bist schwach, mein Lieber. Ich dachte, einer der so lange in der Wildnis zurechtkommt, sollte einen kleinen Schuss überleben. Dir wurde ja schließlich auch zu Teil, dass du weder essen noch trinken musstest, diesen Luxus bringt dieser herrliche Ort mit sich. Doch du, mein Lieber, hast anscheinend mehr erfahren, als nur die Welt, die man von außen sieht. Du weißt mehr, als du hier ausspucken möchtest, habe ich Recht?>>
Saguro sah zur Seite.
Sariths Grinsen wurde breit, breiter als es jedes normale Gesicht erlaubt hätte. Ihre Augen waren blutunterlaufen, weit aufgerissen. Leeto schauderte bei ihrem Anblick. Sie war nicht normal, ihre Psyche gehörte keiner normalen Frau. Etwas musste sie geprägt haben, jemand hatte ihr Wesen beeinflusst, manipuliert. Sie konnte wahrscheinlich nicht einmal denken, wie es Saguro tat. Nein. Leeto konnte es nur als verrückt abstempeln, zudem sadistisch, wie sie sich daran labte, Saguro leiden zu sehen.
<<Sag mir am besten gleich, wo sie ist. Wenn du erst einmal tot bist, hast du keinen Nutzen mehr für mich.>>
Saguro schwieg. Sarith holte aus und der Griff ihrer Pistole an Saguros Wange ließ ihn Blut spucken. Röchelnd zog er Luft in seine Lunge. Er konnte nicht mehr klar sehen und seine Gedanken wanderten ab.
Leeto fauchte und spuckte, er brannte streifenweise, die Krallen ausgefahren, die Zähne gebleckt.
Sarith lachte. Lachte laut und ungehalten. Wahrlich amüsiert stand sie auf und ging einen letzten Schritt auf Saguro zu, hob das Bein und presste ihren Stiefel in seine geschundene Wange. Er packte ihr Schienbein, versuchte sie wegzudrücken, doch als sie ihre Fußspitze drehte, schrie er auf und ließ seinen Arm sinken.
<<So ist´s brav. Weißt du Herzchen, wenn ich etwas gar nicht mag, ist es->>
Ein leißes Sirren. Die junge Frau drehte sich um. Gerade noch konnte sie den leeren Blick ihrer Schwester sehen, bevor sie mit einem Pfeil in ihrer Schläfe zu Boden sank. Amüsiert biss sich Sarith auf die Unterlippe und ließ von Saguro ab, der endlich wieder zu atmen vermochte.
Oberhalb der Felswand stand Kaal, auf ihrem Rücken Reii, die bereits den nächsten Pfeil in ihren Bogen eingelegt hatte.
<<Da bist du ja.>>, flüsterte Sarith verschmitzt. Sie richtete ihre Waffe auf die Waldläuferin. Die beiden Frauen taxierten sich einige Sekunden, ehe Sarith ihre Pistole mit einem Klicken nachlud. In diesem Moment ließ sich Kaal hinunterfallen. Die Schüsse trafen nur die Felswand. Kaal schlug ihre Krallen in den dunklen Fels, Funken sprühten und sie kam sanft auf dem Boden auf. Reii feuerte einen weiteren Pfeil ab, traf aber nur einen Baumstamm. Sie sprang vom Rücken der Tigerin, welche eine Wand aus Nebel in die Luft zog, indem sie einatmete. Reii und Sarith standen sich wie in einem hellen Trichter gegenüber, um sie herum dichter Nebel, undurchschaubar. Reiis Sehne war zum Bersten gespannt, Sariths Finger krampfhaft zurückgehalten, den Abzug zu drücken.
<<Gib einfach auf. Glaubst du, deine Pfeile könnten etwas gegen mich ausrichten?>>, quietschte der Mensch vergnügt.
Reiis ernster Blick schwand.
<<Dieser Ansicht bin ich nicht. Aber wie wäre es hiermit?>>
Der Nebel lichtete sich, die weißen Schwaden wichen zu Seite. Zu Reiis Linken Leeto, der komplett in Flammen stand, verächtlich fauchte. Rechts Kaal, deren lange Mähne und Fell von Luft durchströmt wurden, sie schwerelos erscheinen ließ.
Keiner rührte sich. Sarith biss sich die Unterlippe blutig vor Anspannung, überlegend, was sie nun tun sollte. Im Augenwinkel sah sie nach hinten, richtete ihre Waffe auf den am Boden liegenden Saguro.
<< Erschieß ihn ruhig. Er geht mir sowieso nur auf die Nerven.>>, lässig zuckte sie mit den Schultern, in der Hoffnung ihr Bluff flog nicht auf.
Im gleichen Moment drückte Sarith ab und eine Kugel bohrte sich durch Saguros Weste, direkt durch seine Brusttasche. Er zuckte noch einmal, ehe sein Kopf zur Seite sank.
Reiis Augen waren aufgerissen vor Entsetzen. Nie hätte sie damit gerechnet. Nein, das konnte nicht wahr sein. Leetos Flammen erloschen und Kaals Fell hing stumpf und matt hinunter. Die Fassungslosigkeit war den Dreien ins Gesicht geschrieben. Allen schwebte der gleiche Gedanke durch den Kopf: Diese Frau ist unberechenbar. Ein Monster.
Sarith pustete die Rauchwolke, die aus ihrer Pistole trat, davon.
<<Schade, er sah gut aus, aber du hattest Recht, er war langweilig und->>, sie wurde zu Boden gerissen. Ein Pfeil steckte in ihrer Schulter und heftete sie an den Boden. Reii packte sie am Kragen, holte aus und schlug ihr mit der Faust ins Gesicht. Sie flog einige Meter über den Boden, rappelte sich auf, doch Kaal ließ sie mit einem Windstoß gegen die Felswand prallen. Leeto stürzte sich auf sie, im gleichen Moment griff sie in ihren Stiefel und zog ein Messer. Sie holte aus, erwische Leetos Ohr und hinterließ eine Kerbe. Auf ihrem Bauch blieben allerdings vier verbrannte Risse zurück. Wieder stach sie zu und das Messer blieb in Leetos Pfote stecken. Er jaulte auf, während sie die Klinge drehte und herausriss. Der Schwarze schwankte rückwärts. Ohne Mühe stand die junge Frau wieder auf, bevor ein weiterer Pfeil ihren Unterschenkel durchbohrte. Blut spritzte wie eine Fontäne aus der Wunde, doch sie stand immer noch da, gab nicht nach, ließ keinen Schmerz zu. Reii biss wütend die Zähne zusammen, ging erneut auf sie los. Sarith wehrte einige Schläge ab, packte Reiis Hand und wirbelte sie herum. Ihre Finger sprangen aus den Gelenken, kugelten sich aus, schmerzten unbeschreiblich. Doch auch die Waldläuferin zeigte keinen Schmerz, keine Schwäche.
<<Warum so aufgebracht? Gefällt es dir nicht, dass dein kleiner Freund nur noch eines der unbedeutenden Lichter ist?>>
Reii schrie auf, Wut, Zorn brannten in ihr, heller als ein Lauffeuer. Sie rannte auf Sarith zu, als diese nach ihr mit dem Messer ausholen wollte, ließ sich Reii fallen, schlitterte über den Boden, schlug ihr mit dem Fuß die Beine unter dem Körper weg. Mit ihrem Dolch erwischte sie nur Sariths Rhr, das nun in zwei Hälften auseinander klaffte. Reii kam wieder auf die Beine, ging erneut auf Sarith los, die bewegungslos an Boden lag. In letzter Sekunde stand diese auf, packte Reii am Handgelenk, rammte ihr das Knie in den Bauch. Unter stechenden Schmerzen, hustend und spuckend, sank Reii zu Boden. Erneut trat Sarith zu, Reiis Rippe hielt dem Druck nicht stand, brach, bohrte sich in ihr Fleisch. Stöhnend, mit zitternden Armen stützte Reii sich ab. Wie wollte Sarith zutreten, Reii hielt sich lediglich ihren Dolch vor den Kopf, der sich erst kurz quietschend durch Sariths Schuhsole, schließlich aber in ihren Fuß bohrte. Sarith kreischte, fiel rückwärts hin, versuchte hektisch das Messer aus ihrem Fuß zu ziehen.
<< Reii!>, Die Waldläuferin drehte sich um und entdeckte Saguro, wie er auf Kaals Rücken hing, kaum fähig zu sitzen, und Leeto, der ihr zurief. Mit aller erdenklichen Kraft stemmte sie sich auf die Beine und lief davon zu ihren Freunden. Sarith schrie und quiekte, riss und rüttelte an Reiis Dolch, rief Flüche und drehte völlig durch.
Reii lief voraus, gefolgt vom hinkenden Leeto und Kaal, die versuchte Sagruo nicht zu verlieren. Bald waren sie an ihrer Behausung angekommen, doch Sariths Schreie waren immer noch zu hören, bis der Morgen anbrach.


