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Bauernküche einst....

baru

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Weil's ja nicht direkt zum Kochbuch gehört, fang ich einen neun Thread an...
Meine Mutter, Jg. 1921, war ein lediges Kind und verbrachte Kindheit und Jugend auf dem Bauernhof ihrer Großmutter im Oberpinzgau. Im letzten Viertel ihres Lebens hat sie ihre Erinnerungen aufgeschrieben, mit der Hand natürlich.

Ich hab vor vor einiger Zeit alles ins Word getippt, damit ihre Geschichte auch die Enkelkinder lesen können. Am Wortlaut habe ich nichts geändert, die Schreibweise hab ich aber der heutigen Rechtschreibung angepasst.

Hier also der Teil, der das Kochen und die Speisen betrifft, wenn etwas unklar ist, bitte nachfragen!

Unsere Bauernküche:
Die Großmutter teilte abwechselnd die Aufgaben für die Weiberleut ein. Die Hauptperson blieb aber sie und ihr Wort galt alles.
Auch beim Kochenlernen musste man mit dem Frühstückkochen anfangen. Der Herd war groß, ziemlich hoch, drei Feuerstellen und ein großes kupfernes Wasserschiff („Grånter“), das stets nachgefüllt werden musste, sobald Wasser entnommen wurde. Ein tüchtiges Feuer und die große Eisenpfanne für die Milchsuppe wurde aufgesetzt. Fest umrühren und aufpassen, dass nichts übergeht und anbrennt.
Danach gab es das Milch-Mehlkoch. Ein richtiges Koch zu kochen war nicht leicht. War die Weizenernte verregnet, gab es schlechtes Mehl und die Bäuerin musste damit das ganze Jahr kochen. Meist wurden die Speisen weich und „patzig“. Raunzen traute sich keiner!
Gelang das Frühstück, so durfte man sich ans Mittagkochen wagen. Es gab die ganze Woche Knödel, abwechseln einmal Fleischknödel, einmal Kasknödel.
Wenn das Frühstück schon um 5 Uhr stattfand, war das Mittagessen für 10 Uhr bestimmt. Um 2 Uhr nachmittags gab es das Hauptessen („Untern“). Es bestand aus kräftigen Mehlspeisen, die Großmutter meist selber kochte und die immer schmeckten.
Zur Essenszeit erklang der vertraute Ton aus dem Glocken-Türmchen am Hausdach. Meist war man weit draußen am Feld und wartete auf den silbernen Klang.

Zu Festtagen, Schnitttagen, Dreschtagen und zur Brechlzeit gab es besonders gute Mehlspeisen wie Apfelküchel oder Zwetschken-Pofesen; meist halt, wenn schwere Arbeit verrichtet wurde.
Dazu gehörte auch die Waldarbeit, wo meistens im Frühjahr das Holz geschlägert wurde. Wir Weiberleut waren dran, das Essen im Buckelkorb hin zu bringen, oft 2 Stunden Gehzeit, sehr bergauf, in den Hochwald. Dann blieb man meistens bei den Knechten bis zum Abend und schleißte das Tannenreisig von den Ästen. Da gab es wieder Streu und kleines Brennholz. Abends, wenn wir heimkamen, rochen wir alle nach Harz und Wald. Und natürlich brachten wir einen mords Hunger mit. Hat sich einer bei der Holzarbeit verletzt, gehackt oder mit der Säge, so war Großmutter mit ihren Hausmitteln gleich zur Stelle. Meist mit Hühnerfett oder ein Blatt vom Bohnenstiel wurde geklopft und aufgetragen auf die wunde Stelle. Oft war der Erfolg da, aber öfter musste dann der Arzt seine Wunder vollbringen.

Weiter gab es sonst auch wieder die Wochenreihenfolge im Kochen:
am Montag Schneidnudeln mit Sauerkraut und Milch
am Dienstag Blatteln mit Sauerkraut und Milch
am Mittwoch Rohrnudeln mit Sauerkraut oder Salat
am Donnerstag Germkrapfen m. Sauerkr. u. Milch
am Freitag Bauernkrapfen mit verschiedener Fülle
am Samstag nochmals Rohrnudeln mit Apfelkompott
am Sonntag gab es Fleischknödel und nachmittags Kaffee.
Für den Kaffee hatten wir uns extra zu bedanken. Er bestand aus einem Aufguss von gebräunten, gemahlenen Roggenkörnern und etwas Feigenkaffee, schmeckte aber hervorragend!

