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Pferdeeisenbahnen

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Das Thema "Pferdeeisenbahnen" wird eigentlich immer relativ rasch auf die erste Pferdeeisenbahn Linz - Budweis (1827) gelenkt und das soll es schon gewesen sein.

Nach meiner Einschätzung sollte es wesentlich mehr Pferdeeisenbahnen gegeben haben, etwa im Bereich Bergbau (zB. Schneeberg, Lazzacher Tal, Südtirol), im Bereich der Schifffahrt (zB. Treppelwege), Mühlen etc.

Wer kennt weitere historische Pferdeeisenbahnen bzw. Trassen und Hinweise auf Pferdeeisenbahnen?

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Am 4. Oktober 1865 wurde in Wien die erste Straßenbahn als Pferde-Eisenbahn eröffnet. So ganz ausgereift war diese neue Technologie anscheinend noch nicht. ;)

Im "Local-Anzeiger der Presse" des nächsten Tages (5. Oktober 1865) ist dazu zu lesen:

"[Eröffnung der Pferde-Eisenbahn] Im Wartesalon der Pferde-Eisenbahn vor dem Schottenthor fanden sich heute mehrere Gemeinderäthe, Journalisten, dann der Herr Statthalter Graf Corinsky, Polizei-Director Strobach, Statthaltereibeirath Rosmarith und andere höhere Beamte ein, um der officiellen Eröffnung der Pferde-Eisenbahn beizuwohnen. Bald nach 2 Uhr wurden die Gäste in sechs Waggons nach Dornbach geführt, wobei im Dornbacher Stationsgebäude ein Wagen entgleiste, welcher Unfall jedoch bald gut gemacht wurde. ein anderer Waggon soll außerhalb Dornbach ein Landfuhrwerk gestreift und hiebei arg beschädigt haben.
In Dornbach erwartete die Ankömmlinge eine Militär-Musikcapelle, und in der geschmackvoll decorirten Wagenremise kalte Speisen und Röderer carte blanche, welcher in bedeutenden Quantitäten consumirt wurde. - Den ersten Toast brachte Herr Statthalter auf das Gedeihen der Gesellschaft aus, worauf Herr Schäck mit einem Hoch auf die Behörden und den Gemeinderath antwortete. Herr Pollak dankte im Namen des Gemeinderaths und verband hiemit ein Hoch auf die Journalistik. Herr Schierl brachte sin Hoch auf Se. Majestät, den Kaiser aus, worauf Herr Langer in launiger Weise den Toast Pollak's auf die Journalistik erwiderte.
Um 5 Uhr wurde die Rückfahrt angetreten, welche 15 Minuten dauerte. Mehrere sehr bedeutende Steigungen und zwei scharfe Curven wurden ohne Anstand im Trabe passirt. Zahlreiche Zuschauer grüßten die Waggons bei Ihrer Rückkunft mit lebhaften Vivats."
 

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Die Pferdeeisenbahn Linz-Budweis wurde in den Jahren 1835/36 von Linz über Lambach nach Gmunden verlängert. Diese Bahn wurde ein grosser wirtschaftlicher Erfolg mit über 1000 Pferden und mehr als 2000 Transportwagen für Salz, Handelsgüter und Personen. Die Bahn verkehrte bis 1856 (in Gmunden innerstädtisch bis 1870). Die erste Probefahrt mit einer Dampflokomotive fand 1854 statt und um 1856 erfolgte die Umstellung auf Dampfbetrieb.
 
Pferdeeisenbahnen und ein kleiner Exkurs

Wer kennt weitere historische Pferdeeisenbahnen bzw. Trassen und Hinweise auf Pferdeeisenbahnen?

