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Adolf Bleichert & Co - Seilbahngeschichte

SAGEN.at

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Teammitglied
Wer kennt schöne Dokumentationen von Seilbahnen der Firma "Adolf Bleichert & Co"?

Diese Dokumentationen, falls es sie überhaupt im Internet gibt, würden vermutlich in vielen Sprachen vorliegen, da die Bleichert-Seilbahnen weltweit errichtet wurden.

Die Hochblüte der Firma "Adolf Bleichert & Co" war zwischen 1876 und 1932, die Firma Bleichert hat über 7000 Seilbahnen weltweit errichtet. Der Ingenieur Adolf Bleichert (1845 - 1901) gilt als Erfinder der modernen Drahtseilbahn.

Unverändert ist mir bisher nur eine einzige erhaltene Seilbahn von Bleichert bekannt, hier auf SAGEN.at dokumentiert: Die Marmorbahn in Laas - ein technisches Weltwunder.

In renovierter Form dürften im Alpenraum noch Bleichert-Seilbahnen existieren, möglicherweise die Zugspitzbahn in Ehrwald, die Patscherkofelbahn in Innsbruck, die Raxbahn auf den Semmering, die Pfänderbahn in Bregenz, oder die Seilbahn Bozen - Kohlern, die die drittälteste Personenseilbahn der Welt ist.

Nun ist eben die Frage, wer weitere Bahnen bzw Dokumentationen zu Bleichert-Bahnen in aller Welt ausfindig machen kann?

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Zuletzt bearbeitet:
In Dresden gibt es noch bis zum 2. November 2008 eine Ausstellung über die Firma Bleichert. Hier sind noch einige Impressionen davon:
(Admin: externer Link bzw Bilderlinks existieren nicht mehr)

Als vermutlich einmalig zu bezeichen ist die wohl letzte, original erhaltene Personenluftseilbahn von Bleichert, die Predigstuhlbahn:
https://www.predigtstuhlbahn.de/bahn/predigtstuhl-seilbahn

In der Schweiz gibt es von den Bleichert-Luftseilbahnen (Säntis, Engelberg, Melchsee-Frutt etc.) kaum mehr originale Bauten. Sie wurden alle bereits mehrere Male erneuert resp. ersetzt.
 
Mit Interesse habe ich die beiden vorstehenden Artikel, einschliesslich der freundlichen Erwähnung meiner Internetseite http://www.bergbahngeschichte.de/bleichert.htm gelesen.
Ich habe versucht, auf dieser Seite die wichtigsten Informationen zum Werdegang A. Bleicherts sowie zur Ausstellung zusammenzufassen.
Die Literatur zur Firma Bleichert ist von ihrem Umfang her sehr begrenzt. Es ist das Ergebnis der Arbeit des Leipziger Heimatforschers Dr. Manfred Hötzel, dass die Verdienste Bleicherts nicht vollständig vergessen wurden.
Dr. Hötzel verfasste im Rahmen der Reihe "Gohliser Historische Hefte" zwei Publikationen, so die Schrift "Adolf Bleichert und sein Werk" sowie eine Schrift zu den Söhnen Bleicherts. Beide Schriften enthalten alle vorhandenen Informationen zur Familie, den Werken sowie zu Aufstieg und Niedergang der Firma. Dr. Hötzel gab 2007 und 2008 auch Kalender zur ehemaligen Firma Bleichert heraus.
Aus technikgeschichtlicher Sicht sehenswert ist in erster Linie die Predigtstuhlbahn Bad Reichenhall (http://www.bergbahngeschichte.de/predigtstuhlbahn.htm), die älteste, im Originalzustand erhaltene Seilschwebebahn der Welt. Eine weitere Bleichertbahn mit ihren markanten Kabinen verkehrt im niedersächsischen Bad Harzburg (http://www.bergbahngeschichte.de/burgbergseilbahn.htm). Sehr interessant ist für mich auch der hier vorgestellte Bericht zur Laaser Marmorbahn. Am Zugspitzgipfel verkehren keine Bleichertbahnen mehr. Alle ehemaligen Bleichertbahnen für Personentransport in Österreich wurden erneuert bzw. "vermodernisiert".
Die Nachkommen der ehemaligen deutschen Bleichertdynastie leben verstreut in aller Welt. Einer der Nachkommen, der in New York lebende Herr Rolf von Bleichert versucht, die Tradition seines berühmten Vorfahren zu bewahren und über seinen Sohn auch der englischsprachigen Welt mittels diverser Publikationen zugänglich zu machen.
Bei allen Versuchen der Recherche - viele interessante Dokumente sind nicht mehr auffindbar. So der Vertrag zwischen Bleichert und Zuegg, der Bleichert die Nutzung der Zueggschen Patente gestattete sowie eine Gesamtübersicht der von Bleichert hergestellten Bahnen.
Sollte es auf diesem Weg möglich sein, weitere Erkenntnisse zur Arbeit Bleicherts als auch Zueggs zu gewinnen - wir freuen uns über jeden Hinweis und jedes zur Verfügung gestellte Material. Schliesslich soll auch die Internetseite http://www.bergbahngeschichte.de/ dazu beitragen, technikgeschichtliche Leistungen unserer Vorfahren für uns und unsere Nachwelt sichtbar zu erhalten.
Dresdner
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Dresdner,

