• Willkommen im SAGEN.at-Forum und SAGEN.at-Fotogalerie.
    Forum zu Themen der Volkskunde, Kulturgeschichte, Regionalgeschichte, Technikgeschichte und vielem mehr - Fotogalerie für Dokumentar-Fotografie bis Fotogeschichte.
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst Du eigene Beiträge verfassen und eigene Fotos veröffentlichen.

Grenzsteine

Oh, es ist wahrscheinlich ein grenzenloses Thema, lächel...

Wir haben hier ja auch viele Burgen und Bürglein (ausgebaute Wachtürme waren das wahrscheinlich oft nur), weil diese Berge ja ständig die Aussicht "um die nächste Kurve" erschweren und die für Salzschiffahrt so wichtigen Flüsse nicht gut überblickt werden konnten. Diese Orte, an denen die Bürglein und Burgen lagen, umgibt noch heute ein Zauber

Jetzt - raus in den Schnee, Schneeburg bauen!! (hab mich mal wieder am PC verhockt, seufz)

Grüße von LIsa
 
... nur mit dem Offensichtlichen kommt man in der Welt der Sagen und Märchen nicht recht weit.

Liebe Lisa,

da möchte ich denn zumindest hinsichtlich der Grenzsteinsagen doch etwas widersprechen!

Ich halte viel vom Grundsatz, daß die einfachste Erklärung immer die beste ist. Solange keine ernsthaften Gegenargumente gegen sie auftauchen, sollte man bei ihr bleiben.

Ernsthafte Gegenargumente aber fehlen bei Dir, denn die Vermutung, es müsse Tieferes dahinterstehen, gründet nur auf vagen Gefühlen und der offensichtlich falschen Vorstellung von der Wertlosigkeit von Grund und Boden in früheren Zeiten: ganze Bibliotheken von Rechtsliteratur seit der Antike und ganze Archive voller Gerichtsentscheide und Schiedssprüche in Grundangelegenheiten zeigen, daß Grundgrenzen extrem wichtig waren!

Gegen die Vorstellung tieferreichender Gründe möchte ich zweierlei ins Feld führen:
1. die Tatsache, daß es sich nie darum handelt, Grenzsteine gegen ein wie immer geartetes Fremdes, Unheimliches etc. zu verschieben, sondern innerhalb des erschlossenen, genutzten Gebietes: man gewinnt oder verliert Grund nicht gegen dunkle Mächte, sondern gegen den Nachbarn, bestenfalls das Nachbardorf;
2. das immer sehr einheitliche, leicht verständliche und einleuchtende, wenngleich verwerfliche Tatmotiv: schlichte, ganz unmystische Habgier.

So kann ich Dir aus meiner Sicht den Vorwurf, zuerst das Geheimnis in die Sache hineinzutragen, um es dann zu suchen, nicht ganz ersparen.

Freundlich grüßend
D.F.
 
D.F. schrieb:
Ernsthafte Gegenargumente aber fehlen bei Dir, denn die Vermutung, es müsse Tieferes dahinterstehen, gründet nur auf vagen Gefühlen und der offensichtlich falschen Vorstellung von der Wertlosigkeit von Grund und Boden in früheren Zeiten: ganze Bibliotheken von Rechtsliteratur seit der Antike und ganze Archive voller Gerichtsentscheide und Schiedssprüche in Grundangelegenheiten zeigen, daß Grundgrenzen extrem wichtig waren!