Kapitel XIII

Zerstörte Seelen, kranker Geist


<<Du bist wie ein kleines Kind, auf das man aufpassen muss>> fluchte Reii. Ungeduldig riss sie mit der unverletzten Hand, Saguro‘s Hemd an der Einschussstelle auf. Seine Muskeln, seine ganze Haut glänzte verschwitzt, er war verkrampft, voller schmerzen. Nabu kam mit einem Leintuch angehoppelt, Kaal liess eine decke auf den Boden neben Saguro fallen, während Leeto unruhige runden um die Feuerstelle zog.
Die Waldläufferin nahm sich das Leintuch legte es Saguro um den Bauch, liess es bis zu dem Loch über seiner Hüfte gleiten und zog kraftvoll an, indem sie sich mit dem Ellbogen an seiner Brust abstützte. Er kniff die Augen zusammen, bei jedem erneuten Druck auf seine wunde. Ein letzter knoten, dann liess Reii von ihm ab, in der Hoffnung die wunde von weiterem Blutverlust gestoppt zu haben. Kaal nahm die decke, liess sie auf Saguro hinunterfallen und legte sich hinter ihn. Erschöpft lehnte er sich an die weiße, glücklich, wenigstens von ihr nett behandelt zu werden. Reii war selbst für ihre Verhältnisse nicht gut auf den forscher zu sprechen. Die konnte es sich nicht erklären, aber ihre gesamte Wut wurde auf ihn abgewälzt, warum wusste sie selbst nicht. Es lag womöglich daran das er ein Mensch war, wie Sarith, aber sie ihn beschützt hatte. Wieso? Weshalb war sie durchgedreht als Sarith abfällig über ihn sprach? Und warum hatte sie ein unbeschreiblich glückliches Gefühl als sie sah, das Saguro sein Taschenmesser in seiner Brusttasche trug, und ihm die Kugel nichts angehabt hatte. Letztendlich hatte er nur mitgespielt. Aber tief, ganz insgeheim, war Saguro sauer auf Reii, genau wie sie auf sich selbst. Nie hätten beide gedacht, dass Sarith abdrücken würde, den Bluff durchschaut hätte. Saguro wusste das er nur durch ein wunder, durch den Zufall, überlebt hatte.
Schmollend saß Reii auf der anderen Seite der Feuerstelle während Kaal begann Saguro’s Haare abzulecken und zu putzen. Mit verzerrtem Gesicht lies er es über sich ergehen, doch Kaal hielt inne als er zu sprechen begann.
<< Ich sollte eigentlich tot sein. Wäre nicht mein ->>
<< Ich weiss das du- ! Ich weiss es verdammt! Blöder Arsch! >> Reii stand auf, schrie, fluchte, trat nach Steinen am Boden bis sie an den wand ihrer Behausung angekommen war. Sie schlug mit der Hand gegen den Sandstein, ihre Knöchel wurden blutig, ihr Gesichtsausdruck schwach. Sie seufzte.
<<Saguro>> begann sie.
<< Ich hätte tot sein können. Aber ich bin es nicht. Entschuldigung angenommen>>
Mit großen Augen stand Reii da, zu beschämt ihn anzusehen. Sie drehte sich nicht zu ihm um, zu peinlich war ihr roter Kopf und die einzelne Träne die heimlich und unentdeckt über ihre Wange lief, nachdem sie in ihrer Behausung verschwunden war.
Nabu kam unter der Decke hervorgekrabbelt, kletterte auf den Schoß des jungen Mannes und sah ihn vorwurfsvoll an. Saguro’s Blick schweifte ab, in ferne Gedanken vertieft konnte er seine Schmerzen ausblenden, das vergangene wieder und wieder durchgehen, Sariths Wort ins Gedächtnis rufen.
Plötzlich hob Kaal den Kopf, etwas kam ihr in den Sinn. Die Weiße stand ungerührt vom nach hinten fallenden S<aguro auf.
<<Reii. Wir müssen Sarith finden, bevor sie zurück zum Helikopter läuft und ->>
Die Waldläuferin stürmte aus ihrer Behausung mit einer Karte und einigen Schriftstücken und Briefen in der Hand.
Krumm wie Saguro dasaß, warf Reii ihm die Karte vor die Nase, kniete sich hin, entfaltete das Papier und tippte mit dem Zeigefinger unaufhörlich auf Kashik.
<<Die hier habe ich im Helikopter gefunden, zusammen mit diesen Notizen und einem Brief.>>
Wie ausgewechselt sprach sie mit dem Forscher bevor sie ihm den Brief des New Yorker Forschungsinstituts überreichte. Schnell war Saguro über die wenigen Zeilen geflogen, doch beim Absender stockte ihm der Atem. Er hatte auf der Herreise bereits in Marow‘s Kajüte geschnüffelt und einen Brief gefunden der allerdings noch keinen Absender enthielt. Sein Chef erwischte ihn bevor er sich das Schriftstück aneignen konnte, doch es ging um die Informationen die Sarith, Marow überliefert haben musste.
<<Er weiss es. Er hat die nötigen Daten um Kashik jeder Zeit zu finden, und er wird wiederkommen, dem müssen wir uns bewusst sein.>> Saguro’s Stimme war tief, angespannt, konzentriert. Reii sah zu ihm auf.
<<Wenn wir Glück haben stehen in seiner Antwort sein weiteres Vorhaben oder zumindest seine nächsten Schritte, irgend etwas, was uns weiterhelfen kann. Letztendlich wird es uns nichts bringen ausser eventuell ein wenig Zeit, Vorbereitung auf das was kommen wird, mehr nicht.>> Die beiden sahen sich an. Reii wand als erste den Blick ab, verwirrt, betrübt.
<<Ich glaube nicht das ich das sage, aber wenn wir Sarith am Leben lassen, werden womöglich noch andere Leute, die ihr genug dafür bieten, Kashik‘s Lagedaten, in die Finger bekommen. Wir müssen sie unschädlich machen.>>
<<Wie genau willst du das anstellen?>> hackte Nabu nach, der inzwischen auf Saguro’s Schulter saß.
<<Dass lass ich eure Sorge sein. Ich werde zurück zum Helikopter gehen und versuchen Marow‘s Brief zu finden. Was ihr mit Sarith anstellt ist eure Angelegenheit. Es ist eure Insel, euer Zuhause, ich habe kein Recht zu entscheiden, was ihr tut und sicherlich bin ich steht’s daran interessiert, euch davon abzuhalten weitere Menschen zu töten, allerdings sehe nicht einmal ich einen anderen Ausweg, also macht, was ihr für richtig haltet.>>
Mit diesen kalten Worten, die, wenn er es nicht direkt zu ihnen gesprochen hätte, nicht von Saguro hätten stammen können, stand er schwankend auf. Er griff Nabu ins Nackenfell, setzte ihn auf den Boden, ehe er seine geschundene Weste überzog und sich auf den weg in Richtung Strand machte.
Die vier Blickten sich verwirrt an. Leeto löste sich knurren aus der Gruppe und folgte Saguro auf seinem Weg.
Verwundert entdeckte der Forscher den Tiger der ihn überholte.
<< Einer muss ja auf dich aufpassen, Mensch.>> Leeto spitzte die Ohren, sah Saguro verschmitzt an, als der junge Mann lächelte und den für ihn beschwerlichen Weg fortsetzte.
Immer noch wie versteinert standen Kaal und Reii da. Die Waldläuferin schwang sich schließlich auf den Rücken des Tigers.
<<Nabu du bleibst hier>>
<< Wie immer>> seufzte der Katzenartige, beinahe klang er gelangweilt.
Kaal verdrehte sie Augen. Gleich darauf trabten die Weiße los, trug Reii geschwind durch den Dschungel. Sie mussten Sarith so schnell wie möglich finden und töten.

*

Saguro stütze sich an einem Baum ab. Er war bereits nach kurzer Zeit völlig durchgeschwitzt, sein Wunde schmerzte.
<<Spuck keine solch großen Töne, wenn du dann schlappmachst>> beschwerte sich der Schwarze schnaubend.
<<Entschuldige das ich gestern beinah abgekratzt wäre.>> sauer stapfte Saguro weiter über den feuchten Waldboden. Er trat auf Moose aus denen bei jedem seiner Schritte Wasser rann und es wieder einsog als er seinen Fuß hob. Auf den großen Blättern der Stauden uns Sträucher war noch der restliche Morgentau zu sehen. Es war bereits mittag und allmählich durchdrang die Sonne das Blätterdach mit ihren wärmenden Strahlen. Nach gefühlten Stunden kamen die beiden am Strand an, der Helikopter flimmerte in der Mittagshitze, sein Metall glänzte wie flüssiges Silber. Saguro graute es bereits davor jeden Winkel innerhalb des überhitzen Metallvogels zu durchsuche, während sich Leeto genügsam in den Sand legte. Es schien die Wärme regelrecht aufzusaugen, was Saguro nicht wunderte, immerhin brannte Leeto hin und wieder, da sollte ihm die gleisende Sonne wenig anhaben. Im hingegen dröhnte bereit nach wenigen Minuten im Bauch der Maschine der Kopf, seine Schläfen pochten, Schweiß rann ihm die Stirn und nackte Brust hinab. Seine Weste hatte er bereits zu Anfang abgelegt, nur seinen Verband musste er ertragen. Er setzte sich mit einem Stapel Papier hinaus in den Schatten des Helikopters, wobei es ausserhalb der Maschine noch wärmer aber wenigstens nicht mehr stickig war. Bald musste der junge Mann feststellen das er keinerlei wichtiges gefunden hatte.
<< Ich habe nun den dieses ganze Ding auf den Kopf gestellt und nichts. Nichts. Rein gar nichts.>> er fuhr sich durch die Haare.
<<Sarith sollte ja wissen was Marow ihr zukommen lassen hat. Frag sie doch einfach.>> Abwesend und spöttisch fielen diese Worte. Saguro sah Leeto an.
<<Oh mein Gott bin ich blöd.>>
<< Das stellst du erst jetzt fest?>> der Schwarze zog neckisch die Augenbrauen hoch.
<<Leeto, du bist ein Genie>> mit diesen Worten sprang Saguro, mehr langsam als hastig, auf, und rannte Richtung Wald.
<<Auch das wusste ich schon>> selbstgefällig schüttelte der Tiger die Mähne.
<<Saguro?>> die Raubkatze sah sich um, sprang auf und hastete dem Forscher hinterher.
<<Was hast du vor?>>
<< Es gibt’s wahrscheinlich keinen Brief, oder einen anderen Hinweis den wir zu finden versuchen, aber Sarith, sie weiss bestimmt, was Marow beabsichtigt, doch wenn Reii sie tötet->>
<<Bleiben diese Informationen im Dunkeln>> beendete der Schwarze Saguro’s Satz.
Während sie weiterliefen stolperte Saguro immer mehr. Immer noch quälten ihn Schmerzen.
<<Du würdest mich nicht ein Stück tragen, mein Freund?>> lachhaft schienen Saguro seine eigenen Worte.
<< Ich bin nicht dein Freund, zudem würde kein Tiger gestatten das ein Mensch auf seinem Rücken sitzt. Kaal mag es akzeptieren, aber was das angeht ist sie einfach zu gutmütig.>>
Saguro verdrehte sie Augen, zu schön war der Gedanke gewesen, sich nicht mehr die Füße wund zu laufen.
<<Merkst du ob ein Waldläuffer oder ein Mensch auf dir reitet?>> Saguro wusste in der nächsten Sekunde schon nicht mehr was diese lächerliche Frage sollte.
<<Davon gehe ich aus. Jeder Tiger findet allerdings zu früher Zeit seinen Gefährten, den er sein restliches Leben begleitet. Stirbt einer der beiden, bleibt der andere wohl oder über zurück. Reii‘s Bruder war mein Freund, ich hasste ihn, doch seltsamer Weise vertraute ich ihm. Unsere Freundschaft beruhte auf der Tatasche, das ich als nächster die Tiger und er den Platz als Stammesoberhaupt antreten würden. Lediglich deswegen wurden wir zusammengeführt.>>
Saguro schwieg. Insgeheim wussten beide, das Leeto den Verlust seines Reiters zwar verkraftet hatte, ihn jedoch sehr schwächte. Wahrscheinlich war es deshalb so oft mürrisch oder schlecht gelaunt, oder womöglich hatte das bissige Gemüt, das Reii‘s Bruder gehabt haben soll, auf den jungen Tiger damals abgefärbt.
In der Ferne brüllte ein Tiger.
Leeto bremste Ruckartig.
<<Kaal>> mit weiten Augen sprang er los, immer schneller, Dreck wirbelte auf, Moos und erde flogen davon wie Leeto davonstob. Saguro lief so gut er konnte dem Schwarzen hinterher, doch bereits nach wenigen Sekunden konnte er das Tier im Dickicht nicht mehr ausmachen, so behielt Saguro die Richtung bei, in der Hoffnung ihn wiederzufinden.