herzlichen Dank für Deine kompetente Rückmeldung!
Deine Datenbank http://www.bergbahngeschichte.de/ ist wohl für jeden an der Technikgeschichte bzw am Kapitel Seilbahngeschichte interessierten die erste Anlaufstelle. Ich schätze diese sehr.

Etwas überrascht bin ich über Deine Feststellung, die Predigtstuhlbahn sei die "älteste, im Originalzustand erhaltene Seilschwebebahn der Welt."
Und diese Feststellung ausgerechnet von Dir aus Dresden... ;)

In allen mir bekannten Lexika wird die "Dresdner Bergbahn" als die älteste Bergseilbahn der Welt geführt. Wenn ich das richtig sehe, läuft ja auch dort noch Deine Ausstellung zu den Seilbahnen von "Adolf Bleichert & Co."

Ich weiß, das Gerangel um die älteste Seilbahn der Welt liegt an kleinen Definitionen und unterschiedlichen Auffassungen. Es wäre hier wirklich mal an der Zeit, eine ordentliche Systematik zu veröffentlichen.

Etwas gar bunt treibt es in dieser Hinsicht Bozen (Südtirol), deren Kohler Bahn (Kohlerer Bahn) am 29. Juni 2008 das Hundert-Jahr-Jubiläum gefeiert hat, allerdings bei dieser und anderen Gelegenheiten nicht müde wird, ständig die Unwahrheit zu verbreiten, die älteste Seilbahn der Welt zu sein..... :down:


Zurück zu Adolf Bleichert:
Dein Zitat:
Alle ehemaligen Bleichertbahnen für Personentransport in Österreich wurden erneuert bzw. "vermodernisiert".
ist natürlich zweifellos richtig.
Allerdings möchte ich bemerken, dass manche Hinweise auf "Adolf Bleichert & Co." erhalten sind, vgl etwa das Foto von Berit am Hafelekar in Innsbruck, ein weiteres geschnitztes Beispiel von der Nordkettenbahn in Innsbruck hier im Anhang.

Die Marmorbahn in Laas ist die einzige vollständig erhaltene Seilbahn der Firma Bleichert im Originalzustand!
Zur Marmorbahn kann man nur sagen, dass sich Südtirol leider bisher gar nicht bewusst ist, welches Technikjuwel dieses Land hat.
Die Laaser Marmorbahn wäre übrigens gar nicht so einfach zu definieren, denn diese hatte früher noch eine ganze Reihe weiterer Aufgaben. Lediglich die fünfte Etappe ist 1973 untergegangen, aber im selben Jahr noch veröffentlicht Prof. Dr. Werner Rutz in der Zeitschrift "Technikgeschichte" (des VDI - Verein Deutscher Ingenieure) den energischen Appell "das einmalige Zeugnis der Seilbahn- und Bremsbergbau-Technik" unter allen Umständen zu erhalten.

Das ist jetzt 35 Jahre her und im Augenblick fährt die Marmorbahn täglich im normalen Produktionsbetrieb. Es ist sehr zu hoffen, dass dieser Zustand erhalten bleiben kann...