Am Abend als „Nåchtaö“ gab es meistens eine Suppe oder Reste vom Mittag, hinterher eine Schüssel mit Milch und Brot dazu. Alle löffelten aus einer Schüssel. Es war nicht immer appetitanregend, wenn dem alten Knecht die Nase tropfte. Da gab es bei uns Jüngeren wieder Gelächter, das wir schwer einbremsen konnten, bis der Bauknecht mit „Schämt euch!“ Einhalt gebot. (Mit Recht!)
Es gab auch nette Tischgespräche, die einem wieder allerhand lehrten.
Die Milchverarbeitung wie Buttern und Käsen war im Winter Weiberleut-Arbeit, immer dazu früh aufstehen.
Brotbacken alle 14 Tage, wo für jeden Tagesverbrauch ein Laib gerechnet wurde. Die Brotleiter war im Keller an der Decke hängend.
Die große Käse-Stellage, das Fass mit Sauerkraut, ein großer Holzkasten aus Brettern für den Kartoffelvorrat; alles schön in Ordnung gehalten.
Der Käselaib fein geschabt, benetzt und gesalzen, gut gelüftet, damit das Brot nicht schimmelt.
Die Butter wurde jede Woche zu 1 und ½ kg ausgewogen und am Samstag früh zu den Kunden im Dorf gebracht. Der Erlös gehörte der Bäuerin, die davon wieder den Einkauf tätigen musste. 1 kg Butter kostete in den 30er Jahren 4,50 Schilling, 1 Ei 20 Groschen.


Ergänzung:
Mittag - Mittåg, Betonung auf dem å, ist die Bezeichnung für das Mittagessen
Mittag, Betonung auf dem i, ist der Name für Mittwoch
 
Auf Ulrikes Anregung hin, füge ich ein kleines "Wörterbuch" an, wenn noch etwas erklärungsbedürftig ist - bitte PN - ich es ergänze hier.


Milchsuppe:
Suppe aus heller Einbrenn mit Milch aufgegossen
im Sommer das 1. Frühstück um ca. 5 Uhr (die Mäher standen um 4 Uhr auf und begannen ohne Frühstück mit der Arbeit), im Winter öfter auch als Abendessen,dazu Butterbrot; manchmal wurde auch altes Brot eingebrockt

Koch:
Dicker Mehlbrei (helle Einbrenn mit Milch), nachdem Kochen mit Butter belegt;
jahreszeitliche Varianten: bestreuen mit Kirschen, Preiselbeeren, Heidelbeeren oder nur mit Zucker.
Bei schwereren Arbeiten wurde es auch mit Röstkartoffeln belegt.
Da gab es ein eigenes Holzgefäß, das Küberlkoch-Küberl; zum Essentragen in den Holzschlag oder auf die Bergwiese würde ein Küberl verwendet, in das abwechselnd Lagen mit Koch und Röstkartoffeln ("khreste Easchdepfö") gefüllt wurden.
Im Sommer 2. Frühstück um ca. 7 Uhr; in weniger arbeitsintensiven Zeiten auch als Abendessen

Fleischknödel:
Teig aus am Vortag gekochten Erdäpfeln, etwas Brot, Speck, Ei; manchmal auch mit rohem, faschiertem Fleisch, das waren dann die Greafleischknödel ("Grünfleisch...")

Kasknödel:
Teig aus Kartoffeln, event. altes Brot, Käsereste, Ei
Pressknödel: in der Bratpfanne flachgedrückt, "gepresst",danach in Wasswer aufgekocht; waren lange haltbar und wurden z.B. zu den Almleuten auf die Alm gebracht.
"Nackerte Kk.", die waren rund und wurden gleich im Wasser gekocht, das Kochwasser war zugleich die Suppe dazu und wurde mit in Butter gerösteten Zwiebeln "ågschmalzt".