*

Leeto preschte funken sprühend durch den Dschungel. Sein Atem war heiß, sein Fell glomm, seine Pranken glühten, er liess schwarz verkohlte spuren zurück. Kleine Flammen loderte immer wieder in seinem Fell auf, bevor sie erloschen um an anderer Stelle zu wieder zu erscheinen. Ein weiteres Brüllen seiner Partnerin spornte ihn an, schneller zu laufen, seine Krallen tiefer in den Boden zu schlagen. Er sprang über einen Baumstamm, stieß sich abermals ab, flog über einen Graben hinweg und schlitterte auf eine kleine Lichtung. Ein Staubwolke hüllte ihn ein, Steine und Erde wirbelten in die Luft. Aufgeregt sah er sich um. Reii und Sarith waren nirgends zu sehen, doch weiter entfernt, Richtung Wasserfall, fielen Schüsse, schnell hintereinander. Leeto schlich weiter, als er schließlich Kaal entdeckte die am Boden lag. Er gurrte, schnaubte, doch nur ihre Ohren zuckten in seine Richtung. Augenblicklich sprang er los, trabte auf die Weiße zu. Eine klaffende Schnittwunde zog sich über ihren ganzen Brustkorb, sie atmete schwer, eine Schusswunde in ihrem Hinterlauf liess sie Blut verlieren. Unruhig trat Leeto auf der Stelle wusste nicht, was er tun sollte. Weitere Schüsse fielen. Ein Schrei. Wieder Schüsse. Er spitzte die Ohren, sah sich nach allen Richtungen um, widmete sich dann Kaal. Geduckt ging er auf sie zu, sie hob den Kopf. Sanft drückte er seine Stirn gegen ihre, leckte ihr einige Male über ihr Gesicht. Er legte sich zu ihr nieder, rieb tröstend seinen Kopf an ihr.
<<Wo sind sie?>> Leeto blickte seiner Partnerin in die Augen.
Sie hob, drehte den Kopf in Richtung des Wasserrauschens, Leeto nickte nur, bevor er sie ein weiteres mal ableckte.
Im Hintergrund kam Saguro angehumpelt, sich seine Wunde haltend, völlig ausser Atem. Sofort entdeckte er die beiden Tiger und eilte herbei. Leeto knurrte doch Kaal brachte ihn mit einem Schnauben zum Schweigen ehe sie den Forscher mit einem kläglichen Gurren begrüßte. Saguro’s weite Augen betrachteten den geschundenen Körper des sonst so prächtigen weissen Tieres, er sagte aber nichts. Unruhig sah sich Leeto um, wahrscheinlich in der Hoffnung, das ihm Hilfe zugeflogen kommen würde. Der Forscher ging auf die beiden Raubkatzen zu, doch als Leeto ihn drohend anknurrte, verharrte er. Ein Schuss liess die drei hochfahren. Ein weiterer Schuss. Leeto und Saguro sahen sich an, sprangen auf und sprinteten los, Kaal zurücklassend. Ehrgeizig stürmte der junge Mann dem Tiger hinterher, kreuzte seinen Weg, lief neben ihm auf einer Anhöhe her und sprang. Entschlossen packte er Leeto‘s Mähne und klammerte sich mit den Beinen um den Körper der Raubkatze. Der Schwarze brüllte auf vor Schreck, fauchte protestierend. Er riss die Augen entsetzt auf, buckelte wie ein Pferd, spuckte, liess Flammen aus seinem Fell auflodern. Wieder brüllte er, warf sich seitlich gegen einen Baum. Runter mit ihm. Hinunter auf den Boden mit dem Mensch. Eine heiße Woge durchfuhr das große Tier, dann blieb er schnaufend stehen, mit zittrigen Knien. Saguro atmete schwer, angestrengt und lockerte den Griff in Leeto’s Mähne und um seine Flanken. Locker sah er auf dem Rücken der Katze, fuhr ihm nervös durch die Mähne, Leeto stand immer noch fassungslos da.
<<Lauf.>> sprach Saguro im halb Flüsterton. Der Schwarze sprang los, brüllte entschlossen, jagte über den Boden hinweg. Blitzartig krallte sich Saguro wieder an ihm fest, bemüht nicht den Halt zu verlieren. Er musste nur denken in welche Richtung er laufen wollte, Leeto schien ihn zu verstehen, reagierte darauf. Er strahle neckisch, drückte energisch mit den Fersen gegen den Brustkorb Leeto’s, trieb ihn an. Der Schwarze hechelte, schlug die Krallen tiefer ibn den Waldgrund, hetzte immer weiter, in Richtung des Schusses, zum großen Wasserfall.

