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suche dörfer mit lebendigen sagen

karinator

New member
Hallo Sagenkenner,

ich studiere an der Filmhochschule in München Dokumentarfilm und recherchiere gerade zum Thema Dorfsagen für meinen nächsten Film.
Dafür suche ich nach einem oder mehreren Dörfern, egal wo, in denen es ganz konkret zB über eine Örtlichkeit (Brunnen, Weiher, Stein usw) mit dem Dorf verbundene, vielleicht auch gruslige Geschichten gibt, die auch noch 'wirksam' und Teil der Dorfidentität sind. Damit meine ich, dass sie noch von vielen Dorfbewohnern mündlich weitererzählt werden und dass sie vielleicht auch in irgendeiner Weise Einfluss auf das Dorfleben haben (indem sich zB mancher nachts nicht an irgendeine Stelle gehen traut/ sich dorfbewohner gegen einen straßenbau wehren, der den sagenort berühren würde, o.ä.).
Auch suche ich nach interessanten (älteren?) Menschen (optimalerweise in einem solchen Dorf), die noch mit den lokalen Sagen mitleben, sie ernst nehmen und tradieren, und sie nach möglichkeit auch mitreissend mündlich wiedergeben können. Dabei spielt es prinzipiell keine Rolle wie alt oder jung diese Sagen sind.

Ich freue mich über jeden Hinweis von Euch!
Vielen Dank und viele Grüße aus München
von Karin
 
Hallo Wolfgang,

du hast recht - an Sagenstoffen wird es mir mit sagen.at auf keinen Fall mangeln...
Nur bräuchte ich in meinem Dokumentarfilm auch noch Menschen dazu, die diese Sagen nicht nur kennen, sondern wirklich (be)leben. Fallen Dir dazu Dörfer/ Menschen ein?

Das wäre wohl auch mein Problem mit dem verborgenen Tal. Weißt Du von Leuten, die danach nicht im Internet, sondern tatsächlich auch 'physisch' suchen?

Danke für Deine Hilfe!
Karin
 
Hallo Karin,

am besten ehemalige SchullehrerInnen des Dorfes oder den hiesigen Pfarrer fragen - die wissen oft noch alte Sagen und ob bzw wie das im Gemeindeleben eine Rolle spielt - das ist jedenfalls meine Erfahrung ;-)

z.b. war ich vor 1 oder 2 Jahren in Paudorf (gleich beim Dunkelsteiner Wald) und wollte da was wissen über div Sagen in diesem Gebiet, u.a. gibts da recht wilde Hexen- bzw Salome-Sagen. Ich wollte mehr darüber wissen und hab schließlich den Pfarrer herausgeläutet. Der Pfarrer kam ohne Schuhe, nur in Socken raus :), war dann recht mitteilsam und hat mir dann folgendes erzählt: Als er in diese Gegend zog und im Wirtshaus mit den Einheimischen tratschte und fröhlich zechte, erzählte ihm ein Einheimischer, dass immer, wenn er nach dem Wirtn angsoffen zu Fuß heim geht, besagte Salome ihn heimsucht und ihn in den Straßengraben in den Gatsch schmeißt. Quasi als Strafe, weil er schon wieder so betrunken war ;)
Das ist für mich ein wunderhübsches Beispiel, wo eine lokale Sage eben nicht nur in Büchern steht, sondern von den Einheimischen noch gelebt, geglaubt wird.

Der Pfarrer in Socken hat sich dann übrigens als Pater Udo Fischer, der mit der Kirche schon oft angeeckt hat (um es mal gnädig auszudrücken), entpuppt ;)

LG,
Dolasilla
 
Hallo Karin,

die Hellstrom-Chronik (The Hellstrom Chronicle) hat im Jahr 1972 den Oscar für den besten Dokumentarfilm erhalten. In diesem - im übrigen wirklich ausserordentlich sehenswerten - Film, spricht der Erzähler zu den realen Dokumentaraufnahmen einen nur bedingt wahren Text. Er erzählt also eine Art Sage, da er eigene Erklärungen liefert.
(Hinweis: das Merkmal der Sage ist u.a. das erklärende Motiv!)

Für "das verborgene Tal" wäre das Konzept der Hellstrom-Chronik ein sehr guter Ansatz. Du findest rasch einen (fiktiven) Wissenschaftler, der ein paar coole Theorien zu guten Aufnahmen liefert und ein paar Alpenbewohner sollten sich schon relativ leicht finden lassen, die von Sichtungen und Spuren erzählen.

Man könnte die Alpenbewohner beim Filmdreh ja nach Sichtungen von Murmeltieren, Hirschen oder Steinböcken fragen, die Murmeltiere dann gut rausgeschnitten... das ergibt einen Super-Film!


