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DDR - Anmerkungen zur Geschichte

Dresdner

Active member
Sonja,

vielen Dank für deinen ausführlichen und emotional geprägten Bericht.

Ich habe mir deine Worte gleich nach Erscheinen angeschaut und wirklich über einen Monat überlegt, ob ich zu zwei kleinen Passagen etwas schreiben soll. Derartige Passagen finden sich auch in Beiträgen anderer Forennutzer.

Du hast geschrieben:
Ich habe die Ex- DDR nie gesehen, aber so stellte ich sie mir vor: Autos aus dem Jahre Schnee, Modelle von Fiat, die ich bei uns seit über 20 Jahren nicht mehr gesehen habe, graue Strassen, graue Gebäude, sogar die Stewardessen auf unserem Flug von Helsinki nach Estland sahen aus wie Dominas, und ich traute mich nicht zu fotografieren, weil sie schwarze Lederhandschuhe zu grauen knappen Uniformen trugen, die Haare straff nach hinten gebunden und ich Angst hatte, sie würden die Peitschen rausholen, wenn ich sie ungefragt fotografieren würde. Mein Freund und ich lachten uns schief, als wir darüber phantasierten, was mit uns passieren würde, wenn wir etwas falsches machen würden. Die Stewardessen würden uns an den Haaren durch das Flugzeug schleifen und und schlagen, danach an einen der Sitze fesseln mit einem Schild um den Hals: "DAS!SOLLST"DU!NICHT!TUN!"
Außerdem hatte das Flugzeug innen grün- weiße – ziemlich psychedelische- DDR- Muster- Tapeten. (So stelle ich mir jedenfalls Tapeten aus der Ex- DDR vor)

Ich nehme dir derartige Vorstellungen nicht übel, jahrzehntelange Erziehung im Geiste der Totalitarismusdoktrien und der Einteilung der Welt in die "Reiche des Guten und des Bösen" hinterlassen halt ihre Spuren.

Leider sind deine Vorstellungen zu 100% falsch, Estland und die DDR lassen sich ebensowenig vergleichen wie Südtirol und die "uritalienischen" Gebiete. Unsere Kinder hatten, als sie klein waren, wunderschöne Kinderzimmertapeten mit Märchenmotiven und es wurden die Leute in unserem Land weder an den Haaren durch den Dreck gezogen, noch stand an jeder Ecke die Stasi, auf die das Leben in der DDR ja heute in den Medien oft reduziert wird. Was die Autos betrifft, habe ich einen Trabant gefahren - Westautos konnte man nur gegen Devisen über Genex kaufen - ich habe sie aber auch nicht vermisst.
Die Kriminalitätsrate war ungleich niedriger als jetzt - nicht nur offiziell, sondern auch tatsächlich. Rauschgift und Auftragsmorde waren Fremdworte, Alarmanlagen und vergitterte Privatwohnungen kannte man nicht. Es war zum Großteil gang und gebe, den Wohnungschlüssel außen stecken zu lassen, trotzdem wurde nicht eingebrochen.
Um noch einmal auf die baltischen Staaten zurückzukommen - schau dir einmal an, welche Rolle diese Staaten im Großen Vaterländischen Krieg gespielt haben.

Kurz und knapp - ich bitte einfach darum, nicht über Dinge zu urteilen, die man nicht beurteilen kann. Ich bin gern bereit, über das Leben in "Springers Gänsefüßchenland zwischen Harz und Oderstrand" ggf. in einem extra Thema die Diskussion zu führen. Genau so wenig, wie es den Österreicher gibt, gab es auch nicht den DDR-Bürger. Jede Biographie ist individuell und Pauschalisierungen helfen nie weiter.

