Hier ein Beleg zu Adolf Bleicherts (Neu-)Erfindung der Luftdrahtseilbahn aus dem Jahre 1887:
Luftdrahtseilbahn
Als mechanisches Beförderungsmittel für kleine Lasten ist neuerdings die Drahtseilbahn zu wichtiger Bedeutung gelangt, deren Anfänge bis in das 15. Jahrhundert zurückreichen, deren Benutzung aber lange Zeit vergessen war und die erst neuerdings wieder in viel verbesserter Form zur Anwendung gebracht worden ist.
Wenn die Leistungsfähigkeit der Lokomotive mit Bezug auf Lastenbeförderung im großen auch nicht annähernd von der Drahtseilbahn erreicht werden kann, so schafft dieselbe doch für kleinere Entfernungen und namentlich in solchen Fällen, wo die Anlegung von Eisenbahngleisen auf Schwierigkeiten stößt, großen Nutzen, indem sie über Gewässer und Täler, Straßen und Gebäude hinweggeführt und steile Anhöhen hinauf und hinab geleitet werden kann.
Die verbesserte Drahtseilbahneinrichtung beruht auf der Anwendung von gespannten und in gewissen Entfernungen unterstützten Drahtseilen, die als Laufbahn für die daranhängenden Fördergefäße dienen, deren Bewegung durch ein andres von einer Dampfmaschine oder unter Umständen auch einer Wasserkraft gezogenes Drahtseil erfolgt. Bei Drahtseilbahnen für unununterbrochenen Betrieb wird die Laufbahn durch zwei parallel nebeneinander gespannte Drahtseile oder Rundeisenstangen, die so genannten Stand- oder Laufseile oder Laufdrähte, gebildet, welche an dem einen Endpunkte der Bahn fest verankert und an dem andern Endpunkte über Rollen gelegt und mit Gewichten belastet sind. Bei zu steifen Drähten werden die über die Rollen gelegten Enden durch Ketten gebildet. Auf der Bahnlinie werden die Standseile durch Stützen getragen. Die Enden der Bahnlinie werden durch Weichen verbunden, so dass die Wagen ungehindert von dem einen Standseil auf das andere gelangen können.
Ein an beiden Endpunkten der Bahn über wagrechte Scheiben geführtes und durch irgendeine Bewegkraft in Bewegung gesetztes endloses Seil, das Zugseil, bewirkt die Fortbewegung der in Rollen auf den Standseilen hängenden Förderwagen, wie dies aus der Abbildung ersichtlich ist. Diese Wagen sind durch besondere, leicht lösbare Kupplungsvorrichtungen mit dem Zugseile verbunden und werden so von demselben zum Kreislaufe gezwungen.
Hat ein gefüllter Wagen die Bahn in ihrer ganzen Länge durchlaufen, so löst sich derselbe selbsttätig von dem Zugseile ab und geht auf die Weiche, während das Zugseil sich ungestört weiter bewegt. Nachdem ein Arbeiter den Wagen entleert und auf der Weichenschiene weiter nach dem andern Standseil geführt und daran befestigt hat, bewegt das Zugseil den Wagen nach der ersten Abgangsstation zurück. Die Auskupplung erfolgt hier gleichfalls selbsttätig und der Wagen gelangt auf der Weichenschiene zu den Beladestellen, wird daselbst gefüllt und wieder auf das erste Standseil gebracht, worauf der selbe den gleichen Kreislauf in der beschriebenen Weise aufs neue zurücklegt.
Werden jedoch bei etwa eintretender zeitweiliger Unterbrechung des Betriebes die Wagen nach den beiderseitigen Stationen eingezogen, so nehmen besondere Tragrollen, die an einer gewissen Anzahl der Unterstützungen angebracht sind, das Zugseil auf.
Meist gestatten die örtlichen Verhältnisse die Beibehaltung der geraden Linie für den Lauf der Bahn; ist dies jedoch aus besonderen Gründen nicht ausführbar, so kann die Bahn in so genannten Brechpunkten unter beliebigen Winkeln mit Anwendung von Kurvenunterstützungen geführt werden. Die Länge der Drahtseilbahn ist unbegrenzt. Bei Längen über 5000 m werden Zwischenstationen eingeschaltet, an denen das Zugseil unterbrochen wird.
Von der Bleichertschen Drahtseilbahn sind bis jetzt im ganzen über 260 Anlagen mit einer Gesamtbahnlänge von ungefähr 270 000 m ausgeführt; dieselben dienen zur Beförderung der verschiedenartigsten Lasten, insbesondere zur Beförderung von Kohlen, Erzen, Sand, Gesteinen, Baumaterialien u. s. w. und es schaffen dieselben in den geeigneten Fällen großen Nutzen.
Neuerdings ist in England von Flemming Jenkin auch eine elektrische Drahtseilbahn ausgeführt worden, auf welcher ein ganzer Zug von Förderlasten mit einer daran gespannten elektrischen Lokomotive auf dem Drahte oder Seile läuft, wobei diese Lokomotive den elektrischen Strom von einer an der Station aufgestellten Dynamomaschine durch die Bahn selbst zugeführt erhält. Da bei dieser Art der Seilbahnbeförderung kein Zugseil wirksam ist, sondern die Wagenbewegung ähnlich wie bei dem Eisenbahnbetriebe nur durch das Haften der Lokomotivräder an der Bahn bewirkt wird, so können mit dieser elektrischen Bahn Steigungen kaum überwunden werden und es ist auch das Gewicht der zu befördernden Last ein ziemlich beschränktes.
Quelle: Das Buch der Erfindungen, Gewerbe und Industrien, Hg Professor F. Reuleaux Sechster Band, Die mechanische Bearbeitung der Rohstoffe, Leipzig und Berlin 1887, S. 65 – 66.
Bild im Anhang!
Wolfgang (
SAGEN.at)