Ich bin immer auf der Suche nach zeitgenössischen Dokumenten zu historisch und technikgeschichtlich bedeutsamen Gebäuden, wozu die Rotunde in Wien zweifellos zählt.
Die Rotunde in Wien war ein Kuppelbau, der anlässlich der Weltausstellung 1873 im Wiener Prater auf dem vormaligen Parkgelände errichtet wurde. Sie war zu ihrer Zeit die mit Abstand größte Kuppel der Welt (Durchmesser 108 m). Die Rotunde überbot dabei das 118–125 n. Chr. erbaute Pantheon in Rom (Durchmesser 43,4 m); übertroffen wurde sie erst 1957 durch eine Messehalle in Belgrad (Durchmesser 109 m). Das Gebäude fiel 1937 einem Großbrand zum Opfer. (Wikipedia)
Dokumente zum Brand der Wiener Rotunde auf Firefighter.at.
Besonders bedeutsam ist in diesem Zusammenhang auf die "Internationale Elektrische Ausstellung 1883" in Wien hinzuweisen, die für die Entwicklung der Elektrizität in Österreich von maßgeblicher Bedeutung war.
Hier ein Artikel zur Rotunde in Wien aus der Schweizerischen Bauzeitung 1883:
Die internationale electrische Ausstellung in Wien.
(Hiezu die Illustration auf Seite 27.)
Die Wiener internationale electrische Ausstellung, deren officielle Eröffnung auf den 16. dieses Monates in Aussicht genommen wird, bietet, was ihre Gründungsgeschichte und Organisation anbetrifft, so viel Ähnlichkeiten mit unserer schweizerischen Landesausstellung, dass wir nicht umhin können, hierauf speciell aufmerksam zu machen.
Beiden Unternehmen ist gemeinsam, dass dieselben nicht vom Staate aus in‘s Leben gerufen, sondern dass deren Gründung der gemeinsamen freiwilligen und aufopfernden Arbeit einer kleineren Zahl patriotischer Männer zu verdanken ist. Bei beiden Ausstellungen sind es namentlich die technischen Kreise, welche an der Organisation in hervorragender Weise mitgewirkt haben. Fügen wir noch bei, dass die räumliche Ausdehnung beider Ausstellungen nahezu gleich gross, dass hinsichtlich der Prämiirung und der Verwendung eines allfälligen Reinertrages ziemlich analoge Bestimmungen gefasst wurden. so scheint damit die Ähnlichkeit dieser beiden bedeutenden diesjährigen Ausstellungen in genügender Weise dargetan zu sein. Sind einerseits also erhebliche Analogien vorhanden, so ist anderseits die Grundverschiedenheit des Zweckes und des Characters, der den beiden Unternehmungen aufgeprägt ist, nicht zu verhehlen. Die eine stellt die Erzeugnisse des industriellen, künstlerischen und gewerblichen Fleißes eines kleinen aber arbeitsamen Landes, die andere die großartigen Errungenschaften eines in der größten Entwickelung begriffenen Zweiges der modernen Technik, an dessen Entfaltung alle Nationen der civilisirten Welt ihren Anteil haben, zur Schau.
Gehen wir nun über zum Gebäude, das die Objecte der internationalen Electricitätsausstellung beherbergt. Dasselbe ist den meisten unserer verehrten Leser nicht unbekannt. Es ist die Rotunde im Wiener Prater. jener glücklicher Weise erhalten gebliebene Rest der Weltausstellungsbauten aus dem Jahre 1873. Derselbe ist seit einem Decenium mehrfach zu Ausstellungen - so erst im Jahre 1880 für die niederösterreichische Gewerbe-Ausstellung benützt worden und hat stets seine ausgezeichnete Verwendbarkeit zu derartigen Schaustellungen, modernen Industriefleisses bewährt.
Der quadratische Bau, dessen Grundriss wir in der Illustration *) auf Seite 27 unsern Lesern vorführen, bedeckt eine
*) Wir entnehmen den Grundriss, sowie einzelne Daten vorstehenden Aufsatzes der bereits in unserer letzten Nummer rühmend erwähnten „Internationalen Zeitschrift für die electrische Ausstellung in Wien“, auf welche wir hier nochmals aufmerksam machen wollen.