In der Hoffnung auf Diskussion

Wolfgang (SAGEN.at)
 

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  • Nordkettenbahn_Innsbruck_Bleichert.jpg
    Nordkettenbahn_Innsbruck_Bleichert.jpg
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Was die Predigtstuhlbahn als älteste, im Originalzustand verkehrende Seilschwebebahn der Welt betrifft, bleibe ich bei meiner Einschätzung. Die von dir angesprochene Bergschwebebahn Dresden ist keine Seilschwebebahn, sondern eine Bergschwebebahn, welche statt auf einem Tragseil auf einer Fahrschiene geführt wird. Somit darf sie sich zwar "erste und auch älteste Bergschwebebahn der Welt" nennen, nicht aber älteste Seilschwebebahn.
Die Dresdner Anlage ist seilbahntechisch gesehen eine Sonderkonstruktion, welche nur noch in zwei weiteren Fällen gebaut wurde. Dies war der Schrägaufzug beim Palace-Hotel in St. Moritz (1907 - 1922) und ist aktuell der Aufzug unter der neuen Olympiaschanze Garmisch-Partenkirchen. Streiten kann man auch darüber, ob die nur saisonal betriebene Gruppenpendelbahn Heiligenbluth (Kabinen laufen an einer an der Tunneloberkante befestigten Fahrschiene) auch eine derartige Anlage ist.
Was die Originalität der Predigtstuhlbahn angeht, ist diese mit der Laaser Marmorbahn vergleichbar, beide Bahnen verkehren im Originalzustand.
Der im vorstehenden Artikel geäußerte Ansicht zur Kohlerer Bahn kann ich mich nur anschließen. Auch die Jubiläumsschrift zu deren 100-jährigen Geburtstag enthält neben falschen Fotozuordnungen mehrere Fehlbewertungen. Neben der Laaser Marmorbahn sehe ich noch ein weiteres Stück Südtiroler Seilbahngeschichte in Gefahr: die Ifinger Seilbahn Meran 2000, die letzte große Troyer-PB. Die Anlage soll bereits seit einigen Jahren in eine neue, große 100-er PB umgebaut werden, es ist jammerschade, wie speziell die Tal- und die Mittelstation verfallen. Im Büro des Geschäftsführeres in der Talstation sind die originalen Baupläne Troyers komplett vorhanden. Zu wünschen wäre, dass wenigstens diese Dokumente gerettet werden.
Dresdner
 
Hallo Dresdner,

was den Boznern mit ihren Behauptungen rund um das Jubiläum "100 Jahre Kohlererbahn" in den Sinn gekommen ist, ist mir auch völlig rätselhaft?

Ich habe schon Monate vor Erscheinen der Festschrift die Verantwortlichen mehrfach schriftlich auf ihre falsche Darlegungen aufmerksam gemacht.

Schließlich wurde auch eine Südtiroler Zeitung auf die falsche Sachlage aufmerksam...

Daraufhin wurde von den Herausgebern der Festschrift eine Südtiroler Definition für „Berg“ etabliert, was bedeutet, dass die Bahnen in Dresden (84 Meter) und San Sebastian (28 Meter) aus Südtiroler Sicht auf keinen „Berg“ fahren. Zur Sicherheit wurde noch argumentiert: „Bei den Bahnen in Dresden und San Sebastian handelt es sich um Jahrmarkt-Bahnen.“

Vielleicht sollte auch erwähnt werden, dass die Kohlerer Bahn zum vierten Mal neu errichtet wurde, die oben angesprochenen Bahnen aber im Originalzustand betrieben werden.


Interessant ist Dein Hinweis auf die Ifinger Seilbahn Meran 2000. Die muss ich mir unbedingt in nächster Zeit ansehen.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
„Bei den Bahnen in Dresden und San Sebastian handelt es sich um Jahrmarkt-Bahnen.“
Okay, wir als Jahrmarktsbahnler haben uns in Vorbereitung der Bleichertausstellung sehr bemüht, mit den Kollegen der Kohlerer Bahn Kontakt aufzunehmen. Ich selbst habe Material nach Bozen gebracht und die Zusicherung auf Zusammenarbeit erhalten. Doch selbst Telefonanrufe und Emails brachten nichts - man hat kein Interesse an einer Kooperation.
Dresdner
 