Dresdner
 
AW: Reise nach Estland

hallo dresdner, danke daß du mich drauf aufmerksam machst!
ich habe eine ganz liebe freundin, die die DDR erlebt hat und mir erst vor wenigen monaten ein riesiges paket mit DDR-produkten schickte (schokolade, pizzateig, usw...die es heute noch zu kaufen gibt) meine mama hatte dort (bzw. hat sie noch immer) ihre beste brieffreundin samt sohn, war auch in der DDR zu besuch damals.
der mann der brieffreundin ist geflüchtet bevor die mauer geöffnet wurde, er ist bis heute nicht mehr aufgetaucht.
wie ich in meinem beitrag auch extra betonte:
Ich habe die Ex- DDR nie gesehen, aber so stellte ich sie mir vor

frag mal einen amerikaner, wie er sich österreich vorstellt.
(das hab ich mal getan, einen mann aus los angeles, nie rausgekommen aus LA, gefragt, wie er sich österreich vorstellt. er sagte: die österreicher tragen tracht, sie können jodeln und essen gerne käse und schokolade, sie haben hohe berge und mozart kam dort her!"

*haha* :-)

es war lustig gemeint und sollte auf keinen fall beleidigend wirken, ja?

alles liebe dir,

sonja
 
AW: Reise nach Estland

Hallo Dresdner,

auch wir nehmen dir deine äußerst kritische Haltung nicht übel und sind froh, dass einer freiwillig diesen Part übernimmt.

Ich war als Kind in den 80er Jahren einige Male zu Besuch in der DDR und es hat mich und meinen Bruder tief beeindruckt. Allein der Grenzübergang mit kilometerlangen Stacheldrahtzaun läßt sich nicht vergessen, auch die alten Fassaden und das Kopfsteinpflaster nicht, die riesigen Neubauten nicht zu vergessen. Und dann die leeren Geschäfte, denn für uns waren sie leer wenn nur ein Produkt im gesamten Regal lag, vor denen man anstehen mußte. Ja selbst im Restaurant standen die nächsten Hungrigen schon hinter einem.

Begeistert waren wir vom Vanilleeis und den Eiswaffeln *mmmhhh :die_Welle:
geb es die nicht auch in "Muschelform"?

und die Milch gab's in Flaschen (gab's bei uns damals nicht!)

die Kindersachbücher waren einfach spitze und ein Wort muß mich sehr geprägt haben, denn hähnchenähnliches Hundspielzeug heißt bei mir immer noch "Breuler". :)

Hatte ich schon erwähnt, dass wir damals eine ehemalige DDR-Bürgerin im Auto hatten? Ich will ja nicht von Stasi sprechen, aber zufälliger Weise wurde genau unser Auto bei der Rückreise "gefilzt" (nachdem wir vorher schon auf der Fahrt kontrolliert wurden). Mein Bruder und ich hatten natürlich Angst und meiner Mutter als Fahrerin war sicher auch nicht wohl, als wir alle mit in die Garage mußten. Die Pässe wurden mitgenommen und dann hieß es einfach auspacken. Zu dieser Zeit gab es für Jungs ein "Armbrustspiel" und mein Bruder hatte es als Ostergeschenk bekommen. Einem bunten Adler aus Holz konnte mittels "Armbrust" und Pfeilen mit Gumminoppen die "Federn" weggeschossen werden. Oh - welche Aufregung, wir hatten ein Geschoß dabei!!!
Zudem hatten wir eingelegte Gurken dabei und da wußten wir eh, dass das ein Tabu ist. Hätte man das Gastgeschenk nicht annehmen sollen? Und so hat meine Mutter das der Grenzkontolle auch erklärt und meine Briefmarken in der Jackentasche haben sie auch nicht gefunden...
Ach ja, das Auto wurde dann nicht auseinandergenommen, wie angedroht, und nach 'ner ganzen Zeit gab es auch die Pässe zurück.

Im Laufe der Jahre wurde der "Grenzübertritt" dann immer leichter.

