Liebe Leute,
wieder einmal ist im Großraum Innsbruck ein Technikdenkmal abrissgefährdet. Es geht um den Bahnhof Patsch, gelegen in den südlichen Ausläufern der Landeshauptstadt. Genaugenommen ist er viel mehr als ein S-Bahnhof, vielmehr ist vor allem das Aufnahmegebäude I aus 1867 untrennbar mit den frühen Jahren der Brennerbahn verbunden, aber auch das weiter südlich gelegene Aufnahmegebäude II, das ab 1910 den alten Bahnhof ersetzte und noch bis 1994 in Betrieb war.
Mit Inbetriebnahme von Aufnahmegebäude II wurde der "alte" Bahnhof zum Wohnhaus, eine kleine Landwirtschaft wurde dort betrieben. Unterhalb der beiden Gebäude, am Ufer des Sillflusses, befanden sich außerdem Obst- und Gemüsegärten. Ein noch weiter nördlich gelegenes Bahnwärterhaus wurde bereits vor einer Weile abgerissen.
Zu weiteren geschichtlichen Details möchte vielleicht jemand anderer etwas schreiben oder hilft Tante Google, in meinem kleinen Bericht will ich mich auf Bilder vom heutigen Zustand der Gebäude konzentrieren.
Heute bleiben an den beiden mit den in den 1990er-Jahren beliebten Klinkersteinen ausgelegten Bahnsteigen nur noch täglich zwei S-Bahn-Züge für "Hardcore-BahnpendlerInnen" stehen, für sie wurde ein winziges Beton-Wartehäuschen errichtet. Die halbstündlich verkehrenden Züge der Linien S2 und S3 fahren ohne Halt durch. Das Hauptproblem ist die Anbindung an den Ort: nur eine etwa 1,5 Kilometer lange, abschnittweise extrem steile und sehr schmale, wenn auch asphaltierte, Straße führt zur Station. Sie könnte allenfalls mit Kleinbussen befahren werden, die steilen Abschnitte müssten aber im Winter aufwändig vor Vereisung geschützt werden und wären bei Schneelage unpassierbar. In früheren Zeiten waren die Menschen bereit, solche Wege bei jedem Wetter zu Fuß zurückzulegen, heute würden das viele wahrscheinlich gar nicht mehr schaffen. Die Verkehrsversorgung von Patsch übernimmt heute die Buslinie 4141, mit der die Fahrt ins Stadtzentrum allerdings wesentlich länger dauert als mit der S-Bahn.
Da für das Aufnahmegebäude II eine Kosten verursachende funktionierende Wasserversorgung vorgeschrieben ist, möchte die Gemeindeverwaltung von Patsch nun den Denkmalschutz aufheben lassen. Man kann nur hoffen, dass dieses Ansinnen abgewehrt wird.
Begeben wir uns jetzt zum Aufnahmegebäude II. Eine Ansicht gegen Süden:
http://forum.strassenbahn.tk/ext/20120505_bhf-patsch/20120505_patsch_02.jpg
Die Gebäudefront, leider im Gegenlicht:
Der heute noch genutzte westseitige Bahnsteig:
Anichten gegen Norden und Nordosten. Alles ist mit Spanplatten verrammelt:
Jetzt geht es ins Innere des Gebäudes, zuerst sehen wir uns das Erdgeschoss an. Ein Aufenthaltsraum:
Auch die Sperrholzplatten konnten das Fenstergas nicht vor Vandalismus schützen:
Raumdekor der 1960er- und 70er-Jahre in der ehemaligen Dienstwohnung:
Auch hier Zerstörung:
Dieser WC-Wasserkasten könnte noch aus der Zeit der Errichtung stammen:
Diese Wendeltreppe führte in eine nachträglich angebaute Aussichtswarte, die nicht mehr existiert:
Jetzt begeben wir uns in den Keller:
Rechts hinten führten Starkstromleitungen ins Gebäude, wahrscheinlich auch Leitungen für die Signal- und Weichensteuerung:
Ans Eingemachte - die Gäser sind noch gefüllt. Man beachte das Schild an der Innenseite des Kistendeckels!
Zurück hinauf ins Erdgeschoss:
Wie in allen derartigen Gebäudem finden auch hier Obdachlose Unterschlupf:
Jetzt begeben wir uns etwa 500 Meter nach Norden, zu Aufnahmegebäude I. Etwa auf halbem Weg kommen wir am 1994 errichteten Fahrgastunterstand vorbei:
Der Blick zurück nach Süden zeigt den Weg zu Aufnahmegebäude II, das rechts im Bildhintergrund hinter den Bäumen liegt.
