Die Geschichte des Dresdner Christstollen
Die Besonderheit, in Dresden Christstollen zu backen, ist schon sehr alt. Bis ins Jahr 1400 lässt sich in Dresden die Geschichte des Christstollens, damals noch Striezel genannt, belegen.
Als Weihnachtsgebäck wurde er erstmalig 1427 am Sächsischen Hofe überreicht. Nach kirchlichen Vorschriften durfte der Stollen zunächst nur aus Mehl, Hefe, etwas Öl und Wasser gebacken werden. Ohne Butter und süßen Beigaben, wie Rosinen, Zitronat, Orangeat und Mandeln war der Stollen nur ein fades Fastengebäck.
Deshalb erbaten die sächsischen Kurfürsten Ernst und Albrecht III. 1450 in einem Brief an Papst Nikolaus V. eine Lockerung der Fastenbackvorschrift. Die vatikanische Bürokratie stellte die sächsischen Kurfürsten und Bäcker auf eine harte Geduldsprobe. Fünf Stellvertreter Gottes mussten das Zeitliche segnen, bevor sich im Jahre 1491 Papst Innocenz VIII. endlich erweichen ließ, das harte Butterverbot für den Stollen aufzuheben. Er verband den Erlass jedoch mit Zahlung einer Buße als „Buttergeld”, die religiösen Werken, vornehmlich dem Kirchenbau, zufließen sollte.
Seit dem 16. Jahrhundert waren die Dresdner Bäcker dem Oberhaupt der Wettiner auf besondere Art und Weise in der Stollenpflicht. Acht Meister und Gesellen brachten dem König am zweiten Weihnachtsfeiertag zwei Stollen von 1,50 Meter Länge und 36 Pfund Gewicht. Diese Tradition endete erst 1918 mit dem Untergang der Monarchie.
Doch im Jahr 1730 übertraf August der Starke, Kurfürst von Sachsen und König von Polen, alles bisher Dagewesene. Anlässlich des Zeithainer Lustlagers, ein legendäres Fest für mehr als 20000 geladene Gäste, ließ er von dem Dresdner Bäckermeister Zacharias einen an die 1,8 Tonnen schweren Riesenstollen backen.
Das grandiose Backwerk war von 100 Bäckermeistern und Bäckergehilfen in fast einwöchiger Arbeit vorbereitet worden. Hierzu hatte Hofbaumeister Pöppelmann eigens einen überdimensionalen Stollenofen errichten lassen. In einem feierlichen Festzug wurde der dampfende Stollen schließlich von acht Pferden durch die Stadt an den Tisch des Königs gezogen. Das Stollenmesser, mit dem der Riesenstollen angeschnitten wurde, war mehr als 1,60m lang und eigens zu diesem Fest geschmiedet worden.
Das alljährlich im Dezember stattfindende Dresdner Stollenfest ist in dieser Tradition begründet.
In der Geschichte des Dresdner Christstollens haben auch religiöse Gesichtspunkte ihren Einfluss ausgeübt. So deutet die Formgebung des gerollten Stollens auf das in Windeln gewickelte und in der Krippe liegende Christkind hin.
Im Laufe der Jahrhunderte haben sich natürlich auch die Qualität und der Geschmack der Stollen geändert. So schreibt Lehmann / Münster in seiner Veröffentlichung "Dresdner Stollen - ein traditionsreiches Festgebäck". Bäcker und Konditor 11/1968:
"Der Geschmack der damaligen Festgebäcke dürfte uns heute kaum noch zusagen. Bis um das Jahr 1490 durfte, weil dem Weihnachtsfest das Adventsfasten vorausging, keine Butter zum Backen verwendet werden. Man musste sich mit Öl begnügen. Kurfürst Ernst von Sachsen und sein Bruder Albrecht wandten sich an den Papst mit der Bitte, das "Butterverbot" aufzuheben. Diesem Ersuchen wurde stattgegeben, allerdings die Bedingung daran geknüpft, dass eine Buße gezahlt wurde, die auch zum Bau des Freiberger Doms benutzt worden ist."
Der Dresdner Christstollen, in seiner derzeitigen Qualität, hat sich erst im 20. Jahrhundert mit steigendem Wohlstand in breiteren Bevölkerungskreisen herausgebildet und mit der Verarbeitung edler, hochwertiger Rohstoffe seinen hohen Stand erreicht. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg wurde der Dresdner Christstollen in Blechschachteln über den Atlantik nach Nord- und Südamerika versandt.