Zuletzt bearbeitet:
Einige Hinweise zu weiterführendem Material, aktuelle bzw. ehemalige Bleichertbahnen betreffend.
Bücher:
* 75 Jahre Tiroler Zugspitzbahn. Ehrwald 2001
* Kubanda, Roland: Stadtflucht 10m/s - Innsbruck und die Nordkettenbahn. Studienverlag Innsbruck 2003
* Lang, Johannes: Drahtseile zum Himmel. 75 Jahre Predigtstuhlbahn. Bad Reichenhall 2003
Videos / DVD:
* Zugspitze - Top of Germany - Video zu Geschichte und Technik aller deutschen Zugspitzanlagen einschliesslich der ehemaligen Bleichertanlagen, wie z.B. der Seilbahn Schneefernerhaus - Zugspitzgipfel
* Tiroler Zugspitzbahn - mit den besten Aussichten - DVD mit Filmen zum Bau der ersten (Bleichertanlage) und der zweiten TZB
* DVD mit historischen Aufnahmen zum Bau und Betrieb der Predigtstuhlbahn
* alle Bücher, Videos und DVD sind über die jeweiligen Bahnen bzw. ggf. über den Buchhandel zu beziehen

Archivmaterial:
* Eisenbahnarchiv Tirol / Herr Schröter, Innsbruck
* Patscherkofelbahnarchiv / Herr Mungenast, Innsbruck
* altes Nordkettenbahnarchiv / Herr Mag. Kubanda (Stadtarchiv Innsbruck)
* Predigtstuhlbahnarchiv / Geschäftsführer der Predigtstuhlbahn Herr Dr. Glatz, Bad Reichenhall - vorhanden sind die kompletten originalen Konstruktions- und Baupläne, alle Unterlagen zu Revisionen etc.
* Sächsisches Wirtschaftsarchiv Leipzig - Dokumente, Foto- und Filmmaterial / Zugang empfohlen über Dr. Hötzel, Leipzig
* Sächsisches Staatsarchiv Dresden sowie Sächsische Staats- und Universitätsbibliothek - wird derzeit recherchiert
* Hinweis: kein Material ist vorhanden in der Bibliothek des Zentralen Militärhistorischen Museums der Bundeswehr Dresden sowie im Zentralkatalog aller militärhistorischen deutschen Forschungseinrichtungen (recherchiert wurde nach Namen und Firma Bleichert sowie nach den Suchworten Militär- und Feldseilbahnen)
Dresdner
 
AW: Adolf Bleichert Werke, Leipzig

Hallo und Gruß aus Leipzig,
zunächst herzlichen Dank an Wolfgang für die Fotos der Laaser Marmor-Bahn, die gerade in meinen Briefkasten flattern.
Kurz, warum ich hier bin: In meinem nächsten Magacine will ich einen Artikel über die (ehemaligen) Bleichert-Werke bringen, deren Ruinen gerade an die Leipziger CG-Gruppe verkauft wurden und die diese in historischem Umfeld sanieren und bebauen will. Diesen Schwebezustand (!) - Gelände ist frei zugängig - machen sich derzeit Fotografen aus aller Herren Länder zu Nutze. Ich wohne gleich um die Ecke und kann das Geschehen verfolgen :)
Hier habe ich eine kleine Bildergalerie mit Aufnahmen vom 28.9.08: (Admin: externer Link existiert nicht mehr) -> Bilderbuch -> Oktober 2008
Die Fotos wird Wolfgang wohl demnächst auf dieser Seite in HQ veröffentlichen.
Nun zum eigentlichen: Bei meiner Recherche bin ich auf weitere Quellen gestoßen, die mir die Autoren leider jedoch nicht frei zur Verfügung stellen wollen, die aber als Hinweis sehr interessant sind:
1. (Admin: externer Link existiert nicht mehr) (frei)
2. Dissertation Oliver Werner: Ein Betrieb in zwei Diktaturen. Von der Bleichert Transportanlagen GmbH zum VEB VTA Leipzig 1932 bis 1963. Stuttgart 2004. (Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Bd. 101) (kostenfreie Verwendung abgelehnt)
3. Friederike Sattler, Magisterarbeit: "Mitwirkung im SAG-Betrieb. Zur Geschichte der Bleichert Transportanlagenfabrik, Leipzig 1946-1953" (nur im Staatsarchiv)
Okay, ist alles sehr stark auf Adolf Bleichert fokussiert, aber das ist ja meine Absicht! Seilbahnen waren nun mal sein Metier...
Bis die Tage. Lieben Gruß
casus
 
Hallo casus,

meine Güte - was für traumhafte Fotos!
Wirklich stark ist Dein Bild "casus 14010", da es dazu im Buch "Adolf Bleichert und sein Werk" von Manfred Hötzel und Stefan W. Krieg, Leipzig 2002, auf Seite 72 eine Aufnahme dieser Montagehalle aus dem Jahr 1906 mit voller Einrichtung gibt. (möchtest Du nicht die ganz exakte Fotoposition nachstellen?)

