Hier zum Thema passend, eine kurze Untersuchung zum Wettersegen von der Volkskundlerin Marie Andree-Eysn aus dem Jahr 1910:
Dieser Wettersegen trägt in der Mitte das Wachsbild einer gekrönten Muttergottes mit dem Christkinde — meist aber eines Agnus Dei — umgeben von einer Goldspirale, an welche sich Reliquien von Heiligen und geweihte Kleinigkeiten anschließen. Da sind die schwarze Muttergottes von Alt-Ötting, das Filzmoser- und das Lorettokindl, die Wetterheiligen Medardus und Urbanus, Paulus und Johannes, das Scheyern- und das Zachariaskreuz, oben die Nepomukszunge, Nägel vom Kreuze Christi, unten das Schweißtuch der hl. Veronika, der hl. Rock, eine stigmatisierte Hand und ein solcher Fuß, ein Agnus Dei neben den Attributen der vier Evangelisten, von denen in dreieckigen Päckchen Reliquien derselben und mit ihren Namen überschrieben angebracht sind. Rechts und links von der Muttergottes aber sind zwei von Goldspiralen umgebene dreieckige Päckchen, deren Inhalt wohl das Wichtigste und Hauptsächlichste des Wettersegens enthält, denn ihre Überschriften lauten: contra Ignem und contra Fulgura. Mannigfache heilige Sächelchen füllen die Zwischenräume, den Außenrand bilden 16 kleine Rollen, welche je Teilchen aus Reliquien Heiliger enthalten, deren Namen darauf angebracht sind.
Die Inschriften in den verschiedenen Kreisen sind ziemlich gleicher Art. Der eigentliche Zweck erhellt aus der Anrufung im ersten (beschriebenen) Ringel A Domo tua Quaesumus Domine Spirituales Nequitiae Repellantur † et aerarum Discedat Malignitas Tempestatum Per Christum Dominum Nostrum † Caspar † Melchior † Balthasar. (Von Deinem Hause, bitten wir, o Herr, mögen alle geistigen Schlechtigkeiten abgehalten werden, und aus der Luft entferne sich das Schlimme der Unwetter usw.)
Ebenso ist der Inhalt des folgenden Kreises (des zweiten beschriebenen) aus einer Beschwörungsformel gegen Blitz und Unwetter und einem Zitat aus der Bibel und der Formell I. N. R. I. zusammengesetzt: A Fulgure et Tempestate † Libera nos usw. (Von Blitz und Unwetter befreie uns usw.) Im dritten Ringe: „Benedictio † et Nomen Die Patris † et Fily † et Spiritus Sancti † Descendat Super nos † Domos Nostras † Fructus Terrae † et maneat Semper † Amen usw. (Lobpreisung des Namens Gott Vaters, des Sohnes und hl. Geistes, komme herab über unsere Häuser, Feldflüchte und bleibe immer usw.) Der vierte Kreis enthält Sprüche, der fünfte eine Spirale, bringt eine lange Anrufung Gottes in allen möglichen Namen und Bezeichnungen (zum Teil griechischer Text) und eine Beschwörung, Bann gegen die nächtlichen Stürme, gegen die verfluchten Dämonen, die Geister der Hölle.
Die Gewitter kommen von Hexen, die den Menschen schaden wollen; um den Schaden abzuhalten, läutet man geweihte Wetterglocken, zündet geweihte Wetterkerzen an, schießt nach den Wolken, betet den Kulmoni=(Kolmani)Segen, „von dem man aber kein Wörtchen auslassen darf, sonst erschlägt das Wetter den Beter“), oder bittet den Geistlichen, dass er durch Gebet und seinen Segen angehende Gewitter zerstreuen möge.
Herrscht doch der Glaube, dass bestimmte einzelne Geistliche „wetterg'recht" sind und dies vermögen. Als wirksam gelten auch die gedruckten Wettersegen, welche den Haussegen gleichen, besonders aber jene, bei denen auf einer Scheibe die mannigfachsten Schutz- und Abwehrmittel zusammen befestigt sind, wie im Bild (Anhang).
Nicht minder wichtig als „Wettersegen" ist die Rückseite desselben mit seinen konzentrischen Kreisen, mit in lateinischer Sprache angebrachten Anrufungen, Schutzsprüchen, Segnungen, Beschwörungen, biblischen Zitaten, griechischen Wörtern und Initialen. Das Ganze stellt einen regelrechten Exorzismus dar. Bild im Anhang Rückseite.