Viele Grüße

Berit
 
AW: Reise nach Estland

*hihi*
Meine Mutter reiste damals mit meinem Bruder ein, in ihrem Reisepass stand aber auch ICH drin (ich war aber nicht mit).
Bei der Ausreise gab es riesige Probleme, weil der Grenzbeamte meinte, meine Mutter hätte mich in der DDR gelassen!
Ich weiß nicht mehr, wieviele Stunden sie brauchten, bis sie ihn überzeugen konnte, daß sie kein Kind in der DDR gelassen hat!
Auf jeden Fall wurde auch alles gefilzt und auseinander genommen.
Meine Mutter wollte diesem Herrn damals unbedingt sagen, daß sie niemals freiwillig ein Kind in der DDR lassen wollte, aber das hat sie sich nicht getraut damals.

Auch bei der Post war es so: Die Pakete kamen oft zerfetzt und absichtlich kaputt gemacht wieder retour.
Einmal hat meine Mutter eine Musik-Kassette mit der Lieblingsmusik ihrer Brieffreundin nach Dresden mitgeschickt, versteckt in einer Keks-Packung,
Und diese Keks-Packung wiederum in massenhaft anderen (erlaubten) Artikeln versteckt.
Das komplette Paket kam total verwüstet und zerstört wieder zu uns zurück, die Kassette wurde zerbrochen und das Band herausgerissen.

Alles Liebe, Sonja
 
AW: Reise nach Estland

@ Be3rit und Sonja,

danke für eure Berichte.

Die Hähnchen wurden Broiler genannt - Berit, dass bitte bei der Rechtschreibung beachten.

Was das Versorgungssystem anbetrifft, kann man darüber ganze Bücher schreiben. Fakt ist, dass es in manchen Geschäften zeitweise sehr mau aussah, es gab "Kaffe-Mix" und statt jetzt 40 Biersorten im Regal nur drei einheimische Biere. Da die DDR dringend Devisen brauchte, waren manche Fleischteile wie Lende "Bückware" (diese Teile gingen in den Export) und Wiener im Saitling, Südfrüchte oder Rollschinken gab es zu Weihnachten und Jahreswechsel.
Die Gäste standen in den Gaststätten übrigens nicht an, weil sie sonst nichts zu essen hatten, sondern weil die Preise der Speisen und Getränke so spottbillig waren. Dies traf z.B. auch auf Damenfriseure zu - es war unter ausländischen Besucherinnen sehr beliebt, die Kaltwelle im Osten machen zu lassen.

Dass die Post gefilzt wurde war bereits zu DDR-Zeiten bekannt - man holte Geld aus den Sendungen und wollte zudem alles über jeden wissen - was letztendlich zu einer Informationsflut führte, an der ihre eigenen Erfinder erstickten.

Zur Grenzsicherung müsste man viel sagen, das kann man in einigen Worten nicht bewältigen. Wenn ich richtig gelesen habe, soll Politik aus diesem Forum herausgehalten werden - ohne ganz, ganz viel Politik sind diese Dinge nicht zu erklären.

Hermetische Abschottung und kilometerlange Stracheldrahtzeune und Betonmauern kann man übrigens noch heute live erleben.

Dresdner
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Reise nach Estland

@ sonja:

Einfach mal Rechtsclick!;)
Sind die aktuellen Grenzbefestigungen USA - Mexico.
Ich will die Sachen auch nicht gleichsetzen, die politischen Hintergründe sind einfach zu unterschiedlich. Da wir politische Prozesse laut Forennetiquette hier nicht besprechen, möchte ich mich dazu auch nicht weiter äußern.
Dresdner
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Reise nach Estland

Die Gäste standen in den Gaststätten übrigens nicht an, weil sie sonst nichts zu essen hatten,

ich sprach ja auch von "den nächsten Hungrigen", habe mich also mit ihnen gleichgestellt und habe nicht von den "Hungernden" gesprochen.

Natürlich kann man auch heute noch Militärsperrgebiete, Sacheldrahtzäune im Westen erleben oder auch simple Autopapierekontrollen während ein Carabienere seine MP im Arm hält. Es ging aber um die DDR - auch wenn im Titel Estland steht... :D

Beste Grüße

Berit
 
AW: Reise nach Estland

Wenn man die Sache völlig unpolitisch betrachtet, so bleibt doch das Faktum, daß sich der Kommunismus (den es nebenbei in der DDR nie gab), wirschaftlich nach sehr kurzer Zeit selbst eliminiert hat.