Nachtrag: ein kopiergeschütztes Zitat nun als Attachement.

Das Wort "Denkmalschutz" in Bezug auf die Produktionshallen der Firma Bleichert klingt ganz plausibel und letztlich auch nach Hoffnung auf Erhalt dieses Kulturdenkmales, hoffentlich ist der Denkmalschutz in Leipzig etwas zuverlässiger als etwa bei uns in Tirol...

Ist Dir eine Produktionshalle (vgl. Anhang) mit einem auf einer Seite schräg geneigten Glasdach aufgefallen?

Wolfgang (SAGEN.at)
 

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hoffentlich ist der Denkmalschutz in Leipzig etwas zuverlässiger

trügerische Hoffnung! Das ist überall gleich; wird er als Argument gebraucht, führt nix dran vorbei - ist er im Wege, werden genau diese gepflastert!

Ich bin morgen in Dresden, die Bergschwebebahn fotoknipsen und vielleicht das Museum besuchen, Nachmittag gehe ich nochmal in die Bleichert-Ruinen und suche das Gesuchte...
Mal sehen :)

Habe noch 3 Fotos vom Vollbrand 2006 auf dem Bleichert-Gelände für meinen Artikel bekommen (von einem professionellen Sensationsfotografen). Darf sie aber nur dort verwenden, da ansonsten ©. Also seid gespannt.

LG casus
 
Was die Leipziger Produktionshallen betrifft, da ist jede Hoffnung auf einen Denkmalschutz unberechtigt, da dort nichts Schützenswertes mehr existiert.
Wurden in den 50-er Jahren bereits alle Gegenstände vernichtet, die auch nur entfernt an die Bleichertdynastie erinnerten, tat die Treuhand nach der politischen Wende alles, um auch die "äußere Hülle" verfallen zu lassen. Dieses Schicksal traf auch viele andere Industriegebäude der Stadt Leipzig.
Wie bereits weiter vorn beschrieben, ist das komplette Material, welches an Bleichert erinnert, vom Leipziger Historiker Dr. Manfred Hötzel gesichtet und aufbereitet worden - im Raum des Bürgervereins Leipzig-Gohlis gibt es dazu auch eine kleine Ausstellung.
Dr. Hötzel bemüht sich derzeit ebenso sehr intensiv darum, dass die Bleichertausstellung, welche derzeit in Dresden gezeigt wird, auch in einem würdigen Rahmen in Leipzig präsentiert werden kann.
Dresdner
 
Die Bleichert-Ruinen, Teil2 online

Habe jetzt die 2. Fotoserie der Ruinen der Bleichert-Werke online gestellt.
Link: (Admin: externer Link existiert nicht mehr) > Bilderbuch > Oktober 2008
Fragt mich bitte nicht, wie ich mich gefühlt habe, als ich auf dem morschen Dach von Halle 14 langgelaufen bin!!! Das ist die Halle, die bei dem Großbrand 2006 bis auf die Grundmauern abgefackelt wurde...

Es folgt demnächst noch eine Serie zur Bergschwebebahn in Dresden von ebenfalls heute, 11.10.08. Schmankerl: Mit Bildern aus dem Maschinenraum der Anlage!

Bis denne, LG aus Leipzig
casus
 
Hallo casus,

wieder unglaublich beeindruckende Fotos aus den Werkshallen der Firma Bleichert!
Merkwürdig wie verwundbar (und leider auch schon ziemlich verwundet) diese Hallen des Fabriksgeländes heute auf den Betrachter wirken...

