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k.k. Schmelz Annaberg NÖ

AnnaMaria

Member
Guten Abend,

einer meiner Vorfahren war (Silber)schmelzer in der k.k. Schmelz in Annaberg.
Deswegen bin ich auf der Suche nach jedweder Information über diese Institution.
Das Internet habe ich schon "abgegrast". Leider sind die Informationen nur dürftig.
Vielleicht gibt es hier "Spezialisten", die sich mit der Materie auskennen und mir Literaturtipps o.ä.geben könnten.
Des weiteren interessiert mich dieser Beruf an sich sehr.

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.
 
Hallo AnnaMaria,

die Suche nach Informationen zum Silberbergwerk Annaberg in Niederösterreich gestaltet sich tatsächlich mehr als schwierig. Soweit ich nun in aller gedruckter Literatur zum Bergbau in Niederösterreich gesehen habe, gibt es zum Silberbergwerk Annaberg bis heute nur einen einzigen Artikel aus dem Jahr 1892, den ich im Folgenden wiedergebe:

August Haller: Das Silberbergwerk bei Annaberg in Niederösterreich. In: Blätter des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich. Neue Folge 26, 1892.S. 409 – 414.


Das Silberbergwerk bei Annaberg in Niederösterreich.
Von August Haller.


Mit der Westbahn sowohl wie mit der Südbahn gelangt man von Wien nach dem durch seine berühmte Abtei wohlbekannten Lilienfeld, von wo man mit dem Postwagen in wenigen Stunden Annaberg erreicht.

Annaberg mit seiner frischen Waldherrlichkeit und seinen malerischen Aussichtspunkten war vor mehr als hundert Jahren das Centrum einer emsigen gewerblichen Tätigkeit und eines regen Verkehrs.

Das bloße Gerücht, man habe dort Silber aufgefunden, genügte, um Scharen von Neugierigen herbeizulocken; auch die Zahl jener war nicht gering, die mit voller Tasche und einem Schurfbriefe versehen voll der Hoffnung in Annaberg einzogen, neue Spuren edler Metalle aufzufinden.

In hellen Haufen trafen sie ein, die Heuer und Scheider und wie sie alle heißen mögen, die sich durch den Bergbau ihr Brot verdienen, — das Entstehen neuer Gebäude war die Folge dieses Zuzuges.

Da anfangs die nötigen Öfen und Herde mangelten, um die ausgebrochenen Erze aufzuarbeiten, liess man diese Operation in Ungarn durchführen; einige Jahre später waren bereits die erforderlichen Schmelz- und Pochstätten erbaut. Aber auch in Wien stand man den Annaberger Fundgruben nicht kühl gegenüber. Da die Berichte nicht genügend schnell einliefen, wurde zwischen Mariazell und Lilienfeld ein zweiter Postcours eingeschaltet.

Bis zum Jahre 1767 war die Erzausbeute eine gesegnete und die Besitzer der Annaberger-Kuxe (Bergwerks-Anteilsscheine) bezogen hohe Dividenden, mählich aber verloren sich die Erzadern und der Betrieb erwies sich bald als unrentabel.

An der Stätte, in welcher so oft jener interessante metallurgische Prozess durchgeführt wurde, der mit einer Erscheinung, »Silberblick« geheißen, seinen Abschluss findet, wurden nach dem Jahre 1767 Messingwaren erzeugt.

Johann Burger, Postverwalter und Wirt (Gasthaus zum Ochsen) in Annaberg, hatte im Jahre 1751 auf der sogenannten Hollerer-Alm am »Grossen Ort« der »Leisinger Hut« silberglänzende Steine aufgefunden, die er dem Professor der Rhetorik der Theresianischen Ritterakademie in Wien, Gottlieb Justi, vorwies und einhändigte.