Wie jedes radkale System setzte die DDR-Führung vor allem auf Angst, Unfreiheit und Propaganda ohne Vergleichmöglichkeiten.

Mir ist schon klar, daß kein politisches System auf Dauer Bestand hat, sieht man vielleicht von der Schweiz ab, deren direkte Demokratie sich immerhin schon an die 700 Jahre hält.

Traurig ist nur, das es noch immer Menschen gibt, die die Mauer in ihren Köpfen nicht überwinden können.
 
AW: Reise nach Estland

@ Berit:

was die Restaurants angeht, so wurde man in vielen dieser Einrichtungen "platziert". Das bedeutete, sich selbst bei fast leerem Restaurant am Eingang anzustellen, bis eine Kellnerin kam, einen abholte und zu Plätzen ihrer Wahl brachte. Widerspruch war zwecklos.:liab:

@ alterego:

1.
Wenn man die Sache völlig unpolitisch betrachtet, so bleibt doch das Faktum, daß sich der Kommunismus ...

Du widersprichst dich schon in deinen ersten Worten. Einerseits willst du eine unpolitische Wertung abgeben, im gleichen Atemzug verweist du auf ein politisches System.

2.
Wie jedes radkale System setzte die DDR-Führung vor allem auf Angst, Unfreiheit und Propaganda ohne Vergleichmöglichkeiten.

Hier scheint ein profunder Kenner der gesellschaftlichen Verhältnisse der DDR am Werk zu sein. In welchem Teil der DDR warst du gezwungen zu leben? Schildere uns doch bitte detailliert, wie unfrei und unter ständiger Angst du dort leben musstest. Mich würde auch interessieren, wie genau es dem Regime gelang, dich komplett von der Außenwelt zu isolieren. Wenn ich deinem persönlichen Profil folge, musstest du dieses Märtyrium 25 Jahre lang ertragen. Wie hast du das geschafft? Wie änderte sich dein Leben in den letzten 20 Jahren? Hast du jetzt deine Erfüllung gefunden?

Oder urteilst du vielleicht aus der Ferne und hast deine Weisheiten aus Fachpostillen wie Bild, Krone & Co? Da du ja ein sehr belesener Zeitgenosse (ich hoffe, dich stört der Wortteil "Genosse" nicht) zu sein scheinst - mit welchen anderen radikalen Systemen setzt du die DDR gleich? Mit der Nazizeit? Bist du ein Jünger der Herren Carl Joachim Friedrich und Zbigniew Brzezinski und der Dame Hannah Arendt? Vielleicht kannst du uns auch helfen, uns in der heutigen Zeit besser zurechtzufinden, indem du uns die Wesensgleichheit von Sozialismus und jener Lehren verdeutlichst, welchen die Taliban nachfolgen. Auf alle Fälle sind wir schon sehr gespannt auf deine interessanten persönlichen Erlebnisse und deine profunde gesellschaftspolitische Analyse.

3.
Traurig ist nur, das es noch immer Menschen gibt, die die Mauer in ihren Köpfen nicht überwinden können.

Da sind wir 2 völlig einer Meinung.

Einen schönen Sonntagmorgen.
Dresdner
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Reise nach Estland