*
Sarith lehnte Rücklings an einem Efeubewachsenen Baum, hielt sich breit grinsend sie tiefe Schnittwunde in an ihrem Arm, leckte begierig das Blut von ihren Lippen, lächelte hämisch. Reii stand mit zittrigen Beinen am Flussufer, mit einem Arm auf den Knien gestützt. Ihre Hand schmerzte nach wie vor, unzählige Schrammen übersäten ihre Haut, einige Risse und Schnitte zierten Arme, Beine wie auch Gesicht der Waldläufferin. Ihr Brustkorb schmerze, von gebrochenen Rippen, die sich in ihr Fleisch bohrten, ihr Oberarm machte sich stechend, hartnäckig bemerkbar, das ihm die Kugel, die in ihm steckte, nicht gefiel. Sarith trat aus dem Schatten des Waldes, zu Reii auf die grasbewachsene Ebene sie den Rand des Flusses säumte. Hier, weiter oben, ohne Schutz, fegte der Wind beissend kalt über die beiden Frauen hinweg. Mit einem Reii unerklärlichen Gefallen auf Sarith‘s Lippen, sah diese die Waldläuferin an. Links von ihr stürzte der Wasserfall in die Tiefe, ungehalten, laut und mit unaufhaltsamer Gewalt. Sarith war stark. Schnell. Unberechenbar. Reii hatte allerlei Probleme mit dieser Frau. Sie wich ihren Schlagen und Pfeilen geschickt aus, leistete der Waldläufferin stetigen Widerstand, lies sich nicht treffen. Nun standen sie sich gegenüber.
Reii wurde von geweiteten, blutunterlaufenen Augen angestiert, unerlässlich.
<<Du fragst dich sicherlich immer noch was ich hier will, nicht wahr?>> Sarith zeigte ihre strahlend weißen Zähne, bis auf die beiden die Reii ihr aufgeschlagen hatte. Blut lief über ihr Kinn, aus ihrer aufgeplatzten Unterlippe, fuhr mit ihrer Zunge darüber, genoss den Geschmack. Angewidert, jedoch ohne geringste Rührung zu zeigen legte Reii einen Pfeil in ihren Bogen und spannte die Sehne bis sie sirrende Laute von sich gab. Sarith zog mit einer unnatürlich lässigen Armbewegung, dabei wackelte ihr Oberkörper, sie schwankte, riss die Augen weiter auf, das man meinen könnte, sie wolle ihre Augäpfel aus den höhlen pressen. Etwas stimmte nicht mit ihr. Etwas stimmte ganz und gar nicht.
<<Du solltest aufpassen, meine Hübsche, manche sagen ich sei verrückt!>> ein schrilles Glucksen Sarith liess Reii einen Schritt zurückweichen, << ich sage immer>> sie spuckte Blut auf den Boden,<< das Adrenalin bekommt mir nicht. Vielleicht ist es auch der Geruch der Patronenhülsen wenn sie sich in fremdes Fleisch bohren.>> Mit einer Hand in die Hüfte gestemmt, seltsam wackelnd, richtete Sarith ihre Pistole auf die Waldläuferin. Ungeheuerlich. Der Realität so fern, schien Sarith’s Fassungsvermögen.
<<Sie ist völlig irre. Durchgedreht>> waren Reii‘s einzige Gedanken. Die Waldläuferin nahm Sarith nicht aus dem Visier, sie folgte jedem ihrer Schritte, während diese zynisch lächelte.
<< Ich gehe davon aus, das dir der Name Marow Farnhill ein Begriff ist.>> Sarith schoss in die Luft.
<< Natürlich ist er das!>> kreischte sie und fiel auf die Knie. Reii liess Ihren Bogen sinken, ihr Mund stand offen, Ratlosigkeit machte sich auf ihrem Gesicht breit.
<<Du amüsierst mich! Amüsierst mich aufs köstlichste! >> Sarith fiel rückwärts ins Gras, rollte herum, lachte, jauchzte, bevor sie sich ruckartig aufsetze.
<<Du.. du glaubst ich hab sie nicht mehr alle, nicht wahr? Du denkst ich bin abgedreht, eine Verrückte !>> Sarith packte ihre Pistole, schoss wild um sich, ehe sie wieder auf dem Rücken im Gras lag. Reii duckte sich weg, als ein Schuss sich im Boden neben ihr vergrub.
<<Ich möchte sterben. Weißt du wie es ist zu sterben?>> mit geradezu unschuldiger Mine blickte Sarith hinauf zu den vorbeiziehenden Wolken. Reii griff nach ihrem Bogen, vorsichtig, nicht zu hektisch.
<< Du wirst es erfahren! >> Von einer Sekunde auf die andere stand Sarith fest auf beiden Beinen, Zorn und Verzweiflung zerschnitten ihr Gesicht. Ein Schuss traf Reii in die Schulter, sie wurde nach hinten geschleudert, bevor sie auf die Beine kam bohrte sich eine Kugel in ihren linken Unterschenkel. Sie gab keinen Ton von sich. Kein Schrei, keinen Laut. Hinter ihr hörte sie das Tosen des Wassers, spürte die Vibrationen im Boden, die von der ungeheuren kraft des Stromes ausgingen. Sie setze sich auf, begann ein Stück rückwärts zu krabbeln. Langsam setzte die Dämmerung ein. Der Wald hinter Sarith türmte sich wie eine schwarze Wand auf.
<<Wieso sagst du mir nicht, das ich ständig vom Thema abweiche, meine Liebe>> mit hängendem Kopf und schultern, taumelnd ging Sarith auf Reii zu, bis sie direkt vor ihr stand. Die Waldläuferin wagte sich nicht zu rühren, Sarith kniete sich zu ihr nieder und sah sie an. Seltsames Unbehagen machte sich in der jungen Frau breit, zu nah war die Gefahr, zu nah dieser Mensch. Beinahe zärtlich hob Sarith, Reii‘s Kinn an, betrachtete sie, zog sie zu sich heran. Reii rümpfte die Nase, biss die Zähne zusammen.
<< Wir sind gleich, Reii. Wie Schwestern, ist das nicht... entzückend>>
Woher kannte Sarith ihren Namen?
<< Du und ich, wir beide wurden von ihm betrogen. Auch mir hat er alles genommen, Reii. Mein Zuhause, meinen Job, mein Leben, meine Identität. Alles was ich hatte, sogar meinen Kanarienvogel. Er hat ihm einfach den Kragen umgedreht. Ein furchtloser Herr ist er. Er hat mich erpresst, zu dem gemacht was ich bin.>>
<<Du bist widerwärtig>> fauchte Reii sie an.
<<Nicht so bissig meine Schöne. Ich soll dich nicht töten, sagte er mir, lediglich unschädlich machen, also hab keine Angst. Ich bin nicht irre. Nicht mehr als du, oder willst du mir sagen, das ermorden unschuldiger Forscher sei ein anerkanntes Hobby?>>
Reii zischte wütend.
<<Ich weiss so einiges über dich, Reii. Marow ist wahrlich ein Mann der manipuliert, inspiriert, verführt, habe ich recht?>> Sarith lächelte spitz während sie mit dem Lauf ihrer Pistole über Reii‘s Gesicht strich.
<<Er hat mein gesamtes Volk auf den Gewissen, nennst du das einen Vergleich zu dem, was er dir angetan hat? Er hat meinen Großvater, meine Mutter, meine Freunde vor meinen Augen niedermetzeln lassen.>>
<<Eine Runde Mitleid. In der Zwischenzeit müsstest du deine Rache eingeholt haben, oder nicht? Es waren bislang bestimmt unzählige Opfer die deine Blutrache gekostet haben. Die Anzahl deiner gefallenen Leute müsste nach diesen vielen Jahren wieder gut gemacht sein, meinst du nicht.>> Sarith lies ihre Hand durch Reii‘s Haare gleiten.
<<Das nimmt mir weder den Schmerz noch den Hass der in mir für immer weiterleben wird.>> Die Waldläuferin beäugte Sarith eindringlich. Sie suchte ihren Dolch, mit welchem sie die Frau zurückgelassen hatte. Nirgends konnte sie ihr geliebtes Messer erkennen. Wieder sahen sich die beiden in die Augen.
<<Diese Unterhaltung langweilt mich.>>, Sarith setzte den Lauf ihrer Pistole an Reii‘s Schläfe.
<<Nicht nur dich>> Reii packte Sarith Handgelenk und drückte es zu Boden, warf sich über sie, rollte sich ab, bekam ihren Bogen zu greifen und richtete ihn mit gespannter sehe, wie schussbereitem Pfeil auf die junge Frau, deren Pistole bereits wieder auf die Waldläufferin zeigte.
<<Du bist gut>> gab Reii hechelnd zu ohne zu offenbaren das die schmerzen in ihrer Brust sie bald zerrissen. Regungslos verharrten sie, warteten, ob die andere den ersten Schritt machte. Rascheln von Blätter, knacken von Ästen hinter Reii wendeten ihre Aufmerksamkeit kaum merkbar, für den Bruchteil einer Sekunde ab und Sarith schoss sie in den Oberschenkel. Reii blieb ungerührt stehen, zuckte lediglich, Sarith wich ihrem Pfeil aus. Ein einzelner Schuss, einsam, rauchend. Blut spritzte. Die junge Frau schwankte rückwärts, sank auf die Knie während sie lüstern betrachtete wie sich ein Schwall Blut aus ihrer Brust seinen Weg hinaus bahnte. Weit aufgerissene Augen, Lider die zu zerreissen drohten, starrte sie auf den Pistolenlauf aus dessen Öffnung eine zarte Rauchwolke entstieg. Ruckartig drehte Reii sich um. Saguro steckte seine Waffe in das Halfter an seinem Gürtel, sprang lässig vom Rücken der aufgebrachten Raubkatze bevor er zu Reii eilte. Leeto blieb skeptisch zurück, ging nur bedächtig ins Freie.
<<Reii, bist du ok?>> besorgt sah er an ihr herunter. Bei ihrem blossen Anblick konnte er die Schmerzen förmlich spüren.
<<Du. Du hast...>>, wirr blickte Reii von Saguro zur am Boden liegenden Sarith. Saguro zog eine Augenbraue hoch, erwartete keine Dankbarkeit, jedoch eine Erwähnung seiner Hilfe.
<<Was tust du überhaupt hier?! Ich brauche deine Hilfe nicht, Mensch! >> Sie stieß ihn mit den Händen vor die Brust, kam aus dem Gleichgewicht und knickte ein. Saguro packte sie, doch sie Waldläufferin löste grob seinen Griff.
<<Fass mich verdammt noch mal nicht an !>> fauchte sie ihn an. Entgeistert stand Saguro da, unbewusst was er nun schon wieder falsch gemacht haben sollte. Reii‘s Gedanken drehten sich, ihr Kopf schmerzte, ihr Blick wanderte blitzartig auf dem Boden umher. Ein kurzes Stechen. Sie hielt sich die Stirn. Sie war nicht viel besser. Nicht anders. Nichts mehr, als diese Frau, die ihr so verrückt und unwahrscheinlich vorkam. Nein. Reii war keinen Augendeut besser, nicht weniger krank im Kopf.
Beschämt blickte sie den Forscher an, verunsichert, mit trübem Blick. Auch Saguro sah zu Boden. Er hob den Kopf, lächelte und reichte Reii seine Hand, jedoch wagte Reii ihn nicht eines Blickes zu würdigen. Saguro seufzte mit den Schulter zuckend, lief auf Sarith zu.
*Du bist schwach! Schwach, Reii! Du musst dir schon von einem Menschen helfen lassen. Schwach. Hilflos, lässt dich beeinflussen. Töte ihn, den Eindringling. Zeig keine Schwäche mehr, du Stück Dreck.* Reii presste ihre Handflächen gegen die Schläfen, knirschte mit den Zähnen. *Hört auf!* versuchte sie die Stimmen aus ihrem Kopf zu vertreiben *Ich kann für mich selbst kämpfen, ich bin nicht schwach* gekrümmt und mit zusammengepressten Augen kauerte sie da. Allmählich verschwanden diese Worte, die Sätze aus ihrem Kopf. Sie atmete tief ein. Saguro betrachtete derweil Sarith die, wenn sie so leblos dalag, fast schon hilflos aussah. Er kniete sich mit einem Bein zu ihr herunter, drehte skeptisch den Kopf, beäugte sie genauestens. Das nächste was er wahrnahm waren Felsen die sich ein seinen Rücken bohrten, Stein der sein Hemd vollends zeriss und seinen Rücken schändete. Sein Schmerzensschrei liess die Waldläufferin herumfahren und in Sarith weite, blutige Augen, die aus ihren Höhlen heraustraten, erblicken. Wie erstarrt saß sie da.
<<Saguro!>> brachte sie, bei eigenem Erstaunen hervor. Gerade noch sah sie Saguro’s Haarspitzen die hinter dem kleinen Abhang zum Fluss hinunter verschwanden. Gefährlich schwanken richtete Sarith sich auf, stampfte auf den Boden, ein breites Grinsen übers Gesicht gezogen, zusammen mit einem Schwall Blut der aus ihrer Brust quoll. Immer noch fassungslos starrte Reii auf die Frau, die seltsam taumelnd die Waldläufferin mit ihrer Waffe fixierte. Sie gluckste und lachte, spuckte dabei Blut und einen Zahn aus. Jetzt lachte sie aus vollem Hals, prustete, spuckte wieder Blut und schoss wild um sich. Reii duckte sich weg bevor sie auf die Beine sprang, auf Sarith zustürmte und sich vor ihr fallen liess. Sie glitt über den Boden und schlug ihr die Beine weg. Mit einem ungesund knirschenden Geräusch pralle sie auf den Boden, während Reii zum Fluss kroch. Vorsichtig sah sie über den Rand und entdeckte Saguro der sich schwer keuchend an einem Felsen hielt um nicht von der ungeheuren Macht des Wassers hinfort gerissen zu werden. Hinter ihr vernahm Reii Leeto’s Brüllen und Schüsse. Als sie sich umwand erkannte sie nur noch Sarith die sich auf sie warf. Saguro hievte sich mit letzter Kraft aus dem Wasser, Reii versuchte sich abzufangen, doch bekam keinen Halt uns stürzte geradewegs in die tosenden Fluten. Eilig kraxelte Saguro die Felsen die den Abhang säumten hinauf , setze sich auf den Allerwertesten und drehte sich gequält um, versucht Reii zu entdecken. Für einen kurzen Moment tauchte sie auf ehe sie wieder unter Wasser gerissen wurde.
<<Reii!>> rief Saguro aus der Verzweiflung heraus. Er versuchte aufzustehen, hielt sich jedoch schmerzerfüllt sein linkes Knie. Sarith schleifte sich mit den letzten Mühen, ihres Todes entgegensehend hinauf, wurde im nächsten Moment von Leeto im Genick gepackt und herumgewirbelt. Die Raubkatze stieg auf die Hinterbeine und liess den bereits leblosen Körper auf den Boden sausen. Brechende Knochen, zerreisende Glieder und Blut liessen Saguro würgen. Wütend schleuderte der Schwarze Sarith’s Leiche hinfort, schnaubte, glimmte vor Anspannung. Saguro war wieder auf den Beine und hinkte am Ufer entlang, kletterte stöhnend über die Felsen, verlor Reii doch bald aus den Augen. Er fluchte. Plötzlich stand Leeto neben ihm.
<<Beeil dich>> prustete die Katze verärgert. Voller Hoffnung zog sich Saguro auf Leeto’s Rücken ehe die beiden Am Ufer entlangstürmten und Reii ins Visier nahmen. Der Forscher kralle sich unsicher in das schwarze Fell, versuchte Reii nicht aus den Augen zu verlieren, die nur bemüht war, nicht erneut unter Wasser gerissen zu werden. Im nächsten Augenblick bremste Leeto scharf sodass Saguro beinahe über ihn hinweggeflogen wäre. Sie standen an einem Abgrund, vor ihnen das gegen die Felsen sprengende Wasser. Das Ufer war zu Ende.
<<Spring!>> schrie Saguro, kaum hörbar, doch versucht das rauschen zu übertönen. Leeto riss die Augen auf, ging rückwärts, schüttelte sich.
<<Bist du verrückt?!>> dröhnte Leeto’s Stimme an Saguro’s Ohr, << dir ist nicht zufällig aufgefallen das ich der Herrscher des Feuers bin. Glaubst du wirklich, ich begebe mich ins Wasser?!>> der Schwarze schlug protestierend die Krallen in den Boden. << Wenn du ihr helfen willst, dann spring doch!>>
Ernst sahen sich die beiden in die Augen und ohne seinen Blick abzuwenden glitt Saguro von Leeto’s Rücken und nahm Anlauf. Im letzten Moment packte der Schwarze die Überreste von Saguro’s Hemd, schleuderte ihn nach hinten sodass er sich auf seinen Rücken ziehen konnte und sprang ab.


