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Gutes/Schlechtes Benehmen – früher und heute

Babel

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Seit kürzlich beim Thema Tanzstunde auch der Anstandsunterricht gestreift wurde, lese ich ständig in meinen Anstandsbüchern (ich habe etliche aus der Zeit von 1904 bis heute). Es hat sich ja einiges geändert im Laufe der Jahre ... ;)

Zwei kleine Erlebnisse gehen mir seither nicht mehr aus dem Kopf, obwohl ich sie seit langem vergessen hatte:

Um 1960 verließ ich mit meinem damaligen Freund ein Geschäft und sagte beim Rausgehen "Auf Wiedersehen". Mein Freund fuhr mich empört an: :Niemals:"Was fällt dir ein?! Die Verkäuferinnen sind dazu da, uns zu bedienen, und wenn jemand zu grüßen hat, dann sie!" (Keins meiner Bücher sagt etwas dazu.)

Etwa fünf Jahre später arbeitete ich bei Siemens in München und hörte dort, Frauen würden in Vertriebsabteilungen grundsätzlich nicht eingestellt (außer natürlich als Tippse). Ich fragte die Kollegen nach dem Grund. Keiner wußte es. Schließlich meinten sie: Wahrscheinlich, weil Leute im Vertrieb manchmal Kunden zum Essen in ein Lokal einladen müssen, und eine Frau kann ja nicht einen Mann einladen ... (In dieser Zeit konnte es übrigens einer Frau, die allein ein Lokal besuchte, noch passieren, daß sie nicht bedient wurde. Die Kellner taten einfach so, als sei sie nicht da.)

Wer kann etwas von früheren/heutigen "Benimm"-Gewohnheiten und Erlebnissen berichten?
 
Wirklich ein sehr interessantes Thema :smiley_da.
Allerdings bin ich da vermutlich eine sehr unergiebige "Quelle", denn früher war der Stadt/Land-Unterschied noch viel größer und es kam sicher auch auf das Umfeld an. Regeln hab ich jedenfalls nie gelesen, man bekam einfach mit, was sich gehörte - im Dorf und daraus schloss man auf den Rest der Welt ;).

Die Meldung deines Freundes galt vermutlich auch damals - nachdem es in keiner Gebrauchsanweisung zu finden war - wie heute schlicht als arrogant. Oder sein Standesbewusstsein hat irgendwann mal etwas falsch verstanden.
Vielleicht seh ich das auch falsch, auf dem Land grüßte jedenfalls Jeder Jeden.

Mein erster Arbeitsplatz - eigentlich der zweite, nach einer 4-monatigen Lehre - war eine Metallwarenfabrik. Weil es ja mitten im Schul- und daher auch Lehrjahr war, war keine Lehrstelle, die man täglich erreichen konnte, frei und ich wollte, bis es so weit war, Geld verdienen.
In meiner (Bohr-)Abteilung war ich mit meinen knapp 15 Jahren das Küken, es waren hauptsächlich Frauen da und die "passten auf" ;) . Aber nicht nur deshalb hab ich mich wohl gefühlt, ich merkte auch, dass sich ALLE auf Augenhöhe begegneten. Dass Männer einen anderen Stellenwert hatten, war normal, vor allem, weil sie hier Meister und Vorarbeiter waren.
In höheren Etagen mag das schon anders gewesen sein, aber auch wenn wir uns am Freitag brav ums Lohnsackerl angestellt haben, war die Dame aus dem Büro locker und freundlich und machte ihre Scherze.

In ein Lokal ging man hier ausschließlich in Begleitung, in ein Kaffeehaus gingen Frauen natürlich schon allein, meist aber mit Freundinnen.
Aufgefallen ist mir, dass es ziemlich unmöglich war, selbst zu zahlen, man war immer von irgend einer Seite "eingeladen", oft fand ich das ziemlich unangenehm, weil ich das Gefühl hatte, ich schulde dem jetzt etwas. Aber scheinbar war das so eine eigenartiger Ehrenkodex bei den Burschen.

Dieser Brauch hielt sich ziemlich lange, nachdem ich nie gern in Lokalen war, ist mir eine ungute Behandlung in diesem von dir erwähntem Fall nie aufgefallen, auch nicht gegenüber anderen. Aber getratscht wurde natürlich schnell.
 
