Dresdner
Active member
Unter der Überschrift "Närrisches Treiben im Führerstaat" veröffentlichte die Sächsische Zeitung auf ihrer Kulturseite vom 10. Februar 2010 einen Beitrag zu einem Thema, welches auch heute noch weitgehend unbearbeitet ist.
Autorin ist die Kulturredakteurin der SZ, Maryam Schumacher.
Hier der Text der Onlinefassung.
Dresdner
Autorin ist die Kulturredakteurin der SZ, Maryam Schumacher.
Hier der Text der Onlinefassung.
Das Thema „Karneval in der NS-Zeit“ wurde lange totgeschwiegen. Mittlerweile ist das anders. Neue Erkenntnisse hat jetzt das Historikerteam Carl Dietmar und Marcus Leifeld gewonnen. Ihr wichtigstes Ergebnis: Das Bild war regional unterschiedlich. Einige betrieben aktive antisemitische Hetze, andere passten sich stillschweigend an. Und nur eine kleine Minderheit äußerte Kritik.
Die Nazis wollten den Karneval vor allem propagandistisch ausschlachten. Sitzungen und Umzüge wurden zu Großveranstaltungen umgeformt. „Prunk stand vor Humor“, sagt Leifeld. „Und man versuchte, ein einheitliches Bild zu schaffen.“ So wurden die männlichen Funkenmariechen abgeschafft, die bis heute bestehende Prinzenproklamation eingeführt.
Zweifel am „Endsieg“
Führerbilder, Hakenkreuze und andere NS-Symbole durften anfangs noch nicht mit dem Karnevalstreiben in Verbindung gebracht werden. Ab 1933 gab es ein offizielles Verbot „der Glossierung der Führer in Staat und Gemeinde“. Vereinspräsidenten, Büttenredner, Sänger und Wagenbauer hielten sich streng daran. Weit schwerer jedoch wiegt die antisemitische Hetze, zu der sich ein Teil der Karnevalisten bereitfand: Ein Motivwagen im Kölner Rosenmontagszug zeigte bereits 1934 auswandernde Juden und kommentierte das mit dem Motto: „Die Letzten ziehen ab“. Der Narrenumzug von Nürnberg widmete ihnen 1935 einen „Todesmühle“-Wagen, mit einer am Galgen hängenden Juden-Puppe.
Widerstand kam allerdings auch vor. In Köln war es Karl Küpper, der die Hand zum Hitler-Gruß erhob, dabei aber nicht „Heil Hitler“ rief, sondern fragte: „Is et am rähne?“ – Regnet es? Der Düsseldorfer Leo Statz musste seine Aufsässigkeit mit dem Leben bezahlen. Als der Präsident des Düsseldorfer Karnevals 1943 Zweifel am „Endsieg“ äußerte, wurde er vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. (dpa)
Dresdner