Also, ich weiß eigentlich nicht, warum Du meine Beiträge als "Gegenargumente" anführst. Ich lass Dir Deine Sichtweise ja, und bin auch froh um Deine Beiträge, weil sie mir Denkanstöße geben.
In Kulturen, denen nicht nur schriftliche Überlieferungen fremd waren, sondern auch "Landbesitz" - waren Sagen und Mythen, gesungen, erzählt, die Tradition. Wann dann genau Grenzen gesetzt wurden, aus welchem Grund und mit welchen anderen Veränderungen in der Gesellschaft, Religion etc. - nun - weiß ich auch nicht, aber ich weiß, dass es für mich interessant ist, dem nachzugehen (wenn ich andere Projekte abgeschlossen habe, mein Tag hat leider oder glücklicherweise auch nur 24 Stunden)

D.F. schrieb:
So kann ich Dir aus meiner Sicht den Vorwurf, zuerst das Geheimnis in die Sache hineinzutragen, um es dann zu suchen, nicht ganz ersparen.D.F.

Ich weiß zwar nicht, wie Du dazu kommst, mir einen Vorwurf zu machen, ich denk mal, wir nähern uns einfach von vollkommen anderen Ecken... aber egal

Schick Dir freundliche Grüße
Lisa
 
Liebe Lisa!

Ich sehe zwei Deutungsansätze:

1. Zuerst ist der Grenzstein, dann kommt das Sagenmotiv von seiner Versetzung.

2. Zuerst ist das Sagenmotiv, von dem man zwar nicht weiß, worauf es sich bezieht, nur fühlt, daß es auf geheimnisvolle Vorstellungen grauer Vorzeit zurückgehen müsse, dann kommt der Grenzstein.

Ein Ausgleich scheint mir da auch kaum möglich.

Trotzdem freundliche Grüße und einen schönen Tag!
D.F.
 
Hallo Lisa,
hier noch eine Sage zum Thema aus Dortmund:
Im Jahre 1515 ging Schotte von Frydag, Schloßherr auf Haus Buddenburg,
mit seinen Söhnen Franz und Jodokus an nebligen Tagen zu dem südlichen
Streifen seiner Besitzungen, um dort die Grenze insgeheim zu seinem Vorteil zu
verändern. Mehrere Männer aus Lünen mußten ihm dabei helfen. Der arglistige
Edelmann befahl ihnen, die Grenzsteine auszugraben , sie weiter auf das Gebiet
der Grafschaft Dortmund zu tragen und dort wieder einzugraben. Damit wollte er
seinen Besitz erheblich vergrößern.
Aber den Lüner Bürgern war dabei nicht geheuer, und sie blieben am nächsten
Tag fort. Sie wollten mit solch einer Untat nichts zu tun haben. Zudem hatten sie schon des öfteren gehört, daß Grenzsteinversetzer demnächst keine Ruhe
fänden und als Gespenster umher irren müßten.

Und so kam es auch.
Einige Jahre danach gingen Leute des Nachts über den Weg, der an der
Dortmunder Grenze vorbeiführt. Da sahen sie plötzlich, wie ein Mann mit einer
schweren Last immer hin und herlief, dabei schrecklich keuchte und rief:
Wo soll ich ihn hinsetzen? Als die Leute das hörten, machten sie, daß sie
wegkamen. Furchtsame Menschen mieden seitdem lange Zeit diesen Weg.
Bis einmal zwei junge Männer aus Brechten spät in der Nacht von Derne
kamen. der eine war so betrunken, daß der andere ihn schwer stützen mußte.
Da hörte auf einmal der Nüchterne jemanden rufen. Sei mal still, sagte er zu
seinem Kumpan : Da ruft einer. Worauf der Betrunkene fragte: Was ruft er
denn? Sie blieben stehen und horchten. Es dauerte nicht lange, da rief es
wieder aus der Dubkelheit. Und diesmal konnten es beide deutlich verstehen:
Wo soll ich ihn hinsetzen? Da rief der Betrunkene lachend zurück: Setz ihn hin
wo du ihn hergekriegt hast! Kaum hatte er das gerufen, da stand neben ihm
ein Mann, der bedankte sich, daß er ihm dies gesagt hatte. Er hätte einst

Grenzsteine verrückt. Und einen davon hätte er nach seinem Tod so lange
umherschleppen und alle Vorübergehenden fragen müssen, wo er ihn fallen
lassen sollte, bis es ihm einer sagen würde. Nun hätte es ihm endlich
jemand gewiesen. Jetzt wäre er erlöst.
Grenzsteinträger aber scheint es nicht nur an dieser Stelle gegeben zu haben.
Ähnliches erzählt man sich auch von anderen Grenzverläufen rings um Dortmund.
Abgeschrieben aus: Dortmunder Sagenbuch, Pomp Verlag 1994: Essen.
Grüße von Ulrike!
 
