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Literatur zur Fotogeschichte in Österreich - Fotografen

SAGEN.at

Administrator
Teammitglied
Ich möchte hier ein paar Literaturbeispiele zur Fotogeschichte in Österreich vorstellen.

Es ist recht schwer Literatur über einzelne Fotografen zu finden, da diese Bücher oft regionale Publikationen von Druckereien und daher nirgends gelistet sind. Hier ist man oft nur auf Tipps, Zufallsfunde oder Rezensionen angewiesen.

Es besteht natürlich kein Anspruch auf jegliche Vollständigkeit, ich bringe nur eigene Beispiele.
Ich selbst habe keine Bibliothek zur Fotogeschichte in Österreich, sondern nur ein paar einzelne Bücher, die mich interessieren. Durch Beiträge hier könnte möglicherweise Interessantes ausgetauscht werden.
Für weitere Hinweise und Ergänzungen bin ich und wohl weitere Leser dankbar.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
August Kreutz, Fotograf in Braunau am Inn, 1883 - 1968. Ein Rückblick anlässlich des 125. Geburtstages. Herausgegeben von Renate Hoerner in Braunau 2008.

Auf dieses wunderbare Buch bin ich durch Zufall in einem regionalen oberösterreichischen Antiquariat gestoßen. Möglicherweise gibt es laut Zeitungsberichten dazu auch einen zweiten Band, die Nationalbibliothek weiß leider nichts von diesen Büchern?

Der Fotograf August Kreutz (1883 - 1968) in Braunau ist für die Fotogeschichte Österreichs sehr bedeutsam, da sein Nachlass von über 50.000 Glasplatten-Negativen zusammen mit den dazugehörigen 12 Auftragsbüchern vollständig erhalten sind. Zudem fertigte er nicht nur gewerbliche Aufnahmen an, sondern auch sehr viele kulturelle Dokumentationsfotos.
Die "Fotografische artistische Anstalt" in der Lerchenfeldgasse 10 in Braunau, die August Kreutz 1906 von Franz Hargaßner pachtete und die er 1919 kaufte, ist bis heute erhalten.
Das Atelier von August Kreutz heute: https://goo.gl/maps/CGnAuENeKPfGLTw39

Ein wunderbares Buch, das sehr sorgfältig zusammengestellt ist und großartige Einblicke in die Alltagskultur der Menschen ermöglicht.

August_Kreutz_Fotograf.jpg

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Nach meiner subjektiven Auswahl ein sehr schöner Bildband:

Heimo Greisl, Erich Marx, Salzburger Photographien 1900 - 1950 des Josef Kettenhuemer, Stadt Salzburg und Umland. Stadtgemeinde Salzburg 1999. 239 Seiten.
ISBN: 3-901014-60-8

Der Salzburger Gendarmeriebeamte und begeisterte Fotograf Josef Kettenhuemer (1870 - 1963) gönnte sich im Jahr 1903 eine hochwertige Fotoausrüstung und suchte zu seiner Pensionierung als Gendarm 1927 um das Gewerbe der Fotografie mit Ausnahme der Porträtfotografie an. Sein Werk zeigt hohes handwerkliches Können verbunden mit sehr gutem fotografischen Blick, große Fähigkeiten in seiner Dunkelkammer und penible Aufzeichnungen zu den Arbeiten.
2.000 Glasplattennegative sind von ihm erhalten, die interessantesten sind in diesem Buch in vorzüglicher Druckqualität abgebildet.

Foto_JosefKettenhuemer_Salzburg.jpg


Wolfgang (SAGEN.at)
 
Noch ein Bildband aus Salzburg nach meiner subjektiven Auswahl:

Thomas Weidenholzer, Menschen.Bilder, Johann Barth sieht Salzburg 1950 - 1975. Stadtgemeinde Salzburg 2005. 188 Seiten.
ISBN: 3-900213-02-X

Johann Barth (1931 - 2009) war in allerlei Berufen später als Journalist tätig. Er begann ab den 1950er Jahren Menschen mit seiner Kamera zu beobachten.
Er begleitet mit der Kamera den Barackenalltag und die Bräuche der Siebenbürgen mit denen er 1946 nach Österreich gekommen ist. Dann deren Wohnbauten und das Wirtschaftswunder der 1950er Jahre, die Märkte in Salzburg und unglaubliche Einblicke in das Arbeitsleben sowie das Freizeitleben bis hin zu Kulturleben.
Die Bilder wirken nach wie vor frisch wie wenn sie eben entwickelt worden wären. Bei den meisten Porträts hat man den Eindruck, es konnte keinen perfekteren Augenblick für die Aufnahme geben.
Ein beeindruckendes Buch, das vor allem durch die Menschen lebt, die Stadt Salzburg hat hier nur eine nebensächliche Statistenrolle.

Johann_Barth_Menschenbilder.jpg


Wolfgang (SAGEN.at)
 
Noch ein Bildband aus Salzburg nach meiner subjektiven Auswahl:

Thomas Weidenholzer, Salzburger Fotografien 1880 - 1918 aus dem Fotoatelier Würthle, Sammlung Kraus. Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg 18. Salzburg 2003.
ISBN: 3-901014-93-4

Buchrückentext:
"Das Archiv der Stadt Salzburg besitzt mit rund 6.000 Glasplatten-Negativen des "Fotoateliers Würthle" eine bedeutende Sammlung von großem kulturhistorischen und dokumentarischen Wert für die Geschichte der Stadt Salzburg.
Das 1862 gegründete Atelier hatte weit über die Grenzen Salzburgs hinaus einen hervorragenden Ruf. Bedeutung erlangte vor allem der Postkartenverlag.
Die Glasplatten-Negative ermöglichen eine hervorragende Qualität der Bildwiedergabe. Ausgewählte 188 Bildmotive aus der Stadt Salzburg gewähren einen faszinierenden Einblick in die Welt des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts."

