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Das Spinnrad zum Spinnen etwa von Wolle ist in unserer Kultur seit Beginn der Neuzeit bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts nicht wegzudenken.

Heute ist die Bedeutung und Funktion des Spinnrades kaum mehr jemandem bekannt.

Wer hat sich mit einem Spinnrad auseinandergesetzt? Wer kann spinnen?

Neugierig gefragt :maus:

Wolfgang (SAGEN.at)
 
ich habe zwar kein eigenes spinnrad, weil das von meiner oma mein ex-mann beschlagnahmt hat und ich es nie weider sah- aber eine freundin hat mir beigebracht, auf ihrem spinnrad zu spinnen und ich kenne noch eine internet-bekanntschaft, die auch spinnt und regelmässig auf facebook ihre fotos veröffentlicht, sie hat ne spindel, ein spinnrad, sie strickt socken und so weiter.
es gibt auch einige internet-blogs, die sich damit beschäftigen
https://frauliebe.typepad.com/frauliebe/spinnen/
und bei uns im dorf gibt es auch eine spinnrad-runde soviel ich weiß (ältere frauen).

die wolle hab ich von leuten die genug schafe haben, bei uns sind das die, die den schafskäse herstellen (mostviertler spezialität), die socken die man aus so einer selbst-gesponnenen wolle strickt sind beinahe wasserdicht wegen dem wollfett! *lach*
liebe grüße, sonja
 
Hallo Sonja,

perfekt - dann kannst Du mir hoffentlich eine (für mich) Fragestellung verraten:

Etwa, bei Schafwolle: werden die Fasern vor dem Spinnen gefärbt oder die gesponnenen Wollfäden nach dem Spinnen?

Wolfgang (SAGEN.at)
 
ich habe nie gefärbt, habe die wolle immer in natura gemacht.
*grübel* wollte jetzt fast schon schreiben, daß das sicher VORHER gemacht wird, habe aber irgendwo schonmal gefärbte gesponnene wolle aufgehängt gesehen.... zum trocknen.
bin mir jetzt auch nicht sicher....
kann aber fragen! werde das rauskriegen!
ich meld mich dann!
liebe grüße, sonja
 
Also ich hab nachgefragt und die Spinnweiber sind sich unsicher weil sie alle ungefärbt spinnen/ sponnen!

Hier sind die Antworten auf meine Frage: (ich werde weitere Antworten nachträglich dran hängen!)

Dorit: meinst du schafwolle ,na dann Vor dem spinnen so viel ich noch weiss

Johanna: Wenn ich mich recht erinnere, nach dem Spinnen. Mein Vater hat gesponnen, aber kaum gefärbt. Die Wolle wurde unverfärbt immer gleich von meiner Mutter für uns alle zu Socken verarbeitet.

Gaby: Ich würd ganz logisch sagen vorher.. weil ich schon gefärbte Stränge gesehen hab zum spinnen und weil die Farbe sicher viel besser ins Gewebe geht, wenns noch unversponnen ist.



Gaby:
(Administrator: Link existiert nicht mehr)
Wolle lässt sich mit verschiedenen Methoden
sehr gut färben:

- Heiss- oder Kaltfärbung... Mehr anzeigen
- Mit synthetischen Farben oder
- Mit pflanzlichen Farben

Eine Färbung ist in verschiedenen Zuständen der Wolle möglich: Als Flocke (gewaschen und getrocknet), gekardet, gesponnen oder als Tuch, Stoff, Filz oder Gestricktes verarbeitet.
 
Ein Spinnrad steht in unserem Heimatmuseum! - Reine Schafwolle haben wir
mal in Oberstdorf gekauft (naturfarben)-für das Stricken war meine Mutter
zuständig. Sie kann Socken und wunderschöne Strickjacken herstellen. Sie
liebt Muster, denn glattes Stricken ist ihr zu langweilig. Ich habe ein Paar
Socken in der Schule anfertigen müssen, seltsamerweise war bei gleicher
Maschenzahl die Größe unterschiedlich. Also - nicht mein Ding.
Viele Grüße von Ulrike
 
Nicht nur das Spinnrad, sondern auch die Kunst des Spinnens selbst gerät sehr rasch in die Vergessenheit! Wenn ich nur an das Heimatdorf meiner Mutter denke – alle Frauen aus der Generation meiner Oma haben noch gesponnen, zwar nicht mit Spinnrad, sondern in dieser Region mit Spinnbrett. (Über das Spinnbrett habe ich hier erzählt) Aber ich zweifle sehr, dass jemand aus der nächsten Generation (meine Mutter), geschweige denn noch weiter, spinnen kann. Im Dorf selbst leben heute nur sehr wenige Menschen, und diejenigen, die in die Stadt gezogen sind, brauchen das natürlich nicht. Heute haben wir in den Geschäften so eine reiche Auswahl an Wolle und Fäden von verschiedensten Farben und Fakturen, von der man noch vor zehn Jahren nur träumen konnte.