Bitte:" baut die Mauer in den Köpfen" wenigstens hier im Forum ab.
Eigene Erfahrungen hätte ich beizusteuern, aber es würde "ausufern"
- Politik wollten wir hier raus lassen, ebenso Religion (kommt aber auch
immer wieder ins Gespräch). Klar ist doch, was man persönlich erlebt hat
läßt oft keine Objektivität zu. - Das schönste "Überbleibsel" aus DDR Zeiten
ist (finde ich) das Sandmännchen. Überhaupt gab es erstklassige Bücher
(wenn man Beziehungen hatte). Eins weiß ich genau: momentan sind bei
uns viele Straßen in einem schlechten Zustand, in den neuen Bundesländern
war es früher so. Trotzdem: tolerant bleiben! - Es gab auch "Wartburg" Wagen!
Kopfsteinplaster-Alleen sorgten für eine "natürliche" Geschwindigkeitsbegrenzung! Bei uns baute man dafür neue "Pflasterkissen"
und bandscheibenfeindliche Schwellen. -Tatsache ist auch: berufstätigen
Frauen wurde mehr Kinderbetreuung geboten. - Frisör habe ich auch preiswert
aufgesucht (Zwangsumtausch ließ uns ja reich erscheinen), Shampoo, Haarspray
u.a. ließ ich gleich als Zugabe dort (denn Westware war begehrt). -Übrigens
gab es leckere Marmelade (ich glaube: "Elbperle"). Spreewaldgurken und
Leinöl sind auch hier wieder "in". Ich war froh, als die Mauer fiel! Leider
wurden manche Chancen vertan und nicht alles lief positiv. Allerdings
konnte man wohl kaum so eine Situation" vorherplanen", wir sollten weiter
daran arbeiten, den Kindern eine Zukunft zu geben. Es gehört auch ein
vernünftiges Geschichtswissen dazu! - Durch das Brandenburger Tor zu gehen
noch mit den Erinnerungen und Bildern der Grenze im Kopf: ein einmaliges
Gefühl - oder? Viele Grüße an alle hier von Ulrike
 
AW: Reise nach Estland

Kommunismus hin - Westliche Freiheit her

Zu kritisieren gibt es doch immer nur das agieren der Menschen im jeweiligen
System.

Die Mauer in den Köpfen ist deshalb noch da, weil gewisse Sachen diese immer wieder aufrecht erhalten. Daran sind mitunter die Ex - Ossis selber schuld. Ich hab schon Flüchtlinge die damals über Ungarn raus sind kennengelernt .Ein junges Paar war oft bei mir und meiner Frau und ich konnte mit Rat und Tat zu einem Arbeitsplatz helfen. Auch habe ich durch meine 2 jährige Tätigkeit auf der Insel Usedom die Leute kennengelernt..
Fasching können sie feiern, das muss man ihnen lassen. Bei den Rückfahrten
nach Bayern hatte ich aber immer wieder den Eindruck eine andere "stehengebliebene Welt" zu verlassen.
Auffallend ist, dass manche das westliche System schnell begriffen haben
und so mancher Kolchosenmelker sofort zum Agraringenieur mutierte.
Was kann ich beantragen ??? Woher bekomme ich die beste Förderung ??-
sind deshalb vorrangige Fragen der nun vollends eingegliederten und rentenrechtlich gesehen mancher Meinung nach völlig übervorteilten Ex -Ostdeutschen. Das schafft natürlich böses Blut und es wird wohl noch eine Weile deuern bis sich das ganz von selber bessert.
Es sagte ja auch mal ein schlauer Mensch:
Nicht die A - Bombe oder sonst irgendein todbringendes Instrument -
nein - das VORURTEIL - ist die gefährlichste Waffe des Menschen.

Was den Aufbau anbetrifft, so kaufte sich manch begüterte Wessi - mein Nachbar übrigens auch ein Mietobjekt drüben für das er jede Menge Fördergelder
kassierte und heute fortwährend schöne Einnahmen hat. ( Der Mieter ist das Salz des Kapitalismus).
Wir statteten ganz einfache Urlaubsorte auch mit neuen Kurkliniken aus und beim Stassenbau wurden abgerundetete Bordsteine mit den teuersten Strassenlampen (Begalampen) verwendet.
Den Solizuschlag finde ich deshalb längst überflüssig. Was ist das für ein Land, dass seinem schaffenden Bürger über 50% seines Verdienstes abknöpft?
Das ist ja noch schlimmer als der ehemalige Unfreiheitsstaat. Ein Freund von mir wandert jetzt nach Österreich aus - gute Idee.

Grüssli

Oldtimer
 
AW: Reise nach Estland

Traurig ist nur, das es noch immer Menschen gibt, die die Mauer in ihren Köpfen nicht überwinden können.