Kapitel blaaa

Eisige Fluten, warme Herzen

Ein moment der Schwerelosigkeit erfüllte die beiden. Doch dieser Moment war schnell vorbei. Zusammen stachen Saguro und Leeto in die reißenden Fluten. Kälte, gewaltsam und totsuchendes Wasser nahm dem Forscher die Luft. Nur mit Bemühen zerrte er sich wieder auf den Rücken der Raubkatze, sah sich um. Wo war Reii? Zugegeben, war er mehr damit beschäftigt nicht selbst zu ertrinken und hinuntergerissen zu werden. Er entdeckte sie, bzw ihren Arm, der im nächsten Augenblick wieder unter der Oberfläche verschwand. Die Fluten trieben die beiden ungeheuerlich vorran. Saguro wusste wohin der Strom sie führte. Bereits zuvor hatte er die Ausmaße des Waserfalls, Kashiks größen Wasserfalles von unten betrachtet. Er war immens hoch. Er stieß in solchen Höhen über den Rand das man an seinem Fuße keinen Ursprung erkannte. Wieder erklang ein Wasserschlag, er wirbelte den Kopf herum. Kleidung un Har klebten an ihm wie eine zweite Haut, eisig, unangenehm. Er wichste sich Strähnen aus dem Gesicht, sie andere Hand verkrampft in Leetos Fell gekrallt. Der Schwarze hatte Kraft, Kraft genug sich oben zu halten, doch er spührte keinen Boden unter den Füßen. Panik stand in seinen Augen. Saguro lenkte sie Katze Flußabwärts. Als Reii ein weiteres Mal auftauchte streckte er den Arm nach ihr aus. Nicht in der Lage, anders zu entscheiden griff sie nach ihm, verfehlte ihn. Mit zuviel Gewalt boxte Saguro den Tiger mit den Beinen in die Flanken. Er brüllte, schnaubte. Sein Knurren wurde in einem Gurgeln geendet und unterdrückt, er spuckte Wasser. Erneut streckte Saguro seinen arm, bekam ihr Handgelenk zu fassen, doch ihre Kraft liess nach, er verlor sie.
„Scheiße!“ verzweifelt machte er sich seiner Angst Luft. Er rutschte ein Stück vom Rücken des Katers, machte sich lang. Ehe er Reiis zitternde Hand greifen konnte füllte sich sein Mund mit Wasser. Dreck ließ seine Augenlieder krampfen, Kälte ihn lähmen. Leeto tauchte wieder auf. Beide schnappten gierig nach Luft. Der junge Mann riss die schmerzenden Augen auf, wild um sich blickend. Als Reii direkt neben ihm auftauchte packte er sie am Unterarm. Ein schmerzender Arm zog sie auf den Schwarzen Tiger. Saguro legte seinen Arm um ihre Taille. Er würde sie nicht mehr loslassen. Sie hustete, bekam kaum Luft, der Strom wurde schneller. Fauchend paddelte Leeto im Nichts.
„Zum Ufer“ halberdrückte worte quollen aus saguros mund.
Beinahe genervt nahm der Tiger seine Worte auf. Zum Ufer, der Fall kam näher. Zu nah. Erneut stellte Saguro sich vor, wie es war zu sterben. Fiel man genauso? Stürtze man einfach in ein Nichts? Einen Raum der nicht aufhören wollte, gejagt von der Angst, doch aufzuschlagen? Er kam zu keinem Ergebnis. Er fiel nur, Reiis blasse Hand in sein Hemd gekrallt, seinen Arm, der sie umschlang. Der Schwarze Schatten, die Katze die neben ihm fiel. Sie sorglos, so unbeschwert, alles war egal. Feuchte klare Luft, war alles was er wahrnahm, Rauschen, Atem. Er wollte nicht aufkommen, für imme weiterfallen, bis zu dem Moment, als er dachte er sei in zwei gerissen. Seine aufgerissenen Augen, Ein Schmerz, eines Außmaßes, das es kein Schmerz mehr sein konnte, sonder der Tod selbst, der seine scharfen Kanten in seinen Rücke rammte. Kalt. Dunkel. Still. Schwindendes Bewusstsein. Saguro schloß die Augen immer mehr, je tiefer er Richtung Grund sank.

*

Ein Brüllen erlöste Leetos Lungem vom Sauerstoffentzug. In einer Fontäne tauchte er auf, ruderte wild umher wie ein Junges. Er musste raus hier. Dampfschwaden bildeten sich um ihn, er qualmte und rauchte. Sein Blick klärte sich. Eine Weiße Siluette. Kaal trabte am Rande des kleinen Sees auf und ab, maunzte und prustete. Als die den Schwazen entdeckte hüpfte sie ins Wasser, watete einige Meter auf ihn zu. Sie hinkte, hatte immernoch Schmerzen, ignorierte ihre blutende Wunde. Leeto schwamm aufgebracht, der totalen Erschöpfung nahe, entgegen. Die presste ihre Stirn ein seine, schnaubte, sah ihm tief in die Augen. Er atmete schwer, zitterte. Er schleppte sich an der Seite seiner Partnerin an Land. Weiches Gras unter seinen Pfoten, sanfter Boden unter seinem Kopf. Seine Beine knickten ein, er stand nicht mehr auf. Sein Brustkorb bebte, seine Pfoten zuckten. Er sührte wie sich gebrochene Rippen in sein Fleisch bohrten, geprelte Flanken. Er hatte kaum mehr Kraft sein Ohr in Richtung See zu wenden als Saguro auftauchte. Hustend und spuckend kam er an die Oberfläche, sog krampfhaft Luft ein, riss die Augen auf. Er klammerte sich an einen aus dem Wasser ragenden Felsen. Steif krallten seine zerschlissenen Hände am rauen Stein, Erschöpfung ließ ihn sich anlehnen. Er hustete ein weiteres Mal. Reii. Wo war sie? Hektisch sah er sich um, doch die schnelle kopfbewegung rief nur Übelkeit hervor. Dem Versuch unterliegend, sich nicht zu übergeben, taumelte er durch das Hüfthohe Wasser. Kaal kam ihm bereit entgegen und stützte ihn, bevor er fallen konnte. Schweratmig hievte sich der junge Mann über den Rand, sein Bewusstsein antsagte ihm beinahe ein weiteres Mal. Er frohr, er zitterte, war höchstwarscheinlich weißer als Kaals Fell. Es wäre ihm leichter zu beschreiben gewesen, was ihm nicht wehtat. Er blutete aus allen erdenklichen kleinen Schnitten und Rissen, an seinem Rücken war die Haut an vielen Stellen zerfezt und weggerissen worden. Der Aufprall auf der Wasseroberfläche hatte ihm mehr zugesetzt als er sich gedacht hatte. Alle Gelenke schrieen und litten unter jeder Bewegung.
„Las los!“ dröhnte es in seinem Kopf, „Leg sich hin!“
Doch Saguro taumelte weiter umher, ohne zu wissen, wozu er das tat. Der Weiße Tiger gurrte, wie ihn auf zu ihr zu sehen. Mit trübem Blick erkannte er Reii die am Boden lag, neben ihr Kaal. Ein einzig klarer Gedanke durchzuckte den Forscher. Wenigstens einer. Er rannte, oder stolperte mehr, zu Reii, die einige Meter vom Ufer entfernt lag. Saguro bremste nicht großartig, er ieß sich hinunterfallen und kniete vor der Waldläufferin. Die Haut an ihrer Wange war aufgerissen, ihre Unterlippe blutete, sie atmete flach.
„Reii?“, besorgt blickte Saguro sie an, nur auf eine Antwort erhofft. Hilflos sah er sich um. Wieder ein Fehler. Stechender Schmerz ließ ihn aufstöhnen, er hielt sich den Kopf. Nach einigem Blinkeln verklang das Gefühl, ihm würde der Schädel zerspringen. Kaal bließ Reii Luft ins Gesicht, die Waldläufferin zuckte vom unangenehmen gefühl gereizt. Sie kniff die Augenlider zusammen, biss die Zähne zusammen.
„Hörst du mich?“ müde sah er auf sie herab.
„Leider“ presste sie hervor, wollte dem noch nachsetzen doch das unerträgliche Zerren der Schusswunde im Bauch ließ sie verstummen. Sie wollte sich Krümmen und Schreiben vor Schmerz, riss sich zusammen, krallte die Finger ins Gras, die andere Hand verdeckte das Einschussloch. Krampfende Atmung beunruhigten den Forscher nur zunehmend, die beiden Wunden bluteten immernoch. Ohne sich wehren zu können musste Reii zusehen wie Saguro ihren Dolch aus der Tasche zog und sein Hemd auszog. Sich auf die Lippe beißend schnitt und riss er an dem Stoff herum, seine Finger waren eiskalt. Jedesmal wenn Reii versuchte zu sehen was er tat durchfuhr sie weiterer Schmerz, sie liess es bleiben. Sie musste kämpfen. Wachbleiben, irgendwie. Sie wollte keine Hilfe, sie brauchte keine. Sie war allein. Sie war es schon immer gewesen.
Saguro pfriemelte seine kunstvoll zusammengeschusterte Stoffbahn unter ihrer Taille hindurch. So sehr sich Reii auch bemühte, die Schmerzen waren zu groß, sie zischte, ihre Nase kreuselte sich, ihre leicht spitzen Eckzähne wurden sichtbar. Sie schrie auf als Saguro grob den Verband verknotete und somit auf ihre Wunde presste. Reiis Finger gruben sich in den Boden, ihre andere Hand packte Saguros Unterarm. Sie konnte ihn nur für Sekundenbruchteile böse anstarren bevor sie die Lider wieder zusammenkniff. Erneut zog Saguro an, sie stöhnte auf, ihre Fingernägel bohrten sich in die Haut des Forschers, er blutete. Gelassen, mit monotonem Gesichtsausdruck nahm er es hin. Er war stark. Seltsam, dieses Gefühl, jemanden vor sich zu haben, der die Stärke besaß, einem die Illusion vorzugaukeln, man sei sicher. Reii verdrängte diese Gedanken. Keinerlei Zuneigung, diesem Mensch. Wenn er sie berührte, sie ansah, es zeriss sie bald. Sie schluckte die Tränen herunter, keine einzige würde er je von ihr sehen.
„Kaal.“, Saguro rief die Weiße zu sich, die bei ihrem Gefährten lag. Schwerfällig, nicht wie sonst, federleicht und elegant, erhob sich das Tier, trottete auf ihn zu.
„Du musst mir helfen.“,schwindender Blick machte es Saguro nicht leichter, nicht soch Bewustlos zu werden. Aufmerksam schnaubte die Weiße und legte sich nieder. Der Forscher lächelte, griff unter Reiis Schultern und Knieekehlen. Ein letztes Mal raffte er begierig seine Kräfte zusammen und stand mit ihr auf. Beide wollten schreien vor Schmerz. Saguros Sehnen baten darum zu reißen, seine Beine flehten ihn an, nachzugeben, sein Kopf mahnte ihn´, aufzugeben. Ohne auch nur einen FunkenSchwäche zu zeigen trug er Reii auf seinem Arm, hievte sich auf den Rücken der Weißen. Leeto fauchte und dampfte protestierend, doch noch nie zuvor hatte ihn die Meinung des Feuertigerts so wenig interessiert, wie heute. Mit zittrigen Beinen stand Kaal auf, ungewohnt dieses Gewicht zu tragen, schwach ihrer Verletzungen wegen, setzte sie sich in Bewegung. Leeto wurde immer weniger qualmend zuückgelasen.
„Er wird nachkommen“. Beissend vernahm er Kaals Stimme, die ihr zu seinen Kopfschmerzen hinzu nicht wirklich hätte gebrauchen können.

