Ich feiere Samhain schon seit vielen Jahren in meiner alpinen Heimat und versuche dabei die Ursprünge wieder zu leben - unsere Wurzeln.
Um das zu veranschaulichen, möchte ich euch einen Bericht von einer Samhain-Feier aus dem Jahre 2005 vorstellen- und freue mich gleichzeitig auf das bevorstehenden nächste Höhlenfest mit unseren Ahnen:
“Der GOLDENE OKTOBER 2005 - ein Herbstmonat in den Alpen, wie er schöner nicht sein konnte. “ - 31.10.05
Und am Ende jenes Herbstmonats endet das keltische Jahr und beginnt die dunkle Jahreszeit. Im keltischen Jahreskreis ist es das wichtigste Fest - entsprechend unserem Silvester. Das Verständnis unserer Ahnen von den Zyklen der Natur war noch ein anderes - ein tieferes, verbunden mit Mutter Erde, aus dem wir in unserer technikhörigen Zeit lernen können, mit dem Herzen zu sehen.
Samhain in der Höhle...
Es bedeutet für mich, Licht und Dunkelheit bewußt wahrzunehmen und anzunehmen, dass beides miteinander verbunden ist. Nie ist es stärker zu spüren, als in jenen kommenden Monaten, in den wir in uns jeden Sonntag Abend in jener Ursprungshöhle treffen, um für Mutter Erde zu trommeln.
Könnte es einen bezeichnernden Namen für diese Höhle als "Ursprungshöhle" geben? Dort sind wir immer wieder den Ursprüngen des Lebens nahe, dem Wasser, als tragende Lebenskraft, geborgen im Bauch von Mutter Erde und der Dunkelheit, als stille Verbündete.
20 Festgäste trafen sich, um einen Weg ins Licht und in die Dunkelheit zu gehen und gemeinsam den Jahreswechsel zu feiern. Beim Abstieg ins "Tal der 1000 Kräuter" kommen wir an den "7 Brünnen" vorbei, jenen immersprudelnden Karstquellen und begegnen der Magie von Wasser und der Zahl 7, von der es heißt, dass die Beobachtung der Zahl sieben in verschiedenen Naturerscheinungen, wie zum Beispiel die sieben Töne der Tonleiter oder die sieben Farben des Regenbogens, zu ihrem Ansehen beitrug. Die Zahl 7 nimmt in der Geschichte, in den Religionen, sowie in den Naturwissenschaften Biologie und Mathematik eine bedeutende Stellung einnimmt. Es scheint fast, als ob die Zahl 7 die Grenzen zwischen Geistes- und Naturwissenschaften, zwischen Vergangenheit und Zukunft zu überwinden vermag.
Sieben wurde zur Zahl der Fülle, der Vollkommenheit.
In der Dämmerung nehmen wir die 7 Brünnen nur noch schemenhaft wahr - eher reagieren unsere Sinne auf das Rauschen der Quellen, zu deren Ursprüngen uns unserer Weg führen soll. Noch vor dem Betreten des Almgeländes können wir durch den Wald Lichter wahrnehmen - Lichter, die uns die Lage des Spaltfelsen markieren:
ein Guter Geist war bereits vorausgegangen, um jenen Lichtzauber entstehen zu lassen und seine Wirkung ist atemberaubend und eindrucksvoll.
Kurz nach Betreten der Almwiese werden die ersten Sterne sichtbar und als wir an dem Fackel- und Kerzenerleuchteten Spaltfelsen stehen, hat sich über uns der Sternenhimmel ausgebreitet. Es ist still geworden. Die letzten Worte haben sich bereits auf dem Weg in der hereinbrechenden Dunkelheit verloren.