Fläche von 40 000 m2. Wie vortrefflich er sich speciell für eine electrotechnische Ausstellung; eignet, dürfte selbst der Erbauer schwerlich vorgeahnt haben, als er den imposanten Innenraum schuf, dessen kreisförmige Anlage und symmetrisch ausgeteilten Nebenräumlichkeiten einem jeden Aussteller für die von ihm exponierten Objecte einen ausgezeichneten. von allen Seiten leicht zugänglichen Platz sichern, und dessen Dimensionen zugleich die großartigste Entfaltung des electrischen Lichtes gestatten. Außer dem Central-Gebäude, der eigentlichen Rotunde mit 12 000 m2 Bodenfläche, werden noch vier Transepte mit 3 750, drei Galerien, nämlich die West-, Nord- und Ostgalerie mit 6 750 und drei große Hofräume mit 9 900 m2 im Ganzen demnach eine Bodenfläche von rund 31 400 m2 der internationalen electrischen Ausstellung für ihre Zwecke zur Verfügung stehen.
Eine Vergleichung der Rotunde mit den Ausstellungspalästen von Paris, London und München lässt erkennen, dass ihr, was die Großartigkeit der Dimensionen anbelangt, unbedingt der Vorzug gebührt. Im Palais de l'Industrie zu Paris, welches den Ruhm für sich in Anspruch nehmen darf, die erste electrotechnische Ausstellung beherbergt zu haben, kam eine Bodenfläche von 29 264 m2 in Verwendung, von denen jedoch nur 20 368 m2 im Rez de Chaussée, die übrigen 8896 m2 im ersten Stocke gelegen waren, während sich in der Wiener Rotunde das Gesamt-Areal von 31 400 m2 in ein und demselben Niveau befindet. Der Münchener Glaspalast stellte, Alles in Allem, eine Bodenfläche von 10 048 m2 — also nicht einmal so viel wie der Innenraum der Rotunde beträgt — zur Disposition und ein ungefähr ebenso großer Raum war auch im Crystal-Palace zu London der electrotechnischen Ausstellung gewidmet.
Allein nicht nur die Flächen-, sondern noch in weit höherem Masse die Höhendimensionen des Innenraumes der Rotunde sind es, welche eine schöne Entfaltung, namentlich der electrischen Beleuchtung gestatten werden.
In einer Höhe von 24 m über dem Parterre der Rotunde erhebt sich die erste in einer solchen von 48 m die zweite und in einer Höhe von 96 m schwebt die dritte, die sog. Laternen-Galerie; diese Galerien sind es, welche die willkommene Gelegenheit zur Anbringung ganzer Kränze von wirkungsvollen Bogenlichtern bieten werden, Das Ganze bildet einen geschlossenen Raum von rund 400 000 m3, wie wohl gegenwärtig kein zweiter auf dem ganzen Kontinente für die Erprobung aller Systeme electrischer Beleuchtung vorhanden sein dürfte.
Das Äußere des Rotundengebäudes ist übrigens zur An- und Unterbringung electrischer Beleuchtungseffecte nicht minder vortrefflich geeignet, als die vorerwähnten Innenräume, und welche Ansicht man auch immer von der ästhetischen Wirkung des architectonischen Aufbaues des ganzen Ausstellungspalastes sich bilden mag, die Anerkennung seiner Zweckmäßigkeit und Großartigkeit wird man ihm kaum versagen können. Das Portal an der südlichen Hauptfronte des Gebäudes, die Arcaden rechts und links von demselben, die vielfach abgestuften äußeren Galerien des Rotundendaches bis hinauf zur obersten Laternengalerie mit ihren zehn kreisrunden Öffnungen (Oeil-de-boeuf) unterhalb der Krone, dieses ganze Ensemble prädestiniert das Ausstellungsgebäude förmlich zu einem Tempel der Electricität, wie er zweckentsprechender zum zweiten Male kaum gebaut, geschweige denn gefunden werden dürfte.
Quelle: Schweizerische Bauzeitung, Band 1/2, 1883, Heft 5.
Weitere Hinweise oder Presseartikel zur Internationalen Elektrischen Ausstellung 1883 in Wien sind gerne willkommen.