@ Dolasila:

ganz ein wichtiger Hinweis: Erzählforschung findet keinesfalls nur in Büchern statt, ganz im Gegenteil: die lebende Sagenerzählung gehört zu den wirklichen Highlights. Leider ergibt sich diese Gelegenheit zu selten... :smi_heult

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Hallo Karin,

als Attachement hänge ich noch ein paar Fotos vom verborgenen Tal an.

Bei dem ersten Bild siehst Du auch noch Reste, die auf die Behausung hindeuten, offenkundig sind die versteckt lebenden Einwohner tiefer in das Tal hineingezogen.

Es ist natürlich nicht ganz ungefährlich das verborgene Tal zu erkunden, wie Du auf Bild 4 sehen kannst, sind alleine an dieser Stelle 6 Forscher auf der Suche nach dem verborgenen Tal um's Leben gekommen.

Wolfgang (SAGEN.at)
 

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Hallo Karin,

als Sagensammlerin kann ich "ein Lied davon singen" wie schwer es ist heute Menschen zum Erzählen von Sagen zu bewegen. In den meisten Fällen bekommt man auf die gezielte Frage gerade mal die bekannteste Sage des Ortes erzählt. Wenn ein Erzählender in einem Gespräch Sagenmotive mit einfließen läßt und man genauer nachhakt, dann blocken sie ebenfalls meistens ab. So weit meine Erfahrungen. Und gerade deshalb war ich von den Filmvorschlägen von Gropli so begeistert.


Und nun stellt sich mir die Frage, wo es bei uns noch eine Dorfgemeinschaft geben soll, die etwa einen Brauch nach einer Sage aufrechterhält und das nicht nur aus Kommerz?

Sehr viel Brauch und wenig Sage bietet das Thema "Herz-Jesu-Feuer verso Sonnenwendfeuer" und die Thematik ist auch nicht wirklich neu.
Und um gleich beim Brauch zu bleiben, das Goaßlschnölln, Grasausläuten und das Scheibenschlagen haben für mich auch entfernt etwas "sagenhaftes".

Und wenn du rein bei der Sage bleiben willst, wie wäre es mit modernen Sagen? Die findest du in jeder Gesellschaft - oder wie wäre es mit modernem Aberglauben - ich frage mich immer wieder warum aufgeklärte Menschen Massenemails weiterleiten die einem daraufhin Glück versprechen...

...und bei meinen vielen Vorschlägen, lassen wir das "verborgene Tal" einfach noch ein wenig ruhen, gell?! Wäre doch blöd wenn das "verborgene Tal" nicht mehr geheim ist und von allen Menschen überrannt werden würde!

lg Berit
 
In Baden bei Wien gibts jede Menge Teufels- und Hexen-Sagen, u.a. auch über die vielen Höhlen am Kalvarienberg. Ich war da mal länger spazieren recherchieren und war anschließend im hiesigen Rollett-Museum, dort hab ich die Museumsfrau gefragt, was sie über die Höhlen und die Sagen darum weiß. Ganz entsetzt hat sie mir gestanden, nie-nie-nie da hinauf zu gehen, schon gar nicht alleine, weil es dort nicht mit rechten Dingen zuginge und es ihr sehr unheimlich dort wäre!

Andere Einheimische habe ich über das Räubermädchen befragt, über die es eine wilde Geschichte gibt (bei der die Männer nicht grade gut wegkommen) - bei den Badner Frauen ist das Räubermädchen durchwegs seeeehr beliebt, den Badner Männern hingegen war das Thema "Räubermädchen" reichlich unangenehm - die meisten angesprochenen wechselten sofort das Thema! Bekannt ist das Räubermädchen jedenfalls dort allen ;)

LG,
Dolasilla
 
Hallo Dolasilla,

die Höhle des Räubermädchens von Baden findest Du in der Nähe der Hausnummer "Bergstraße 10". :floet:

Nachtrag: eine andere Version des Räubermädchens von Baden.

Aber wenn ich mir so die Literatur ansehe, wundere ich mich selbst, wie sorglos ich gelegentlich im Wienerwald spaziert bin...

Da waren ja u.a. im Jahr 1891 auch die "Dienstmädchenmörder": Franz Schneider und seine Frau Rosalia Schneider ermordeten im Wienerwald mindestens drei Dienstmädchen: Friederike Zoufar, Marie Hottwanger und Rosalie Kleinrath. Weitere mögliche Opfer wurden nie gefunden.
Der Wienerwald ist eine ziemlich mystische Gegend...
(nach Bouchal/Kalchhauser, Mystischer Wienerwald, Wien 1999)

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo sagen.at-Forums-Besucher-und-Antworter,

ich wollte mich mal zwischendurch für die vielen interessanten Antworten bedanken!

Da muss ich mich jetzt mal durchrecherchieren.

Viele Grüße,
Karin
 
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