Schnitttage:
Wenn das Korn geschnitten wurde, mit Sicheln

Brechlzeit:
Früher bauten die meisten Bauern selber Flachs an, um daraus den "Hår" zu gewinnen, musste gebrechelt werden, der Hår wurde dann zu rupfernem (grob) und harbenem (etwas weniger grob) Tuch verwebt.

Schneidnudeln: im Dialekt "Åjeschneidnidaö"
Aus Kartoffelteig werden kleine Rollen gerollt, von denem ca. 2 cm lange Stückerl abgeschnitten werden, die werden dann in einer flachen Pfanne rundum geröstet

Blatteln:
ähnlich einem Nudelteig, nur aus Roggenmehl, manchmal auch mit Erdäpfeln, in ca. 1 dm² größe Stücke geschnitten und in Schweinefett schwimmend herausgebacken; wenn die Ernte gut war, gab es auch manchmal "woazane B." (aus Weizenmehl)
 
Hallo Baru,

ich glaube du hast da ein sehr schönes Stück Zeitgeschiche von deiner Mutter bekommen. Ich finde es sehr informativ und zudem sehr interessant geschrieben. Wenn es dazu vielleicht noch passende Fotos gäbe würde ich sagen, dass du da ein druckreifes Werk in den Händen hältst! Dazu noch ein Glossar von dir... ich würde sofort eines kaufen!!

Vielen Dank für die Einblicke in die Bauernküche von einst im Pinzgau :smi_blume

Viele Grüße

Berit
 
Eigentlich frag' ich mich schon seit langem was ich mir unter einem "Küchlspieß" vorzustellen habe. Ist das ein Schürhaken?

Grüße

Berit
 
Berit (SAGEN.at) schrieb:
Eigentlich frag' ich mich schon seit langem was ich mir unter einem "Küchlspieß" vorzustellen habe. Ist das ein Schürhaken?

Grüße

Berit

Hallo Berit!
Das Wort ist mir unbekannt, aber ich erinnere mich an ein Küchengerät, das verwendet wurde, wenn etwas "schwimmend" im heißen Schmalz (Butterschmalz oder eine Mischung aus Butterschmalz und ausgelassenem Schweinsfett) herausgebacken wurde, wie z. B. (Äpfel-, Hollerblüten-, Brennessel-)"Kiachl" :
Da gab es zum einen den "Muaser", eine kurze, 6 - 8 cm breite 'Kelle' mit langem Stiel, verwendet beim Kochen von Muas und Schmarren zum Zerkleinern und Wenden.
Zum andern war da eine breite Gabel mit nur 2 Zacken , ähnlich einer Tranchiergabel, nur breiter, mit kürzeren Zacken und längerem Stiel.
Mit diesen beiden Geräten wurden Kiachl, Krapfen, Strauben usw. im Fett gewendet bzw. herausgefischt. Mir ist leider kein Name dafür bekannt.

Könnte es sein, dass das ein 'Kiachlspieß" ist?

PS.: Kiachl ist bei uns alles, was in Backteig getaucht und schwimmend herausgebacken wird
 
Hallo Baru,

da hast du ja wieder einmal interessante Details für uns. Den "Muaser" kenn ich (glaub ich) unter "Stecherle" und ich mein, dass es in Vorarlberg sogar einen eigenen Namen hat. Und aus Erzählungen hab ich irgendwas im Kopf, dass dieses Gerät gern zur Hochzeit verschenkt wurde...

Die zweizackige Gabel ist mir auch aus der bäuerlichen Küche bekannt, kenn aber auch keinen Namen dazu.

Eigentlich würde ich auch vom "Küchlspieß" auf den "Kiachelspieß" schließen, aber der Autor gibt als Schriftwort "Kücheneisen" an... es wird mir immer ein Rätsel bleiben :kopfkratz

Viele Grüße

Berit
 
Grüß dich, Berit!
Berit (SAGEN.at) schrieb:
Eigentlich würde ich auch vom "Küchlspieß" auf den "Kiachelspieß" schließen, aber der Autor gibt als Schriftwort "Kücheneisen" an... es wird mir immer ein Rätsel bleiben :kopfkratz
Schau, was ich auf sagen.at gefunden hab: :)

