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Nagelbäume

Babel

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Unter dem Thema "Wiener Sagen" ist ein Gedicht über den "Stock im Eisen" eingestellt. Die Sagen interessieren mich weniger, mehr der reale Hintergrund für die Benagelung von Bäumen:

"Um den Stock im Eisen ranken sich viele Mythen und Sagen, die vornehmlich aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammen ... Die wahrscheinlichste Theorie für die mittelalterliche Benagelung ist der alte Brauch, in Kreuze, Bäume und sogar Felsen, Nägel zum Schutz oder zum Dank der Heilung von Krankheiten zu schlagen – als Votivgabe ... Nägel waren im Mittelalter immerhin teures Gut, das man nicht achtlos vertat." (Quelle)

In Belgien gab es massenhaft Nagelbäume; es gibt immer noch welche, und es wird immer noch, wenn auch selten, genagelt - dort meist, um sich von Krankheiten zu befreien. Ich habe einen Aufsatz zu diesem Thema aus dem Französischen übersetzt - falls jemand an dem Thema Interesse hat, kann ich den Text gerne einstellen. Aus Deutschland ist mir kein Beispiel bekannt.

Ist in Österreich jemandem etwas zum Thema "Nagelbäume" bekannt? Von dem Wiener "Baum in Eisen" wußte ich natürlich, der ist ja schnell ergoogelt.
 
klingt sehr interesant. Das die auf Wanderschaft gehenden Schlosser die Sitte hatten einem Nagel in eine bestimmten Baumstamm zu schlagen, war mir bekannt.
Bei uns zeigte eine mit Nägeln bespickte Haustür den Reichtum der Hausherrren an und sollte wahrscheinlich Glück bringen. Bis zum 18 Jahrhundert war es Sitte bei uns.
 
Zuletzt bearbeitet:
In Wien gibts auch noch einen zweiten, der aber auch mit der Schlosser-Zunft zu tun hat.

Sonst kenne ich nur die diversen Genagelten mit bezahlten Nägel für die Kriegsfürsorge oder so.
 
Es gibt einen sehr guten Aufsatz über Nagelbäume, der schlichtweg als der Grundlagenforschungsartikel zum Thema bezeichnet werden kann, im Anhang sämtliche bekannten Nagelfiguren im deutschsprachigen Raum.

Ich habe den Aufsatz der Autorin, würde aber zum Suchen in meiner Bibliothek etwas brauchen. Harry hat den Aufsatz vermutlich schneller, ich werde bei ihm anklopfen.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
die diversen Genagelten mit bezahlten Nägel für die Kriegsfürsorge oder so

Auch die Nagelfiguren für Zwecke im Zusammenhang mit Kriegen werden von der wissenschaftlichen Forschung sehr wohl beachtet!

Als Beispiele nenne ich den Vöcklabrucker Wehrmann in Eisen:



der Wehrmann Stockerau:



der Wehrmann in Eisen, Wien:



Wehrbär Berndorf:



Wolfgang (SAGEN.at)
 
Unter dem Thema "Wiener Sagen" ist ein Gedicht über den "Stock im Eisen" eingestellt. Die Sagen interessieren mich weniger, mehr der reale Hintergrund für die Benagelung von Bäumen:
Zum Stock im Eisen kann ich zwei Bilder beisteuern, welche im November 2010 entstanden sind.
Stock im Eisen.jpg
Detail
Stock im Eisen1.jpg
Der Stock-im-Eisen ist der mittlere Teil einer zweiwipfeligen Zwieselfichte aus dem Mittelalter, die über und über mit Nägeln beschlagen wurde. Die erste urkundliche Erwähnung geht auf das Jahr 1533 zurück. Das Original steht heute noch in Wien, am Stock-im-Eisen-Platz 3, am Eck zwischen Graben und Kärntner Straße, dem so genannten Palais Equitable. Man nennt solche Stämme auch Nagelbäume.
Die Fichte des späteren Stock-im-Eisen begann etwa um 1400 zu wachsen und wurde ca. 1440 gefällt, wie Untersuchungen 1975 gezeigt haben. Die Verjüngung in der Mitte des Stammes (er ist durch fünf Metallbänder gestützt), rührt von Axtschlägen her. Die Benagelung begann, als der Baum noch lebte (also vor 1440). Der Grund für die Benagelung vor dem 18. Jahrhundert ist nicht bekannt. Der Stamm ist 2,19 m hoch und steht auf einem Sockel aus tschechischem Hornblende-Granit, direkt an der Ecke des Equitable. 1548 befand er sich bereits an einem der Häuser am heutigen Stock-im-Eisen-Platz.
Der Brauch für durchreisende Schmiede und Schmiedgesellen, sich mit einem Nagel zu verewigen, entstand erst im 18. Jahrhundert. Es gilt daher als unwahrscheinlich, dass es sich beim Stock-im-Eisen ursprünglich um einen Zunftbrauch gehandelt hat, da er wesentlich älter ist. Es fand zwar eine Benagelung von Wandergesellen auf der Walz ab 1715 statt, diese unterscheidet sich jedoch deutlich von der mittelalterlichen Benagelung. In Südosteuropa sind solche Nagelbäume durchaus bekannt und finden sich in vielen Städten Ungarns, Rumäniens (Siebenbürgen) und anderen Ländern der ehemaligen Donaumonarchie. Der Wiener Stock-im-Eisen ist der älteste noch erhaltene Nagelbaum. Quelle
 
