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Eine Russische Liebe
Geboren wurde der älteste Sohn von Martin und Theresia am 23.06.1884 und auf den Namen Johann getauft. „Kartatschen“ Hans wie er genannt wurde, war ein besonderer Mensch.
Das Leben des nur 1,64 m großen Schuhmachermeisters war geprägt von Arbeit, Militär, Gefangenschaft, Liebe, Flucht, Vertreibung, Schicksalsschlägen, Nationalsozialismus und Tod. Trotzdem verlor der gesellige und musikalisch begabte Hans nie seinen Humor
Ein Schuster arbeitete früher nicht nur in seiner Werkstätte sondern ging auch auf die Stör. Dabei zog der Handwerker von Bauernhof zu Bauernhof und arbeitete in den Stuben der Bauern oft Tagelang seine Aufträge ab. Vor allem an den langen Abenden, wenn der fesche Hans seine Ziehharmonika auspackte, ging es oft sehr lustig zu und manche Geschichte hatte ziemliche Folgen. So hatte er auf der Stör 1912 beim vlg. Nachbar mit der dortigen Magd Theresia eine Affäre mit Folgen.
Im Oktober 1905 begann in Klagenfurt beim Infanterieregiment Graf von Khevenhüller Nr.7 seine mililtärische „Karriere“. Da er zu Hause als Hoferbe vorgesehen war, musste er nicht drei volle Jahre dienen, sondern durfte nach dreimonatigen Grundausbildung als sogenannter Ersatz-Reservist abrüsten. Alle zwei Jahre wurde er jedoch zu mehrwöchigen Waffenübungen einberufen.
Einen Monat nachdem der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo erschossen wurde, erfolgte am 28.07.1914 die Generalmobilmachung der Streitkräfte. Auch Hans wurde zur Waffe gerufen und war, wie Hunderttausende andere auch, davon überzeugt, dass er noch vor der Herbsternte aus dem Krieg wiederheimkehren wird. Es sollten sieben lange Jahre werden in den er seine Heimat nicht mehr sah.
Seine ersten Waffengefechte als Infanteriegefreiter hatte er an der Russlandfront in Galizien, in der heutigen Ukraine. Die Schlachten bei Solotschiw, Gnila, Grodek oder bei Lemberg zeigten ihm die Brutalität und Sinnlosigkeit eines Krieges. Zerfetzte Menschenkörper, Frauen- und Kinderleichen, tote Kameraden, Massengräber, schreiende und flehende Verwundete, Notverbände durch welche Eiter und Blut durchsickerte, hunderte Läuse in den Madratzen, Elend, Hunger, zerschossene Ortschaften, niedergebrannte Städte und Dörfer und vieles andere mehr, waren Erinnerungen, die er nie mehr vergessen sollte.
Am 5. November 1914 wurde er von den Russen gefangengenommen und unter unvorstellbaren Bedingungen wochenlang mit der Eisenbahn in Viehwagons über Kiew und Omsk in das bitterkalte sibirische Kainzk gebracht.
Hier begann wohl der markanteste Abschnitt im Leben von Hans. Er wurde als Kriegsgefangener dem großen Gutshof einer Familie als zwangsarbeiter zugeteilt. Die Familie hatte nur ein Kind. Es war weiblich, hieß Hiona, war siebzehn Jahre alt, bildhübsch und 15 Jahre jünger als der Hans aus dem 5000 km entfernten Kärnten. Hans muß ausreichend Charme und Charisma besessen haben, denn trotz der anfänglichen Sprachbarrieren verliebten sich die beiden ineinander.
Wie sich die Geschichte der verbotenen Liebe über die sechs Jahre entwickelt hat, bleibt im Verborgenen. Eines ist nachgewiesen: die beiden heirateten, zwei Jahre nach Ende des 1. Weltkrieges, am 03.11.1920. in Kainzk.
Das Verhältnis zu den Schwiegereltern dürfte mit sicherheit nicht ganz spannungsfrei gewesen sein.
Niemals hätten Hionias Eltern einer Auswanderung ihrer einzigen Tochter in das ferne und „feindliche“ Österreich zugestimmt.
