Wir haben lange gesucht, bis wir ein unverfälschtes Rezept zu Tiroler Knödel auftreiben konnten. Das Rezept des Tiroler Volkskundlers Otto Kostenzer verspricht, ein unverfälschtes Ergebnis seiner Feldforschung in traditioneller Küche zu sein:
Tiroler Knödl
Der Knecht einer Mieminger Bäuerin wollte einen ihrer Knödl mit der Gabel harpunieren; der aber hüpfte aus der Suppenschüssel, rollte über den Boden zur Türe hinaus und den Hang hinunter, schlug dort in einem Haus eine Fensterscheibe ein und blieb dann - noch immer rund und unversehrt - liegen.
Im Zillertal soll ein über den Geiz der Bäuerin erzürnter Knecht mit einem ihrer Knödl gar ein Loch in eine Mauer erzielt haben.
Es sei solchen Exzessen gegenüber festgehalten: Ein Tiroler Knödl muss mit viel Liebe geschaffen werden, von einer Köchin mit Liebe, von einer Gattin aus Liebe! Er muss kugelrund sein, rogl (locker im Gefüge), nicht zu latschelet (weich), nicht zu hart, darf nicht raß (versalzen) und nicht lobelet (salzarm) sein. Und noch bedeutungsvoller als Rosinen in einem Guglhupf ist der Speck im Knödl, echter Speck in den Tiroler Farben: weiß und rot. Er ist es, der einen Knödl erst zum "Tiroler Knödl" macht.
Es wäre wahrhaftig zu verwundern, wenn in den reichen Sagenschatz Tirols nicht auch die Knödl aufgenommen wären, zumindest, was ihre Entstehung betrifft. Man findet die Sage über die Entstehung des Tiroler Knödls nach Hall, der alten Salzstadt, verlegt:
Auf dem Zuge Kaiser Karls V. nach Italien begehrten dort sieben Landsknechte in einem Gasthause ein sättigendes Mahl. „Ich hab' im Haus nur Brot, Butter, Eier, Speck und Milch. Was wollt ihr davon?" fragte der Wirt. „Mach uns aus all dem zusammen in einer halben Stund ein Essen, sonst hauen wir dir alles zusammen!" „Ich will denen daraus ein wahres Landsknechtessen machen", tröstete die Wirtin ihren bangen Mann, „lauter Kugeln!" So geschah es, und die erstaunten Kriegsknechte hieben alle Kugeln zusammen und zogen magenbefriedigt weiter. Dies, so heißt es in der Haller Stadtchronik, war die Geburtsstunde der Tiroler Knödl.
"Knödel, Nocken, Nudel, Plenten sind die vier Tiroler Elementen."
Mit diesem Spruch versuchte der bayerische Dichter Kobell den Speisezettel der Tiroler zu charakterisieren. Zwar ist die Tiroler Küche viel abwechslungsreicher, aber der Knödel zählt doch zu den beliebtesten und berühmtesten Gerichten.
Wir wollen aber gern zugeben, dass auch andere Länder knödelähnliche Gebilde kennen. In Italien isst man die ghenedeli oder gnocchi, im Norden Deutschlands die Klöße. Die Slawen nennen sie knedliky. Alle diese Knödelarten mögen gut sein, der Tiroler Speckknödel jedoch ist unerreicht.
Die Geschichte der Knödel reicht wesentlich weiter als in der oben geschilderten Sage zurück. Bei Grabungen in jungsteinzeitlichen Siedlungen und in bronzezeitlichen Pfahlbauten wurden Speisereste gefunden, die aus kleinen Fladen, aus Weizen- oder Gerstenmehl gebacken, bestanden. Diese Fladen waren auffallend gewölbt. Bei genaueren Untersuchungen zeigte sich, dass in dieser Fladenhülle Fleisch oder Obst eingewickelt war. Professor Garns weist ausdrücklich auf die Verwandtschaft dieser Speise mit unseren Knödeln hin. Ein Fresko in Schloss Hocheppan überliefert uns, wie die Knödel im 12. Jahrhundert ausgesehen haben.
Heute werden die Knödel aus Weizenbrot und Weizenmehl zubereitet. Früher war das eine Sonntagsspeise, an Werktagen verwendete man Roggen-, Gersten- oder Hafermehl. Nach dem bäuerlichen Speisezettel kamen Knödel nicht jeden beliebigen Tag auf den Tisch, sondern vor allem an Sonntagen und an den beiden Knödeltagen Dienstag und Donnerstag. Einem alten Aberglauben zufolge fahren die Bauern dienstags und donnerstags nicht auf die Alm, damit sie nicht einige der Tiere als "Knödelfleisch", das heißt abgestürzt, zurückbekommen.
Während es im bäuerlichen Haushalt außer Speckknödel auch noch Leberknödel, Fastenknödel und im Unterinntal Käsknödel gibt, aß man im bürgerlichen Haushalt um 1700 auch den Fischknödel. Heute kennt man ihn allerdings nicht mehr.
