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Stoffe des Glaubens - Fastentücher in Kärnten

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Harry hat als Projekt zur heurigen Fastenzeit eine ausführliche volkskundliche Dokumentation über die Fastentücher in Kärnten gestaltet:

Stoffe des Glaubens - Fastentücher in Kärnten

Fastentücher verhüllen in der Fastenzeit in katholischen Kirchen den Altar und sind mit Szenen aus der Bibel bemalt.
In Kärnten kann eine besondere Kontinuität dieses kirchlichen Brauches beobachet werden, das Fastentuch von Gurk stammt etwa noch aus dem Mittelalter.

Die Dokumenation von Harry ist auch insofern besonders wertvoll, da es sich um die erste ausführliche Dokumentation im Internet zu Fastentüchern in Kärnten handelt.

Harry würde sich hier auch um Rückmeldung freuen.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Was mir bei der Dokumentation auffällt und ein klein wenig wundert, ist die Tatsache, dass manche der mittelalterlichen Fastentücher der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind, was ja zu einem Ausbleichen der Farben oder zum Verspröden der Stoffe führen dürfte.

Es gibt heute in der Denkmalpflege schon Spezialgewebe zum Sonnenschutz, welche die schädliche Sonneneinwirkung ohne größeren Lichtverlust abdämmen.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Ich denke, das ist ein grundsätzliches Problem. Die Fastentücher sind liturgische Gegenstände, die "im Gebrauch" stehen und eben keine musealen Objekte. Deshalb scheint die Frage der Konservierung nicht einfach zu sein.

Vielleicht weiß ein Fachmann (oder -frau) mehr darüber??? :kopfkratz
 
Da stellt sich mir dir Frage ob es wirklich keine Fastentücher gibt, die nur mehr museale Schaustücke sind, so wie es auch viele Kelche, Panthenen, Fistule, Reliquiare, Kaseln und dergleichen in Museen gibt?

Zum Thema Abnützung möchte ich an die zahlreichen "Kirchenfahnen" wie Schützen-, Buben-, Mädchenfahnen u.a. erinnern, welche auch nach Restaurierungen wieder im Gebrauch stehen und stark der Witterung ausgesetzt sind.

Wahrscheinlich hängt es auch von der Einschätzung des jeweiligen Bundesdenkmalschutzamtes ab, was noch verwendet werden sollte und was eben für die Nachwelt geschont werden sollte.

Im übrigen gefällt mir die Doku vom Harry sehr gut, vom Engagement angefangen bis hin zur Gegenüberstellung der alten und neuen Fastentücher :smi_klats

... und bietet uns damit eine neue Thematik zum Ergründen an.

Berit
 
Im Diözesanmuseum Klagenfurt hängt z.B. das Fastentuch von Sternberg.

In der Doku habe ich darauf bewusst verzichtet, weil ich ja vor Allem auch die ungebrochene Tradition der Verwendung dieser Tücher in Kärnten hinweisen wollte.

Danke auch für das Lob. Die kleine Reise durch Kärnten war für auch mich - und nicht nur im kunsthistorischen Sinn - ein bereicherndes Erlebnis.:smi_blume
 
Zur herannahenden Osterszeit wünsche ich vorab: Schönen Winter allerseits!

Als Zweites: Applaus für die Dokumentation!

Als Drittes: Bosheiten aus meinen unteren Schubladen:

Es gibt Leute, die davon leben, Probleme zu beheben, die sie selbst in die Welt geredet haben! Konservatoren gehören manchmal dazu.

Wie die Beispiele aus Gurk etc. zeigen, leiden Stoffe und Farben nicht wirklich furchtbar unter dem gedämpften Sonnenlicht, das in Kirchen einfällt. Natürlich gibt es Alterungsprozesse und natürlich sind sie grundsätzlich auf die Ewigkeit hin gesehen beklagenswert, aber:
- erstens sind die Objekte primär - wie schon von Harry bemerkt - liturgisches Gerät in einer einigermaßen lebendigen "Glaubenslandschaft";
- zweitens sind sie dann, wenn sie aufgehängt werden, so präsentiert, wie es den Absichten der Schöpfer entspricht, und der Betrachter nimmt sie wahr, wie sie wahrgenommen werden sollen;
- drittens werden sie dann, wenn niemand sie sieht, weil sie licht- und ...geschützt im Depot liegen, irgendwann auch kaputt.