*

Nabu gähnte, schmatzte, blinkelte verschlafen. Es war dämmrig, die Nacht war dabei herein zu brechen und sie waren noch nicht zurück. Alles was der Katzenartige gehört hatte waren Schüsse und die Rufe der Tiger. Er rollte sich wie ein Fass herum, auf den Rücken, streckte alle Viere von sich. Er liess seine Zunge heraushängen, die Augen geschlossen. Er war träge, jedoch bekümmert, durchlöchert von der Angst, ob etwas passiert sei. Natürlich würde Reii unbeschadet zurückkommen, so wie sie es immer tat. Arrogant von Kaals Rücken gleite und selbstgefällig vor der Feuerstelle Platz nehmen um eine weitere Kerbe in ihren Bogen zu schnitzen. Nabu seufzte. Die meisten Sorgen machte er sich um Saguro. Er hatte das Gefühl, das er stärker war, als er schien, jedoch dazu neigte über seine eigenen Füße zu stolpern. Nabus Ohren zuckten, seine Augen öffneten sich. Er sah Kaal auf den sandigen Platz vor den Behausungen trotten. Als Nabu sich herumwälze und die Welt nicht mehr kopfstand sah er den jungen Mann der abwesend vom Rücken des Tigers stolperte, auf seinem Arm Reii. Wäre Nabu nicht fast in schiere Panik um sie ausgebrochen hätte er wohl vor entuückend gequitscht. Er hüpfte von seinem Stammplatz auf, trappelte auf seinen kurzen Beinen auf Saguro zu. Er schwänzelte unruhig um seine Beine, doch er ignoriete Nabus Bemühen, lief zielstrebig auf Reiis Behausung zu. Der lächerliche Gedanke, das er sie bisher, nach all der langen Zeit noch nie von innen gesehen hatte, ließ seine Gedanken erneut wandern. Er duckte sich um einzutreten. Es waren nur schemenhafte umrisse von Wandregalen, vollgestopft mit Büchern und Sammeleien. Es war ein einzelner Raum, nicht übermäßig groß, aber geräumig. Ein angenehmes Wohlbehagen überkam ihn. Schwindelnd sah er sich um und entdeckte an der hinteren Wand eine Art Bettgestell. Schweren Schrittes schleppte er sich ans andere Ende. Unendlich lang schien ihm der Weg, er hatte das Gefühl berauf zu laufen, so groß die Anstrengung. Doch er legte Reii sanft ab, behutsam ließ er ihren Kopf auf das Kissen gleiten. Er wusste, das sie nicht aufgegeben hatte, imernoch mit sich selbst kämpfe, doch er ignorierte es, ging nicht darauf ein. Er sah an ihr herunter, ihre zahlreichen Wunden, ihr mit blauen Flecken übersähter, sonst so makelos schöner Körper, ließen ihn stocken. Ihr langes Haar war schon zuvor nicht mehr in einem Zopf gehalten, hing kraftlos und matt in strähnen herunter. Traurig sah Saguro zu Boden. Er war sich keiner Schuld bewusst, wollte sie sich aber dennoch geben. Reii zuckte zusammen, griff an die Wunde in ihrem Bauch. Alles was sie gespührt hatte war Saguro kalte Haut, seine Arme die sie dennoch stark und zuverlässig trugen, sein Herz, das so angestrengt hämmerte, al wollte es sich einen Weg aus seiner Brust sprengen. Er war muskulös, nicht unter zu kriegen. Jetzt verstand sie, weshalb er überhaupt solange durchgehalten hatte. Sie wollte schlafen. Schlafen und nicht mehr aufwachen. Sie wusste nicht wann sie sich je so schwach gefühlt hatte. Erinnerungen kamen hoch, sie biss die Zähne zusammen. Sie spührte wie sich ihre Augen mit Tränen füllten, presste die Lider zusammen. Sie war verwirrt, müde, verzweifelt. Sie wollte schreien, fortlaufen, aufgeben. Ihre Gefühle zerissen sie bald. Das hin und hergereisse zwischen dem Leiden ihrer vergangenheit und den jetzigen schmerzen wollten aus ihr herausbrechen, und doch, blieb sie still. Erst jetz bemerkte sie die Flamme die Saguro entzündet hatte. Neben ihrem Kopf stand ein kleines Tischchen, darauf eine eigenartige Lampe. Saguro drehte erneut an dem kleinen bronzenen Rädchen und die Flamme im inneren des Vasenförmigen Gebildes wurde heller. Geblendet drehte Reii den Kopf und Saguro dimmte das Licht ein wenig. Seufzend schaute Reii an die Decke. Hektisch blickte sie in den Raum hinein, als etwas aus dem Regal fiel. Fluchen hob Saguro es wieder auf, ehe er erneut neben Reii Platz nahm. Mit einem bösen Blick wurde er angefunkelt, doch es liess ihn kalt. Stilschweigend löste er den Knoten an Reiis Rock, der Stoff glitt zur Seite. Die Walläufferin merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg, sie schluckte. Saguro zog unbehelligt weiter an dem langen Stofftuch, bis es vollends am Boden lag. Am liebsten hätte Reii ihm eine verpasst. Aber noch lieber hätte sie ihm einen Tritt gegeben als er den Verband um ihren Unterschenkel straff anzog. Sie Finger in das Bettlaken krallen erduldete sie die Prozedur, sie hätte nichteinmal die nötige energie gehabt ihn weiter finster anzustieren. Ihr Atem krapfte, ihr Herz schlug schneller. Ihr machte es gewiss nichts aus, so dünn bekleidet dazuliegen, sie störte sich nur daran hilflos zu sein, Saguro ausgeliefert wie auf einem Präsentierteller. Sie murmelte einen Fluch als sie versuchte zu sehen was er mit ihrem Einschuss unterhalb des Bauchnabels anstellte, da die Schmerzen beinahe unerträglich waren, doch ihre Oberweite war im Weg und versperrte ihr sie Sicht. Sie hätte beinahe genervt die Augen verdreht, doch nun zog das schreien ihrer Muskeln und Nerven ihre ganze Aufmerksamkeit zu sich. Was auch immer der junge Wissenschaftler dort trieb, sie hatte das Bedürfnis zu sterben. Ein Klimpern der Patrone die auf den Boden fiel, löste ihre Krämpfe. Nun sah sie seine blutverschmierten Hände, seine leeren Augen, die soch so voller Besorgnis strahlten. Wieder wickelte er einen Verband über die Einschussstelle. Ruppig zog er die Stoffbahn an, übte Druck aus. Die Waldläufferin presste den Kopf gegen das Kissen, ein leises Schluchzen entfuhr ihr, sie Griff nach der Wunde, atmete stoßweise aus. Saguro stand auf. Er nahm die Wolldecke, die an Reiis Fußende lag, schwang sie mit einer ruckenden Armbewegung auf und ließ sie auf die junge Frau heruntergleiten, zog sie hinauf bis knapp unter ihrer Brust. Ohne sie anzusehen wande er sich um und schnappte sich die zweite Decke die in einem Regal an der Wand lag.
„Ich hoffe es ist okay für dich, wenn ich mir die mitnehme.“ er ging hinaus. Im vorbeigehen erkannte er nicht viel von der Einrichtung des kleinen Raumes, lediglich ein ganzes arsenal an schusswaffen,, die sie wohl eingesammelt hatte, nachdem sie weitere Menschen umgebracht hatte. Doch Saguro war zu müde um nachzudenken, und das sollte schon viel bedeuten. Als er hinaustrat wurde er von einem wütenden Brüllen wachgerüttelt. Leeto stand, Flammen züngelnd an der Feuerstelle. Ein Auge zugekniffen, eine Pfote hebend, fauchte er. Gleichgültig ging er an der schwarzen Katze vorbei und fiel hin, kroch zu einem der Baumstämme und lehnte sich an. Er zog die Decke halblebig über seine Beine bevor sein Kopf in den Nacken sank. Alle swas er noch sah war Nabu der in der Türöffnunf verschwand und Kaal die sich niederließ. Leeto hinckte zu Reiis Behausung und legte sich vor den Eingang, er würde nicht weichen, doch Saguro war es egal. So egal, wie ihm kaum etwas gewesen war. Er schlief ein.