Wolfgang (SAGEN.at)
Die Rotunde in Wien war ein Kuppelbau, der anlässlich der Weltausstellung 1873 im Wiener Prater auf dem vormaligen Parkgelände errichtet wurde. Sie war zu ihrer Zeit die mit Abstand größte Kuppel der Welt (Durchmesser 108 m). Die Rotunde überbot dabei das 118–125 n. Chr. erbaute Pantheon in Rom (Durchmesser 43,4 m); übertroffen wurde sie erst 1957 durch eine Messehalle in Belgrad (Durchmesser 109 m). Das Gebäude fiel 1937 einem Großbrand zum Opfer. (Wikipedia)
Dokumente zum Brand der Wiener Rotunde auf Firefighter.at.
Besonders bedeutsam ist in diesem Zusammenhang auf die "Internationale Elektrische Ausstellung 1883" in Wien hinzuweisen, die für die Entwicklung der Elektrizität in Österreich von maßgeblicher Bedeutung war.
Hier ein Artikel zur Rotunde in Wien aus der Schweizerischen Bauzeitung 1883:
Die internationale electrische Ausstellung in Wien.
(Hiezu die Illustration auf Seite 27.)
Die Wiener internationale electrische Ausstellung, deren officielle Eröffnung auf den 16. dieses Monates in Aussicht genommen wird, bietet, was ihre Gründungsgeschichte und Organisation anbetrifft, so viel Ähnlichkeiten mit unserer schweizerischen Landesausstellung, dass wir nicht umhin können, hierauf speciell aufmerksam zu machen.
Beiden Unternehmen ist gemeinsam, dass dieselben nicht vom Staate aus in‘s Leben gerufen, sondern dass deren Gründung der gemeinsamen freiwilligen und aufopfernden Arbeit einer kleineren Zahl patriotischer Männer zu verdanken ist. Bei beiden Ausstellungen sind es namentlich die technischen Kreise, welche an der Organisation in hervorragender Weise mitgewirkt haben. Fügen wir noch bei, dass die räumliche Ausdehnung beider Ausstellungen nahezu gleich gross, dass hinsichtlich der Prämiirung und der Verwendung eines allfälligen Reinertrages ziemlich analoge Bestimmungen gefasst wurden. so scheint damit die Ähnlichkeit dieser beiden bedeutenden diesjährigen Ausstellungen in genügender Weise dargetan zu sein. Sind einerseits also erhebliche Analogien vorhanden, so ist anderseits die Grundverschiedenheit des Zweckes und des Characters, der den beiden Unternehmungen aufgeprägt ist, nicht zu verhehlen. Die eine stellt die Erzeugnisse des industriellen, künstlerischen und gewerblichen Fleißes eines kleinen aber arbeitsamen Landes, die andere die großartigen Errungenschaften eines in der größten Entwickelung begriffenen Zweiges der modernen Technik, an dessen Entfaltung alle Nationen der civilisirten Welt ihren Anteil haben, zur Schau.
Gehen wir nun über zum Gebäude, das die Objecte der internationalen Electricitätsausstellung beherbergt. Dasselbe ist den meisten unserer verehrten Leser nicht unbekannt. Es ist die Rotunde im Wiener Prater. jener glücklicher Weise erhalten gebliebene Rest der Weltausstellungsbauten aus dem Jahre 1873. Derselbe ist seit einem Decenium mehrfach zu Ausstellungen - so erst im Jahre 1880 für die niederösterreichische Gewerbe-Ausstellung benützt worden und hat stets seine ausgezeichnete Verwendbarkeit zu derartigen Schaustellungen, modernen Industriefleisses bewährt.
Der quadratische Bau, dessen Grundriss wir in der Illustration *) auf Seite 27 unsern Lesern vorführen, bedeckt eine
*) Wir entnehmen den Grundriss, sowie einzelne Daten vorstehenden Aufsatzes der bereits in unserer letzten Nummer rühmend erwähnten „Internationalen Zeitschrift für die electrische Ausstellung in Wien“, auf welche wir hier nochmals aufmerksam machen wollen.