Wolfgang (SAGEN.at)


Moin Wolfgang,

auf Spiekeroog gibt es sogar noch eine Pferdeeisenbahn, die in Betrieb ist. Sie fährt auf einem Streckenabschnitt der 1981 stillgelegten Inselbahn.

https://www.spiekeroog.de/inselerlebnis/kultur-kreatives/museums-pferdebahn/

Von großer Bedeutung waren Pferdeeisenbahnen früher in den norddeutschen Torf- und Tonabbaugebieten. Dort wurden die Loren mit Pferden auf Schmalspurgleisen von den Abbaustellen zu den Verarbeitungsbetrieben transportiert; v.a. im Moor verbot sich der Einsatz von Dampflokomitiven auf Grund der von ihnen ausgehenden Brandgefahr - ist nämlich ein Moorbrand erst einmal in Gang gekommen, dauert es oft Monate, bis er gelöscht ist.

Bereits nach dem Ersten Weltkrieg war es vielerorts mit den Pferdebahnen vorbei; schon um 1920 kamen die ersten Benzol-, später auch Diesellokomotiven auf. Bekannt als Produzenten solcher Lokomotiven waren die Firmen Jung, Dima, und Schöma. Die Lokomotiven erfüllten alle Anforderungen im schwierigen Gelände: sie waren leicht, robust und erforderten geringen Wartungsaufwand - d.h. man konnte sie leicht selber reparieren. Und es ist erstaunlich: selbst wenn diese Lokomotiven jahrzehntelang in irgendeiner Scheune gestanden haben, laufen ihre Motoren immer noch.

Ihr geringes Gewicht spielte v.a. im schwierigen Terrain eine erhebliche Rolle, denn auf provisorisch verlegtem, mit der Abbaustelle wanderndem Gleis waren Entgleisungen an der Tagesordnung.

Empfehlenswert ist hierzu übrigens ein Besuch im Ziegeleimuseum in Sülbach bei Lage (Lippe) oder im Goldenstedter Moor.
 
Von dem oben zitierten Zeitungsartikel angeregt, besuchte ich vor einigen Tagen das Wiener Straßenbahnmuseum.

Pferdetramway_Eroeffnung.jpg

Gemälde von der Eröffnungsfahrt der esten Wiener Pferde-Eisenbahn am 4.10.1965

Die Fahrzeit von 15 Minuten für die Strecke konnte bis heute nicht optimiert werden. Die Fahrzeit vom Ort der ehemaligen Endstation (Remise Wattgasse) zum Schottentor beträgt heute noch 15 Minuten. Im Wiener Straßenbahnmuseum ist heute noch ein Waggon dieser Eisenbahn zu sehen.

Pferdetramway_01.jpg

Zweispänniger Sommerwagen der Wiener Pferde-Eisenbahn

Der Text auf der Informationstafel neben dem Ausstellungsstück lautet:

Zweispänniger Sommerwagen - Betriebsnummer 53
Beschafft von der Unternehmung: Wiener Tramwaygesellschaft - gebaut von der Waggonfabrik Weitzer in Graz
Zur Bedienung des aufstrebenden Pferdetramwaybetriebes besorgte die „Wiener Tramwaygesellschaft" („WT") in den Jahren 1866 bis 1872 eine große Menge an zweispännigen Sommer- und Winterwagen, darunter auch den Sommerwagen Nr. 53 im Jahr 1868.
Einige dieser Wagen wurden aufgrund ihrer filigranen Bauweise nach sehr kurzer Betriebszeit wieder ausgeschieden, ein Großteil jedoch in den Jahren 1881 bis 1884 grundlegend umgebaut.
Der Wagen 53 wurde diesem Umbau im Jahr 1882 in der betriebseigenen Werkstätte der WT unterzogen.