Hallo Ulrike!
Dieses Sagenmotiv ("Setz' ihn hin, wo du ihn hergenommen hast") dürfte im süddeutschen Sprachraum recht verbreitet sein. Auf SAGEN.at habe ich es u.a. von Niederösterreich über das Burgenland, Steiermark und Kärnten bis in den Spessart gefunden.
 
Hallo Lisa,
ich habe versprochen, die Grenzsteinsage aus Tragöß zu erzählen. Doch habe ich nun festgestellt, daß dies nicht notwendig ist, da sie auf sagen.at bereits vorhanden ist. So sorry.

EH
 
Ursprünglicher Beitrag von Ulrike am 30.3.2006. (Wegen Datenbankfehler nachträglich vom Admin erneut eingebracht)

Hallo Lisa,

die Stellen, an denen Grenzsteine versetzt wurden hießen bei uns neben Abergunst (die Geschichte habe ich ja geschildert) auch oft Neidacker.
Diesen Begriff finde ich verständlich und zutreffend. Nur so als kleine Nachbemerkung zum Thema!

Viele Grüße! Ulrike B.
 
Hallo D.F.
du hast in einer deiner letzten Antworten einen Hinweis auf ein *.pdf gegeben.
http://www.ale-mittelfranken.bayern....eschworene.pdf (Admin: externer Link existiert nicht mehr)
Mich würde diese Seite sehr interessieren, kann sie aber nicht öffnen.
Ist der Link falsch oder gibt es die Seite nicht mehr.
Gruß Volker.
Übrigens ich bin heute auf euer Forum gestoßen und finde das Thema sehr interessant.
 

Anhänge

  • STA65407.jpg
    STA65407.jpg
    199,7 KB · Aufrufe: 11
Hallo Volker333,

ich glaube, der Link von D. F. lautet wie folgt:

(externer Link existiert nicht mehr)

Bei der Gelegenheit: Wo hast Du Dein schönes Foto des Grenzsteines gemacht?

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Hallo Admin_sagen.at,
der abgebildete Stein steht mitten im Wald und signalisiert einen vergessenen alten Grenzverlauf zwischen Nassau-Saarbrücken und Frankreich.
Ich habe noch Bilder eines anderen Steines angehängt. Der ist allerdings 10 Jahre jünger. Er zeigt auf der einen Seite die Wolfsangel (übrigens ein scheußliches Gerät) für Nassau Saarbrücken und auf der anderen Seite die Bourbonische Lilie, das Wappenzeichen Frankreichs.
Manche der Steine, die wohl an die vier Zentner schwer sind, haben sicher einiges zu erzählen.
Schade, dass sie in Vergessenheit geraten und viele achtlos zerstört werden.

Gruß Volker.
 

Anhänge

  • STA65498.jpg
    STA65498.jpg
    137,3 KB · Aufrufe: 13
  • STA65497.jpg
    STA65497.jpg
    146,5 KB · Aufrufe: 11
  • STA65496.jpg
    STA65496.jpg
    148,9 KB · Aufrufe: 11
In Methler (Kamen, Krs. Unna) gibt es eine Grenzsteinsage der etwas
anderen Art: Dort wird am Feldrain ein Mann ohne Füße (!) gesehen, der
einen Grenzstein umklammert: Wo soll ich ihn hinsetzen? -
Werde mal recherchieren, ob ich die Quelle der Geschichte finde! -
Grüße aus Westfalen von Ulrike
 
Zurück
Oben