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Schweinshaxelversteigerung am Wolfsberg, Kärnten - Hinweise gesucht

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Die Schweinshaxelversteigerung am Wolfsberg (Kärnten)

Seit „uralten Zeiten“ — der Beginn ist unbekannt — treffen sich am Ostermontag viele Menschen aus Spittal an der Drau und Umgebung, aus dem Bereich des Millstätter Sees und aus dem westlichen Nockgebiet auf dem 742 m hohen Wolfsberg bei Seeboden zur traditionellen Schweinshaxelversteigerung. Bei schönem Wetter geht es an diesem Frühlingstag auf dem Wolfsberg außerordentlich lebhaft zu. Das kleine Bergsträßlein, das in Edling bei Spittal die Talsohle verlässt, kann in unserer modernen Zeit die Autokolonnen kaum schlucken, und zwei Gendarmen müssen die Fahrzeuge bereits unter der Ortschaft auf die Wiesen ablenken, damit der Kirchplatz in St. Wolfgang frei bleibt. Zweitausend Personen wurden hier schon manchmal geschätzt, die einen seltsamen Frühlingsbrauch miterleben wollen. Der Brauch war durch die Wirrnisse des letzten Krieges zwar unterbrochen, lebte aber gleich danach wieder nach altem Herkommen auf.

Am Wolfsberg, wie der niedere, waldreiche Höhenrücken zwischen Spittal und Seeboden heißt, steht eine alte, wettergraue Kirche, die am 28. August 1449 erstmals urkundlich genannt wird und 1513 „Sand Wolfgang kirichen am Fratres" heißt. Die auf der freien Waldblöße stehende Kirche, neben der es nur drei Häuser gibt, gehörte ursprünglich zur Pfarre Lieseregg. Sie wird aber jetzt von der neu errichteten Pfarre Seeboden betreut, die sie in den letzten Jahren sehr geschmackvoll renovieren ließ.

Für den Hochaltar stellte der in Ferlach lebende Maler Franz Pucher im Jahre 1938 ein neues, großes Ölgemälde her, das in seiner unteren Hälfte die Kirche St. Wolfgang zeigt. Darüber schwebt auf einer Wolke der hl. Wolfgang, dem ein Bauer mit Schweinsstelzen und eine Bäuerin mit einer Schüssel voll gefärbter Eier zur Seite stehen. Der Bauer ist ein Bildnis des im Jahre 1962 verstorbenen Winkler in Seeboden, und die dargestellte Bäuerin ist die Mutter des Künstlers Franz Pucher. Beide Personen brachten zu Ostern sehr oft Schweinsstelzen und Ostereier nach St. Wolfgang zur Versteigerung; aus Dankbarkeit wurden sie im Altarbild verewigt.

Seit altersher finden in St. Wolfgang im Jahr nur zwei Gottesdienste statt: am Ostermontag und am Pfingstmontag. Früher zogen im Sommer auch zweimal Prozessionen nach St. Wolfgang, wobei man um gutes Erntewetter betete.

Der Ostermontag ist für St. Wolfgang der größte Tag des Jahres. Da die Kirche höchstens 300 Personen fassen kann, macht die Jugend während des Gottesdienstes außerhalb der Kirche mit vielen Wartenden in ihrer Weise ein kleines Geschäft. Ein Teil der Jugend hausiert die „Standlan“ ab und erbettelt von den Verwandten die üblichen Schleckereien, Plastikrevolver und Kracherln. Die schneidigen Buben aber machen sich an die vielen Männer mit dem Ansinnen heran: „Bitt schean, håckts mir a Oasterale åb!" — Und die Buben, die in Plastiktüten bis zu einem Dutzend rote und blaue Eier bei sich tragen, haben Glück. Ungezählte Male dürfen sie ein Ei auf den jungen Rasen legen, und die Männer hacken meistens mit 10-S-Münzen danach. Für den ersten Wurf verlangen die geschäftstüchtigen Buben 1.- S, für jeden weiteren Wurf 50 g. Und wenn die Münze im Ei stecken bleibt, gehört auch noch der Zehner den Buben. Dazu dürfen sie meistens auch noch selbst das „zertetschte" Ei behalten.