Der goldene Küch'lspieß

Einst machte Doctor Thephrast einen Spaziergang von Innsbruck nach Amras; da kam er an einem Bauernhofe vorbei, auf dem er einmal ein Kind kurirt [kuriert] hatte. Die Bäurin sah ihn, und dankbar eingedenk seiner Wohlthat lud sie ihn ein, zu ihr einzutreten, und bewirthete ihn mit frischgebackenen Nudeln (Krapfen). Darauf wollte sich de Doctor hinwiederum dankbar erzeigen, er nahm den eisernen Küchlspieß (das Kucheneisen) und überstrich ihn mit einer gelben Salbe, worauf derselbe sich alsbald in pures Gold verwandelte.

Selbiger Spieß ist hernachmals der Bäurin um schweres Geld abgekauft worden, und in die Amraser Sammlung gekommen, allwo er sich noch befindet, dermalen im Belvedere zu Wien und hoffentlich bald wieder in Amras.

Quelle: Mythen und Sagen Tirols, gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Zürich 1857, S. 306f, Nr. 7
 
Faschingszeit - Krapfenzeit
Es gab in der Faschingszeit in unserer Gegend eigentlich nur 2 Tage, an denen Krapfen gebacken wurden: Am Lichtmeßtag (2. Feb.) und am "Fasten-Pfingsti" (Donnerstag vor der Fastenzeit).
Heuer ist ein kurzer Fasching, weshalb der Lichtmeßtag auf den Faschingsamstag fällt. Somit wäre heuer nur ein Krapfentag.
Ich kenne neben den bekannten Faschingskrapfen noch die "Strauben" und "Mäuse". Sollten Rezepte gesucht sein, müßte ich mich erkundigen.
Übrigens: Heuer sollte man nicht heiraten, denn im kurzen Fasching kommen auch die "schiachen Weiber" zum Heiraten (Volksauspruch!).
lg far.a
 
far.a schrieb:
Sollten Rezepte gesucht sein, müßte ich mich erkundigen.
Übrigens: Heuer sollte man nicht heiraten, denn im kurzen Fasching kommen auch die "schiachen Weiber" zum Heiraten (Volksauspruch!).
Ein erprobtes Rezept für Faschingskrapfen findest Du im Thread "Faschingszeit-Krapfenzeit"

Heuer sollte man nicht heiraten, denn im kurzen Fasching kommen auch die "schiachen Weiber" zum Heiraten
Da sollte sich aber gerade heuer die Eine oder die Andere beeilen ...:floet:
 
Hallo Baru,

was kann ich mir eigentlich unter "Rohrnudeln" im Salzburger Raum vorstellen? Zumal es ja wohl noch "süße" und "salzige" gibt, wie auch von dir aufgelistet: mal mit Kraut und mal mit Apfelkompott?

lg Berit
 
Meine Erinnerungen an die westfälische Küche meiner Kindheit: Samstag immer
Eintopf, Freitag kein Fleisch (überhaupt wenig, höchstens Sonntag), viel
Bratkartoffeln, dazu auch Milchsuppe. Jeder aß einen Löffel aus seinem Teller und ging dann in die gemeinsame Pfanne, die mitten auf dem Tisch stand.
Süße Nudeln mit Dörrobst! (Echt lecker) - Graupensuppe (mein "Ekelgericht").
Es gab, was im Garten war an Gemüse, viel Bohnen (Dicke Bohnen "Graute
Bohnen" - auch Saubohnen genannt). Reibeplätzchen (bei uns Pannekauken
genannt) mit Apfelmus, Rübenkraut , Zucker - dazu wurde Kaffee getrunken
(Kinder natürlich nicht). Süße Apfelpfannkuchen (Eierkuchen). Eier wurden
sparsam verbraucht, manchmal auch verkauft . Man brauchte sie zum Backen
und an den Festtagen. Die Hühner wurden für eine kräftige Suppe gekocht,
das Fleisch sogar eingeweckt (eingekocht). ""Himmel und Erde" Kartoffelbrei mit
Apfelmus und gebratenen Wurstscheiben (Fleisch- oder einfache Blutwurst).
Überhaupt viel Kartoffeln - auch "Pellmänner" (Pellkartoffeln), dazu meist
Hering (Brathering). Sauerkraut (vom Faß), Wirsingpudding (Hackfleisch u.
Wirsing geschichtet, im Wasserbad gegart). Mein Lieblingskohl war Rosenkohl!
Ich haßte Stielmus! - Kuchen sonntags vom eigenen Obst: Pflaumen, Äpfel,
Sauerkirschen. - Klöße kenne ich eigentlich von "ganz früher" nicht.
So in Kürze noch einiges zu diesem interessanten Thema!
Viele Grüße von Ulrike! P.S. Die berühmte Henriette Davidis stammt übrigens
aus meiner Region (Kochbücher). Auch im Dortmunder Westfalenpark befindet
sich ein Kochbuchmuseum. Wer Interesse hat, findet Infos im internet!
 