Wie soll ich denn die im Kopf überwinden, wenn ich jeden Monat auf meinem Gehaltszettel an die Mauer erinnert werde?
Dieser Beitrag war m.M. nach absolut unpolitisch!!

Solidarische Grüße Volker:bistjaliab:
 
AW: Reise nach Estland

Zunächst einen großen Dank an Ulrike für ihren Beitrag, ich kann ihr nur voll inhaltlich zustimmen. Was die Wende betraf, war dies wirklich ein großer Tag und die Entschärfung dieses Relikts des kalten Kriegs, dass sich in der Mitte Europas die zwei deutschen Staaten bis an die Zähne bewaffnet gegenüberstanden, trug aus meiner Sicht wesentlich zur Erhöhung der Sicherheit auf unserem Kontinent bei.

Auch Ulrikes Worte
Leider wurden manche Chancen vertan und nicht alles lief positiv.
kann ich nur unterstreichen. Es gab damals eine ungeheure Aufbruchstimmung, nach der friedlichen Revolution (und dass sie friedlich war verdanken wir sowohl den Demonstranten als aber auch jenen, die die Waffen besassen und diese nicht einsetzten) mit dem Ziel, ein neues Deutschland zu schaffen, in welchem das Beste aus beiden deutschen Staaten vereint werden sollte. Leider ist es dazu nicht gekommen, so dass sich positive Dinge der ehemaligen DDR durch die "Hintertür" durchsetzen. Als Beispiele möchte ich nur die stärkere polytechnische und naturwissenschaftliche Ausrichtung der Schulen, flächendeckende Kindergärten- und Kinderkrippenangebote, Abi in 12 Jahren, Ganztagesschulen, Ärztehäuser und die berühmte Landkrankenschwester anführen.

Zu Oldtimers Ausführungen kann man viel im Detail sagen. Aus meiner Sicht ist die Mauer in vielen Köpfen der über 30-jährigen in Ost und West noch vorhanden. Mit unseren Kindern wächst aber eine neue Generation heran, die diese Dinge nur noch aus Erzählungen kennen.

Kolchosen gab es in der UdSSR, jedoch nicht in der DDR. Hier gab es LPG, LPG(T), LPG(P), VEG, KIM .... Die Landwirtschaftsmitarbeiter verfügten zumindest über einen Facharbeiterabschluss, es gab diverse Studiengänge im Fach- Hochschul- und Universitätsbereich und ganz hier in der Nähe, in Meißen, eine Akademie zur Ausbildung des Führungsnachwuchses für landwirtschaftliche Produktionseinheiten. Diese zumeist sehr großen Produktionseinheiten hatten damals gegenüber der kleingliedrigen Produktion Vorteile im Effizienzbereich, jedoch Umweltprobleme, was z.B. die Entsorgung riesiger Güllemengen betraf.

Was die Rentenproblematik betrifft, kann man darüber ganze Seiten füllen. Ich gehe davon aus, dass du vor allem die höheren Renten der Ostfrauen ansprichst - diese hatten jedoch auch meist eine vollständige Erwerbsbiographie vorzuweisen. Zudem fehlt im Osten der jahrzehntelange zusätzliche private Rentenvorsorgeaufbau. Auch von den vielen Beziehern horrender Beamtenpensionen kann man hier nur träumen. Das Lohnnniveau ist sehr unterschiedlich. Während große Konzerne 100% bezahlen habe ich von einem Mitarbeiter einer privaten Entsorgungsfirma erst in der letzten Woche erfahren, dass er für 3,50 Euro / Stunde arbeiten musste - im Jahre 2009!

Solizuschlag zahlen alle, ob in Ost oder West. Fakt ist, dass ein großer Teil der Produktion nach der Wende hier zusammennbrach. Teils weil er nicht effizient genug war, teils weil er jetzt nur noch ungeliebte Konkurrenz war, teils weil man hochmoderne Produktionsanlagen lieber in die eigenen Stammstandorte verlagerte. Übrigens gibt es im Osten bis auf 2, 3 Ausnahmen keine Standorte von Konzernzentralen, die Gewinne werden also in München und Stuttgart versteuert und kommen den dortigen Kommunen zugute. Missbrauch von Solimitteln sollte man auch als solchen ahnden! Was die Ostsee betrifft, ist ein Sommerurlaub dort für die meisten Einwohner der neuen Bundesländer nicht mehr erschwinglich.