Justi, der auch in der Erzscheidekunst bewandert gewesen zu sein scheint, untersuchte diese Steine und, da er sie stark silberhaltig fand, erwarb er sich einen Schurfbrief für die »Hollerer-Alm«. Sobald er dieses Dokument in Händen hatte, beeilte er sich, Probesteine an das Bergwerks-Hof-Collegium einzusenden, welches bestimmte, dass eine bergtechnische Commission zur Untersuchung der Fundstelle nach Annaberg abzugehen habe.

Diese Commission schlug vor, den Felsen, auf welchem die Silbererze an den Tag traten, bergmännisch zu untersuchen; es wurden Bergleute aus Kärnten berufen und ein k. k. Beamter zur Oberaufsicht angestellt.

Da Justi die Priorität dieses neu aufgeschlossenen Bergwerkes an Ihre Majestät die Kaiserin abtrat und auch dem Postmeister Burger einen Anteil einräumte, bildete man eine Gewerkschaft und das Ärar leistete die nötigen Geldvorschüsse. Uber die Ergiebigkeitdieses Silberbergwerkes dürften in Justi Zweifel aufgestiegen sein, denn er begnügte sich mit einer Abfertigung von nur 3000 fl., verzichtete auf seine Professur am Theresianum und begab sich nach England, wo er die Stelle eines grossbritannischen Bergdirektors und Polizei-Commissärs annahm. Burger, von der Überzeugung durchdrungen, dass gut' Ding der Weile bedarf, wartete den Fortgang der Arbeiten ab und erhielt für seine vier Bergwerks-Kuxe den Betrag von 8000 fl. ausbezahlt.

Am 10. April 1752 traf ein Bergbeamter in Annaberg ein, der den Bau der Wohnstätten für die bereits aus Kärnten eingetroffenen Arbeiter leitete und auch ein Magazin zur Aufbewahrung der ausgebrochenen Erze erbauen ließ; am 25. April wurden das neu erschlossene Bergwerk und die Werkzeuge von dem Prälaten von Lilienfeld eingeweiht.

Der Aufschluss des Bergwerkes begann mit dem Baue des St. Anna-Stollens, aus welchem der Theresia- und der Caroli-Schacht abgeteuft wurden, in welch letzteren sich besonders reiche Erzanbrüche zeigten. Schon im nächsten Jahre wurde die St. Joachim-Fundgrube aufgeschlossen und zur Unterbringung der Bergbeamten das dem Stifte Lilienfeld gehörige, an der Landstrasse in Annaberg gelegene Schulhaus vom Ärar, exclusive des großen Weinkellers, den sich das Stift reservierte, um den Preis von 1200 fl. Angekauft. Im Juni 1753 fand sich abermals eine Commission in Annaberg ein, an deren Spitze der Hof-Collegiums-Präsident Graf Königsegg stand und die den Beschluss fasste, in der Nähe des St. Joachim-Stollens noch einen neuen, Maria-Erbstollen genannt, bergmännisch anzutreiben.

Im März 1761 fand eine gewerkschaftliche Zusammentretung statt, wobei sich ergab, dass der Schuldenstand der St. Anna-Fundgruben sich auf 8698 fl. belief. Wie durch ein Wunder veredelten sich jedoch bald die Erzausbrüche dergestalt, dass im nächsten Jahre 97 Mark Feinsilber an das Münzamt eingeliefert werden konnten, welche, die Mark zu 22 fl. 25 kr. gerechnet, einen Wert von 2178 fl. repräsentieren.