Regeln hab ich jedenfalls nie gelesen ...

... man bekam einfach mit, was sich gehörte ...

Die Meldung deines Freundes galt vermutlich auch damals - nachdem es in keiner Gebrauchsanweisung zu finden war - wie heute schlicht als arrogant. Oder sein Standesbewusstsein hat irgendwann mal etwas falsch verstanden.

Vielleicht seh ich das auch falsch, auf dem Land grüßte jedenfalls Jeder Jeden.

Mein erster Arbeitsplatz ... Aber nicht nur deshalb hab ich mich wohl gefühlt, ich merkte auch, dass sich ALLE auf Augenhöhe begegneten. Dass Männer einen anderen Stellenwert hatten, war normal, vor allem, weil sie hier Meister und Vorarbeiter waren.

In ein Lokal ging man hier ausschließlich in Begleitung, in ein Kaffeehaus gingen Frauen natürlich schon allein, meist aber mit Freundinnen.

Aufgefallen ist mir, dass es ziemlich unmöglich war, selbst zu zahlen, man war immer von irgend einer Seite "eingeladen" ...

Dieser Brauch hielt sich ziemlich lange, nachdem ich nie gern in Lokalen war, ist mir eine ungute Behandlung in diesem von dir erwähntem Fall nie aufgefallen, auch nicht gegenüber anderen. Aber getratscht wurde natürlich schnell.
Das war in der Stadt nicht anders – Anstandsbücher habe ich erst als Erwachsene gelesen, nicht um richtiges Benehmen zu lernen, sondern weil ich die Vergleiche interessant fand. (Die ersten Anstandsregeln las ich mit dreizehn in einem Buch 1904 erschienenen meiner Großmutter, in dem es heißt, man solle ein junges Mädchen, wenn es "in die Gesellschaft eingeführt" werde, nicht aufdonnern: "Sein schönster Schmuck sei Anmut und Bescheidenheit." :rotfl:)

Meine Mutter hat mir allerdings schon einiges beigebracht. Ich erinnere mich, wie sie mich einmal auf der Straße darauf hinwies, ich ginge an ihrer falschen Seite. Es hat mich sehr verblüfft: Wieso war es von Belang, wer rechts und wer links ging? Es wurde auch nicht begründet; Anstandsregeln gab es eben, und man hinterfragte sie nicht. ;)

Daß auf dem Land jeder jeden grüßte, hat mich bei meinem ersten Besuch bei Verwandten auf dem Land verwundert. Interessant finde ich, daß sich diese Sitte in anderem Umfeld erhalten hat. Ich wohne hier in einem Vorort – siehe Abbildung unten. Leute, die sich auf den Fußgängerwegen (gestrichelte Linien) zwischen den Häusern, Gärten und Grünanlagen begegnen, grüßen einander, ob sie sich kennen oder nicht. Man sagt "Grüß Gott" – das anderswo weitgehend übliche "Hallo" (mit dem einen inzwischen auch die Angestellten in den Geschäften begrüßen) wäre zu formlos. Auf den Fahrstraßen (Buchenland-, Stäudlenweg) grüßt man nicht. Man grüßt Unbekannte auch in freier Landschaft – auch hier vorwiegend mit "Grüß Gott", aber "Hallo" ist auch schon möglich.

Auch ich habe meinen ersten Arbeitsplatz so angenehm gefunden, weil man sich "auf Augenhöhe" begegnete und ernstgenommen wurde. Bei uns waren die Männer Beamte (und Vorgesetzte), die Frauen Angestellte. Das störte nicht; alle arbeiteten gleichermaßen, und jeder sah, was der andere tat und leistete.

Stimmt, als Frau konnte man eigentlich nur ins Café gehen, auch allein. Mir ist es schon passiert, daß ich im Lokal nicht bedient wurde. Frau konnte problemlos in einem "Wienerwald" ("Heute bleibt die Küche kalt ... gab es die Lokale in Österreich überhaupt?) und vergleichbaren Lokalen essen gehen, aber in "gehobenen" Häusern war man bis in die 60er Jahre durchaus der Meinung, eine Frau, die alleine kam, könne unmöglich eine solide Person sein, und man beachte sie besser gar nicht ...