Meine Oma hat gesponnen und dann Handschuhe und Socken und Strümpfe mit besonderem für die Gegend kennzeichnendem Muster gestrickt. Die ersten Schritte im Stricken und Häkeln hat sie mir gezeigt, und ich kann auch ähnliche Sachen mit Muster stricken wie sie es gemacht hat. Aber spinnen kann ich leider nicht. Habe nur einmal in unserem Freilichtmuseum probiert und es hat mir sehr gefallen. Würde meine Oma gerne bitten, mir auch das beizubringen, aber sie ist schon mehrere Jahre nicht mehr mit uns.

Zur Frage nach der Färbung der Wolle – ich weiß nicht, wie es in anderen Orten ist, aber in unserem Dorf wurde sicher zuerst gesponnen und erst dann gefärbt.



PS Bald kommt vielleicht eine Zeit, wo wir so ein Foto in einem Museum entdecken und nicht mehr wissen, was es darstellt. Das wäre sehr sehr traurig…
 
Hallo Oksana,

vielen Dank für Deinen Beitrag aus Russland! Dieser ist sehr gut zum Vergleich der Kultur des Spinnens in Europa.

Irgendwo auf einem unserer Filme ist Spinnen in Rumänien dokumentiert. Bemerkenswert dort ist die charakteristische Verwendung der Handspindel. Die Wolle ist dort vor dem Spinnen auch ungefärbt.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Sehr interessant zum Thema "Spinnen" erscheinen mir auch die volkskundlichen Untersuchungen, die Hermann Wopfner in seinem "Bergbauernbuch" (Band1, S. 357 ff.) veröffentlicht hat.

Wopfner spricht von bäuerlichem Hausgewerbe und Hausindustrie. Dabei sind in den Alpen bestimmte Handwerke in einzelnen Landschaften besonders stark vertreten. In übervölkerten Landschaften, so besonders in Westtirol, waren viele bäuerliche Menschen lange auf Verdienst im Hausgewerbe, namentlich durch Spinnen und Weben, bedacht.

Ein bemerkenswertes Phänomen sind dann neue Großunternehmen, sog. "Manufakturen", die diese hausgewerblichen Arbeitskräfte zusammenfassen und die Arbeitsweise verbesserten. Ein Großunternehmen dieser Art war die Fabrik für Leinen und Baumwollwaren, welche von der Gesellschaft der Strehlischen Brüdern und Vettern zu Imst 1747 gebildet worden war. Unter dieser "Fabrik" darf man sich freilich nicht eine Fabrik im heutigen Sinn vorstellen, sondern in der Strehlischen Fabrik zu Imst arbeiteten mehrere Weber, Färber und Drucker nebeneinander und zwar durchwegs in handwerkmäßiger Technik. Das Unternehmen hat dennoch Waren im großen hergestellt, indem es eine große Zahl von bäuerlichen Spinnern und Webern daheim in deren Häusern den Flachs und die Baumwolle spinnen und weben ließ; das Unternehmen lieferte als Verleger der zu erzeugenden Waren den Flachs und die Baumwolle und entlohnte die Heimarbeit. Die Leiter des Unternehmens bestellten an verschiedenen Orten, wo sie arbeiten ließen, auf ihre Kosten Spinnmeisterinnen, welche die bäuerlichen Heimarbeiter (Männer, Frauen, Kinder) im Spinnen unterrichteten. Auf diese Weise war die Arbeit verbessert und das Unternehmen erreichte einen guten Absatz. Die von den Heimarbeitern gelieferte Ware, Gespinste und Gewebe, wurde in der Fabrik in Imst zugerichtet (appretiert), gefärbt und bedruckt und dann in den Handel gebracht.
Schon zwei Jahre nach seiner Gründung soll das Unternehmen 628 Spinner und Spinnerinnen sowie 44 Weber beschäftigt haben. In den Siebzigerjahren des 18. Jahrhunderts waren bereits an die 2247 Leute, zumeist Heimarbeiter, für das Unternehmen tätig. (= jeder zehnte der Region). Im Jahr 1791 war die Zahl der Beschäftigten auf 8000 in 4106 Familien angewachsen und erzeugte Gewebe in einem Ausmaß von annähernd 200.000 Ellen (= 156.000 Meter).
Der Krieg 1809 in Tirol und die Dampfmaschine haben dieser und manche andere Hausindustrien beendet. (S. 369).

Wolfgang (SAGEN.at)
 

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Rund um's Thema Spinnen

Für Interessierte rund um's Thema Spinnen gibt es den Verein zur Pflege und Verbreitung der Wollspinnkunst in Tirol (Tiroler Wollspinnverein):
(Administrator: Link existiert nicht mehr)
 
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