Griaß di, Berit!
Rohrnudeln = Buchteln (oder Wuchteln), also eine "Germspeise" (Germ = Hefe), im Rohr gebacken.
Je nach dem, ob man sie mit süßer oder saurer "Zuaspeis" (Beilage) essen will, wird der Teig entsprechend zubereitet .
Dann gibt es noch die "Pfånnanudeln", die werden in Butter langsam in einer flachen Pfanne auf dem Herd "außabåchn" (gebacken).
Mir waren die immer lieber, weil sie so eine schöne, braune, knusprige Rinde hatten!

Eine besondere Art der Pfånnanudeln sind noch die "Rachnudeln": Sie wurden am Tag vor den "Rauchabenden" (Rauhnächte) zu Mittag gegessen. Ihr Teig wurde mit Weinbeerln (Rosinen oder Zibeben) verbessert - das gehört heute aber schon zu den fast ausgestorbenen Bräuchen.
 
Süße Nudeln mit Dörrobst! (Echt lecker)

Sowas heisst an der Nordsee "Plomen und Klütschen" - Klütschen sind selbstgemachte Nudeln aus Mehl, Ei und ein wenig Wasser. Die Teigmasse wird klein geschnitten und zusammen mit dem Dörrobst (auch "Backobst") in leicht gesalzenem Wasser gegart.

Das Gericht gibt es bei mir immer noch im Sommer - weil man es eben auch kalt essen kann. Am Folgetage, wenn das Gericht so richtig durchgezogen ist, ist es besonders lecker.

- Graupensuppe (mein "Ekelgericht").

Es kommt auf die Zubereitung an. Bei uns wurden solche Suppen stets für mehrere Tage gekocht und im sogenannten "Henkelmann" mit zur Arbeit und auch auf See während des Fischfangs mitgenommen. Das Problem der Graupensuppe ist jedoch, dass Gerstengraupen sehr viel Flüssigkeit ziehen und die Suppe beim Wiederaufwärmen sehr leicht anbrennt. Man muss da höllisch aufpassen, denn angebrannte Graupensuppe ist so mit das Widerlichste, was es gibt.

Es gab, was im Garten war an Gemüse, viel Bohnen (Dicke Bohnen "Graute
Bohnen" - auch Saubohnen genannt).

Bei uns wurden und werden Grüne Bohnen auch als sogenannte "Schnibbelbohnen" unter Zugabe von Salz wie Sauerkraut haltbar gemacht. Als Eintopffan mag ich den Schibbelbohneneintopf sehr - allerdings muss man klar sagen, dass dieser Eintopf wirklich Geschmackssache ist.

Die Hühner wurden für eine kräftige Suppe gekocht,
das Fleisch sogar eingeweckt (eingekocht).

Bei uns wurde auch Rinder- und Schweinefleisch eingekocht, ebenso wurde Fleischbrühe eingeweckt.

""Himmel und Erde" Kartoffelbrei mit
Apfelmus und gebratenen Wurstscheiben (Fleisch- oder einfache Blutwurst).

Statt mit Apfelmus kenne ich das Gericht mit sauer eingelegtem Gemüse: Gurken, Blumenkohl, manchmal auch mit Pflaumen und Birnen. Dazu gab es Hackgrütze (Knipp) und Beutelwurst (eine speziell Blutwurst aus Blut, fettem Speck und Hafergrütze, die in der Pfanne gebraten wird).

