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Gleiche astronomische und bürgerliche Zeit auf See

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Schifffahrt.
Gleiche astronomische und bürgerliche Zeit auf See.

In einer Denkschrift, welche dem englischen Premierminister seitens des Royal Institute überreicht wurde und die von 4000 Mitgliedern unterzeichnet war, wurde darum ersucht, gleiche astronomische und bürgerliche Zeit auf See einzuführen. Die Frage ist schon seit 12 Jahren in verschiedenen Ländern und von verschiedenen Behörden erörtert worden; als Resultat ergab sich, dass es sich lediglich darum handele, die astronomische Zeit um 12 Stunden vorwärts zu schieben, um sie mit der bürgerliehen in Einklang zu bringen. In der Denkschrift ist ausgeführt, dass die vorgeschlagene Änderung den beteiligten Kreisen zum großen Vorteil gereichen und allgemeine Zustimmung finden würde. Das Verschieben der astronomischen Zeit um 12 Stunden bedingt nun aber auch, dass die nautischen Jahrbücher ebenfalls dieser Veränderung angepasst werden. Da dieses den Seeleuten unentbehrliche Werk aber immer schon mehrere Jahre im Voraus hergestellt wird, so wird die Regierung aufgefordert, baldmöglichst Schritte zu tun, damit die Veränderung an dem von den Astronomen gewünschten Zeitpunkt, dem ersten Tag des neuen Jahrhunderts, eingeführt werden kann, da sich ein solcher Zeitabschnitt dem Gedächtnis leichter einprägt.

Der „Times" wird über diesen Gegenstand ganz richtig geschrieben: „Die Vereinfachung der Zeitrechnung hat die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Kreise und der Praktiker in beiden Hemisphären schon lange beschäftigt. Die Notwendigkeit einer Reform wurde aber auf dem amerikanischen Kontinent früher als irgendwo sonst anerkannt, weil die mit der alten Rechnungsweise verknüpften Schwierigkeiten sich in vergrößertem Maßstabe durch die Ausdehnung der Eisenbahnen über viele Längengrade noch weiter entwickelt haben. Ein Zweig dieses Gegenstandes, die Unifizierung der Zeit auf See, ist im gegenwärtigen Augenblicke von besonderer Wichtigkeit, und die Royal Society of Canada hat daher für sich selbst und andere nordamerikanische Gesellschaften, sowie im Interesse der Schifffahrt und des Verkehrs der ganzen Welt die Gesellschaften und Handelskammern in Großbritannien aufgefordert, ihr bei der Lösung des vorliegenden Problems zu helfen.

Wie erinnerlich wurde im Jahre 1884 in Washington eine Konferenz für den ersten Meridian abgehalten, welche von 25 Nationen durch Delegierte, durchweg ausgezeichnete Astronomen, beschickt war. Die Sitzungen der Konferenz dehnten sich über einen Monat aus und wurde eine Reihe von Resolutionen fast einstimmig angenommen. Empfohlen wurden im Allgemeinen: ein gleichförmiges System der Zeitrechnung am Lande, basierend auf einem gemeinsamen Nullpunkt (dem Durchgang der Sonne auf dem Meridian von Greenwich), sowie die gleichförmige Zeitrechnung auf See. Die erstere findet bei den verschiedenen Nationen allgemeine Annahme und tritt in der ganzen Welt allmählich in Wirksamkeit. Sie ist in Nordamerika, Japan und Australien allgemein in Gebrauch und in China, Indien und Südafrika eingeführt, während ihre Annahme im ganzen Europa wesentliche Fortschritte macht. Die zweite ist noch nicht adoptiert worden und die Royal Society of Canada hat daher verschiedenen Gesellschaften und Handelskammern in Großbritannien eine erschöpfende Denkschrift gesandt, in welcher die Notwendigkeit der Veränderung auseinandergesetzt wird, und sie gebeten werden, ihren Einfluss zu Gunsten der letzteren bei der Regierung geltend zu machen.

Vielleicht ist es nicht allgemein bekannt, dass man auf See in der Theorie drei Zeitrechnungen hat, die nautische, bürgerliche und astronomische. Der bürgerliche Tag dauert von Mitternacht bis Mitternacht, der nautische endet um Mittag in dem Augenblicke, wenn der astronomische Tag beginnt. Infolgedessen dehnt sich auf See ein gegebenes Datum über drei verschiedene Tage aus. Nach der bürgerlichen Rechnung hat man beispielsweise Dienstag, den 5. Januar; nach der nautischen Rechnung fällt aber die erste Hälfte des 5. Januar auf Montag, den 4. Januar, während nach der astronomischen Rechnung die zweite Hälfte des 5. Januar auf Mittwoch, den 6. Januar, fällt. Offenbar sollte eine solche zu Verwirrung und Irrtümern Anlass gebende Methode beseitigt werden.

Man schlägt nun vor, aus den drei Methoden die Mitte zu nehmen und zur Rechnung auf See zu benutzen. Da aber der bürgerliche Tag genau die Mitte zwischen den beiden anderen Tagen bildet und der nautische Tag schon vielfach außer Gebrauch gekommen ist, so reduziert der Vorschlag sich praktisch darauf, dass der astronomische Tag um 12 Stunden verlegt wird. Durch diese Verlegung würde die astronomische Rechnung in vollständige Übereinstimmung mit der bürgerlichen Rechnung gebracht werden.

Es kann nicht überraschen, dass dieser Vorschlag von denen, welche am meisten Interesse daran haben, mit fast einstimmiger Zustimmung begrüßt wird. Die Veröffentlichungen des Kanadischen Instituts, der Astronomischen und Physikalischen Gesellschaft von Toronto, sowie der Royal Society of Canada liefern den Beweis, dass unter den Schiffskapitänen das Übergewicht sehr zu Gunsten der Reform ist. Von beinahe 500 Kapitänen englischer und fremder Dampf- und Segelschiffe haben sich nicht weniger als 97% zu Gunsten der Veränderung erklärt. Ebenso ist es bekannt, dass die Lloyds entschieden der Ansicht sind, dass die Reform nicht früh genug eingeführt werden könne."

Quelle: Uhland's Verkehrszeitung und industrielle Rundschau, 11. Jg., Nr. 23, 10. Juni 1897, S. 136.

Wolfgang (SAGEN.at)
 
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