Auf die Frage eines Zuschauers: „Na, Buben, gebt ihr das Eiergeld wohl auch brav dem hl. Wolfgang ab?“ gab ein Junge lächelnd zur Antwort: „Na, das g'hält ma selber!“

Nach dem Gottesdienst wird ein Korb voll Schweinshaxeln, Schinken und Speckstücken vor die Kirche getragen; auch zwei und drei Körbe voll waren es mitunter schon. Diese schweinernen Leckerbissen waren während der heiligen Handlung vor einem Seitenaltar aufgestellt, wodurch sie ihre Weihe erhalten haben. Diese Gaben sind Spenden von Bauern aus der Gemeinde Seeboden und ihrer nächsten Umgebung. Die leckeren, fetten Stücke werden nun amerikanisch versteigert, und der Erlös dient zur Erhaltung der Kirche. Für die edlen Gaben dürfen die Bauern von der geweihten Erde, die hinter dem St.-Wolfgang-Altar in einer Kiste bereit steht, eine Faustvoll mitnehmen. Die Erde streuen sie auf die neuen Äcker, um sich dadurch eine gute Ernte zu sichern.

Nach einem flotten Marsch der Seebodner Blaskapelle und einem Liedergruß, dargebracht von den Seebodner Sängern, beginnt ein Bürger aus Seeboden mit der Versteigerung der kostbaren Stücke. Der selbstlose Mann muss sich beim Ausrufen anstrengen, denn die Preise — meistens wird mit 5.- S begonnen — werden immer wieder überboten. Einige Einheimische drängen sich durch die Menge, um das ausgerufene Geld für die St.-Wolfgang-Kirche entgegenzunehmen.

Alle Stücke gehen reißend weg. Die umstehenden Männer treiben den Ausrufpreis immer höher und erlegen sofort den von ihnen genannten Betrag. Wenn es ihnen aber reicht, dann hört man mitunter die Stimmen der Burschen, die auf diese Weise einen vorzüglichen, aber noch immer billigen Schinken erstehen wollen. Aber auch etliche Frauen aus Spittal an der Drau stehen mit einer großen Tasche bereit und steigern so lange amerikanisch weiter, bis sie die schönsten Stücke darin verschwinden lassen können.

Nach etwa einer Stunde wird auch das letzte Speckstück versteigert. Der Mann, der sich bei dieser Anstrengung ordentlich heiser gerufen hat, ist mit dem Erlös sehr zufrieden. Die Schweinshaxelversteigerung hat in den letzten Jahren der St.-Wolfgang-Kirche immer einige 1000.- S eingebracht. Dazu kam noch ein ansehnlicher Betrag von Opferkreuzern, den der Gärtnermeister Karl Winkler während des Gottesdienstes unter den vielen Besuchern am Wolfsberg — in der Kirche und um das Gotteshaus — eingesammelt hat.

Dieses, aus einem schönen Brauch erzielte Geld trägt mit dazu bei, die ehrwürdige Kirche am Wolfsberg den kommenden Geschlechtern zu erhalten. — Das Gurker Ordinariat hatte sich schon einmal mit dem Gedanken befasst, diese einsame Kirche dem Verfall preiszugeben. Weil sich aber einige beherzte Bürger Seebodens selbstlos an jedem Ostermontag in den Dienst der Schweinshaxelversteigerung gestellt haben, wurden ein schöner alter Brauch und eine interessante Kirche an der westlichen Einfallspforte in das Kärntner Nockgebiet für die Zukunft gerettet.

Quelle: Matthias Maierbrugger, Bauernbrauch im Kärntner Nockgebiet, Klagenfurt 1974, S. 64 - 68.

Bildanhang: Für einen Speck wurden bis zu 200 Schilling geboten.

Es würde mich interessieren, ob die Schweinshaxelversteigerung am Wolfsberg in Kärnten bis in die Gegenwart praktiziert wird?

Vielleicht wohnt auch ein Leser in der Nähe und kann ein Foto des Altarbildes mit den Schweinsstelzen bringen?

