Die Faschingstermine haben mich nach Harry's Hinweis auch neugierig gemacht
Dazu zitiere ich zwei volkskundliche Lexika, wobei man hier zwischen der Definition aus Österreich (Beitl) und der Definition aus Deutschland (Sartori) unterscheiden muss!
In Österreich heißt der Fasching eigentlich "Fasnacht" in Deutschland "Fastnacht", aber genaueres in den Definitionen:
Fasnacht. Fasnet (Fastnacht). Die Fasnachtszeit beginnt gewöhnlich nach Weihnachten (Neujahr, Dreikönig) und reicht bis zum Aschermittwoch, überschreitet aber auch diese Tage, zumal in den Städten, wo „das Geschäft“ diese und andere Festzeiten auszuwalzen und auszuschlachten bestrebt ist. Rhein. Brauch nachahmende Karnevalsgesellschaften suchen, mit wenig Erfolg, schon den 11. 11. (Martinstag) als Beginn der närrischen Zeit einzuführen. Im Volksbrauch bedeuten die drei Donnerstage vor Sonntag Estomihi (Fasnachtssonntag) den Anstieg, der in der eigentlichen Fasnacht gipfelt. Die Zeit bis zum letzten Donnerstag wird auch als „Fasching“ bezeichnet im Gegensatz zur darauffolgenden Fasnacht Das Wort Fasching als bair.-öst. Bezeichnung der Fasnacht erscheint zuerst 1272, dann 1283 in der Passauer Weberordnung a1s vastschang und vaschanc (nach Kluge-Mitzka, Et. Wb. „Ausschenken des Fastentrunks“, doch darf man diese Auslegung bezweifeln). Fasnacht ist seit 1200 bezeugt (vastnaht, später vas[e]naht) und wurde früher als ‚Fastennacht’ gedeutet, also als eine Bezeichnung im Sinne germ. Zählung, die Abend und Nacht zum folgenden Tag rechnet. Es handelt sich aber wohl eher um eine Gelehrten- oder Volksetymologie eines nicht überall verstandenen Mundartwortes, das auf alten Frühlings- und Fruchtbarkeitszauber weist. Der „Parzifal“ des Wolfram von Eschenbach hat die Form vasnaht (um 1206). Ahd. fasal ist ‚Nachkommenschaft’, mhd. vasel ‚Zuchtvieh’ vaseln, viseln ‚gedeihen, fruchtbar sein’ (mhd. visel und viselin bedeuteten ‚männl. Glied’). Wenn etwas gut geht, sich vermehrt, sagt der Montafoner noch heute: es faselt gut. Aber auch von einer kinderreichen Familie heißt es: „eine faslige Rass“. Fasnacht oder Fasnet wird mit stimmhaftem s gesprochen. Fasten dagegen lautet hier: Faschta. Die Volkssprache nennt die Fasnachtwoche auch die unsinnige, taube oder Teufelswoche, Narrenfest, Narrenkirchweih, die Haupttage Torkeltage, Rastäg, und einzelne Tage nach ihrem Brauchcharakter Bauernfasnacht, Narrenfasnacht u. ä. Fasnachtsonntag hieß auch Pfaffen- oder Herrenfasnacht, weil für die Geistlichen das Fasten unmittelbar nach Sonntag Estomihi begann. Besonders in den Bezeichnungen des Donnerstag vor Estomihi, der meist die verhältnismäßige Fasnachtbegehung bringt, spiegeln sich alte Bräuche. Josef Müller nennt solche Bezeichnungen für das Rheinland: Weiberdonnerstag, Altweibermarkt, Altweibertanz, Möhnefastelabend (vom Vorrecht der Weiber), Eierdonnerstag (vom fetten Essen), Fuedonnerstag (vom Rutenschlagen), Altfaseltag, Altfasend, huhe Donnerstag, Stippchesdonnerstag, Schmerdonnerstag. Vereinzelt galt den Bauern Fasnachtsonntag als heiliger Tag, so dass man von der „heilin Foschung“ sprach (Böhmerwald). Die kulturgeographische Erforschung der Fasnacht steht noch im Anfang. Die umfassende Darstellung der Tiroler Fasnacht von A. Dörrer zeigt die nahe Verwandtschaft z. B. mit Schweizer Bräuchen und damit die Notwendigkeit der Erforschung der gesamtalpinen- und noch größerer Räume. Neuerdings hat der „Tübinger Arbeitskreis für Fasnachtsforschung“ sich die Erhellung der Fasnachtbräuche in dt. SW zur Aufgabe gestellt (H. Bausinger).