Bei der Gelegenheit kann man auch ansprechen, was die Firma Bleichert so erfolgreich am Markt machte: die Firma Bleichert war schon außerordentlich früh in Modultechnik durchorganisiert. Das heißt jedes Teil, jede Feder und selbst die kleinste Schraube waren durchnummeriert und katalogisiert. Dem Besteller wurden dann in einer Holzkiste ganz exakt das bestellte Teil und die nötigen Schrauben etc. geliefert, kein einziges Teil mehr. Und ein ganz großer Überraschungscoup war da auch noch dabei: die Firma Bleichert lieferte wirklich nur die Spezialteile. Alles andere musste der Besteller selbst nach strengen Vorgaben der Firma Bleichert pünktlich stellen.

Das heißt:
- die Firma Bleichert war dadurch immer der Billigstbieter! Alle anderen Anbieter und Konkurrenten am Markt boten komplette Seilbahnen an, während Bleichert mit dem Konzept, der Steuerungsanlage und Spezialeinrichtungen (Kabinen etc) der lachende Gewinner war.
- damit entfiel in den Leipziger Fabrikshallen die große Metallverarbeitung und es war keine teure Gießerei notwendig. Natürlich konnte die Firma Bleichert damit ohne großen Transportaufwand Seilbahnen in aller Welt errichten, weil ja die Besteller vor Ort selbst die Infrastruktur (Drahtseile, Masten, Fundamente, Dämme, Stützen - alles auf den Millimeter genau) errichten mussten. Ich kann mir vorstellen, dass das bei machen Bestellern nachträglich zu ganz großen Überraschungen geführt hat...

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Das heißt:
- die Firma Bleichert war dadurch immer der Billigstbieter! Alle anderen Anbieter und Konkurrenten am Markt boten komplette Seilbahnen an, während Bleichert mit dem Konzept, der Steuerungsanlage und Spezialeinrichtungen (Kabinen etc) der lachende Gewinner war.
- damit entfiel in den Leipziger Fabrikshallen die große Metallverarbeitung und es war keine teure Gießerei notwendig. Natürlich konnte die Firma Bleichert damit ohne großen Transportaufwand Seilbahnen in aller Welt errichten, weil ja die Besteller vor Ort selbst die Infrastruktur (Drahtseile, Masten, Fundamente, Dämme, Stützen - alles auf den Millimeter genau) errichten mussten. Ich kann mir vorstellen, dass das bei machen Bestellern nachträglich zu ganz großen Überraschungen geführt hat...
Bei allem Respekt - dieser Argumentation kann ich nicht folgen.
1. Bleichert war nicht der billigste Anbieter, als Beispiel sei die Geschichte der Fichtelbergschwebebahn genannt, siehe auch (Admin: externer Link existiert nicht mehr). Was Bleichert und Söhne waren: sie waren der technisch ausgereifteste Anbieter der damaligen Zeit.
2. Bleichert hatte in seinen Leipziger Werken eine komplette Metallverarbeitung mit Ausnahme der Gießerei, ich kann das in einem nachfolgenden Artikel auch gern belegen.
3. Nicht der Besteller, sondern die Ingenieure (und die in deren Auftrag tätigen Arbeiter) der Leipziger Firma errichteten vor Ort die Komplettanlagen. Dabei bediente sich Bleichert natürlich Zulieferern und Firmen, die vor Ort ansässig waren. Dies hatte zum einen betriebswirtschaftliche Gründe; zum anderen war bereits damals in vielen Fällen eine solche Vorgehensweise Voraussetzung dafür, die Aufträge überhaupt zu erhalten.
Dresdner
 
Hallo Dresdner,

so weit ist unsere Argumentation nicht auseinander, dennoch kurz meine persönliche Interpretation der Bleichert'schen Konstruktionsmethode. Ich beziehe meine Kenntnisse vor allem aus der Innsbrucker Nordkettenbahn und der Laaser Marmorbahn.

- "keine Gießerei" ist ein ganz entscheidender Produktionsvorteil für eine Maschinenbaufirma. Wie Ulrich Krüger in "Adolf Bleichert und sein Werk" auf S. 15 argumentiert, ersparte sich die Firma dadurch die dreifache Arbeiterzahl: "wenn Gußeisen und Stahlguß, Eisenkonstruktionen und Stahlseile selbst hergestellt würden, wäre etwa dir dreifache Arbeiterzahl notwendig. Das Bleichertsche Unternehmen besaß und behielt den Charakter eines Ingenieurbetriebes mit Maschinenfabrik. Das zahlenmäßige Verhältnis der Ingenieure und Produktionsarbeiter war bei Bleichert ein ganz anderes als bei Leipziger Maschinenfabriken allgemein. Im Bleichertschen Unternehmen kamen in den 1880er und 1890er Jahren auf einen Ingenieur lediglich 3 oder 4 Arbeiter. In der Maschinenfabrik von Karl Krause (Buchbindereimaschinen) in Anger-Crottendorf beispielsweise betrug die zahlenmäßige Relation etwa 1:15. Ähnliche Unterschiede gab es beim Kraftbedarf." (Krüger 2002, 15).