Eine knappe Einführung beschreibt den Werdegang des Fotoateliers mit einer beeindruckenden Außenaufnahme des Ateliers aus dem Jahr 1892 und des Geschäftslokales im Bazargebäude des Österreichischen Hofs um 1900. Das Buch beeindruckt mit der hervorragenden Druckqualität. Es werden einige besonders überraschende Aufnahmen gezeigt, als Beispiele erwähne ich etwa die Pferdebahn vor dem Bazar 1907, der Hexenturm um 1900 (der im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde), die Bilder von der Gaisbergbahn (Zahnradbahn auf den Gaisberg, stillgelegt zugunsten einer Straße im Jahr 1928), erstaunliche Geschäfte und Betriebe (Tändlerei, Holzhändler, Kohlehändler, Schneiderei, Schusterei, Brauereien ua), Lokalbahn nach Berchtesgaden, Mozart-Schädel 1905, Die Gelbe Elektrische vor dem Hotel Pitter und viele weitere beeindruckende Aufnahmen.

Salzburger_Fotografien_Wuerthle_1880_1918.jpg


Wolfgang (SAGEN.at)
 
Wohl mein persönlicher Favorit von meiner Auswahl an Büchern über historische Fotografen:

Willi Pechtl, Alfred Tamerl; Josef Schöpf: Flickschuster, Mesner, Photograph. Alltag im Pitztal. Rosenheimer Verlagshaus 1991. 152 Seiten.
ISBN: 3-475-52694-8

Buchrückentext:
"Durch einen Glücksfall blieben die Glasnegative des ersten Pitztaler Photographen erhalten. Josef Schöpfs Aufnahmen sind nicht nur höchst aufschlussreiche Zeitdokumente, sondern auch Ausdruck einer außergewöhnlichen künstlerischen Begabung. Berichte von Menschen, deren Erinnerung in die Zeit des Photographen zurückreicht, geben Auskunft über den früheren Lebenszusammenhang, über den Beginn des Tourismus und die durch ihn hervorgerufenen Veränderungen."

Dieser knappe Beschreibungstext geht völlig am faszinierenden Buchinhalt vorbei.

Erzählt wird im Buch über das kurze, intensive Leben von Josef Schöpf (1886 - 1915), der in völliger Armut in einem abgeschiedenen Weiler im Tiroler Pitztal aufwächst. Er lernt den Beruf des Schusters und kam auf der Stör durch das Tal. Er war seit der Kindheit ein begabter Bastler und hat möglicherweise fotografisches Gerät eingetauscht. In seiner Nähe lebten die Fotografen Anton Zoderer (gest. 1902) und Ignaz Falch (gest. 1906), möglicherweise hat er von diesen eine alte Kamera eingetauscht.
Josef Schöpf musste seine Bilder unter primitivsten Verhältnissen herstellen, einen Großteil seiner Bilder konnte er gar nicht mehr selbst entwickeln, manche Fotoglasplatten wurden erst für das Buch entwickelt.
Josef Schöpf musste gleich zu Beginn des Ersten Weltkrieges einrücken und starb mit 100.000 weiteren Soldaten in der Schlacht von Tarnow-Gorlice.

Das Buch präsentiert die genialen Porträts die Josef Schöpf im Pitztal aufnahm, mit beeindruckenden Texten von Zeitzeugen aus eben dieser Zeit vom abgeschiedenen kargen Bauernleben bis zu der Zeit als die ersten Städter kamen.

Josef_Schoepf_Flickschuster_Mesner_Photograph.jpg


Wolfgang (SAGEN.at)
 
Eine weiteres Buch einer österreichischen Fotografin, die auch Volkskundlerin war, möchte ich vorstellen.

Dr. Erika Hubatschek (1917 - 2010) promovierte 1940 in Volkskunde und war dann bis 1978 als Gymnasiallehrerin tätig. Sie beschäftigte sich seit etwa 1934 mit dem Leben der Bergbauern, deren Leben sie über 60 Jahre lang mit der Kamera begleitete. Ihre volkskundlichen Dokumentationen wurden im In- und Ausland bekannt. Die Fotobücher von ihr beschäftigen sich schlichtweg gar nicht mit Fragestellungen zur Fotografie, diese war für sie selbstverständlich, sondern mit Fragen des Überlebens und Lebens auf den abgelegenen Berghöfen, dem Leben, der Arbeit, der Landwirtschaft, der Werkzeuge und viele andere Themen.
Der hier vorgestellte Band ist ein Spätwerk, in dem sie mit einigem Abstand die frühen Bilder mit späteren Aufnahmen der 1950er und 1960er Jahre und ein paar Aufnahmen des Jahres 2003 gegenüberstellt. Im Vortrag (zu diesem Buch) hat sie auch erzählt, dass die Begegnungen der Kinder, die im Buch gezeigt sind in den Vorträgen im Stubaital der 1990er Jahre als erwachsene Menschen zu ihren großen Erlebnissen zählten.
Das Leben der Menschen das in ihren Büchern dokumentiert ist heute nicht mehr vorstellbar. Im Gegensatz zu vielen anderen Fotografen oder auch Berufsfotografen dieser Zeit handelt es sich nicht um "gestellte" Aufnahmen, sondern um Dokumentarfotografie.

Erika Hubatschek, Bergbauern im Stubai. Von Neustift und seinen Bewohnern vor sechzig Jahren und heute. Verlag Dr. Hubatschek 2003. 255 Seiten.
ISBN: 3-900899-12-6

Erika_Hubatschek_Bergbauern_im_Stubai.jpg


Wolfgang (SAGEN.at)
 
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