Bei der Übernahme der Wiener Tramwaygesellschaft durch die „Bau- und Betriebsgesellschaft für städtische Straßenbahnen in Wien" („BBG") im Jahr 1899 wurde der Wagen 53 für elektrischen Betrieb adaptiert und in das neue Bezeichnungsschema der BBG als Type „v1" mit der Wagennummer 1851 eingereiht, um bei der Nachfolgefirma „Gemeinde Wien - städtische Straßenbahnen" als Type „v", jedoch mit der gleichen Nummer bezeichnet zu werden.
Als die ehemaligen Pferdetramwaywaggons, die im elektrischen Betrieb in Verwendung standen, nach und nach ausgeschieden wurden, baute man im Jahr 1948 auf die Fahrgestelle der beiden „v"-Beiwagen 1851 und 1853 offene Güterwagenaufbauten.
Diese Wagen wurden als Type „vl" mit den Betriebsnummern 7071 und 7072 bezeichnet. Bei einem weiteren Zubau bekamen diese Wagen noch Klappdeckel über die Ladeflächen.

Aus dem „vl" 7071, der sich seit 1979 im Museumsstand befand, wurde wieder das Originalfahrzeug aus 1868 rekonstruiert und im Jahr 1995 fertiggestellt.

Pferdetramway_02.jpg

Zweispänniger Sommerwagen der Wiener Pferde-Eisenbahn
 
In der sächsischen Residenzstadt Dresden begann die Geschichte der Pferdestraßenbahn bereits im Jahr 1766 - der Rat der Stadt richtete einen Fiakerbetrieb ein, der allerdings mangels Nachfrage im selben Jahr wieder eingestellt wurde. 1819 wurde der Gedanke wieder aufgegriffen und eine "freiwillige Fiakeranstalt" gegründet, der bis 1840 acht Halteplätze zugewiesen wurden. 1844 folgte der Betrieb mit dreisitzigen und 1864 mit viersitzigen Droschken. Um 1900 waren in Dresden ca. 500 Droschken in Betrieb. Es folgte die Einrichtung regelmäßiger Pferdeomnibuslinien im Jahre 1838. Insgesamt entstanden 15 Pferdeomnibuslinien. 1872 erfolgte die Aufnahme des Pferdestraßenbahnbetriebs. Es entstand ein dichtes Netz von Pferdeomnibus- und Pferdestraßenbahnlinien bis um 1900 die ersten "Funkenkutschen" das Aus für die Pferdestärken einleuteten. Dresdner Pferdestraßenbahn zur elektrischen Straßenbahn umgebauter Pferdestraßenbahnwagen des Verkehrsmuseums Dresden.
Ausführliche Informationen mit vielen Bildern sind zu finden in:
Von Kutschern und Kondukteuren. Dresden. 2007. 382 Seiten. Großformat.
ISBN: 978-3-88506-019-2
Dresdner
 
Die Pferdeeisenbahn Linz-Budweis wurde in den Jahren 1835/36 von Linz über Lambach nach Gmunden verlängert. Diese Bahn wurde ein grosser wirtschaftlicher Erfolg mit über 1000 Pferden und mehr als 2000 Transportwagen für Salz, Handelsgüter und Personen. Die Bahn verkehrte bis 1856 (in Gmunden innerstädtisch bis 1870). Die erste Probefahrt mit einer Dampflokomotive fand 1854 statt und um 1856 erfolgte die Umstellung auf Dampfbetrieb.

Kleine Ergänzug dazu: Die Pferdebahn Attnang - Thomasroith (Später provisorisch auf Dampfbetrieb umgestellt und dann durch die Rudolfsbahn ersetzt. Die heutige Bahn verläuft bis Wolfshütte auf der damaligen Pferdebahntrasse) und die in der Pferdebahnspurweite errichtete Bahn Breitenschützing - Kohlgrub (Teile der Trasse sind noch gut zu erkennen, der Tunnel bei Wufing ist noch komplett vorhanden, lediglich das Südportal ist verstürzt). Diese Bahn war bis in die 1960er Jahre in Betrieb, in den 50er wurden 2 Ruhrtaler Dieselloks gekauft, die die Dampfloks ablösten. Die Lok Anna ist heute noch vorhanden und im Besitz des TMW.

MFG Dachstein
 
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