Im Sommer zur Erntezeit gab und gibt es ein ganz besonderes Gericht mit einem ganz speziellen Namen: Boddermölkendörgetauels.

Dem Gericht "Boddermölkendörgetauels" eilt - ähnlich wie dem Schnibbelbohneneintopf - auch ein ganz spezieller Ruf voraus: entweder man mag's oder man hasst dieses Gericht und wendet sich mit Grauen ab, denn bei dem Gericht "Boddermölkendörgetauels" handelt es sich gestampfte Kartoffeln, die in Buttermilch aufgekocht werden.


Überhaupt viel Kartoffeln - auch "Pellmänner" (Pellkartoffeln), dazu meist
Hering (Brathering).

Die "Pellmänner" gibt's auch an der Küste. Allgemein werden sie in der Regel mit Öl und Salz gegessen, dazu gibt es gewässerten Salzhering oder sauer eingelegten Brathering und eingelegte Rote Beete.

Wirsingpudding (Hackfleisch u.Wirsing geschichtet, im Wasserbad gegart).

Ich kenne das Gericht auch mit eingekochtem Rindfleisch... Auch superlecker. Nur den Kümmel darf man da nicht vergessen.

Ansonste gab es an der Küste recht viel Fisch - da allerdings überwiegend Hering, Aal und Beifangfische. Hochwertiger Fisch blieb und bleibt nicht beim Fischer - denn schon ein sehr großer Heilbutt kann auch heute noch so viel einbringen, dass die Betriebskosten für einen Monat gedeckt sind. Eine gewisse Rolle spielten früher noch Weißfische, die allerdings wegen ihrer vielen Gräten nur gebraten und anschließend sauer eingelegt genießbar sind.
 
Danke, Nordlicht! Schnippelbohneneintopf kenne ich auch (mit einem Schuß Essig). Mog i aber net! Heute hatten wir Pellkartoffeln mit Hering. Mal eine
Frage : Früher gab es ganze Bratheringe in der Dose. Heute nur Filets, meist
weich und matschig. Der ganze Fisch war fester! Was sagt der Fachmann?
Liegt es am Kundenverhalten? - Viele Grüße von Ulrike
 
Also eine gute "Gerschtensuppe" gehört mit zu meinen Lieblingsgerichten, hin und wieder koche ich sie auch. Wichtig ist für mich dabei, dass

- Gemüse (Porree/Lauch, Karotten) darin vorkommt

- gutes Selchfleisch verwendet wird.

Natürlich gibt es nach den eingefleischen Graupenkennern immense Unterschiede in der Korngröße.... ich habe beim letzten Mal eine "Bio-Gerste" verwendet, also mit Schale, da war die Suppe dann farblich ein wenig dunkler und der Wolfgang fand das dann nicht so toll, geschmacklich aber 1a.

und wie schon angesprochen, es sollte kein dicker Brei sein, sondern immer noch eine dicke Suppe.

lg Berit
 
- gutes Selchfleisch verwendet wird.

Bei uns wird in der Regel gekochtes Rindfleisch (aus der Beinscheibe und/oder der Rinderbrust, dazu reichlich Sand- und Markknochen) verwendet. Dieses Rindfleisch wird zuvor mit reichlich Suppengrün gekocht. Aus der Brühe wird zum einen die Graupensuppe gekocht, zum anderen werden aus Fleisch und Brühe auch noch weitere Gerichte zubereitet. Hierzu gehört als Sonntagsgericht u.a. Rindfleisch in Senf- oder Kapernsauce. Insbesondere an den Küsten haben die Kapern den früher gern verwandten Meersenf verdrängt, der geschmacklich den Kapern sehr nahe kommt.
Natürlich gibt es nach den eingefleischen Graupenkennern immense Unterschiede in der Korngröße....

Bei Gerstengraupen bevorzuge ich persönlich die sehr groben Graupen - in Norddeutschland auch "Kalverteen" oder "Kälberzähne" genannt. An Stelle der kleinen Graupen wird bei uns eher Hafergrütze verwandt, die auch eine sehr schmackhafte Suppe ergibt. Leider ist Hafergrütze außerhalb der Küstenregion z.T. schwierig zu bekommen.
 
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