Auf der linken Seite ist der zugewachsene ehemalige Erschließungsweg zum "alten" Bahnhof, also dem Aufnahmegebäude I, an dem wir jetzt angekommen sind. Als dieses noch in Betrieb war, gab es hier einen Bahnübergang.
Oft werden abgenutzte Schienen als Zaunpfosten verwendet, so auch hier diese Schiene aus 1895:
Diese Gebäude wurde in massiver Steinbauweise errichtet:
Wir begeben uns ins Innere. Auch hier erwarten uns Spuren von temporären BewohnerInnen:
Ein Holz-Kohle-Herd aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts:
Die meisten Einrichtungsgegenstände haben die Zerstörungswut mancher Eindringlinge allerdings nicht überlebt:
Die Styropor-Stuckdecke dürfte aus den 1980ern stammen:
Der Raum ist im Stil der 1980er-Jahre verfliest:
Ein Sanitärbereich:
Im Wohntrakt gegenüber ein 50 bis 60 Jahre alter E-Herd:
Zerstörung und Müll überall:
Auch die Kloschüssel blieb nicht verschont:
Lampenschirm aus den 1970ern oder 1980ern:
Im ersten Stock ist ebenfalls alles kaputt:
Ein Blick auf den Dachboden:
Die Stockwerke sind mit einem geräumigen Stiegenhaus mit schöner Steintreppe verbunden - hier hat leider meine Kamera die Bilddateien nicht richtig abgespeichert.
Bleibt mir nur zu sagen, dass, wenn schon das Aufnahmegebäude II nicht erhalten werden kann, wenigstens das Gebäude I eine neue Verwendung finden sollte.
Die Bausubstanz scheint bei beiden Gebäuden noch intakt zu sein, es ist im Inneren trocken und es waren keine Risse zu sehen.
Nach abschnittsweisem Neubau der Erschließungsstraße könnte eine Kleinbuslinie die Anbindung des Ortes an die S-Bahn herstellen und damit die Reisezeit für PendlerInnen zum Hauptbahnhof von 45 auf 15 Minuten verkürzen.
Abschließend noch ein Bild der Front von Gebäude I, das dessen ehemalige Schönheit erahnen lässt. Der zugemauerte Steinbogen war der Zugang zum Wartebereich.
Gruppe zur Erhaltung des Bahnhofs Patsch: http://www.facebook.com/#!/groups/Bahnhofpatsch/
wieder einmal ist im Großraum Innsbruck ein Technikdenkmal abrissgefährdet. Es geht um den Bahnhof Patsch, gelegen in den südlichen Ausläufern der Landeshauptstadt. Genaugenommen ist er viel mehr als ein S-Bahnhof, vielmehr ist vor allem das Aufnahmegebäude I aus 1867 untrennbar mit den frühen Jahren der Brennerbahn verbunden, aber auch das weiter südlich gelegene Aufnahmegebäude II, das ab 1910 den alten Bahnhof ersetzte und noch bis 1994 in Betrieb war.
Mit Inbetriebnahme von Aufnahmegebäude II wurde der "alte" Bahnhof zum Wohnhaus, eine kleine Landwirtschaft wurde dort betrieben. Unterhalb der beiden Gebäude, am Ufer des Sillflusses, befanden sich außerdem Obst- und Gemüsegärten. Ein noch weiter nördlich gelegenes Bahnwärterhaus wurde bereits vor einer Weile abgerissen.
Zu weiteren geschichtlichen Details möchte vielleicht jemand anderer etwas schreiben oder hilft Tante Google, in meinem kleinen Bericht will ich mich auf Bilder vom heutigen Zustand der Gebäude konzentrieren.
Heute bleiben an den beiden mit den in den 1990er-Jahren beliebten Klinkersteinen ausgelegten Bahnsteigen nur noch täglich zwei S-Bahn-Züge für "Hardcore-BahnpendlerInnen" stehen, für sie wurde ein winziges Beton-Wartehäuschen errichtet. Die halbstündlich verkehrenden Züge der Linien S2 und S3 fahren ohne Halt durch. Das Hauptproblem ist die Anbindung an den Ort: nur eine etwa 1,5 Kilometer lange, abschnittweise extrem steile und sehr schmale, wenn auch asphaltierte, Straße führt zur Station. Sie könnte allenfalls mit Kleinbussen befahren werden, die steilen Abschnitte müssten aber im Winter aufwändig vor Vereisung geschützt werden und wären bei Schneelage unpassierbar. In früheren Zeiten waren die Menschen bereit, solche Wege bei jedem Wetter zu Fuß zurückzulegen, heute würden das viele wahrscheinlich gar nicht mehr schaffen. Die Verkehrsversorgung von Patsch übernimmt heute die Buslinie 4141, mit der die Fahrt ins Stadtzentrum allerdings wesentlich länger dauert als mit der S-Bahn.