Zum Stock im Eisen kann ich zwei Bilder beisteuern ...
Danke für die Bilder - vor allem das Detailfoto ist äußerst interessant, weil es scharf genug ist, um die verschiedenartigen Nägel genau zu zeigen. :smiley_da

Längeres Googeln lieferte mir über den Wikipedia-Artikel hinaus einen längeren Text, der aber recht wirr ist und widersprüchlich ist und weiter keinen Aufschluß über die offenen Fragen gibt, wie z. B. diese:
- Man hat also im 15. einen 40 Jahre alten Nagelbaum gefällt und weiter benagelt, also offenbar gleich zu diesem Zweck aufgestellt - das ist sehr seltsam: Warum hat man ihn dann nicht (wie anderswo) einfach am Leben gelassen?
- Offenbar haben die Gründe für die Benagelung gewechselt, da der Zunftbrauch erst im 18. Jahrhundert entstand - gab es eine "Zwischenzeit", in der der ursprüngliche Zweck in Vergessenheit geriet, bis man einen neuen fand?

Offensichtlich weiß es niemand. Jedenfalls habt ihr in Wien ein Denkmal stehen, an dem man ewig rumrätseln könnte - leider vergeblich. ;)
 
Nachdem man hier von den Nagelbäumen auch auf die Nagelfiguren gekommen ist, hier ein nagelgepanzerter Held, der heute im Museum von Geislingen an der Steige (Kreis Göppingen, Baden-Württemberg) steht.
 

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Ich würde anhand Deines schönen Beispieles die von mir schon länger gehegte Vermutung äußern, dass hier ein professioneller Nagler am Werk war, der beim Spenden den Nagel einschlug. Anders ist nach meiner Einschätzung die hier gezeigte Perfektion wohl nicht zu erreichen?

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Ich würde anhand Deines schönen Beispieles die von mir schon länger gehegte Vermutung äußern, dass hier ein professioneller Nagler am Werk war, der beim Spenden den Nagel einschlug. Anders ist nach meiner Einschätzung die hier gezeigte Perfektion wohl nicht zu erreichen?

Wolfgang (SAGEN.at)
Ich glaube, das war immer so. Die Spender schlugen ihre Nägel nicht selbst ein, sondern mit ihrer Spende erwarben sie das Recht, daß ein Nagel für sie eingeschlagen wurde. Siehe auch das Nagelkunstwerk von Wasserburg.
 
Der schöne Mann ist ganz aus Eisen, zumindest Gesicht und Hände, ich denke auch, dass der als Ganzes so hergestellt und nicht nach und nach benagelt worden ist.
 
Der schöne Mann ist ganz aus Eisen, zumindest Gesicht und Hände, ich denke auch, dass der als Ganzes so hergestellt und nicht nach und nach benagelt worden ist.
Der Sockel und die Stütze (zwischen den Beinen hinter dem Schild sichtbar) waren aus Holz; ich hatte den Eindruck, man hat der Holzfigur eiserne Hände und ein eisernes Gesicht angesetzt, die nicht benagelt werden sollten. Aber im Grunde weiß ich es nicht. Wir wissen ja heute auch nichts mehr darüber, wie man das gehandhabt hat. Die von Harry per Link empfohlene Arbeit zeigt zwar unter dem Buchstaben G auch die Figur von Geislingen, aber da ist der Kerl auch nur abgebildet. Man sieht auf dem Bild aber, wie er früher aufgestellt war.
 
Ich finde, dass er insgesamt gut aussieht mit diesem Kontrast, nur hat mich diese Regelmäßigkeit der Nägel auch stutzig gemacht.
 
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