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Laurentiusrost, Beinbrecher, Hexengitter

TeresaMaria

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Zum Thema- Der Kirchhof im Mittelalter

Eine Totentanzdarstellung von Heinrich Knoblochtzer zeigt, wie notwendig eine Möblierung des mittelalterlichen Kirchhofes war. Anhand seiner Abbildung erkennt man, wie die Toten lebendig werden und aus ihren Gräbern steigen, um sich zum Totentanzreigen zusammenzuschließen. Der Lebens- und Wirkkreis der Toten endet jedoch an der Friedhofsmauer. Im Idealfall war die Friedhofsmauer rund- so hat sie eine begrenzende, Unheil abwehrende Funktion. Allerdings besaßen die Kirchhofmauern eine Pforte, um den Friedhof betreten zu können und um in die Kirche gelangen zu können. Diese durchlässige Torsituation sollte durch einen Rost gesichert werden. Diesen Rost bezeichnete man als Beinbrecher, der auch sonst z.B. auf den Weidegebieten ein Überschreiten der Huftiere verhindern sollte. Im Volksmund nannte man diese Roste auch "Hexengitter" oder "Laurentiusrost".

Wisst ihr vielleicht noch mehr über die Geschichte dieser Beinbrecher?
 
Das ist eine solche Spezialfrage, daß ich auf Anhieb praktisch nichts dazu finde, obwohl ich etliches an Literatur im Haus habe.

Du meinst das Schlußbild des sog. Heidelberger Totentanzes mit dem runden Friedhof, Karner und Totenleuchte, auf dem das Gitter vorne zu sehen ist? Da ist zu ersehen, daß die Mauer nicht durch ein Tor verschließbar ist. Tatsächlich spielte sich im Mittelalter ja alles mögliche auf den Friedhöfen ab – bis hin zu Märkten und allerlei anderer Geselligkeit.

Zu diesem Gitter:

In W. Hartinger, Denen Gott genad! Totenbrauchtum und Armen-Seelen-Glaube in der Oberpfalz, Regensburg (Pustet) 1979, S. 12, heißt es:
In den Verordnungen der Regensburger Bischöfe werden die Pfarrer zusätzlich ermahnt, auch die Eingänge [zu den Friedhöfen] so zu sichern, "daß am tag keine Tiere hineinkommen können". An vielen Orten hob man deshalb vor den Friedhofstoren eine Grube aus und überdeckte sie mit einem kräftigen, weitmaschigen Gitter, so daß sich größere Tiere schier die Beine brechen mußten, wenn sie dieses Hindernis überwinden wollten. "Beinbrecher" (lat. Crurifragia) nannte man diese Vorrichtungen, in Zenching bei Cham war noch um 1930 eine erhalten.
Der Autor Hartinger gibt als Quelle an: J. Brunner, Geschichte der Grenzstadt Furth i. W., Furth im Wald 1932

Ein ständiges Problem auf den offenen mittelalterlichen Friedhöfen scheint gewesen zu sein, daß Hunde und Schweine oft nur oberflächlich mit Erde bedeckte Leichenteile ausgruben.

Noch in einem Visitationsbericht von 1579 heißt es:
Bei den Freythöfen findet sich allerlei Unrichtigkeit, denn sie sind an etlichen Enden, in Städten und Märkten Tag und Nacht unverschlossen. Stege und Wege gehen darüber, allerhandt Vieh wird darauf getrieben oder läuft von selbst darauf. Auch sonst werden sie nicht zum reinlichsten gehalten. Von den anstoßenden neuen Gebäuden werden die Ausgüsse darauf gerichtet. Es geschieht auch wohl, daß Holzwerk und anderes in dieselben gelegt wird ...
(Von W. Hartinger zitiert nach einer Urkunde im Staatsarchiv Amberg)

Zu den "tanzenden Toten": Auf dem Schlußbild des bei Knoblochtzer gedruckten Totentanzbuches sieht man zwar, wie die Toten ihren Gräbern entsteigen, aber von Tanz ist m. E. nichts zu sehen. Auf dem ersten einleitenden Beinhausbild sind die Toten Musiker (die Gesten der beiden im Vordergrund Auferstehenden sind wohl eher als Hilfestellung beim Aufsteigen aus dem Grab zu verstehen), ein Reigentanz ist nur auf dem zweiten Einleitungsbild zu sehen, und der Ort wird "Tanzhaus" genannt, was sich aber wohl eher auf den Tanz der Paare Tod - Lebender bezieht, der "in diesem Tanzhaus" – also auf dem Friedhof, im Grab, im Beinhaus – endet. Auch die Texte sagen nichts über einen Tanz der Toten miteinander, sondern nur darüber, daß sie die Lebenden zum Tanz holen. Allerdings hat es im Volksglauben wohl immer Vorstellungen von auf dem Friedhof "lebenden" und "tanzenden Toten" gegeben. Ein später Nachklang ist noch Goethes Gedicht von 1815.