Hier wird nun das Rezept verraten; es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass das Ganze nicht so einfach ist, denn unter Umständen findet man einen Brei oder kleine Kanonenkugeln im Wasser. Auf jeden Fall: Guten Appetit!
Tiroler Speckknödel
Man nehme 6 trockene Semmeln, knapp ¼ Liter Milch, 2 bis 3 Eier, 10 Deka (100g) Speck, 15 Deka geräucherte Wurst, Kaminwurzen oder Selchfleisch, 3 Deka Butter, ½ Zwiebel, Petersiel, Schnittlauch, etwa 3 Esslöffel (6 bis 8 Deka) Mehl, gesalzene Fleischsuppe oder Salzwasser.
Die Semmeln werden kleinwürfelig geschnitten, die Milch mit den Eiern versprudelt und über das aufgeschnittene Brot gegossen und zugedeckt. Eine halbe Stunde ziehen lassen. Den würfelig geschnittenen Speck ausbraten, die feingeschnittene oder gewiegte Wurst, beziehungsweise das Selchfleisch kurz mitrösten und über das Brot geben, ebenso die würfelig geschnittene, in Butter angeröstete Zwiebel, reichlich feingehackten Petersil, geschnittenen Schnittlauch und Salz. Das Mehl drüberstreuen und mit dem Kochlöffel gut zusammenmengen und zusammendrücken. Die Masse soll eher fest sein, aber nicht schmieren. Mit nassen Händen werden etwa 8 gleich große Knödel fest geformt und rund gedreht.
Wenn alle Knödel auf dem Brett liegen, gibt man einen Probeknödel in die leicht kochende Suppe oder in das Salzwasser und lässt ihn etwa 12 Minuten kochen. Der Probeknödel soll außen glatt sein und innen eine lockere Masse aufweisen. Ist der Knödel zu weich, gibt man etwas Mehl dazu und drückt beim Runden etwas fester an. Erst dann kocht man die restlichen Knödel.
Tiroler Speckknödel können auch nur mit Speck, ohne Wurst, Selchfleisch und Butter bereitet werden. Man verwendet den obenbeschriebenen Teig und röstet die Zwiebel im zerlassenen Speck.
Quelle: Herbert Buzas, So steht es nicht im Baedecker, Tiroler Knödl, in: Merian Tirol, 14. Jg. 1961, 4. Heft, S. 100;
Otto Kostenzer, So steht es nicht im Baedecker, Knödel, Nocken, Nudel, Plenten sind die vier Tiroler Elementen, in: Merian Tirol, 27. Jg. 1974, 11. Heft, S. 91;
Tiroler Knödl
Der Knecht einer Mieminger Bäuerin wollte einen ihrer Knödl mit der Gabel harpunieren; der aber hüpfte aus der Suppenschüssel, rollte über den Boden zur Türe hinaus und den Hang hinunter, schlug dort in einem Haus eine Fensterscheibe ein und blieb dann - noch immer rund und unversehrt - liegen.
Im Zillertal soll ein über den Geiz der Bäuerin erzürnter Knecht mit einem ihrer Knödl gar ein Loch in eine Mauer erzielt haben.
Es sei solchen Exzessen gegenüber festgehalten: Ein Tiroler Knödl muss mit viel Liebe geschaffen werden, von einer Köchin mit Liebe, von einer Gattin aus Liebe! Er muss kugelrund sein, rogl (locker im Gefüge), nicht zu latschelet (weich), nicht zu hart, darf nicht raß (versalzen) und nicht lobelet (salzarm) sein. Und noch bedeutungsvoller als Rosinen in einem Guglhupf ist der Speck im Knödl, echter Speck in den Tiroler Farben: weiß und rot. Er ist es, der einen Knödl erst zum "Tiroler Knödl" macht.
Es wäre wahrhaftig zu verwundern, wenn in den reichen Sagenschatz Tirols nicht auch die Knödl aufgenommen wären, zumindest, was ihre Entstehung betrifft. Man findet die Sage über die Entstehung des Tiroler Knödls nach Hall, der alten Salzstadt, verlegt:
Auf dem Zuge Kaiser Karls V. nach Italien begehrten dort sieben Landsknechte in einem Gasthause ein sättigendes Mahl. „Ich hab' im Haus nur Brot, Butter, Eier, Speck und Milch. Was wollt ihr davon?" fragte der Wirt. „Mach uns aus all dem zusammen in einer halben Stund ein Essen, sonst hauen wir dir alles zusammen!" „Ich will denen daraus ein wahres Landsknechtessen machen", tröstete die Wirtin ihren bangen Mann, „lauter Kugeln!" So geschah es, und die erstaunten Kriegsknechte hieben alle Kugeln zusammen und zogen magenbefriedigt weiter. Dies, so heißt es in der Haller Stadtchronik, war die Geburtsstunde der Tiroler Knödl.
"Knödel, Nocken, Nudel, Plenten sind die vier Tiroler Elementen."