- der Besteller (im Fall der Marmorbahn) musste in Laas VOR Eintreffen der Ingenieure die komplette Infrastruktur (alle Hoch- und Tiefbauten, Dämme, Gleisanlagen, Gebäude, Seilbahnstützen, Seile, Energieversorgung, Kräne, Lokomotiven, Waggons, ja selbst die Generatoren und Motoren) stellen. Für diese doch recht aufwändige Anlage waren die verschiedensten italienischen Firmen etwa 2 Jahre lang nach den Plänen von der Firma Bleichert tätig. Die italienische Wertschöpfung war auch ein entscheidendes Argument, damit Bleichert den Auftrag bekam.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Hallo Wolfgang,
auch ich bin der Auffassung, dass unsere Meinungen nicht so weit auseinanderliegen - Bleichert hatte zur damaligen Zeit die Weltmarktführerschaft im Bereich der Seilbahnfertigung, er hatte den Zugriff auf die wichtigsten Patente, organisierte ein weltweites Netz von Tochterunternehmen, lieferte anerkannt hohe Qualität und gestaltete sein Unternehmen nach durchweg betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten.
Bleichert & Söhne waren um 1900 das, was um 2000 Doppelmayr ist.

Einige Anmerkungen zu deinem Beitrag vom gestrigen Tag.
1. Der Krügersche Vergleich Ingenieure - Arbeiter bei Bleichert und in einer Buchbindereimaschinenfabrik mag von den reinen Zahlen her stimmen, besitzt aber inhaltlich keine Aussagekraft. Seilbahnen, mit Ausnahme bestimmter Typen von Feldseilbahnen, sind generell Einzelkonstruktionen. GARAVENTA gab vor einigen Jahren eine Broschüre mit dem Titel "Wie eine Seilbahn entsteht" heraus. Jedes Einzelteil muss extra berechnet und konstruiert werden, allein die Seilrechnung ist eine Wissenschaft für sich. Dazu kommen die in jedem Land unterschiedlichen zu beachtenden Gesetze und Verordnungen sowie die Sonderwünsche des zukünftigen Betreibers. Eine Buchbindemaschine dagegen wurde einmal konstruiert und konnte dann in der gleichen Ausführung unbegrenzt verkauft werden. Krüger vergleicht hier also "Äpfel mit Birnen".
2. Dass die Laaser Marmorbahn mit vielen heimischen Komponenten errichtet und ausgestattet wurde, lag zum einen, wie du geschrieben hast, an den Forderungen der Auftraggeber und zum anderen an der starken Wirtschaft Österreichs - die Leistungen wurden wie vereinbart erbracht. Diese Vorgehensweise wurde in allen Fällen gewählt, in denen die genannten Voraussetzungen gegeben waren, selbstverständlich gehörten dazu auch die Nordkettenbahn sowie die 1. TZB.
3. Den Komplettbau von Bahnen (außer Seile) belegt die Bleichertsche Rekordbahn schlechthin, die "Argentinische Goldbahn". Vom Nestor der Seilbahngeschichtsschreibung, H.D. Schmoll als "8. Weltwunder" bezeichnet und als "wohl bedeutendstes technisches Denkmal der Aufstiegsanlagenwelt" klassifiziert, schreibt Schmoll in der Weltseilbahngeschichte, Bd. I auf Seite 71: "Die gesamte, immerhin 34 km lange Streckenausstattung mit neun Sektionen wurde in Leipzig-Gohlis gefertigt, vor- und dann wieder demontiert, um schliesslich per Schiff von Hamburg nach Buenos Aires und auf der Schiene nach Chilecito transportiert zu werden."
Ein weiteres Beispiel ist die große Zahl der Feldseilbahnen, die vor und während des I. WK in Leipzig nach dem Baukastensystem für die Front gefertigt wurden.
4. Was die Gießerei betrifft ist es wichtig zu betonen, dass nur der reine Gußprozess ausgegliedert wurde. Der Formenbau, eigentlich ein integraler Teil jeder Gießerei, blieb bei Bleichert! Die Bleichertwerke lieferten die Formen, die die Gießereien dann weiter nutzten.
Dresdner
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Dresdner,