Das Beinhaus, in dem nicht nur die Schädel liegen, sondern auch die Toten musizieren, zum Tanz aufspielen, ist häufiger Bestandteil der Totentanzdarstellungen, z. B. am Anfang des Baseler Totentanzes oder im Berner Totentanz von Niklaus Manuel (1516-20, 1660 abgerissen "wegen Verbreiterung der Straße", erhalten in einer Aquarellkopie von Albrecht Kauw von 1649), abgebildet in: Niklaus Manuel Deutsch. Maler, Dichter, Staatsmann, hrsg. vom Kunstmuseum Bern, 1979

Daß die zeitweilig lebenden Toten auf dem Friedhof im Mittelalter nicht nur "Schreckgespenster" waren, zeigt sich zum einen daran, daß man diesen Ort offenkundig nicht fürchtete – sonst hätte man ihn nicht zu allen möglichen profanen Zwecken aufgesucht –, sondern auch in den Legenden von den "helfenden Toten", die einen von Räubern Bedrohten beschützen zum Dank dafür, daß er für ihre Seelen betet, siehe als Beispiel das Wandbild an der Friedhofskapelle von Baar (Schweiz), frühes 16. Jh., um 1740 restauriert, abgebildet in: Tanz der Toten – Todestanz. Der monumentale Totentanz im deutschsprachigen Raum, hrsg. vom Zentralinstitut und Museum für Sepulchralkultur, Kassel 1998

Woher hast du das, daß die Friedhofsmauer im Idealfall rund sein sollte? Die Regel scheint das nicht gewesen sein. Eine Rundform könnte auch andere Gründe haben: Dörfer durften nicht mit Mauern befestigt werden, wie man es gegen äußere Feinde gern gehabt hätte; es sprach aber nichts dagegen, die Friedhöfe (die zugleich Asylstätten waren) mit Mauern zu umgeben – daher die Wehrfriedhöfe. Und für Befestigungen ist die Rundform schlicht zweckmäßig, da weniger angreifbar.
 

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Herzlichen Dank für diese wunderbare Antwort, die ich nun erhalten habe. Ich hatte nun Zeit diese genau durchzustudieren. Wie sorgfältig dies alles niedergeschrieben wurde. Es ist wirklich sehr sehr interessant, auch das Bildmaterial. DANKE !

„Woher hast du das, daß die Friedhofsmauer im Idealfall rund sein sollte?“

Das stand in meinem Werk über die Friedhofsgeschichte: SÖRRIES Reiner, Ruhe sanft. Kulturgeschichte des Friedhofs. Kevelaer 2009.

Ein Kreis hat immer eine Unheil abwehrende Wirkung- das ist auch bekannt aus dem Bereich der Magie und auch bei den "modernen Hexen“ heute noch beliebt. Man bezeichnet diesen Kreis auch als einen „Schutzkreis“.
Das fällt ganz in den Bereich der Apotropäischen Handlung:
Apotropäisch (griechisch ἀποτρόπαιος „abwehrend“) nennt man Handlungen, die Dämonen austreiben oder Unheil abwenden sollen. Es handelt sich um Maßnahmen im Rahmen eines Abwehrzaubers, mit denen schädigender Zauber ferngehalten oder unwirksam gemacht werden soll.

Schutzkreise werden v.a. auch bei magischen Ritualen angewendet. Ich habe einen Film gesehen, da wird das deutlich gezeigt- der Film heißt „ Der verbotene Schlüssel“ Hier der Link: https://www.imdb.com/title/tt0397101/

Hier schreibt eine „moderne Hexe“ über die Schutzfunktion: Der eigene Schutz sollte bei der Energiearbeit immer an erster Stelle stehen.
„Anleitungen für einen Schutzkreis gibt es wie Sand am Meer, manche rufen Gott und Göttin zu Hilfe und wieder andere behaupten nur IHR Schutzkreis sei Sinnvoll und Wirksam.
Ein Schutzkreis kann meiner Meinung nach viele “Gesichter” haben, Hauptsache Sie fühlen sich sicher.
So kann ein Schutzkreis aus Steinen, Kerzen, einer Kordel oder auch einem imaginären Kreis oder Kugel bestehen.
Ich persönlich ziehe einen imaginären Kreis und zwar dort wo ich gerade magisch arbeiten möchte.“ Quelle: (Admin: externer Link existiert nicht mehr)

Anbei noch eine Abbildung aus dem Film „Der verbotene Schlüssel“- die Darstellerin ist gerade dabei am Dachboden einen Schutzkreis um sich zu ziehen, damit ihr das Böse nicht nahe kommen kann.
 

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Das mit dem Kreis der Friedhofsmauer hat mir jetzt keine Ruhe gelassen. Ich bin alle Friedhöfe in meiner Umgebung geistig durchgegangen, zumindest die mit vermuteter mittelalterlichen Mauer. Alle Trapez oder annähernd ein Rechteck, auch bei sogenannten "Ur-Kirchen", die heute teilweise alleine in der Landschaft stehen.

Rund kenne ich in der Oberpfalz nur von drei erhaltenen Exemplaren romanischer Kapellen.

Was in Filmen gezeigt wird hat meist nur begrenzt mit historisch praktizierter Magie oder Zauber zu tun.

Ich bin da jetzt sicher nicht so der Experte, aber ich fan das Buch recht gut, vielleicht gibt es eine Neuauflage oder ein Exemplar im antiquaren Buchhandel:

Richard Kieckhefer: Magie im Mittelalter, dtv, München 1995
 
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