Daß man als Frau nicht bezahlte, war klar. Wenn man sich besser kannte, mußte man nicht "eingeladen" werden, sondern konnte sich einfach drauf einigen, ob und wohin man essen ging und wer bezahlte. Das sah dann aber so aus, daß entweder die Frau dem Mann ihr Portemonnaie unauffällig unter dem Tisch rüberreichte oder ihm das Geld nach Verlassen des Lokals gab. Der/die Kellner/in überreichte automatisch dem Mann die Gesamtrechnung für beide. In den 80er, 90er Jahren hatte sich das geändert. Auch wenn es früher indiskutabel schien – ich habe später oft Männer dienstlich zum Essen eingeladen und bezahlt (und die übliche Quittung für die Spesenabrechnung verlangt) :D und nie mehr an das Frauenverbot bei Siemens ;) gedacht.

"Getratscht wurde schnell", schreibst du – meine Freundin aus der Kleinstadt Krumbach erzählte mir erst neulich von einer Frau, die dort ein Café eröffnet hat: "Sie hat natürlich bald pleite gemacht. Bei uns geht man nicht ins Café, schon gar nicht in eins, wo die Leute von draußen sehen, wer drin sitzt. Da würde es ja gleich heißen: ,Hat die zu Hause nichts zu tun, daß sie sich ins Café setzen kann?’" Bei mir daheim war man übrigens auch der Meinung, wenn ein Paar oder eine Familie auswärts essen geht, dann nur, weil die Frau zu faul zum Kochen ist. :D
 

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Das mit dem Grüßen ist so eine Sache. In manchen Betrieben wird von 10 Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nachmittags "gemahlzeitet". Ich zum Beispiel mag es gar nicht, wenn ich mit "Mahlzeit" gegrüßt werde. Nun hat sich dieser Gruß bereits so weit verbreitet, dass aus der Unsitte (wie das erwähnte Hallo) eine Sitte zu werden droht.

P.S.: Wienerwald gibt es nach vielen Insolvenzen und Besitzwechseln noch immer. Die österreichíschen Lokale gehören derzeit zur Kette Schnitzelland".
 
Das mit dem Grüßen ist so eine Sache. In manchen Betrieben wird von 10 Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nachmittags "gemahlzeitet". Ich zum Beispiel mag es gar nicht, wenn ich mit "Mahlzeit" gegrüßt werde. Nun hat sich dieser Gruß bereits so weit verbreitet, dass aus der Unsitte (wie das erwähnte Hallo) eine Sitte zu werden droht.
Das "Mahlzeit" kenne ich nur von Siemens (Mitte 60er Jahre), aber da sagte man es wirklich nur, wenn man sich mittags in die Kantine verabschiedete. Danach war ich nur noch in kleinen Unternehmen (ohne Kantine), wo es niemand sagte. Ich habe deshalb keine Ahnung, wie verbreitet es bei uns ist.
 
Unter Kollegen, auch gegenüber direkten Vorgesetzten ist hier das "Hallo" üblich, gegenüber der Vorstandsebene ein "Guten Morgen" bzw. "Guten Tag" (sofern man die Vorstände bzw. Centerleiter mal trifft).:p

Privat gegenüber deutlich jüngeren Personen situationsabhängig, aber meist "Hallo". Da wird man mit einem "Guten Morgen" bzw. "Guten Tag" schon oft schief angesehen.

Ansonsten schadet ein "Guten Morgen" bzw. "Guten Tag" nicht, man sieht, wie der Gegrüßte reagiert und kann sich in Zukunft darauf einstellen.

Ganz anders beim "Du oder Sie". Da entscheide ich immer noch selbst, wen ich duze und von wem ich mich duzen lasse.
So kommt es dann doch vor, dass ich eine Person, die mich duzt mit "Sie" anspreche - natürlich nicht unter direkten Kollegen, wo das "Du" Standard ist.
 