So war die fast sechsmonatige abenteuerliche Reise – z.T. per Schiff und zu Fuß – des Paares eher eine Flucht.
Am 22.04.1921 meldete sich Hans in der Heimkehr – Zentrale – Station in Warmbad Villach aus der Gefangenschaft zurück. Er erhielt wertlose 52 Kronen ausgezahlt und damit war der erste Weltkrieg auch für ihn beendet.
Zuhause angekommen machten die Eltern von Hans keinen Hehl daraus, dass sie die russische Schwiegertochter ablehnten.
Hans, der als Hoferbe vorgesehen war, musste mit seinen Bruder Martin den Besitz tauschen. Er und seine schwangere Ehefrau mussten im Sommer 1921 vom elterlichen Hof gehen und in das kleine „Kartatschenhäusl“ einziehen. Sie durften nur mitnehmen was sie auch tragen konnten. Das Verhältnis zu den Eltern war dadurch natürlich nachhaltig zerstört.
Hans und Hiona – sie wurde fortan von allen Xenia genannt – hatten sechs gemeinsame Kinder. Das Leben auf einer kleinen „Keusche“ in den Bergen war jedoch hart und entbehrungsreich – die Ablehnung massiv – die Entfernung der russischen Heimat groß und unüberbrückbar. Sie lernte die deutsche Sprache nur schlecht – das Heimweh war drückend und schmerzlich. Sie wurde krank und starb mit 35 Jahren im Mai 1933.
Hiona hatte noch am Krankenbett dafür gesorgt, dass ihre Familie nach ihren Tod wieder eine „Mutter“ bekommt. Die Köchin Anna Franziska arbeitete im Krankenhaus und versprach Hiona (Xenia) sich um ihre Leute zu kümmern. Das Versprechen wurde eingelöst – keine drei Monate nach Hionas Tod heiratete Hans im August 1933 Anna.
Aus den zwei Ehen entstanden 13 Kinder.
Der Familienvater Hans starb mit 69 Jahren im April 1951
Geboren wurde der älteste Sohn von Martin und Theresia am 23.06.1884 und auf den Namen Johann getauft. „Kartatschen“ Hans wie er genannt wurde, war ein besonderer Mensch.
Das Leben des nur 1,64 m großen Schuhmachermeisters war geprägt von Arbeit, Militär, Gefangenschaft, Liebe, Flucht, Vertreibung, Schicksalsschlägen, Nationalsozialismus und Tod. Trotzdem verlor der gesellige und musikalisch begabte Hans nie seinen Humor
Ein Schuster arbeitete früher nicht nur in seiner Werkstätte sondern ging auch auf die Stör. Dabei zog der Handwerker von Bauernhof zu Bauernhof und arbeitete in den Stuben der Bauern oft Tagelang seine Aufträge ab. Vor allem an den langen Abenden, wenn der fesche Hans seine Ziehharmonika auspackte, ging es oft sehr lustig zu und manche Geschichte hatte ziemliche Folgen. So hatte er auf der Stör 1912 beim vlg. Nachbar mit der dortigen Magd Theresia eine Affäre mit Folgen.
Im Oktober 1905 begann in Klagenfurt beim Infanterieregiment Graf von Khevenhüller Nr.7 seine mililtärische „Karriere“. Da er zu Hause als Hoferbe vorgesehen war, musste er nicht drei volle Jahre dienen, sondern durfte nach dreimonatigen Grundausbildung als sogenannter Ersatz-Reservist abrüsten. Alle zwei Jahre wurde er jedoch zu mehrwöchigen Waffenübungen einberufen.
Einen Monat nachdem der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo erschossen wurde, erfolgte am 28.07.1914 die Generalmobilmachung der Streitkräfte. Auch Hans wurde zur Waffe gerufen und war, wie Hunderttausende andere auch, davon überzeugt, dass er noch vor der Herbsternte aus dem Krieg wiederheimkehren wird. Es sollten sieben lange Jahre werden in den er seine Heimat nicht mehr sah.