Dies nur als einige kleine Anmerkungen - wie weiter oben geschrieben kann ich mich Ulrikes Geamteinschätrzung dieses sehr komplexen Problems nur anchliessen.

Dresdner
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Reise nach Estland

ich denke mir schon die ganze zeit, daß es gut wäre, einen eigenen thread dafür aufzumachen. wenn jemand nach sowas sucht findet er es bestimmt nicht in "reise nach estland" oder?
kann man das vielleicht abtrennen?

alles liebe, sonja
 
AW: Reise nach Estland

Stimmt deine schönen Reiseerzählungen verdienen es, separat zu stehen und
nur hin und wieder mit der Forderung der Leser : Weiter so .. erzähl weiter *lechz kommentiert zun werden.
Würde ja gerne was zu Estland auch bringen aber das einzige was ich weiss, ist, dass ein Russe dort in Riga meinen Grossvater aus dem Eismeer gezogen hat und das er während seiner Stationierung dort gefallen war. Ohne diesen Russen
( eigentlich gibt es ja gar keine Russen Deutsche Amerikaner usw. sondern nur
MENSCHEN bzw. gleichwertige Lebewesen) würde er nicht mehr nach Hause gekommen sein.

Quatsch Riga ist ja die Hauptstadt von Lettland - also wieder nichts mit Wissen über dieses Land. Wir sehen das lediglich als vorderen Teil der Mongolei und sind vielleicht am meisten in der Ausgabe der neuen Euromünzen interessiert. Darum mach weiter Sonja - gerne lese ich deine Erlebisse dort.

Gruss

Oldtimer
 
AW: Reise nach Estland

*lach* ja, riga ist die hauptstadt von lettland und ein land weiter links von estland. :-)
und mir ging es eher um die erzählungen von dresdner, die es verdient haben extra zu stehen, weil ich`s spannend finde, darüber zu lesen, was andere erlebt haben.
ich bin gerade dabei bilder von meiner reise nach ontario-canada einzuscannen, damit ich meinen bericht hier ein wenig aufpeppen kann um es spannender zu amchen. leider hab ich damals noch analog fotografiert und die bilder schon in ein fotoalbum eingeklebt...

liebe grüße, sonja
 
AW: Reise nach Estland

Hallo Dresdner;
Ich wollte dir in keiner Weise persönlich nahe treten, muß aber schon darauf verweisen, daß halbe Zitate zu halben Wahrheiten führen.

Du widersprichst dich schon in deinen ersten Worten. Einerseits willst du eine unpolitische Wertung abgeben, im gleichen Atemzug verweist du auf ein politisches System.

Wenn du meinen Satz ganz zitiert hättest (oder auch vielleicht nur ganz gelesen) käme zum Ausdruck, daß ich mich auf die wirtschaftlichen Aspekte diese Systems beschränkt habe.

Zu deinem zweiten, ziemlich agressiv vertretenen Standpunkt:

Hier scheint ein profunder Kenner der gesellschaftlichen Verhältnisse der DDR am Werk zu sein. In welchem Teil der DDR warst du gezwungen zu leben? Schildere uns doch bitte detailliert, wie unfrei und unter ständiger Angst du dort leben musstest. Mich würde auch interessieren, wie genau es dem Regime gelang, dich komplett von der Außenwelt zu isolieren. Wenn ich deinem persönlichen Profil folge, musstest du dieses Märtyrium 25 Jahre lang ertragen. Wie hast du das geschafft? Wie änderte sich dein Leben in den letzten 20 Jahren? Hast du jetzt deine Erfüllung gefunden?