Ja, das Grüßen. Der Gruß war hierzulande vor 50 Jahren noch ein Ausdruck der Weltanschauung. Begrüßte man sich im bürgerlichen/bäuerlichen (also schwarzen) Lager mit "Grüß Gott", so war in der Arbeiterklasse (also bei den Roten) "Guten Tag" der richtige Gruß. Da bei den älteren Leuten damals die Wunden des Österreichischer Bürgerkriegs 1934 (roter Schutzbund gegen schwarze Heimwehr) noch nicht restlos verheilt waren, konnte man sich mit dem falschen Gruß ganz schöne Probleme einhandeln.
In den 1960er Jahren ging ich im eine katholische Ordensschule, übte aber meinen Sport beim ASKÖ, dem Arbeitersportklub Österreichs aus. Da wir in erster fliegen wollten und sonst nichts, wurde dort auch nicht politisiert. Als ich jedoch nach den Ferien meinen Lateinlehrer, einen Ordensmann, mit "Guten Tag" begrüßte, war der Teufel los.:Niemals: Sogar mein Vater wurde in dieser Causa vorgeladen.
Heute ist's mir egal. Ich pflege mit "Grüß Gott" zu grüßen, weil ich es so gewohnt bin. Wen das nicht passt, dar kann mich - :floet:ignorieren.
 
An beiden meiner Arbeitsstätten war es üblich, um die Mittagszeit mit "Mahlzeit" zu grüßen, außerhalb wäre das vielleicht etwas komisch, sogar wenn man ein Lokal betritt, wo es ja nicht weit hergeholt wäre ;).

Ein Gruß ist sicher eine Gewohnheitssache, ich erinnere mich noch gut an die ersten Klassen: wir musste antreten und dann "Grüüüüß Gooott!" sagen, je älter wir wurden desto mehr und lauter wurden ü und o, das Rudelgrüßen bekam einen gewissen Spaßfaktor.
Und Grüß Gott war und blieb der allgemein übliche Gruß, vielleicht spezifisch österreichisch, mag sein, ist aber auch keine Schande. Wenn immer wieder jemand, natürlich nicht ganz ernst gemeint, fragt: grüßt da Gott oder grüßt ihr ihn - kommt einem schon die Idee, dass es vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäß ist. Gott zum Gruße, hieß das glaub ich ursprünglich. War ein Segenswunsch oder so.

An ein Hallo als allgemein gültigen Gruß kann ich mich schon gar nicht gewöhnen. Da gefällt mir noch am besten das wienerische "Grüßsie" genau so zusammenhängend gesprochen und ich finde, das hat auch Sinn: ich begrüße Sie!
Hallo als Anrede - also statt Namen oder Mama/Papa, war überhaupt verpönt. Das wurde bewusst ignoriert und dann hörte man den Spruch: "der Hallo is scho gstorb´n, der liegt neben dem Hearst am Zentralfriedhof". Also Hallo und "hör mal" als Anrede galt als Unhöflichkeit. Ungezogenheit hieß das wohl damals ;).
 
Und Grüß Gott war und blieb der allgemein übliche Gruß, vielleicht spezifisch österreichisch, mag sein, ist aber auch keine Schande. Wenn immer wieder jemand, natürlich nicht ganz ernst gemeint, fragt: grüßt da Gott oder grüßt ihr ihn - kommt einem schon die Idee, dass es vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäß ist. Gott zum Gruße, hieß das glaub ich ursprünglich. War ein Segenswunsch oder so.

An ein Hallo als allgemein gültigen Gruß kann ich mich schon gar nicht gewöhnen.

Hallo als Anrede - also statt Namen oder Mama/Papa, war überhaupt verpönt.
"Grüß Gott" ist in ganz Süddeutschland üblich. Als ich mit dreizehn Jahren aus Norddeutschland kam, hat es mir da geradezu den Magen umgedreht: Nicht nur war ich ein ungläubiges Kind, sondern als evangelisches Kind, das schon in den Konfirmationsunterricht gegangen war, hatte ich auch Luthers Auslegung des zweiten Gebots auswendig lernen müssen: "Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht unnützlich führen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht." :D Für mich war "Grüß Gott" ein "Unnützlich -Führen". Ich bin jahrelang standhaft bei "guten Tag" geblieben.

Meine ebenso ungläubigige und ebenfalls in Norddeutschland aufgewachsene Tochter sagt: "Wieso soll ich Gott grüßen?" und grüßt mit "Hallo" oder "Hi". Ich habe mich an das allgegenwärtige Hallo gewöhnt.