Häufiger als diese Art, selbst auch als die gedruckten Wettersegen, findet man als Schutz gegen Blitz und Unwetter, vorzugsweise aber gegen den Hagel, das Gotteslamm, Agnus Dei. Es ist dies ein ovales, mittelstarkes Wachsplättchen, auf dessen Vorderseite stets das Lamm Gottes, auf der Rückseite das Bild eines Heiligen, eines Papstes oder dessen Wappen eingepresst ist. Alle die mir vorliegenden tragen im Avers: „Ecce Agn. Die Qui tol. Pec. Mun.“ (Sieh hier das Lamm Gottes, welches die Sünden der Welt trägt.) Im Revers des einen: S. Franc. De Paula, Conf. Ord. M. F. mit dem Bilde des hl. Franziskus, ein anderes trägt ein Papstbild mit der Unterschrift: „Innocen(tius) XI Pont(ifex) Max(imus).
[…]
Wie der Agnus Dei als ein Schutzmittel gegen Blitzgefahr gilt, so auch bei unseren Bauern die Schwalbe, denn ein Haus wird „nie vom Feuer zerstört, das Vieh nie von Seuche befallen, wo die Schwalbe nistet", und darum lässt man sie gewähren, mag sie sich an den unbequemsten Orten ihr Nest bauen, nagelt ihr ein Brettchen hin und lässt Tag und Nacht ein Fenster offen, damit sie freien Flug hat.
Wie die Schwelle und Tür, so ist auch der Giebel des Hauses besonders geschirmt. Die Firstpfette, dieser weit vorspringende Mittelbalken des Dachstuhls, trägt außer Hausmarke und Jahreszahl stets auch Schutz- und Abwehrmittel. Ein frommer Spruch steht oft auf ihrer Langseite, die Stirnseite zeigt das Pentagramm, welches der „g'rechte" (richtige) Trudenfuß genannt wird, im Gegensatz zu dem auch nicht selten vorkommenden Hexagramm, oder es ist das christliche Kreuz oder das Monogramm Jesu oder Marias eingeschnitten.
In dieses Balkenende wird auch schon beim Zimmern eine kleine Höhlung gestemmt, worin ein Antlass-Ei und einige geweihte Palmtätzchen geborgen werden, und hierauf das kleine Behältnis geschlossen. Dass dieser Brauch auch in Westfalen, Hannover, ja in ganz Niedersachsen besteht, dafür gibt es zahlreiche Belege. In Holstein nimmt man das am Gründonnerstag gelegte Ei, zumeist aber nimmt man eines jener kleinen oder missgestalteten Eier, wie sie Hühner zuweilen legen, bohrt ein Loch in Schwelle oder Balken des Hauses, in welches es dann eingepflockt wird, wo es Krankheit und Hexen abhält. Vielfach werden durch das ganze oben genannte Gebiet beim Abbruch alter Häuser solche gefunden. In Mecklenburg heißen sie Stänner-(Ständer-) Ei, in Westfalen Spauksei (Spukei), in Oldenburg Dwarksei (Zwergei), in Dithmarschen Spärei (Sparrenei). in Braunschweig und Hannover Näberei (Näber = Bohrer).
In den salzburgischen Gebirgstälern (so Gasteiner-, Raurisertal usw.) wird heute noch das Ei in die Firstpfette geborgen, wo man es auch beim Abbruch alter Dachstühle findet, dem aber meist noch eine Bohnenschote beigegeben ist. Die Bohne wird in den Tauerntälern hoch gehalten und es heißt dort, man darf sie nicht auf dem Boden liegen lassen, selbst der Reiter soll vom Pferde steigen, um sie aufzuheben.
Dass es sich hier aber nicht bloß um ein Bauopfer handelt, sondern ebensowohl um ein Schutzmittel des Hauses, geht daraus hervor, dass man durch diese eingelegten Gegenstände das Haus gegen Wasser-, Feuer- und Lawinengefahr geschützt hält.
Quelle: Marie Andree-Eysn, Schutzmittel für Haus und Hof, in: Volkskundliches aus dem bayrisch-österreichischen Alpengebiet, Braunschweig 1910, S. 103 - 108.
Wolfgang (
SAGEN.at)