Wird das "Abhacken des Osterles" mit Münzen noch bis heute gespielt?

Wolfgang (SAGEN.at)
 

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Zur Versteigerung am Wolfsberg kann ich natürlich nichts sagen, kann aber über ähnliche Praktiken aus Belgien und Luxemburg berichten. Dort wurden und werden vor allem Schweinsköpfe versteigert anläßlich des Antonius- bzw. des Valentinstages.


Bel in Belgien:
Das Fest in Bel lief bis in die 50er Jahre folgendermaßen ab: Die Einwohner gingen am Antoniustag, dem 17. Januar, um 9.30 Uhr zur Messe. Alle Pfarrkinder nahmen sich für das Fest frei. In der Kirche hatte man die Statue des Heiligen auf einen Sockel vor die Kommunionsbank gestellt; neben der Statue stand ein Korb mit Schweinsköpfen. Nach der Messe verehrte man die Reliquien des Heiligen, und danach wurden die Schweinsköpfe in der Vorhalle zum Verkauf freigegeben; die Bauern hatten sie geopfert, um Gnaden zu erhalten. Geschlachtet hatte man im November; man spaltete den Kopf in zwei Teile, die man zum Räuchern in den Kamin hängte. Am Antoniusfest holte man die Hälften aus dem Kamin und band sie wieder zu einem Kopf zusammen. Nach dem Verkauf feierte man bis spät in die Nacht – nur die Einwohner von Bel, denn dieser Ort war nie Ziel von Wallfahrten.
Im Laufe der 50er Jahre erhielt das Fest ein anderes Gesicht. Wie in vielen anderen Dörfern war man auch in Bel immer weniger geneigt, für ein Heiligenfest freizunehmen; so kam das Feiern allmählich außer Gebrauch. Die Messe wurde immer weniger besucht. Man opferte trotzdem noch Schweinsköpfe, aber viel weniger als vor dem Krieg. Die um 1900 gegründete Antoniusbruderschaft schlief fast unbemerkt ein.

1980 beschloß man, das Antoniusfest wiederzubeleben. Da die Bruderschaft nicht wiedergegründet wurde, nahmen Bürger des Ortes die Sache in die Hand. Die Messe um 9 Uhr zog nicht mehr viele Leute an, anders dagegen die Aktivitäten, die darauf folgten und viele Neugierige anzogen, auch von außerhalb der Pfarrei. Die Antoniusstatue hatte noch immer ihren Ehrenplatz in der Kirche; vor ihr fand man nicht nur Schweinsköpfe, sondern auch vieles Eßbare, das die Einwohner zubereitet hatten. Nach der Messe wurden die Tiere gesegnet: Tauben, Pferde, Haustiere, und danach die Fahrzeuge: Autos, Motor- und Fahrräder.

