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Hat sich Max Lüthi irgendwann zu Märchenverfilmungen/Filmmärchen geäußert?

Kübelchen

New member
Liebe Leute,
ich weiß, dass Vladimir Propp und auch J.R.R.Tolkien keine besonders positive Meinung von Märchen(real-)filmen hatten, und aus irgendeinem Grund bilde ich mir ein, auch Lüthi hätte sich dazu mal geäußert (Märchen sollten nicht verfilmt werden oder so ähnlich...). Aber so sehr ich auch blättere, finde die Stelle nicht mehr (bin nicht 100 % sicher, aber denke, es muss in einem von den Standardwerken gewesen sein, "Das europäische Volksmärchen" oder "Märchen")... Ist denn zufällig ein Lüthi-Kenner hier, der mir sagen kann, ob mich meine Erinnerung total trügt?
MfG,
Taylor
 
Ich habe vor einigen Jahren von Max Lüthi die Werke "Es war einmal... Vom Wesen des Volksmärchens" und "Das europäische Volksmärchen" gelesen, beide Werke sind nach meiner Einschätzung sehr literaturwissenschaftlich ausgeführt.

Ich kann mich in beiden Werken an keine Aussage von Max Lüthi zur Verfilmung von Volksmärchen erinnern.
Es wäre ihm, der ja doch ständig auf der Suche nach einem "reinen Volksmärchen " ist, absolut zuzutrauen, dass er jegliche filmische Fixierung ablehnt.

Im Kapitel "Märchenforschung" (Das europäische Volksmärchen, 1997, S. 99) schreibt er ja auch über das Aufzeichnen von Märchen, was man analog zur Verfilmung anwenden könnte:

"Wer die Eigenart des europäischen Volksmärchens erkennen will, wird sich nicht ausschließlich auf die Aufzeichnungen der heutigen Sammler, die mit dem Tonband ausgerüstet sind und ihre Aufnahmen oder Stenogramme unverändert veröffentlichen, stützen dürfen."

Wolfgang (SAGEN.at)
 
Vielen lieben Dank für die Antwort... ist zwar nicht ganz das, was ich suche, aber ich glaube mittlerweile, dass mir in der Hinsicht meine Erinnerung in meinen jungen Jahren da einen Streich spielt ;)
 
Habe mir auch noch mal "meinen alten Lüthi" (Europ. Volksmärchen) hervorgeholt. Er spricht immer von Fläche, einer Ebene u.Linie, keine
Ausschmückung usw. Also sinngemäß - wie Wolfgang schon sagte - läßt dies
keine Verfilmung zu . Im Film würde man also "verfälschende" Elemente sehen.
So habe ich es verstanden: Im Märchen steht z.B. ein Schloß im Wald. Im
Film würde man ja ein bestimmtes Schloß mit Ausstattung, also Zube -
hör und verschiedene Dinge zufügen, um alles lebendig erscheinen zu lassen.
Im Märchen steht nur: der Wald, im Film müßte der Wald irgendwie spezifisch
sein: Nadelbäume,Laubbäume, bestimmtes Wetter usw. Die Menschen müssen
angezogen werden, farbige Kleider, Frisuren usw., im Text steht vielleicht nur:
der Prinz. Die Handlung würde "verfremdet", auch in eine bestimmte Zeit
versetzt (Mode) usw. Er will den "reinen Urtext". Wolfgang, Du bist der
Fachmann! Habe ich Lüthi richtig empfunden? Würde mich über Antwort
hierzu freuen! Viele Grüße von Ulrike
 
Naja, das ist ja schon Auslegung der Worte Lüthis, bzw. eine gedankliche Weiterführung, die zwar legitim, aber nicht zwingend ist. Lüthi spricht ja hier von STILmerkmalen - da sie in erster Linie mit der narrativen Ebene, der Erzähltechnik zusammenhängen, nicht aber direkt die Sinnstruktur betreffen. Da der Film als Medium eine eigene Spezifik, eigene Gesetzmäßigkeiten hat, die über das Wortsprachliche hinausgeht, können die auf das erzählte Märchen bezogenen Stilmerkmale, die Lüthi beschreibt, natürlich nicht 1:1 auf den Film angewandt werden. Ob das Märchen als solches dadurch einbüßt bzw. aufhört, Märchen zu sein, oder ob es einfach eine andere Form annimmt und damit neue Gesetzmäßigkeiten entwickelt, ist eben der Streitpunkt. Aber bis zu dem Punkt hat Lüthi ja seine Überlegungen wohl nie geführt, da die mysteriöse Stelle, von der ich dachte sie gelesen zu haben, anscheinend nicht existiert und er sich nie explizit zu Märchen und Film geäußert hat. Wahrscheinlich ist diese Einbildung bei mir durch das Rezipieren von Literatur zustandegekommen, die sich auf Lüthi bezieht und seine Überlegungen ähnlich weitergeführt hat wie du, Ulrike.
 
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