Nun weiß ich natürlich, dass ich dafür geprügelt werden könnte, sehe dem aber mit einer gewissen Gelassenheit und dickem Fell entgegen...

D.F.
 
Ich schließe mich den Osterwünschen einfach an: der Winter kommt bestimmt :kopfkratz

Und dem :smi_klats schließ' ich mich unbedingt auch an - ich wußte ja über Fastentücher eigentlich gar nix ... aber angeregt durch diese Doku hab ich mal spontan rumgefragt und für Steyr und Umgebung bisher nur erfahren, daß meist (Originalzitat[e]) "mit lila oder violetten Tüchern die Kreuze zugehüllt werden" ...

*seufz* es gibt gottseidank sooo viele interessante Dinge (und besonders auf dieser WebSite - Wolfgang sei Dank!) und ich hoffe, schon vor lauter Neugier mindestens 100 (in Worten "Hundert") zu werden ...

Grüße an Alle aus dem verschneiten Steyrtal

Norbert

P.S. Achja, und D.F. geb ich voll und ganz recht: Gebrauchsgegenstände sollen solche auch bleiben, auch wenn sie wertvoll sind, denn für den Gebrauch wurden sie geschaffen ....
 
Hm, auch wenn ich jetzt a bissl vom Thema abschweife, aber das mit den "Gebrauchsgegenständen" (also nicht nur Fastentücher, sondern vom alten Reliquiar bis hin zum Flügelaltar) sehe ich nicht ganz so romantisch, denn es stellt sich wohl auch die Frage wer denn die "Gebrauchsgegenstände" wirklich gebrauchen darf. Weiteres entsprechen viele Objekte nicht mehr der heutigen Liturgie, den heutigen Gepflogenheiten und Ansichten und dann sind diese Gebrauchsgegenstände doch besser unter musealem Glas als auf einem staubigen Dachboden aufgehoben, wo sie eben niemand zu sehen bekommt.

Nichtsdestotrotz freue auch mich daran wenn noch in alten Kirchen Messe gefeiert wird (wo sich dann viel zu viele Menschen in die Kirche drängeln und sich an die Fresken lehnen) oder in frisch restaurierten Kirchen in der Ostermesse hunderte Kerzen mehrmals ausgelöscht werden oder wenn ich eben alten geöffneten/geschlossenen Flügelatären und Fastentüchern in ihrem natürlichen Umfeld, der Kirche, begegne.

Berit
 
Zuletzt bearbeitet:
Da muss ich doch ganz energisch widersprechen:

Religion und Glaube (egal, welcher Konfession) ist ganz und gar nichts romantisches und kommt aus dem tiefsten Inneren der Menschen. Kirchen (Bethäuser, Synagogen, Moscheen ...) sind primär nicht dazu da, dass sie von Kunstbegeisterten bewundert werden sondern für dem Gottesdienst. Und da werden nun einmal Kerzen angezündet und ausgelöcht oder es wird auf teuren alten Teppichen gegangen.

Diese Kunstwerke sind nun einmal kein Selbstzweck sondern dienen der höheren Ehre Gottes, was immer man darunter verstehen mag. Dafür wurden sie geschaffen und dazu sollen sie verwendet werden.
 
ich glaub wir reden aneinander vorbei

darum versuche ich hier mal zu vermitteln:

- Harry meint, liturgische Praxis (am Beispiel von Fastentüchern aus dem Mittelalter) steht vor musealem Bewahren

- Berit meint, liturgische Praxis in Museen (am Beispiel Prokulus in Naturns, ich glaube, eine der ältesten Kirchen in Europa) ist nicht so gut für wertvolle Kulturgüter.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Im Zuge der Diskussion möchte ich auch meine Meinung äußern:

Ich denke, dass man als bezahlender Besucher eines Museums keinen Einblick in die Schwierigkeiten eines Museumsbetriebes erhält, sondern lediglich die Sonnenseiten vorgegaukelt bekommt.

Schließlich ist es doch nur die eigene Vorstellung von der Kultur, die wir sehen möchten und im Museum zu erleben erwarten.

Viele Museen die ich gesehen habe, waren eine Art "Herz-Lungen-Maschine" der ausgestellten Exponate, würde dort kurz der "Stromstecker" (bildlich) gezogen, wäre alles kaputt.