Mit diesem Spruch versuchte der bayerische Dichter Kobell den Speisezettel der Tiroler zu charakterisieren. Zwar ist die Tiroler Küche viel abwechslungsreicher, aber der Knödel zählt doch zu den beliebtesten und berühmtesten Gerichten.
Wir wollen aber gern zugeben, dass auch andere Länder knödelähnliche Gebilde kennen. In Italien isst man die ghenedeli oder gnocchi, im Norden Deutschlands die Klöße. Die Slawen nennen sie knedliky. Alle diese Knödelarten mögen gut sein, der Tiroler Speckknödel jedoch ist unerreicht.
Die Geschichte der Knödel reicht wesentlich weiter als in der oben geschilderten Sage zurück. Bei Grabungen in jungsteinzeitlichen Siedlungen und in bronzezeitlichen Pfahlbauten wurden Speisereste gefunden, die aus kleinen Fladen, aus Weizen- oder Gerstenmehl gebacken, bestanden. Diese Fladen waren auffallend gewölbt. Bei genaueren Untersuchungen zeigte sich, dass in dieser Fladenhülle Fleisch oder Obst eingewickelt war. Professor Garns weist ausdrücklich auf die Verwandtschaft dieser Speise mit unseren Knödeln hin. Ein Fresko in Schloss Hocheppan überliefert uns, wie die Knödel im 12. Jahrhundert ausgesehen haben.
Heute werden die Knödel aus Weizenbrot und Weizenmehl zubereitet. Früher war das eine Sonntagsspeise, an Werktagen verwendete man Roggen-, Gersten- oder Hafermehl. Nach dem bäuerlichen Speisezettel kamen Knödel nicht jeden beliebigen Tag auf den Tisch, sondern vor allem an Sonntagen und an den beiden Knödeltagen Dienstag und Donnerstag. Einem alten Aberglauben zufolge fahren die Bauern dienstags und donnerstags nicht auf die Alm, damit sie nicht einige der Tiere als "Knödelfleisch", das heißt abgestürzt, zurückbekommen.
Während es im bäuerlichen Haushalt außer Speckknödel auch noch Leberknödel, Fastenknödel und im Unterinntal Käsknödel gibt, aß man im bürgerlichen Haushalt um 1700 auch den Fischknödel. Heute kennt man ihn allerdings nicht mehr.
Hier wird nun das Rezept verraten; es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass das Ganze nicht so einfach ist, denn unter Umständen findet man einen Brei oder kleine Kanonenkugeln im Wasser. Auf jeden Fall: Guten Appetit!
Tiroler Speckknödel
Man nehme 6 trockene Semmeln, knapp ¼ Liter Milch, 2 bis 3 Eier, 10 Deka (100g) Speck, 15 Deka geräucherte Wurst, Kaminwurzen oder Selchfleisch, 3 Deka Butter, ½ Zwiebel, Petersiel, Schnittlauch, etwa 3 Esslöffel (6 bis 8 Deka) Mehl, gesalzene Fleischsuppe oder Salzwasser.
Die Semmeln werden kleinwürfelig geschnitten, die Milch mit den Eiern versprudelt und über das aufgeschnittene Brot gegossen und zugedeckt. Eine halbe Stunde ziehen lassen. Den würfelig geschnittenen Speck ausbraten, die feingeschnittene oder gewiegte Wurst, beziehungsweise das Selchfleisch kurz mitrösten und über das Brot geben, ebenso die würfelig geschnittene, in Butter angeröstete Zwiebel, reichlich feingehackten Petersil, geschnittenen Schnittlauch und Salz. Das Mehl drüberstreuen und mit dem Kochlöffel gut zusammenmengen und zusammendrücken. Die Masse soll eher fest sein, aber nicht schmieren. Mit nassen Händen werden etwa 8 gleich große Knödel fest geformt und rund gedreht.
Wenn alle Knödel auf dem Brett liegen, gibt man einen Probeknödel in die leicht kochende Suppe oder in das Salzwasser und lässt ihn etwa 12 Minuten kochen. Der Probeknödel soll außen glatt sein und innen eine lockere Masse aufweisen. Ist der Knödel zu weich, gibt man etwas Mehl dazu und drückt beim Runden etwas fester an. Erst dann kocht man die restlichen Knödel.
Tiroler Speckknödel können auch nur mit Speck, ohne Wurst, Selchfleisch und Butter bereitet werden. Man verwendet den obenbeschriebenen Teig und röstet die Zwiebel im zerlassenen Speck.
Quelle: Herbert Buzas, So steht es nicht im Baedecker, Tiroler Knödl, in: Merian Tirol, 14. Jg. 1961, 4. Heft, S. 100;
Otto Kostenzer, So steht es nicht im Baedecker, Knödel, Nocken, Nudel, Plenten sind die vier Tiroler Elementen, in: Merian Tirol, 27. Jg. 1974, 11. Heft, S. 91;
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