*

Ein leidendes Stöhnen entfuhr Saguro. Schmerzen begrüßten ihn mit einem unfreundlichen Gruß. Er wuste nichteinmal ob er überhaupt geschlafen hatte, kein Traum, keine Erholung. Nichts was darauf hinwies. Er versuchte sich zu strecken, den krummen Rücken seines Leidens zu befreien, doch egal wie er sich rekte, nur ungesundes knacken in der wirbelsäule war zu vernehmen, aber nicht dieses angenehm erlösende gefühl von entspannung. Er traute sich nicht die Augen aufzumachen. Warscheinlich war er nur kurz eingenickt, vielleicht waren auch schon Tage vergangen. Bei jedem Atemzug fuhr ihm ein unangenehmens Stechen durch die Glieder. Er öffnete die Augen. Am Himmel war Abendröte zu erkennen. Er drehte den Kopf zu Reiis Behausung, doch Leeto lag nachwievor im Eingang. Erst als er sich gerade aufsetzen wollte, bemerkte er Kaal, die neben ihm lag, den Kopf gegen sein Bein gelehnt. Er lächelte, bemühte sich um wenig Bewegung um sie nicht zu wecken, bis er ihr schließlich mit der Hand über den Kopf fuhr. Ihr Fell war immernoch matt, glanzlos. Sie hob den Kopf und legte ihn auf den Schoß den Forschers. Trüb, aber glücklich blickten ihn ihre blauen Augen an, so voller Wärme. Sie wand den Blick am, in Richtung der Feuerstelle, Kaum merkbar atmete sie einen Luftstrom aus, die schwarzen Kohlebrocken begannen zu glimmen. Nach wiederholter Luftzufuhr brannten und glimmten die verbliebenen Holzstückchen. Träge sah Saguro sich um, entdeckte einige Äste und warf sie abwesend hinzu. Die Flammen packten sie, als wollten sie das Holz als ganzes verschlingen. Hungrig, geradezu gierig fielen die Flammen darüber her, prasselten und wärmten. Es war kalt. Saguro zog die Decke, die ur noch über seinen Füßen lag bis zur Hüfte hinauf. Es dauerte nicht lang, bis ihm wohlig wurde. Sein Blick verlor sich im endlosen züngeln der Flammen. Aufwirbelder Sand und rollende Kieselsteine ließen ihn aufmerken. Die Tiger, wie auch der junge Mann hoben den Kopf, als Reii aus ihrer Behausung trat. Sie trug ein schlichtes, weißes Gewand, um die Taille einige Leinentücher um es zusammen u halten. Ihre offenen Haare hingen über ihre linke Schulter, ihre Arme verschränkt, ihr Blick leer. Stumm setzte sie sich auf den Baumstamm neben Saguro. Kaal stand auf, schlich wankend zu ihr, doch Reii beachtete die Weiße nicht. Leeto legte den Kopf wieder auf die Pfoten, Nabu zwischen ihnen liegend. Saguro begann mit einem langen Ast im Feuer herum zu stochern. Er schob Glotbrocken umher, bohrte in ihnen herum, ohne einen Gedanken, ohne jede Bewusstwerdung, warum er das tat.
„Wie geht es dir?“ fragte er abwesend.
Reii blickte weiter ins Feuer, dessen zischende Gier sich über den letzten großen Ast hermachte.
„Sind deine Wunden bereits verheilt?“
Reii drehte den Kopf weg, schlang die Arme enger um sich.
„Ich sehe schon.“
Kleinlig nahm Reii ihr Haar zwischen die Hände, fuhr mit den Fingern hindurch, immerwieder, ohn Ende. Saguro sah sie an, sie blickte zu ihm. Hastig schaute sie wieder in die Flammen, der Forscher wand seinen Blick nicht ab. Ihre Augen waren traurig. Sie bemerkte wie er sie musterte, ließ den Kopf ein wenig nach vorn fallen und ihr Haar verbarg ihm die Sicht. Seufzend verschränkte Saguro die Arme.
„Du kannst einem wirklich auf die Nerven gehen.“
Reii sah weiter nach vorn.
„Es wird nicht lange dauern bis die nächsten ankommen. Sarith war nichts als eine Verrückte, die sich opfern sollte um ein Zeichen zu geben, das die Berechnungen zu Kashiks Lage stimmen.“ Das Feuer knackste, der große Ast brach in der Mitte, Funken sprühten auf.
„Du weisst besser als ich, das das Ende voraus steht. Marow wird wiederkommen. Er wird Verstärkung mitbringen und dich umbringen und selbst wenn er dich am Leben lässt, ist dieser Ort verloren.“
Reii zischte, doch Saguro hielt nicht inne.
„Zwei Tiger, ein Antaru und eine Waldläuferin gegen eine Armee? Du willst nicht wahr haben das es vorbei ist, oder? Du kannst den Gedanken nicht ertragen, das dieser ewige Kampf eines Tages dein Leben kosten wird. Du kannst dagegen wettern, wenn du so willst, doch insgeheim ist auch dir klar, das es keinen Sinn hat.“
„Halt den Mund!“ Reii brüllte ihn aus verzweifelten Augen an.
Ungerührt saß der junge Mann da, die Augen geschlossen.
„Selbst wenn du mir hier und jetzt die Kehle durchschneidest, hätte es keinen Nutzen, nur ein unschuldiger Toter mehr, ein weiterer der für deine Rache geradestehen musste, die nie gestillt sein wird. Dein Durst, dein Verlangen danach wird nie enden.“
Im nächsten Moment wurde er am Kragen gepackt und gegen den Baumstamm gedrückt. Das Reiis Verzweilflung, die aus ihren Augen trat, ihn nicht anfiel wie ein Rudel Wölfe, wunderte ihn geradezu.
„Aber du wirst mich nicht töten, habe ich Recht?“
Die Fingernägel Reiis linker Hand, mit der sie sich am Holz, neben Saguros Kopf abstütze, bohrten sich knirschend ind die Rinde.
„Gib doch zu, das du froh bist, jemanden um sich zu haben. Jemanden der dich versteht.“
„Du wirst mich nie verstehen.“ presste die Waldläufferin hervor, sie packte ihn stärker am Kragen.
„Niemand wird mich je verstehen, Mensch. Doch weisst du warum ich dich hasse? Weil du Recht hast. Bist du zufrieden? Bist du glücklich, wenn ich dir sage das ich mich in meiner eigenen Welt verkrieche in der Hoffnung endlich sterben zu können? Ja, Saguro, ich will sterben, ich will wieder bei ihnen sein. Meinem Volk, meiner Familie, meinen Freunden. Du wirst nie den Schmerz verstehen der jeden Tag herausbrechen möchte, diese Qualen die mich bis in meine Träume verfolgen.“
„Nein, ich kann dich nicht verstehen. Dazu hätte ich kein Recht. Aber ich kann es versuchen“
„Fahr zur Hölle.“
Rei stand auf und ging auf ihre Behausung zu.
„Zwei Tiger, ein Antaru eine Waldläuferin und ein Mensch.“, überlegte Saguro laut, „Keine wirklich nennenswerte Verteidigung, wenn du mich fragst. Zudem sollte ich mir überlegen ob das Stückchen Wald es wirklich wert ist, dafür draufzugehen. Jedoch wenn ich es mir so überlege, klingt es nach einer Mennge Spaß einigen Leuten in den Hintern zu treten und sogesehen, habe ich wohl keine andere Wahl“