Wie zur Kirmes, mit der die Fasnacht überhaupt viel gemeinsam hat, ist die Vorbereitung und Durchführung der Fasnacht der Burschenschaft, bestimmten Fasnachtverbänden, einer Nachbarschaft oder einer Spinnstubengemeinschaft übertragen. Bestimmte Tage sind Geschlechts-, Alters- und Berufsgruppen vorbehalten (rheinische Weiberfasnacht, Mädchenfasnacht im Spreewald, Vorarlbger Bubenfasnacht, Männchensonntag, Mädchenmontag und Knabendienstag in Kortryck und Brügge).
Heute denkt man bei dem Wort Fasnacht zunächst nur an die Umzüge der Masken. Die unter zahllosen Namen und Gestalten auftretenden Masken bilden keine Einheit, sondern messen den ganzen Raum aus zwischen Totengeister- oder Dämonenmasken und karikaturistischen oder Scherzmasken. Von verschiedenen Zeiten und Anlässen des Jahres (Erntefest, Advent und Zwölften) sind sie auf die Fasnacht übertragen, die außerdem Begehungen, Bräuche, Spiele und Symbole vieler Frühlingsfeste auf sich vereinigt hat. Oft genügt einfache Verkleidung, Berußung („rußiger“ oder „bromiger“ Freitag in Bayern, Schwaben, Vorarlberg). Mit Fellen und Fuchsschwänzen, Federn und Hörnern werden Tiermasken hergestellt, wenn nicht Tiere selbst (Bock, Bär, Kalb, Fuchs, Hahn, Marder, Iltis) im Zuge tot oder lebend mitgeführt werden. In Strohumhüllung (Butz, Erbsenbär) wird der Korngeist des Ernteumzuges übernommen. Manche Masken gehören internationalen Kulturen an (Harlekin, Pierrot), andere (schöne u. schiache Perchten, die Schemen und Hudler) umfassen eine größere Landschaft oder auch nur die Überlieferung einzelner Orte (der rheinische Grimmes und Ipekrätzer, das Villinger Hänsele, der Nürnberger Schembart). Die Namen (Fasnatbutz, Kuttlablätz, Bellengeck, Bögg, Bömann usw.) deuten auf Art, Aussehen und Ausstattung, die eine gegebene Maske wieder hundertfältig variieren können. Selten lassen sich einzelne Masken historisch genau erfassen. So geht in der Ausseer Gegend seit 1768 eine bestimmte Gestalt in buntgesticktem Gewände als „Fasching“ und wirft Nüsse aus. Der „Fritschi“ und die „Fritschizunft“ in der Schweiz lässt sich auf einen volkstümlichen Mann des 15. Jh. zurückführen, der das Fest und den Festpokal (Fritschikopf) stiftete. Vereinzelt gibt es in Süddtl., Elsass, Schweiz und Tirol noch Maskenschnitzer. Meist aber sind die Produkte städtischer (allerdings dem brauchmäßigen Bedarf oft entgegenkommender) Maskenhersteller auch aufs Land gedrungen. Dass dem Volke der unheimliche Sinn der Maske, die der Dämon selber ist, lange bewusst blieb, dafür sprechen viele Zeugnisse und Sagen. Man traf manche Vorsorge vor den Geistern, die in der Fasnacht frei sind, vor dem wilden Heer und der „Fasching“, dem Pfinzdaweibl, der Frau Herke, Holle und Bercht. Wenn Perchten noch nach dem Abendläuten liefen, war plötzlich die „wilde Perchta“ unter ihnen. Zahlreich sind Berichte von unheimlichen Überzähligen, die die Zahl der Masken plötzlich vermehrten. Beim Hudlerlaufen sollen die „Schleicher“ und der „Teufel“ etwas Geweihtes im Schuh tragen, dass ihnen der dargestellte Dämon nichts anzuhaben vermag. Obwohl Fasching für Hochzeiten bevorzugt ist, soll man am Fasnachttag selbst nicht heiraten, denn da sind auf der Tanzlaube „alle Teufel los“.