Ich erkläre die Bedeutung der alpinen Durchkriechbräuche und lade ein, es heute als Segens-,Reinigungs-, Heilungs- oder Initiationskult zu zelebrieren, so wie es eben gerade der individuellen Verfassung entspricht:
In der Nähe - vor der dunklen Shilouette des "Zauberwalds"- flackern die nächsten Kerzen - direkt am Portal der Steinmandl. Wir betreten die Anderswelt durch das Steinportal und stehen schließlich vor dem erleuchteten Medizinrad. Hier soll das Samhain-Fest enden.
Die Kerzenlichter führen uns weiter durch den Wald und schließlich stehen wir vor dem Aufstieg zur Höhle. Wir setzen 3 Schwimmkerzen in den See zu Füßen des Höhlenportals, um sie für ein gutes Gelingen zu opfern.
Der Gute Geist hat bereits als Aufstiegshilfe ein Seil gespannt und so haben wir die letzte Hürde bald geschafft. Im Höhleneingang bitten wir still um Einlass, bevor wir im Bauch von Mutter Erde aufgenommen werden.
Auch der Altarraum ist schon von ein paar Kerzen erhellt, doch nachdem jeder seinen Platz gefunden hat, schenken wir ihm das Licht von vielen weiteren kleinen und großen Kerzen. Naturaltäre entstehen in Nischen und auf Felsen - der Grüne Tempel wird geschmückt. Bald erfüllt Salbei- und Weihrauch den Altarraum und ich lade rituell die Spirits ein. Trommeln und Rasseln erklingen zum ersten Mal und Franz entzündet das heilige Feuer mit einem Agni Hotra-Ritual, das von Mantren begleitet wird. Erneut erhebt sich der Klang der Trommeln, doch diesmal gesellen sich alle anderen Instrumente (Shrutibox, Zimbeln, Steine) dazu und schließlich das archaische Tönen menschlicher Stimmen. Alles schwingt. Alles ist eins. Mitakuye Oyasin.
Dann wird das Fest-Buffet eröffnet...
jeder teilt, was die Tiefen der Rucksäcke hergeben - vom "Schwiegermutterkas" bis zum selbstgemachten Apfelkuchen, vom "Portal der Sinne"-Tee bis zum Sekt...
Wir feiern mit den Ahnen.
Zum Abschluss danken wir mit Gesang und Trommeln dem "Great Spirit".
Draussen beim Medizinrad treffen wir uns. Es ist wieder still geworden. Über uns hat sich eine funkelnde Sternenwelt ausgebreitet.
Als letztes Naturritual bilden wir den Abschlusskreis. Wir stehen am Medizinrad. Eindrücke überfluten uns:
die Bilder eines Samhain-Fest in der Anderswelt einer heiligen Höhle,
die Kraft des Tals der 1000 Kräuter um uns herum
die Wirkung ritueller Arbeit auf unser körperliches Energiefeld
die Anwesenheit der Elementarwesenheiten und der Naturgeister
Sehnsüchte, Emotionen, Tränen....
Ich danke allen Spirits und dem Großen Geist für ihr Begleiten.
In der Bauernstube des Reichenhaller Bürgerbräus treffen sich noch einmal fast alle Festgäste und um Mitternacht bietet sich uns draußen jenes Schauspiel:
Die Samhain-Nebel sind erschienen - die Sphären sind dünn geworden. Die dunkle Jahreszeit hat begonnen!
Die Festgäste fahren nach Hause - in alle Himmelsrichtungen:
in den Pinzgau
in den Innkreis
nach München, Salzburg usw.
Der Goldene Oktober ist vorbei und tatsächlich - am nächsten Morgen nehme ich eine andere Jahresenergie wahr. Die Sonne blitzt nur noch am Morgen kurz durch die Wolkendecke, dann übernehmen die Wolken- und Nebelgeister die Regie.... Es ist Allerheiligen, November und der Sonnendurchgang am Agnesloch steht in diesem Monat bevor. Das Wechselspiel von Dunkelheit und Licht, von Visionen und Träumen bestimmt die nächste Zeit und die Rauhnächte werfen ihre Schatten voraus.