"Grüß Gott" ist eine Verkürzung von "Grüß dich Gott", und in unserer Region ist auch die Anrede "Grüß dich" verbreitet, die aber ihre besondere Nuance hat: "Ja, griaß di!" hat den Beiklang von Überraschung und wird vor allem verwendet, wenn man jemanden unerwartet trifft.
 
Griaß di ist natürlich auch bei uns verbreitet und gefällt mir sehr gut, ich verwende es natürlich. Aber es passt eben nicht immer ;).
Da ist die Altermative eben "Grüß sie" :).
 
Griaß di ist natürlich auch bei uns verbreitet und gefällt mir sehr gut, ich verwende es natürlich. Aber es passt eben nicht immer ;).
Da ist die Altermative eben "Grüß sie" :).
"Grüß Sie?" Das klingt für mich seltsam, ich glaube, das könnte man hier nicht sagen. Wenn man mit jemandem per Sie ist, müßte es schon das korrekte "Grüß Gott" oder "Guten Tag" sein.
 
Es passt sicher nicht immer, eben das Griaß di für jene, die man zwar kennt, aber nicht duzt.
Grüß Gott ist sicher nicht nur das hier Übliche, auch das Passendste. Alltägliches hat eben seine Tradition.
Ich bemerke auch immer öfter, dass in manchen Orten viel gegrüßt wird, auch auf der Straße und auch Fremde. Vor allem, aber nicht nur Kinder.
Ich finde das sehr schön!
 
Auch ich habe in meiner Jugend (eigentlich Kindheit) den "Elmayr" gelesen.
Allerdings noch den vom Rittmeister.
Einige Sachen haben sich bei mir verinnerlicht, so das ich z.B. einer Dame automatisch
zur Straßenseite hin ausweiche. (Damen sind alles weibliche über 25)


Was mir jedoch an der "Hallo-Generation" auf- und überhaupt nicht gefällt,
ist die Angewohnheit Alles und Jeden zu duzen.
Ich möchte nicht vom 18-jährigen pickeligen Verkäufer geduzt werden!
Ein paar mal habe ich dann gefragt ob wir denn zusammen zu Schule gegangen wären,
er hätte sich doch gut gehalten für einen 50-jährigen.
Völligen Unverständnis war der Mühe Lohn.


Vielleicht wird ich doch langsam alt. (frei nach Reinhard Mey)
 
In welcher Gegend wohnst du denn? Also ich meine: dass ich sie meiden kann ;).

Zum Glück bin ich scheinbar definitiv zu alt, um von jedermann geduzt zu werden. Ich bin ja nicht gerade der steife Typ, aber wenn das nicht ein der deutschen Sprache ziemlich Unmächtiger wäre und aus einer Gegend, wo diese Unterscheidung unbekannt ist, würde mir wohl der Hut hoch gehen.

Wenn das in einem Geschäft passiert, ist wohl auch die zuständige Leitung ziemlich daneben, oder??
 
Ich weiß nicht ob das Regionsabhängig ist.
Mir scheint eher die Möbelhauskette "Wohnst du noch oder kaufst du schon"
hat das Kundengeduze bei der Jugend salonfähig gemacht.


Und ja - auch mir geht, bei solchen Anreden, manchmal der imaginäre Hut hoch.


Was für mich allerdings neu war und ich in diesem Thread lernen konnte:
Ein sozialer Mensch darf nicht Grüß Gott sagen. Das scheint mir doch etwas seltsam.
Wahrscheinlich bin ich für derlei klassenkämpferische Attitüden wieder zu jung.
 
In Aachen kannte ich auch einige Läden, in denen jede Frau unter 100 Jahren geduzt wurde. Es waren allerdings Geschäfte, die ich allein nicht betreten hätte, sondern in die meine Tochter mich reinschleppte, damit ich ihre Minikleidchen bezahlte. :D Hier in Ulm ist mir das noch nicht begegnet, obwohl ich mittlerweile in jede Art Klamottenladen reingehe, wenn auch nur zum Gucken. ;)
 
Ein sozialer Mensch darf nicht Grüß Gott sagen. Das scheint mir doch etwas seltsam.
Das war vor etwa 50 Jahren, als, wie gesagt noch Leute lebten, die den Ständestaat noch miterlebten. Heute hat sich offensichtlich nicht viel geändert:
Meine ebenso ungläubigige und ebenfalls in Norddeutschland aufgewachsene Tochter sagt: "Wieso soll ich Gott grüßen?" und grüßt mit "Hallo".
Diese Antwort habe ich auf meinen Gruß auch schon bekommen.