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Das Wort Karneval wurde etwa um 1700 aus dem Italienischen übernommen. Kluge-Mitzka bezweifeln andere Ableitungen (carrus navalis oder carne-levale), da die mittellateinische Scherzformel carne vale (Fleisch, lebe wohl!) seit dem 13. Jh. dem ital. Wort Karneval vorausgeht. In der heutigen städt. Form geht der Karneval kaum über 1800 zurück, hat aber trotzdem z. B. in den Rheinlanden in Organisation, Namen, Kleidung, Brauch, Lied und Spruch viel vom Volksbrauch beibehalten oder vielmehr sich gar nicht unmittelbar davon getrennt. Bis zum Ende des 30jähr. Krieges war die Kölner Fasnacht - 1341 zum ersten Mal bezeugt - eine Feier engerer Gemeinschaften (Familie, Zunft, Nachbarschaft). Träger von Umzügen waren vor allem die Handwerker. Mit der Auflösung der Zünfte nach der französischen Revolution kam die Neugestaltung der Fasnacht (durch Wallraf 1823) mit Sitzungen, Rosenmontagszug und Prinz Karneval. Diese Entwicklung wie die Übertragung solcher Feste in andere Großstädte bilden ein beachtlichen Kapitel der Volkskunde der Stadt.
Als wichtiger Frühlingstermin ist Fasnacht auch die Zeit zahlreicher Bräuche und magischer Maßnahmen, die auf Reinigung, Auskehr, Fruchtbarkeit, Gesundheit von Mensch, Tier und Acker gerichtet sind.
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aus: Richard Beitl, Oswald A. Erich, Wörterbuch der deutschen Volkskunde, 1974, S. 198 - 201
Fastnacht.
1. Die Freuden und Bräuche der Fastnacht im weitesten Sinne beginnen gleich nach Weihnachten oder Dreikönigen und sollen eigentlich mit dem Dienstag vor Aschermittwoch schließen, setzen sich aber oft noch ziemlich weit in die Fasten hinein fort. Freilich wird nicht täglich gefeiert, sondern nur an bestimmten Tagen, vor allem an den drei Donnerstagen vor Estomihi (Quinquagesima). Mit dem setzten von diesen beginnt dann die eigentliche „Fastnachtswoche“. Jeder Tag in ihr hat seinen besonderen Namen und vielfach auch seine eigenen Bräuche. Am Sonntag Estomihi ist „Herrenfastnacht“, d.h. Fastnacht der Geistlichen, die früher fällt als die der Laien. Mit diesem Tage setzt mitunter erst die Bezeichnung „Fastnacht“ ein, bis dahin redet man von „Fasching“. Der Fastnachtsonntag gilt manchem als ein heiliger Tag, und im Böhmerwalde sprechen Leute in allem Ernste von einer „heilin Foschung“. Den folgenden Montag bezeichnet man als „Bauernfastnacht“, den Dienstag als „Narrenfastnacht“. Dieser ist der Hauptfesttag, die eigentliche Fastnacht, der Fastelabend. Der Name ist mit „faseln“ zusammengebracht worden, wird jetzt aber doch meistens als Vorabend der Fasten aufgefaßt. Protestanten haben mitunter im Gegensatz zu katholischen Vorschriften mit diesem Dienstag eine Fastenwoche begonnen.
Der heutige Karneval der großen Städte, namentlich des Rheinlandes, ist erst hundert Jahre alt. Aber in der Zeit der Fastnacht im weitesten Sinne spielt sich eine Menge alter Bräuche ab, die dem steigenden Jahre Fruchtbarkeit und Segen schaffen und alle feindlichen Mächte unschädlich machen wollen. Da die lange Dauer der bevorstehenden Fasten mancherlei Entbehrungen auferlegt, so nehmen diese Bräuche zum großen Teil Formen einer Ausgelassenheit an, die sich recht bewusst noch einmal austoben will. Nur vor dem Kirchhof und der Kirche macht der Übermut halt. Ein Maskierter, der einst fliehende Kinder bis in die Kirche verfolgte, konnte nachher sein Lebenlang die Maske nicht mehr vom Gesichte kriegen. Ein Vermummter darf den Kirchhof nicht betreten, sonst zerfällt er in Staub und Asche. Besonders die drei letzten Tage betonen diesen Mutwillen in immer steigendem Maße. Er hat selbst auf die Neugeborenen nachhaltigen Einfluss. […]
aus: Sartori, Fastnacht, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 2, Sp. 1246 - 1248.
Wolfgang (
SAGEN.at)