Nachdem sich die Silberausbeute mit jedem Jahre steigerte, erstattete der Münz- und Bergwesens-Hof-Direktions-Präsident, Graf Chotek, am 4. November 1758 den folgenden allerunterthänigsten Vortrag:
»Es haben verschiedene Gewerken des zu St. Annaberg gebauten Silberbergwerkes das unterthänigste Ansuchen gemacht, E. kais. u. küngl. Maj. geruhe zu erlauben, dass einige Hundert Stück Ausbeut-Thaler im allhiesigen Münzamt geprägt und als Andenken an die Gewerkschafts-Mitglieder verteilt werden.« Er befürwortete dieses Ansuchen mit der Begründung, »dass in diesem Erzherzogtum Österreich u. d. Enns noch nie ein Silberbergwerk in Flor gestanden, während aus dem St. Annaberger Bergwerk vom 20. April 1752 bis 9. October 1758 5684 Mark, 1 Loth, 2 Quintchen Feinsilber in das hiesige Hauptmünzamt eingeliefert und von selbem 118.539 fl. 46 kr. dafür bezahlt und der gesamten Gewerkschaft inclusive der letzthin bewilligten 6400 fl. an Ausbeute 38.400 fl. verteilet worden sind.«

Ein kräftig geschriebenes »placet« der grossen Kaiserin gab die Bewilligung zur Prägung von Annaberger-Thalern und das Münzamt in Wien schritt zur Ausführung. Die beigefügte Figur versinnlicht dieses Geldstück.
Auf der Aversseite befand sich das Brustbild der Kaiserin Maria Theresia mit einem Perlen-Diadem in den Haaren. Die Umschrift lautet: »M. Theresia. D. G. R. Imp. Ge. Hu. Bo. Reg.« Die Reversseite zeigt den gekrönten Reichsadler, im Wappenschilde die heilige Anna und die österreichische Binde, unter dem Adler das Bergwerkszeichen »Hammer und Schlögel«. Die Umschrift war die folgende: »S. Anna Fundgruben-Ausb. Tha. in N. OE. 1758 X.«

Annaberg_Ausbeutetaler_1758.jpg

Am Rande dieser Münze ist in erhabener Schrift: »Justitia et Clementia« zu lesen.

Das zum Abtreiben des Silbers aus seinen Erzen erforderliche Blei musste aus Villach in Kärnten bezogen werden und kam in Folge dessen dem Ärar sehr teuer zu stehen. Es war daher ein guter Gedanke zu nennen, dass die Witwe des mittlerweile verstorbenen Postmeisters Burger von Annaberg sich darauf verlegte, in der Nähe der Silberminen auf Bleierze zu schürfen. Ihre Bemühungen waren von Erfolg gekrönt und der St. Johann v. Nepomuk-Bleihoffnungsbau entstand.

Da es sowohl im Interesse des Ärars wie der Gewerkschaft lag, stets Bleierze im Vorrat zu haben, wurde die Burger'sche Unternehmung in jeder Richtung protegiert.

Obgleich auch 1765 noch eine weitere Anzahl von Annaberger Ausbeut-Thalern geprägt wurden, die sich nur durch die ersichtlich gemachte Jahreszahl und dadurch von jenen im Jahre 1758 geprägten unterschieden, dass der Mantel der Kaiserin geblümt war, war es dennoch den Bergbeamten lange klar geworden, dass sich die Förderungs-Resultate aus den Silbergruben von Jahr zu Jahr verminderten. Der Besuch des Bergbau-Vice-Präsidenten Grafen von Schlick in Annaberg, zu dessen Ehre das im Plane mit Nr. 16 bezeichnete Gesenke benannt wurde, hatte zwar die Folge, dass man im vierten Zubaustollen der St. Anna-Gruben wieder auf größere Massen 30löthiger Erze stieß, allein die oberste Bergwerkbehörde musste darauf sinnen, die immer reicher und reicher auftretenden Kupfer- und Galmei-Erze aufzuarbeiten und man schritt zum Baue einer Messingfabrik.

Im Dezember 1767 wurde auf jeden Annaberger-Kux der Betrag von 21 Gulden als letzter Gewinnstanteil dieses leider nur 15 Jahre bestandenen Bergwerkes ausgezahlt.