Da für das Aufnahmegebäude II eine Kosten verursachende funktionierende Wasserversorgung vorgeschrieben ist, möchte die Gemeindeverwaltung von Patsch nun den Denkmalschutz aufheben lassen. Man kann nur hoffen, dass dieses Ansinnen abgewehrt wird.
Begeben wir uns jetzt zum Aufnahmegebäude II. Eine Ansicht gegen Süden:
Die Gebäudefront, leider im Gegenlicht:
Der heute noch genutzte westseitige Bahnsteig:
Anichten gegen Norden und Nordosten. Alles ist mit Spanplatten verrammelt:
Jetzt geht es ins Innere des Gebäudes, zuerst sehen wir uns das Erdgeschoss an. Ein Aufenthaltsraum:
Auch die Sperrholzplatten konnten das Fenstergas nicht vor Vandalismus schützen:
Raumdekor der 1960er- und 70er-Jahre in der ehemaligen Dienstwohnung:
Auch hier Zerstörung:
Dieser WC-Wasserkasten könnte noch aus der Zeit der Errichtung stammen:
Diese Wendeltreppe führte in eine nachträglich angebaute Aussichtswarte, die nicht mehr existiert:
Jetzt begeben wir uns in den Keller:
Rechts hinten führten Starkstromleitungen ins Gebäude, wahrscheinlich auch Leitungen für die Signal- und Weichensteuerung:
Ans Eingemachte - die Gäser sind noch gefüllt. Man beachte das Schild an der Innenseite des Kistendeckels!
Zurück hinauf ins Erdgeschoss:
Wie in allen derartigen Gebäudem finden auch hier Obdachlose Unterschlupf:
Jetzt begeben wir uns etwa 500 Meter nach Norden, zu Aufnahmegebäude I. Etwa auf halbem Weg kommen wir am 1994 errichteten Fahrgastunterstand vorbei:
Der Blick zurück nach Süden zeigt den Weg zu Aufnahmegebäude II, das rechts im Bildhintergrund hinter den Bäumen liegt.
Auf der linken Seite ist der zugewachsene ehemalige Erschließungsweg zum "alten" Bahnhof, also dem Aufnahmegebäude I, an dem wir jetzt angekommen sind. Als dieses noch in Betrieb war, gab es hier einen Bahnübergang.
Oft werden abgenutzte Schienen als Zaunpfosten verwendet, so auch hier diese Schiene aus 1895:
Diese Gebäude wurde in massiver Steinbauweise errichtet:
Wir begeben uns ins Innere. Auch hier erwarten uns Spuren von temporären BewohnerInnen:
Ein Holz-Kohle-Herd aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts:
Die meisten Einrichtungsgegenstände haben die Zerstörungswut mancher Eindringlinge allerdings nicht überlebt:
Die Styropor-Stuckdecke dürfte aus den 1980ern stammen:
Der Raum ist im Stil der 1980er-Jahre verfliest:
Ein Sanitärbereich:
Im Wohntrakt gegenüber ein 50 bis 60 Jahre alter E-Herd:
Zerstörung und Müll überall:
Auch die Kloschüssel blieb nicht verschont:
Lampenschirm aus den 1970ern oder 1980ern:
Im ersten Stock ist ebenfalls alles kaputt:
Ein Blick auf den Dachboden:
Die Stockwerke sind mit einem geräumigen Stiegenhaus mit schöner Steintreppe verbunden - hier hat leider meine Kamera die Bilddateien nicht richtig abgespeichert.
Bleibt mir nur zu sagen, dass, wenn schon das Aufnahmegebäude II nicht erhalten werden kann, wenigstens das Gebäude I eine neue Verwendung finden sollte.
Die Bausubstanz scheint bei beiden Gebäuden noch intakt zu sein, es ist im Inneren trocken und es waren keine Risse zu sehen.
Nach abschnittsweisem Neubau der Erschließungsstraße könnte eine Kleinbuslinie die Anbindung des Ortes an die S-Bahn herstellen und damit die Reisezeit für PendlerInnen zum Hauptbahnhof von 45 auf 15 Minuten verkürzen.
Abschließend noch ein Bild der Front von Gebäude I, das dessen ehemalige Schönheit erahnen lässt. Der zugemauerte Steinbogen war der Zugang zum Wartebereich.
Gruppe zur Erhaltung des Bahnhofs Patsch: http://www.facebook.com/#!/groups/Bahnhofpatsch/