Kapitel XV

Kashiks kleines Wunder

Tage vergingen, Nächte flogen vorrüber. Es war ruhig auf der Insel geworden. Kein Mensch an der Seite der schwarzen Raubkatze streiften durch die Wälder, keine Waldläufferin kletterte an felshängen empor. Die Weiße Tigerin war fort, einige Zeit schon. Auch Leeto verschwand täglich für viele Stunden, kehrte aber abends zurück. Reii hatte sich kaum mehr blicken lassen und so verbrachte Saguro seine Abende meist allein oder mit Nabu vor der Feuerstelle, leckte seine Wunden oder verewigte die vielen Gedanken in seinem Notizbuch. Die Schmerzen wurden weniger, das wehleiden verging.
Seufzend sank Saguro in sich zusammen, legte die überreste seines Stiftes beiseite, überflog nocheinmal die krakelig krummen Zeilen, bevor er das Büchlein zusammenklappte. Er ließ es samt Schreibwerkzeug neben sich fallen. Durch das Geräusch geweckt, gähnte Nabu und streckte die kurzen Beine. Er lag neben dem jungen Mann, auf dem sandigen Boden, rollte sich auf den Rücken sodass das Feuer seinen Bauch wärmte. Lächelnd kraulte der Forscher seinen Bauch. Es war bereits wieder dunkel und frustriert stellte Saguro fest das er schon wieder einen Tag nur im sitzen verbracht hatte. Er spührte Wärme an seinem Rücken, leises Knirschen von Sandkörnern die gegeneinander rieben und sich verschoben. Leeto kehrte zurück, lief gelassen mit wippendem Schwanz auf die Feuerstelle zu. Ruhig, wie er alle vergangenen Abende war ließ er sich nieder, legte den Kopf ab und tat das übliche: Saguros Fragen, wo er gewesen sei und wo Kaal war, zu ignorieren. Saguro hatte schon die Vermutung ein hämisches Lächeln Leetos zu entdecken, aber anscheinend schaffte der Schwarze es, dies zu überspielen und hielt sich in Schweigen. Die Nacht wurde nicht lang, Saguro schließ bald ein.
Am nächsten Morgen jedoch war er hellwach als sich der mächtige Tiger erhob und ohne weiteres zwischen den Sträuchern verschwand. Geschwind stand Saguro auf, allerdings nicht vorbereitet auf das taube Gefühl seiner seit Tagen unbenutzen Beine. Mit dem Anschein, seine Kniegelenke wären eingerostet torkelte er einige Schritte, bevor er sich an die Fersen des Tigers heftete. Er musste rennen, sich beeilen um der Katze Schritt zu halten. An einer Felswand angekommen sprang das Tier mit einem gewaltigen Satz ab, schlug die Krallen in den rauen Fels. Mit wenig Anstrengung zog sich Leeto einige Meter hinauf und verschwand, womöglich ein kleiner Absprung. Verärgert ließ sich der Forscher auf den Boden fallen, schmollend sah er hinauf.
Er entdeckte die grünen, listigen Augen, die zu ihm hinunterriefen.
„Glaubst du ich würde ein Trampeltier wie dich nicht bemerken?“ amüsiert kehrte ihm der Kater den Rücken und war verschwunden. Saguro bließ sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Blöder Mist“
Er richtete sich auf, lief ungeduldig an der Felswand auf und ab, als erwarte er das im im nächsten Moment eine Treppe auftat und er emporsteigen konnte. Doch insgeheim wusste er, wenn er wissen wollte, wieso die Tiger verschwanden, musste er dort hinauf. Eigetnlich hatte es ihn nicht zu interessieren, da er jedoch ohnehin nichts zu tun und Kaal seit langem nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte, entschied er sich, es zu riskieren sich das Genik zu brechen.
Er atmete tief durch als er hinauf sah. Worauf hatte er sich da nur eingelassen. Er sprang, bekam einen Fels zu fassen, dieser bröckelte und der Wissenschaftler purzelte ebenso schnell auf den Boden wie er rauf gekommen war. Der abgefallene Stein fiel ihm auf den Kopf. Nachdem er alle Flüche gesprochen hatte, die sein Gedächtnis hergaben ging er es ruhger an, musste aber bald feststellen das die Felswand von unten niedgrieger ausgesehen haben musste. Schweißperlen rollten ihm die Stirn hinab, die offene Stelle auf seiner Stirn brannte. Warum musste der Felsklumpen auch auf ihn fallen. Er hätte genausogut hängen bleiben können oder gar an einer anderen Stelle aufkommen können. Mit letzter Kraft zog sich Saguro hinauf, griff ach oben ins Leere. Ein Absatz, er war angekommen. Schnaufend aber erleichtert lag er der Länge nach am Boden. Eine kleine Öffnung im Fels. Eine Höhle.
„Scheiße“ die Augenbrauen tief ins Gesicht gezogen stand er da, der Überlegung nahe, nicht doch wieder seinen gemütllich warmen Platz vorm Feuer einzunehmen. Er hasste Höhlen. Dunkel, kalt, feucht und man sah nicht wohin man trat. Er verabscheute sie einfach, ohne zu Wissen warum, aber er konnte Höhlen nicht ab.
Kein weiteres Nachdenken war erlaubt, also stapfte er mit bleischweren Füßen ins dunkel. Risse und Spalten in der Decke ließen fahlen Tageslicht einfallen, es war warm, von der Decke tropften kleine Rinnsahle, in den Ritzen wuchsen kleine Orchideen und Vergissmeilnicht. Eine gemütliche Höhle, das musste er zugeben. Als er seinen Blick abwand um zu sehen wohin er überhaupt lief, stieg fauchend eine Feuerwand empor. Er sprang rückwarts, sein herz raste. Hinter den Flammen, die zischend hinaufstachen wie tausend Schlangen erkannte er Leetos gesträubtes Fell und die wütenden Augen. Nein, der Schwarze war nicht mehr entspannt wie sonst immer. Doch im nächsten Moment vernahm er ein vertrautes Gurren. Leeto schnaubte erregt, fletschte die Zähne und wich keinen Millimeter. Aber Kaals Maunzen brachte ihn zur Ruhe.
„Lass den Unsinn Leeto“ schnaufte die wohlig intensive Stimme. Wie sehr hatte Saguro die Geborgenheit die bei dieser Katze lag vermisst. Knurrend sah Leeto zu wie der unge Mann an ihm vorbei ging, folgte ihm auf jeden Schritt, beäugte ihn mit angelegten Ohren und geducktem Kopf. Ein kleiner Raum, sonnendurchbrochen, warm und das Wasserrauschen zu hören, tat sich auf. Die Decke war nicht mehr allzuhoch, es hallte nichtmehr. Der junge Mann sah Kaal daliegen, den Kopf auf die Pfoten gelegt, ihre Augen strahlend und einladend wie der schimmernde Ozean. Aber sie war nicht allein. An ihrer Seite lag ein kleines Fellbündel. Orange-rot glänzte das seidige Fell des Tigerjungen. Der junge Mann blieb mit offenem Mund stehen. Wenn er eins erwartet hatte, dann das nicht. Die Weiße prustete zufrieden die Luft aus, Blätter und Heuhalme wirbelten auf. Aus Saguros Verblüffung wurde ein breites Grinsen, doch mehr wurde ihm nicht gewährt. Aufgebracht stieß Leeto hinzu, Flammen loderten aus seinem Fell, seine Augen stierten den Forscher in einer Mordlust an, wie er sie noch nie erlebt hatte.
„Leeto.“ Kaal hob aufgebracht den Kopf, der Schwarze sah sie an, blickte zurück zu Saguro und wieder zu ihr. Die Flammen erloschen, sein Kopf sank, der Schwanz peitschte genervt.
„Ansehen erlaubt, wenn du sie anfasst beiße ich dir die Hand ab.“ sauer fauchte der Kater ihn an, zeigte die Zähne. Kaal verdrehte die Augen und schüttelte die lange Mähne. Leeto schlich hastig hinter seine Partnerin, legte sich neben sie, seinen Kopf ließ er auf ihre Flanke sinken, beobachtete jede Bewegung des Menschen. Dieser ging zu Kaal, kniete sich hinunter und streichelte ihr den Kopf. Sie sah erschöpft aus, doch ließ es sich nicht nehmen Saguro die Hand zu lecken. Sie schnurrte und schmeigte sich gegen seine Handfläche, schloss genüsslich die Augen.
„Du warst lange fort“ sanft klang Saguros Stimme, Kaal sah ihn an.
„Tut mir leid“ aus leuchtenden Augen blickte sie ihn an, dann wanderten ihre Blicke zun dem silbergrauen Bündel an ihrer Seite, zusammengerollt wie eine Kugel. Vier kleine Beinchen streckten sich, eine winzige Schnauze ließ ein Gähnen hören. Der plüschige Fellball rollte herum und streckte sich in die Länge. Ein paar funkelnd violette Augen blinzelten Saguro an. Ohne ihren Blick von ihm zu nehmen drehte sich der Welpe um und schnupperte. Kaal schnaubte, rieb ihren Kopf zufrieden an Saguros Knie worauf der umfiel. Amüsiert schnaubte die Weiße, Saguro musste lachen. Interessiert wurde er beäugt. Beine, die ihre Funktion noch nicht kannten und ein Gleichgewicht das grad Mittagsschlaf hielt, tapsten auf ihn zu. Mit gesenktem Kopf und großen Augen, neugierig und aufmerksam, kaum mehr verschlafen setzte der kleineTiger einen Fuß vor den anderen. Auch als Katzenkind hatte sie eine stattliche Größe, doch die zu großen beine und die nicht vollständige Kontrolle über die Beine verrieten mehr. Der junge Mann saß nach wie vor auf seinem Hosenboden, an die Wand hinter sich gelehnt. Er setze sich auf, faltete seine Beine zu einem Schneidersitz und schaute auf das kleine Wunder, wie er es nur nennen konnte.
Die kleine Graue legte sich vor ihm hin, rollte sich auf den Rücken und zeigte ihren Bauch. Kaal und der junge Mann amüsierten sich, Leeto murrte vor sich hin. Als Saguro der kleinen Raubkatze seine Hand vor die Nase hielt, wälzte sie sich herum und sträubte das Fell. Geduckt und mit langem Hals schnupperte sie an seinen Fingern. Leeto stieß ein Fauchen aus, blitze ihn aus wütenden Augen an. Von der Drohung ihres Vater erschreckt zuckte das Tigerjunge zusammen, Leeto verstummte. Vorsichtig streckte Saguro seine Hand auf, über den Kopf des kleinen Tigers, der rückwärts schlich , den Kopf knapp über dem Boden. Ängstlich sah sie auf die Hand die übr sie wanderte. Behutsam kraulte der Forscher sie am Kopf und hinter einem Ohr, kaum mit den Fingerkuppen berührte er sie. Ihr Fell war weich wie der Flaum eines Kückens, seidig wie das ihrer Mutter.
„Wie ist ihr Name?“ faszieniert tätschelte der junge Mann den Welpen.
„Yuseri“ schnaubte Leeto, von Stolz erfüllt. Als er bemerkte das er nicht aufgebracht klang, setze er dem ein Fauchen nach. Er stand auf, packte Yuseri im Nackenfell und zog sie einen Meter zurück zu sich. Er setze sich hin, sie begann mit seiner Pfote zu spielen, knabberte an seinem Bein. Ungerührt zog er seine Pranke weg, tat unangetan, sah weg. Als er merkte wie er belächelt wurde rollte er mit den Augen und legte sich hin. Der Welpe tapste zwischen seinen Pfoten umher, kullerte auf dem Boden und schlug unkoordiniert nach den Schnurrhaaren ihres Vaters. Spielerisch schnappte Leeto nach ihr, leckte sie ab.
„Sieh ihn dir an, friedlich wie seine Tochter selbst“ meinte Kaal bevor sie ihren Kopf auf Saguros Schoß legte. Der Forscher lächelte. Der sonst so aufbrausende Leeto, der voll Temperament sprühte und es kaum z zügeln wusste, musste seine Schwache Seite zeigen, was ihm offensichtlich schwer zu fallen schien. Doch so genervt der Schwarze immer zu sein schien, so liebevoll war er. Behutsam, wie abwesend vom Rest der Welt kümmerte er sich um Yuseri. Saguro hätte noch stundenlang hier sitzen können, zusehen wie der kleine Tiger schlief und ihr Vater mit ihr spielte, doch nach einiger Zeit stand Leeto auf, schmiegte ein letztes Mal seinen Kopf gegen Kaals und ging in Richtung Ausgang. Er jetzt fiel es Saguro auf, wie dunkel es geworden war, doch eingie Glühwürmchen erhellten die Finternis. Schnaubend forderte Leeto ihn zum gehen und gemächlich rappelte er sich auf. Noch einmal drehte er sich zu den beiden Tigern um. Sie waren eingeschlafen.
An Leetos Seite, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben ging Saguro den schmalen Höhlengang entlang.
„Wieso kommt Kaal nicht mit zurück?“ fragend schaute er sich um.
„Kaal ist noch zu schwach. Ich gehe am Abend damit sie sich ausruhen kann. Yuseri kostet sie viel Kraft.“
Saguro zog eine Augenbraue hoch, Leeto linste ihn aus dem Augenwinkel an, setzte zur Erklärung an.
„Eigentlich ist das unmöglich“ der Tiger atmete hörbar aus,“ Wird ein Waldläufer geboren, so wird auch ein Tiger geboren.“
Saguro sah ihn an.
„Soll da heißen es wurde ein Waldläufferin geboren? Irgendwo auf der Welt?“ Aufgeregt blieb er stehen.
Leeto schüttelte den Kopf.
„Kaal und ich können es uns auch nicht erklären, wieso, aber als Yuseri geboren wurde kamen alle Lichter der Seelen zu ihr, es schien wie ein Wunder...“ Leeto klang beinahe verträumt, fasste sich aber sofort wieder.
„Tatsache ist, das Yuseri um zu wachsen und ihre Fähigkeiten zu entwickeln Kaals Kraft braucht und aus ihr Energie bezieht. Je älter unsere Tochter wird, desto mehr lässt dies nach.“
Der junge Mann nickte.
„Du bist unheimlich verklemmt“ meinte Saguro lachhaft.
Leeto stieß Luft aus, seine Augen weiteten sich.
„Ich bin was?“ er bliebt stehen.
„Nach aussen abweisend wie die Hitze des Feuers das du beherrschst doch für die die du liebst bist du nicht mehr als ein harmloser Funke“
Zu entsetzt um etwas zu entgegnen trabte Leeto Saguro hinterher. Sie standen an der Kante des Felsvorsprunges.
„Du liebst sie unbeschreiblich nicht wahr? Deine Gefährtin sowie deine Tochter, oder irre ich mich?“
Leeto sah weg, Saguro lächelte.
„Nun hör auf zu schmollen,“ mit einem Satz schwang sich der junge Mann auf den entgeisterten Tiger, „Bring mich lieber heil hier runter.“




Soooo jetz is mein Kopf leer :D
 
Hallo Kashik,

dein Kopf ist leer und mir glühen die Augen.
Habe schonmal eine eimer Eiswasser besorgt, damit du Deine überarbeiteten
Finger abkühlen kannst. Bei so einer reifen Leistung schreibst du sicher mit 10 Finger. Bleib deinem Hoby treu und mach Ihn zu deinem Beruf. Das Zeug dazu hast du auf jeden Fall. ( und wenn daraus nichts wird, schreib Liebesromane und werd der Traum aller Frauen :maler: )
Gruß Lars
 
Ich schreibe so mehr oder weniger mit 5 oder 6 fingern xD wies gerade passt. Hab schon wieder weitergeschrieben, is mir aber noch zu wenig zum posten^^

ich bin selber gespannt wies weitergeht *lach*

und danke für die nette "kritik" ;D
 
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