Fläche von 40 000 m2. Wie vortrefflich er sich speciell für eine electrotechnische Ausstellung; eignet, dürfte selbst der Erbauer schwerlich vorgeahnt haben, als er den imposanten Innenraum schuf, dessen kreisförmige Anlage und symmetrisch ausgeteilten Nebenräumlichkeiten einem jeden Aussteller für die von ihm exponierten Objecte einen ausgezeichneten. von allen Seiten leicht zugänglichen Platz sichern, und dessen Dimensionen zugleich die großartigste Entfaltung des electrischen Lichtes gestatten. Außer dem Central-Gebäude, der eigentlichen Rotunde mit 12 000 m2 Bodenfläche, werden noch vier Transepte mit 3 750, drei Galerien, nämlich die West-, Nord- und Ostgalerie mit 6 750 und drei große Hofräume mit 9 900 m2 im Ganzen demnach eine Bodenfläche von rund 31 400 m2 der internationalen electrischen Ausstellung für ihre Zwecke zur Verfügung stehen.
Eine Vergleichung der Rotunde mit den Ausstellungspalästen von Paris, London und München lässt erkennen, dass ihr, was die Großartigkeit der Dimensionen anbelangt, unbedingt der Vorzug gebührt. Im Palais de l'Industrie zu Paris, welches den Ruhm für sich in Anspruch nehmen darf, die erste electrotechnische Ausstellung beherbergt zu haben, kam eine Bodenfläche von 29 264 m2 in Verwendung, von denen jedoch nur 20 368 m2 im Rez de Chaussée, die übrigen 8896 m2 im ersten Stocke gelegen waren, während sich in der Wiener Rotunde das Gesamt-Areal von 31 400 m2 in ein und demselben Niveau befindet. Der Münchener Glaspalast stellte, Alles in Allem, eine Bodenfläche von 10 048 m2 — also nicht einmal so viel wie der Innenraum der Rotunde beträgt — zur Disposition und ein ungefähr ebenso großer Raum war auch im Crystal-Palace zu London der electrotechnischen Ausstellung gewidmet.
Allein nicht nur die Flächen-, sondern noch in weit höherem Masse die Höhendimensionen des Innenraumes der Rotunde sind es, welche eine schöne Entfaltung, namentlich der electrischen Beleuchtung gestatten werden.
In einer Höhe von 24 m über dem Parterre der Rotunde erhebt sich die erste in einer solchen von 48 m die zweite und in einer Höhe von 96 m schwebt die dritte, die sog. Laternen-Galerie; diese Galerien sind es, welche die willkommene Gelegenheit zur Anbringung ganzer Kränze von wirkungsvollen Bogenlichtern bieten werden, Das Ganze bildet einen geschlossenen Raum von rund 400 000 m3, wie wohl gegenwärtig kein zweiter auf dem ganzen Kontinente für die Erprobung aller Systeme electrischer Beleuchtung vorhanden sein dürfte.
Das Äußere des Rotundengebäudes ist übrigens zur An- und Unterbringung electrischer Beleuchtungseffecte nicht minder vortrefflich geeignet, als die vorerwähnten Innenräume, und welche Ansicht man auch immer von der ästhetischen Wirkung des architectonischen Aufbaues des ganzen Ausstellungspalastes sich bilden mag, die Anerkennung seiner Zweckmäßigkeit und Großartigkeit wird man ihm kaum versagen können. Das Portal an der südlichen Hauptfronte des Gebäudes, die Arcaden rechts und links von demselben, die vielfach abgestuften äußeren Galerien des Rotundendaches bis hinauf zur obersten Laternengalerie mit ihren zehn kreisrunden Öffnungen (Oeil-de-boeuf) unterhalb der Krone, dieses ganze Ensemble prädestiniert das Ausstellungsgebäude förmlich zu einem Tempel der Electricität, wie er zweckentsprechender zum zweiten Male kaum gebaut, geschweige denn gefunden werden dürfte.
Quelle: Schweizerische Bauzeitung, Band 1/2, 1883, Heft 5.
Weitere Hinweise oder Presseartikel zur Internationalen Elektrischen Ausstellung 1883 in Wien sind gerne willkommen.
Wolfgang (SAGEN.at)