Seine ersten Waffengefechte als Infanteriegefreiter hatte er an der Russlandfront in Galizien, in der heutigen Ukraine. Die Schlachten bei Solotschiw, Gnila, Grodek oder bei Lemberg zeigten ihm die Brutalität und Sinnlosigkeit eines Krieges. Zerfetzte Menschenkörper, Frauen- und Kinderleichen, tote Kameraden, Massengräber, schreiende und flehende Verwundete, Notverbände durch welche Eiter und Blut durchsickerte, hunderte Läuse in den Madratzen, Elend, Hunger, zerschossene Ortschaften, niedergebrannte Städte und Dörfer und vieles andere mehr, waren Erinnerungen, die er nie mehr vergessen sollte.
Am 5. November 1914 wurde er von den Russen gefangengenommen und unter unvorstellbaren Bedingungen wochenlang mit der Eisenbahn in Viehwagons über Kiew und Omsk in das bitterkalte sibirische Kainzk gebracht.
Hier begann wohl der markanteste Abschnitt im Leben von Hans. Er wurde als Kriegsgefangener dem großen Gutshof einer Familie als zwangsarbeiter zugeteilt. Die Familie hatte nur ein Kind. Es war weiblich, hieß Hiona, war siebzehn Jahre alt, bildhübsch und 15 Jahre jünger als der Hans aus dem 5000 km entfernten Kärnten. Hans muß ausreichend Charme und Charisma besessen haben, denn trotz der anfänglichen Sprachbarrieren verliebten sich die beiden ineinander.
Wie sich die Geschichte der verbotenen Liebe über die sechs Jahre entwickelt hat, bleibt im Verborgenen. Eines ist nachgewiesen: die beiden heirateten, zwei Jahre nach Ende des 1. Weltkrieges, am 03.11.1920. in Kainzk.
Das Verhältnis zu den Schwiegereltern dürfte mit sicherheit nicht ganz spannungsfrei gewesen sein.
Niemals hätten Hionias Eltern einer Auswanderung ihrer einzigen Tochter in das ferne und „feindliche“ Österreich zugestimmt.
So war die fast sechsmonatige abenteuerliche Reise – z.T. per Schiff und zu Fuß – des Paares eher eine Flucht.
Am 22.04.1921 meldete sich Hans in der Heimkehr – Zentrale – Station in Warmbad Villach aus der Gefangenschaft zurück. Er erhielt wertlose 52 Kronen ausgezahlt und damit war der erste Weltkrieg auch für ihn beendet.
Zuhause angekommen machten die Eltern von Hans keinen Hehl daraus, dass sie die russische Schwiegertochter ablehnten.
Hans, der als Hoferbe vorgesehen war, musste mit seinen Bruder Martin den Besitz tauschen. Er und seine schwangere Ehefrau mussten im Sommer 1921 vom elterlichen Hof gehen und in das kleine „Kartatschenhäusl“ einziehen. Sie durften nur mitnehmen was sie auch tragen konnten. Das Verhältnis zu den Eltern war dadurch natürlich nachhaltig zerstört.
Hans und Hiona – sie wurde fortan von allen Xenia genannt – hatten sechs gemeinsame Kinder. Das Leben auf einer kleinen „Keusche“ in den Bergen war jedoch hart und entbehrungsreich – die Ablehnung massiv – die Entfernung der russischen Heimat groß und unüberbrückbar. Sie lernte die deutsche Sprache nur schlecht – das Heimweh war drückend und schmerzlich. Sie wurde krank und starb mit 35 Jahren im Mai 1933.
Hiona hatte noch am Krankenbett dafür gesorgt, dass ihre Familie nach ihren Tod wieder eine „Mutter“ bekommt. Die Köchin Anna Franziska arbeitete im Krankenhaus und versprach Hiona (Xenia) sich um ihre Leute zu kümmern. Das Versprechen wurde eingelöst – keine drei Monate nach Hionas Tod heiratete Hans im August 1933 Anna.
Aus den zwei Ehen entstanden 13 Kinder.
Der Familienvater Hans starb mit 69 Jahren im April 1951
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