Nachsatz: Ist ein Gruß nicht immer auch ein Ausdruck einer Weltanschauung, sei es nun "Hallo", Hi, "Freundschaft", "Baba" oder "Gelobt sei Jesus Christus"? :)
 
Ein sozialer Mensch darf nicht Grüß Gott sagen.
Das war vor etwa 50 Jahren, als, wie gesagt noch Leute lebten, die den Ständestaat noch miterlebten. Heute hat sich offensichtlich nicht viel geändert.

Nachsatz: Ist ein Gruß nicht immer auch ein Ausdruck einer Weltanschauung, sei es nun "Hallo", Hi, "Freundschaft", "Baba" oder "Gelobt sei Jesus Christus"? :)

Kann mir bitte jemand den Zusammenhang zwischen "sozial" und "Grüß Gott" erklären? :kopfkratz

Teils, teils ... "Freundschaft" und "Gelobt sei Jesus Christus" sind gewiß Ausdruck von Weltanschauungen. "Hallo" und "Hi" empfinde ich eher als schlichte Anzeichen eines Generationenwechsels. "Grüß Gott" ist für mich völlig neutral, so indiskutabel es mir auch erschien, als ich aus dem (evangelischen) Norddeutschland kam. ;)
 
Kann mir bitte jemand den Zusammenhang zwischen "sozial" und "Grüß Gott" erklären? :kopfkratz

Es ist wohl so, dass Menschen die "Grüß Gott" sagen eher dem
konservativen politischen Lagern zugehörig waren, während die
Sozialdemokratie die Unterdrückung der römisch katholischen Kirche
ablehnte und sich das in anderen Grußformeln widerspiegelte.


Ich mache aber einen Unterschied zwischen der politischen Sozialdemokratie
und gelebter sozialer Weltanschauung.
Denn soziale Weltanschauung und Christentum unterscheiden sich in ihrem Kern nicht.
Beide sagen: Behandelt eure Mitmenschen, wie ihr behandelt werden möchtet.
 
Beide sagen: Behandelt eure Mitmenschen, wie ihr behandelt werden möchtet.

Ich sehe das auch so, obwohl ich da noch den Unterschied zu den "Sozialisten" sehen würde, die, wie Harry schon beschrieb, lange genug im Clinch mit allem "Kirchlichen" lagen. Die Zeit ist zum Glück vorbei und an irgendwelchen Extremen orientiert man sich ja nicht.

In meinem Heimatdorf gab es sicher überwiegend Arbeiter und Grüß Gott war trotzdem der ganz normale Gruß. Kein Mensch sagte guten Tag und wenn, dann wurde der ordentlich beäugt: a Fremda!!
Sonst gab es benimmmäßig keine Unterschiede, Arbeiter wie Bauern überschlugen sich im Respekt vor den paar "Großbürgerlichen", die das waren: Arzt, Bürgermeister, Lagerhausverwalter, Tierarzt, (Ober-)Lehrer und Ähnliche und jeder zog, falls vorhanden, den Hut.
Ja, noch eine (vermutlich gar nicht so) Besonderheit: die Gattinnen (auch ein spezielles Wort ;)) der Genannten wurden natürlich mit den Titeln ihrer Männer angeredet. Also die Akademikerquote wurde durch jene, die am Standesamt promoviert hatten, beträchtlich erhöht :D.

Das Verkäufer-Problem findet doch scheinbar in Läden statt, in die ich nicht komme und ja: das SIE schafft eine gewisse Distanz auch jenen gegenüber, die von Respekt nicht mehr viel halten. Und ein sehr betontes SIE in der Antwort kommt heutzutag vielleicht eher an, als die sehr noble Frage nach der gemeinsammen Schulbank. Bei uns hieß das: nau - haumma leicht Sau g´hiat mitnaund??? :D.

Übrigens: Baba verwende ich gerne und Freundschaft gefällt mir sehr gut, auch wenn es mir an Gelegenheit mangelt, es zu verwenden ;).
 
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