Es wäre interessant zu erfahren, wie viele Tonnen kostbarster Kulturgüter in den Depots von Museen unwiederbringlich verrotten, weder inventarisiert oder sonstwie dokumentiert sind?

Erreicht die Prozentmarke ausgestellter Dokumente im Vergleich zum Lager / Depot überhaupt eine zweistellige Ziffer?

Praktisch alle Museen die ich jemals besucht habe, haben alle Kulturgüter gnadenlos ihrem kulturellen Kontext entrissen, als sprachloses Inventar an die Wand geklebt.

Ist nicht doch in vielen Fällen die aktive Kulturpraxis wesentlich wertvoller?

Sollte der Begriff "Museum" besser definiert werden - solche Museen, die völlig Vergangenes bewahren und solche Museen, die auch aktuell Gegenständliches darstellen? Ist "Museum" immer "alt" und "Geschichte"?

Wolfgang (SAGEN.at)
 
@Berit:
Ich wollte mit meiner Meinung niemanden zu nahe treten. Es ist, wie so vieles, eine Frage des Standpunktes.

Kunsthistoriker, Konservatoren und Leute, die sich im Museumsbetrieb befinden, haben naturgemäß eine andere Perspektive.

Ich meine eben, man sollte die Kirche im Dorf lassen, und die Dinge möglichst dort, wo sie hingehören. Das gilt nicht nur für die bildende Kunst: Wöchentlicher Almabtrieb für Touristen, weil's so schön ist, (kostenpflichtige) Eintrittskarten für Gotteshäuser und ähnliche Dinge sind dann das tragische Ende dieser Entwicklung.

Und, um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen: Ich habe jetzt in der vorösterlichen Zeit meine Reise zu den Fastentüchern nicht nur als Kunstreise gemacht, sondern auch.


Ein sich entschuldigender, weil gerade bei diesem Thema sehr emotionaler
 
Guten Morgen allerseits!

Auch noch ein paar Bemerkungen zur Sache:

1. Könnte man sagen, es sei für alle genug da: für die Museen - wie Wolfgang auch schon gesagt hat – mehr als sie ausstellen können, und für die Kirchen wohl auch noch soviel, wie sie brauchen.

2. Die meisten der alten Dinge, von denen wir da reden, sind nicht nur von der Zweckbestimmung sondern auch von der Machart her für den andauernden Gebrauch geschaffen worden. Wie ihr Zustand nach Jahrhunderten der Verwendung zeigt, sind sie in der Regel recht haltbar (der Rest ist längst schon dahin!). Die Künstler/Handwerker haben durchaus gewußt, wie man die Dinge machen soll, damit sie lange halten, und ein gotischer Altar oder ein barockes Altarblatt sind nicht so empfindlich wie ein zartes Aquarell oder gar wie die Beuys’schen Fettklötze...

3. Ein noch nicht angesprochenes gravierendes Problem gibt es allerdings auch: die Frage der Sicherung gegen Diebstahl und Raub... Fresken bleiben normalerweise noch ungeschoren, Fastentücher sind wohl auch groß genug, um halbwegs sicher zu sein, aber sonst wird ja seit Jahren gestohlen, was das Zeug hält, und zwar vor allem aus Kirchen und Kapellen.
Daß es sich kaum eine Pfarre leisten kann, ihre Kirche(n) offenzuhalten und dabei auch durch Alarmanlagen, andere Einrichtungen oder gar Personal wirklich abzusichern, ist klar. Die zweite Variante – nur zu den Gottesdiensten aufzusperren – mag aus der Sicht der Gläubigen hinreichen, ist sonst aber eher kontraproduktiv, zumal sich der Kunstfreund ja auch nicht gerade während der Gottesdienste in der Kirche ergehen sollte. Und die Suche nach dem Pfarrer, Mesner, XY-Bauern, der den Schlüssel hat und im Bedarfsfall aufsperren kann, ist leider auch recht mühsam und oft von Mißerfolg gekrönt...
Da haben Museen mit geregelten Öffnungszeiten, Personal usw. doch ein großes Plus auf ihrer Seite (selbst dann, wenn auch ihnen manchmal etwas abhanden kommt).

Traurig, daß es so ist, aber leider auch nicht wirklich leicht zu ändern!

Trotzdem einen schönen Tag
D.F.
 
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