vielen Dank für Deine aufklärenden Hinweise, dass bei einer Gießerei der Formenbau das zentrale technologische Element bleibt, was hier bei der Firma Bleichert verbleibt. Das sind kleine Details in meiner vorliegenden Literatur schlecht dargestellt, die zu ganz ordentlichen Fehlinterpretationen führen können.

Ich möchte nochmals auf die Modultechnik der Firma Bleichert hinweisen:
Es fehlt mir leider der exakte Einblick in den Aspekt der Modultechnik in der Technikgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts, dennoch erscheint mir Bleichert hier mehr als fortschrittlich zu sein.

Die "Argentinische Goldbahn": zu diesem technischen Weltwunder hier die Dokumentation der Erbauer:

Die Erschließung der nordargentinischen Kordilleren mittels einer Bleichertschen Drahtseilbahn für Güter und Personen

Chilecito-La Mejicana Wire Ropeway, Mina La Mejicana


Wolfgang (SAGEN.at)
 
Was die Modulbauweise im Seilbahnbau angeht, so datiere ich deren Beginn auf den I. Weltkrieg - bei beiden kriegsführenden Lagern - betreffend die Fertigung von Feldseilbahnen für den militärischen Gebrauch.
Was zivile Anlagen betrifft, gab es seit Bleichert sicher eine Normierung bestimmter Einzelteile, aber von einer Modulbauweise würde ich in dieser Beziehung nicht sprechen. Die Ehre, die Modulbauweise bei zivilen Anlagen eingeführt zu haben, gebührt aus meiner Sicht Doppelmayr und zwar erst seit den 1980er Jahren, praktiziert bei seinen Umlaufbahnsystemen.

Hier die gewünschten Quellenverweise zur Bleichertschen Rekorderzbahn.
* Dietrich, A.: Erfindung der Drahtseilbahnen. Leipzig. 1908.
* Dietrich, G.: Die Erschliessung der nordargentinischen Kordillieren mittels einer Bleichertschen Drahtseilbahn für Güter und Personen. Sonderdruck der ZVDI. Berlin. 1906. Dies dürfte die entscheidende "Urpublikation" sein, auf die sich die Nachfolgepublikationen beziehen!
* Hons, J.: Bergbahnen der Welt. Berlin. 1986. S. 143ff.
* Schmoll, H.D.: Weltseilbahngeschichte Bd. I. Eugendorf bei Salzburg. S. 71/72.
Dresdner
 
Adolf Bleichert & Co - Seilbahnausstellung in Leipzig

Am gestrigen Tag, dem 25.22.2008, wurde die Ausstellung zu A. Bleichert und seinem Werk an ihrer zweiten Station eröffnet, Bleicherts Geburts- und Wirkungsstadt Leipzig.
Die Eröffnungsveranstaltung war mit ca. 80 Besuchern gut besucht; Informationen zu Modalitäten wie Öffnungszeiten etc. gibt der im Anhang angefügte Flyer.
Neben den vielen Originalexponaten fand vor allem eine PowerPoint-Präsentation des jetzigen Eigentümers des ehemaligen Bleichert-Areals an der Sammetstraße große Beachtung. Vorgestellt wurde die zukünftige Nutzung des Geländes. Alle Hauptgebäude werden erhalten, Innenhöfe werden entkernt und es entstehen lichtdurchflutete Gebäudestrukturen. Vorgesehen ist eine Mischnutzung aus Gewerbe (IT-Bereich, Handwerk), Wohnen, Freizeit und sozialen Einrichtungen (u.a. große Kinderbetreuungseinrichtung sowie betreutes Wohnen).
Vorgestellt wurde auch der nunmehr im 3. Jahrgang erscheinende Kalender zur Seilbahnfirma. Inhalt sind diesmal Reproduktionen historischer Wertmarken. Der Kalender im Format A5 ist zum Preis von 7,50 Euro plus Versand beim Bürgerverein Leipzig-Gohlis erhältlich.
Dresdner
 

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