Oder urteilst du vielleicht aus der Ferne und hast deine Weisheiten aus Fachpostillen wie Bild, Krone & Co? Da du ja ein sehr belesener Zeitgenosse (ich hoffe, dich stört der Wortteil "Genosse" nicht) zu sein scheinst - mit welchen anderen radikalen Systemen setzt du die DDR gleich? Mit der Nazizeit? Bist du ein Jünger der Herren Carl Joachim Friedrich und Zbigniew Brzezinski und der Dame Hannah Arendt? Vielleicht kannst du uns auch helfen, uns in der heutigen Zeit besser zurechtzufinden, indem du uns die Wesensgleichheit von Sozialismus und jener Lehren verdeutlichst, welchen die Taliban nachfolgen. Auf alle Fälle sind wir schon sehr gespannt auf deine interessanten persönlichen Erlebnisse und deine profunde gesellschaftspolitische Analyse.

Ich habe nie in der DDR gelebt, aber auch ich kenne aus meiner Jugend ein System der Unfreiheit, dessen Beschreibung mir aber hier zu privat ist.

Dess Weiteren beziehe ich meine Informationen nie aus nur einer Quelle.
Ich habe sowohl viele Berichte gelesen und gesehen, als auch mit Betroffenen gesprochen.

Als erwachsener Mensch von einigem Intellekt solltest du wissen:

Man braucht nicht auf jede Herdplatte zu greifen von der einem gesagt wird, daß sie heiß ist.

...und nein, der Wortteil Genosse stört mich nicht, da diese Anrede auch in der Sozialdemokratie durchaus gebräuchlich ist ;)

Auf deine Totschlagargumente (Nazi und Taliban) möchte ich nicht weiter eingehen.
 
AW: Reise nach Estland

@alterego

Was ist der Unterschied zwischen einem normalen Menschen und einem Intellektuellen?

Ich sage es dir: Gerade der intellektuelle setzt sich auf die Herdplatte und will es ausprobieren - obwohl man ihm gesagt hat, dass diese heiss ist.

gruss

oldtimer
 
Hallo Dresdner,
hast du gut gemacht! :smi_klats

Also zu meiner Beziehung zur DDR gibt's eigentlich nur etwas aus der Nachwendezeit zu berichten.
Ich bin, um das klar zu stellen, ein absoluter Befürworter des Mauerfalls.
Ich habe seit der Wende schon mehrmals die neuen Bundesländer bereist und habe, bis auf ein unnötiges von einer übereifrigen Politesse verhängtes Knöllchen, nur positive Erfahrungen gemacht.
Das gilt insbesondere und das ist für mich am Wichtigsten für die Menschen!
Stralsund war bei meinem ersten Besuch eine reine Baustelle. Soviele Kräne habe ich noch nicht in einer Stadt gesehen.
Bei meinem zweiten Besuch war das nicht mehr so auffallend. Allerdings wurden dort schon die Zufahrtswege zur Stadt zum wiederholten Male verbreitert. (?) Kann ich nur auf das Verbauen von überschüssigen Geldern zurückführen. :bistjaliab:
Dresden, Rügen (Störtebeker Festspiele in Ralswiek ein absolutes Muss!!),
Weimar, Potsdam, u.a. Strandbad Mönkebude (Wohnmobilstellplatz 2006 - 12€ pro Nacht mit Strom, also super günstig), Tutow (DDR-Museum, super), Stralsund (Hansedom-größtes Freizeitbad Norddeutschlands, Deutsches Meeresmuseum), Spreewald ( genial), Mecklenburgische Seenplatte (wunderschön), Seiffen im Erzgebirge (Dort würde meine Frau heut noch rumlaufen und die Auslagen und Geschäfte anschauen, hätte ich sie nicht gewaltsam ins Auto gezerrt.) .... Also da könnte ich noch stundenlang weiter schwärmen.
Eigentlich schade, dass es so lange mit der Wende gedauert hat.
Eins ist sicher, wir werden uns dort noch Vieles anschauen.

In diesem Sinne
ok, dafür bezahl ich den Soli doch gern. :herz:v :pflege: :Holzhacker:

By Volker
 
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