Trinktradition und Sitten im Osten sind unter einander sehr ähnlich. Nur im Gegensatz zu Russland, wo man auf die Liebe trinkt, der dritte Trinkspruch in der Ukraine und Weißrussland gilt den Frauen. Der wird immer von einem Mann vorgetragen. Alle Männer stehen dabei auf und trinken auf Ex, Frauen bleiben sitzen. Aus den Zeiten, als Menschen noch mit einem Stock auf die Wanderung gingen oder auf einem Pferd unterwegs waren, stammen Trinksprüche „Na possoschok!“ (possoschok = Wanderstock) oder „Na konja“ (konj = Pferd) „Auf’s Pferd!“. Damit verkündet man die letzte Trinkrunde bevor man geht. Allerdings bei russischer Gastfreundschaft hilft das nicht immer. ;o)
In Georgien sind Trinksitten noch viel umfangreicher und strenger. Man sagt, dass die erste Weinrebe zusammen mit den ersten Menschen in Georgien erschien. Es gibt auch archäologische Ausgrabungen, die diese These bestätigen. Zum Beispiel es wurden unter anderem Kerne eines kultivierten Weins gefunden, die aus dem Jahr 8000 vor Christi stammen. Der ersten Wein in Georgien wurde vermutlich im 3 - 2. Jahrtausend v. Ch. hergestellt. Das beweisen archäologische Ausgrabungen von Weingefäßen und Weinpressen aus Stein, die aus dieser Zeit stammten.
Wein spielt eine besondere Rolle für Georgier, man verehrt diese Pflanze und die kostbaren Tropfen aus Weintrauben. Laut Legende als heilige Nino nach Georgien kam, hielt sie in ihren Händen ein Kreuz aus Weinreben, die mit ihren Haaren verbunden waren.
Fast jede Familie hat ihren eigenen Hauswein. Und natürlich bei jeder Feier gibt es Wein, als Hauptdarsteller. In der Sowjetzeit kam zwar auch Wodka dazu, aber dieses Getränk spielte eine untergeordnete Rolle. Georgien trinken dann lieber Tschatscha, Synonym dazu ist italienischer Grappa.
Im Laufe von Jahrhunderten hat das georgische Volk einmalige Regeln und Rituale der Gastfreundschaft entwickelt, die die Beziehung zwischen dem Gastgeber und dem Gast regelt, so genannte „stumarmaspindzloba“ (in georg. Sprache „stumari“ - Gast, „maspindzeli“ - Gastgeber). Gast für einen Georgier ist „Abgesandter des Gottes“. Deswegen tischt man für ihn nur das Beste, auch die besten Weine.
In Tiflis auf einem Berg über die Stadt steht ein Denkmal „Mutter Georgien“. In einer Hand hält sie ein Schwert, der gegen Feinde gerichtet wird, und in der anderen - ein Gefäß mit Wein als Symbol der Gastfreundschaft.
Unten gegenüber der Mutter Georgien am Ufer des Flusses Kura steht ein Denkmal dem georgischen Zaren und Gründer der Stadt, Wachtang Gorgassali. Er sitzt auf dem Pferd und hält ein Arm hoch. Georgien lächeln manchmal und sagen: „Mutter Georgien bittet Gorgassali ein Glas Wein. Darauf hebt Gorgassali sein rechtes Arm hoch und sagt: ‚ Darf nicht, bin am Steuer!’“ Hinter dem Denkmal befindet sich Stadtteil Awlabar, wo die meisten Einwohner Armenier sind. Darüber gibt es auch ein Scherz. Gorgassali hebt sein Arm hoch und sagt: „Stopp Georgier, weiter beginnt Armenien!“.
Entschuldigung, ich habe mich von dem Hauptthema „Trinksitten“ ablenken lassen.
Laut georgischen Volksliedern und Poesie zählt Gastfreundschaft sogar höher als Mut. Allerdings gab es auch Benimmregel auch für einen Gast. Ein Gast kommt nie ohne ein Geschenk, in den alten Zeiten musste Gast seine Waffen an der Tür abnehmen und dem Ältesten der Familie übergeben. Das war ein Zeichen des Vertrauens und Achtung den Gastgebern gegenüber. In der georgischen Volklore misst man auch Ehre des Gastes über die Dauer seines Besuches. Man sagte „besser dann nach Hause zu gehen, so lange der Gastgeber dich bittet zu bleiben“. Über Gäste, die ein zu langes Sitzfleisch entwickelten und die Gastfreundschaft der Gastgeber über Gebühr strapaziert haben, sagt man im Volksmund folgendes:
„Gast, morgens bist du Gold,
abends wirst du Silber,
wenn du aber länger bleibst,
wertloses Kupfer ist dein Preis“
Bei jeder Tafelrunde gibt es einen Tamada, so nennt man eine ausgesuchte Person, die für Ordnung, Anhalten von Tischregeln und für Trinksprüche zuständig ist. Von seiner Weißheit und seiner rhetorischen Begabung hängt eine gelungene Feier ab. Wenn ein Gast am Tisch sich mit „alaverdy“ meldet, gibt ihm der Tamada Erlaubnis, seinen Trinkspruch fortzusetzen bzw. einen neuen zu sagen. Immer wird auf den Frieden getrunken, auf die Gäste und ihr Wohl, auf die Eltern, die Toten, die Kinder, die Freundschaft und die Liebe, die "den Tisch verschönernden" Frauen, die Mütter, wichtige Ereignisse im Leben Anwesender, auf alle Freunde, die nicht dabei sein können. Zwischen den Trinksprüchen darf man kein alkoholisches Getränk zu sich nehmen. Es werden aber nicht nur ernsthafte, sondern auch witzige und humorvolle Trinksprüche hoch geschätzt.
Ein paar Beispiele:
Schota Rustaweli (ein georgischer Dichter) hat gesagt: „Das, was du versteckt hast, geht verloren. Was du weg gibst - ist auch deins!“ Lasst uns einander das Beste geben - Wärme unserer Seelen! Auf euch alle, liebe Freunde!
Nacht. Klarer Himmel. Sterne. Leichte Briese. Er und sie. Er sagt „Ja“. Sie antwortet „Nein“.
Jahre vergingen… Nacht. Klarer Himmel. Sterne. Leichte Briese. Und wieder er und sie. Sie sagt „Ja“… Aber es war zu spät.
Lasst uns darauf trinken, dass alles im Leben rechtzeitig geschehen möchte!
Sitzen im Paradies Seelen der Verstorbenen an einem Tisch. Sie unterhalten sich, essen und trinken. Plötzlich fällt ein Krug eines Verstorbenen runter, aber es ist kein Wein da drin, er ist leer. "Auf der Erde haben mich alle vergessen“- sagt er traurig.
Lasst uns darauf trinken, dass die Krüge unserer Verstorbenen nie leer bleiben!
Ein ganz gefährlicher Trinkspruch (nicht für schwache Nerven):
Freunde, lasst uns darauf trinken, dass wir alle ermordet werden!
Und nicht einfach ermordet, sondern erstochen!
Und möge das erst in 100 Jahren geschehen!
Und man möge uns aus Eifersucht erstechen!
Und möge diese Eifersucht begründet sein!!!
Ein paar andere Trinksprüche habe ich noch parat. Falls Interesse besteht, kann ich einige Trinksprüche dazu beisteuern.
Georgischer Maler Niko Pirossmani