Über die räumliche Ausdehnung des einzigen in Niederösterreich bestandenen Silberbergwerkes wird sich der Leser dieser historischen Skizze aus der beigeschlossenen Reproduction einer im Jahre 1767 verfassten Bergwerksmappe leicht orientieren können.

Erklärung des im Jahre 1767 aufgenommenen Bergwerksplanes.
1. Der St. Anna-Stollen.
2. Das Caroli-Gesenk (Schacht).
3. Das Theresia-Gesenk.
4. Der erste Zubaustollen (2. Horizont).
5. Schräge Verbindung mit dem 3. Horizont.
6. Ein Steigwerk.
7. Der zweite Zubaustollen (3. Horizont).
8. Ein Steigwerk.
9. Ein Zwischenstollen.
10. Ein Förderungsschacht.
11. Ein Verbindungsschacht.
12. Der dritte Zubaustollen (4. Horizont).
13. Der vierte Zubaustollen (5. Horizont).
14. Ein Seitenstollen.
15. Ein Seiger- (vertikaler) Schacht
16. Das Graf Schlick'sche Gesenk, von welchem mehrere Aufschlussstollen nach verschiedenen Richtungen getrieben wurden.
17. Die St. Joachims-Fundgruben.
18. Ein Zubaustollen.
19. Das Rudolfs-Gesenke.
20. Die St. Johannes v. N.-Fundgruben.
21. Ein 17 Klafter tiefer Schacht.
22. Der erste vom Schacht ausgehende Lauf (Stollen).
23. Der zweite Lauf.
24. Der bis auf den Schacht angetriebene Zubaustollen.
25. Ein auf der Kuppe des Hochstaller-Gebirges abgeteufter, 124 Meter tiefer Schacht, aus welchem früher Kupfererze, nach dem Jahre 1765 Zinkerze gefordert wurden. (Dieser Schacht ist von dem auf dem Plane verzeichneten Punkt A 236 Meter entfernt.)


Wolfgang (SAGEN.at)
 
Zu Deiner weiteren Frage nach dem Beruf des Silberschmelzers verweise ich auf die Kapitel über den Bergbau in Österreich auf SAGEN.at, dort wird in mehreren Aufsätzen ausführlich auf das Silberschmelzen und das Schmelzverfahren, sowie die benötigten Geräte eingegangen.
Die in diesem Kapitel beschriebenen Methoden sind insofern sehr relevant, da es sich um Beschreibungen von Bergbau in den Alpen handelt!
Heute sind viele bei volkskundlichen Fragestellungen versucht, sich etwa mit dem erstbesten Google-Ergebnis zu begnügen, dass dann womöglich Schmelzverfahren in den Anden oder in Süditalien beschreibt, was doch zu falschen Rückschlüssen führen dürfte...

Wolfgang (SAGEN.at)
 
@Wolfgang: Auch von mir herzlichen Dank, denn das ist für mich wirklich etwas Neues, obwohl ich das Gebiet recht gut kenne und dort sehr oft wandern war. Dass es einen Ortsteil Schmelz in Annaberg gibt, hab ich natürlich gewusst, mir aber nie Gedanken gemacht, was der Ortsname bedeutet. Also wieder etwas gelernt, danke !
Nur eine Kleinigkeit: Auf dem Rand der im obigen Artikel erwähnten Münze steht nicht 'Justitia et dementia (!) ', sondern Justitia et Clementia ;).
Wikipedia liefert einen kurzen Auszug aus dem Haller'schen Artikel und ergänzt ein klein wenig: https://de.wikipedia.org/wiki/Silberbergwerk_Annaberg
 
..über die "Dementia" musste ich auch schmunzeln. Ja, Freud ist oft zu Gast bei uns Menschen.
Den Exkursionsbericht hatte ich auch schon gelesen. Sehr schön, wie auch die anderen Wandertipps. Eine wahre Fundgrube für mich. Zunächst nur virtuell, demnächst dann ganz real.
 
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