Das Fest ging dann im Gemeindesaal weiter, wo die Gaben versteigert wurden. Die Schweinsköpfe hatte der Schlachthof geliefert, denn die Hausschlachtung war mittlerweile verboten. Der Erlös der Versteigerung kam der Gemeinde zugute. .Das Jahr 1980 hat viele Veränderungen gebracht. Das Fest ist aus seinem spezifisch religiösen Kontext gelöst worden, und die Organisation ist in „weltliche” Hände übergegangen. ...
Das Tier war früher das Wichtigste bei dem Fest: Die Schweine wurden zu Ehren des Heiligen gebracht, und alles ereignete sich im Hinblick auf das Gedeihen der Tiere. Heute gibt es immer noch Schweinsköpfe, denn sie werden seit jeher mit dem hl. Antonius in Verbindung gesehen, und das Ganze soll „authentisch” sein. Soweit sie typisch für das Fest sind, spielen sie also weiterhin eine wichtige Rolle, aber der Opfercharakter ist verschwunden. Geld für eine gute Sache zu spenden über den Verkauf der Schweinsköpfe, das findet immer noch statt. Die Zahl der Köpfe hat aber stark abgenommen, und andere Produkte sind an ihre Stelle getreten.
- Hauptzweck des religiösen Festes war es, durch die Segnung der Schweine Krankheiten abzuwenden. Dieser Aspekt ist bedeutungslos geworden. Es sind heute vor allem Vereine für Lokalgeschichte und Tourismus, denen das Fest am Herzen liegt. Ohnehin nehmen die nach dem II. Vatikanischen Konzil ausgebildeten Priester gewöhnlich eine reserviertere Haltung gegenüber volkstümlichen Frömmigkeitsformen ein.
- Die Schweinsköpfe wurden früher im Kirchenvorraum geopfert, und ihr Verkauf war Teil der religiösen Feier. Die Versteigerung ist in den Gemeindesaal verlegt worden und damit Teil des Volksfestes, das nach der Messe in diesem Saal beginnt. Die räumliche Verlegung impliziert auch eine Veränderung des Festcharakters.
- Früher wurden die Köpfe mehrmals versteigert, damit auch die Armen Gelegenheit hatten, etwas zu geben. Das geschieht heute nicht mehr. Der Kopf wird einmal versteigert an den, der das höchste Gebot abgibt. Man weiß, daß das Geld für einen guten Zweck bestimmt ist. Die Köpfe erbringen auch viel mehr Geld als früher (1997 wurden 7.000 bfr = 173,53 € für einen Kopf gezahlt).
- Früher feierte man bis spät in die Nacht. St. Antonius war mehr als ein religiöses Fest, es schmiedete die Bande unter den Einwohnern fester. Das Vergnügen am gemeinsamen Feiern bot auch einen gewissen „Urlaub vom Alltag” für das recht isolierte Dorf. Heute werden viele Aktivitäten organisiert, um die Leute im Dorf zu halten. Dank der gewachsenen Mobilität sind die Dorfbewohner auch nicht mehr auf ihren eigenen Ort angewiesen und haben die Wahl zwischen zahlreichen Veranstaltungen am selben Tag.

Quelle: Bestiaire d'Ardenne. Les animaux dans l'imaginaire des gallo-romains à nos jours, Bastogne 2006, S. 255 f.


Hachiville-Hoffelt (Luxemburg)

Bis 1850 brachte man in Ehnen geräucherte Stücke Schweinefleisch (Schinken, Speck etc.) in die Messe mit, um sie segnen zu lassen. Diese Stücke wurden am Karnevalsdienstag bei einem Wohltätigkeitsbasar versteigert. Der Chor Hachiville-Hoffelt-Weiler hat die Sitte 1978 wieder aufgenommen.

Quelle: L'Almanach des vieux Ardennais. Traditions et saints de l'hiver, Bastogne 1999, S. 209


Bockholtz (Luxemburg)
Im deutschsprachigen Raum wird Valentin zum Schutz der Schweine angerufen. In Bockholtz haben die Einwohner nach einer Unterbrechung von vielen Jahren das Fest ihres Patrons wieder aufleben lassen. Am 14. Februar findet nach der Messe die Segnung von Schweinegeräuchertem statt, vor allem Kënnbaken [Kinnbacken] und Speck. Sie werden zugunsten der Kapelle versteigert.

Ein Foto von der Versteigerung im Februar 1999 s. unten

Quelle: L'Almanach des vieux Ardennais. Traditions et saints de l'hiver, Bastogne 1999, S. 250


Zur Versteigerung von Schweinsköpfen und Kinnbacken in Luxemburg siehe hier.
 

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Hallo Babel,

ganz herzlichen Dank für Deine höchst bemerkenswerten Vergleiche aus anderen Gebieten in Europa!
So bekommt volkskundliche Forschung auch über Internet völlig neue Aspekte und Perspektiven.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Da ich eine Reihe volkskundlicher Publikationen eines Museums in Bastogne (Südbelgien) übersetzt habe, werde ich öfter Gelegenheit haben, solche Parallelerscheinungen zu berichten.
 
Zur Versteigerung am Wolfsberg kann ich natürlich nichts sagen, kann aber über ähnliche Praktiken aus Belgien und Luxemburg berichten. Dort wurden und werden vor allem Schweinsköpfe versteigert anläßlich des Antonius- bzw. des Valentinstages.

Super Arbeit und den Massard hast du auch gefunden -:)
 
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