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Faszination Telfer Schleicherlaufen

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Schleicherlaufen in Telfs, 2. Februar 2025

Rec. by Thomas Nussbaumer, Universität Mozarteum Salzburg / Innsbruck



00:00 Sonnenanbetung
06:16 Auffahrt der Schleicher
06:42 Bäreneinfangen im Meaderloch
14:14 Die Herolde
16:01 Die Musibanda
16:36 Vier Jahreszeiten
17:05 Die Wilden
18:29 Laternenträger und die Schleicher
20:51 Die Bären & Exoten
26:13 Die Laninger
31:46 Die Vogler
35:57 ’s Galtmahd
39:15 Die Beasn Buam
43:05 Die Bachof’n
47:49 Die Kurpfuscher
54:44 Die Soaf'nsiader
01:01:21 Der letzte Kroas der Schleicher an der Friedhofsmauer

Das Schleicherlaufen von Telfs in Tirol, dessen Wurzeln ins 16. Jahrhundert zurückführen, zählt zu den bekanntesten Fasnachten der Alpen. Seit 1890 findet das Schleicherlaufen (mit wenigen Unterbrechungen) im Abstand von fünf Jahren statt. Schon Wochen vor dem Umzug breitet sich in Telfs das „Fasnachtsfieber“ aus, was sich in zahlreichen Feiern und Fasnachtsaktivitäten entlädt.

Die Fasnacht spielt für die Identität dieser rasch gewachsenen Gemeinde eine sehr große Rolle, zumal mehr als 500 Männer aktiv am Schleicherlaufen teilnehmen und am Tag des Schleicherlaufens vor bis zu 15.000 Zuschauern eine große, repräsentative Fasnacht inszenieren.

Es ist nicht allein die Pracht der traditionellen Masken – etwa der „Wilden“, der Namen gebenden „Schleicher“, „Bären“ und „Exoten“ oder „Laninger“ –, die die Einzigartigkeit der Telfer Fasnacht ausmacht, sondern auch das auf den Fasnachtswägen aufgeführte Volkstheater. In Telfs erlebt man Szenen einer politischen, oft kabarettartigen Satire, bei der sich die Protagonisten kein Blatt vor dem Mund nehmen und in schonungsloser, oft stark überzeichneter Offenheit Missständen, dem Ärger über unpopuläre Politiker-Entscheidungen oder auch allgemeiner Unzufriedenheit Ausdruck verleihen; und das im „Slang“ des Telfer Dialekts, in dem sich viel vom derben Wortschatz der jahrhundertelang hier siedelnden, heute aber bereits assimilierten „Dörcher“ bzw. „Laninger“ eingelagert hat. Hier gilt das Prinzip der unverblümten Meinungsäußerung. Freilich überwiegt auch bei aller Ernsthaftigkeit der vorgetragenen Anschauungen und Standpunkte die unbändige Freude am Theaterspiel und an der Groteske. Es ist ein geflügeltes Wort, dass das Schleicherlaufen von Telfs das „wahre Tiroler Volkstheater“ darstelle – in Anspielung darauf, dass in Telfs seit 1981 jährlich im Sommer das innovative, kritische Theaterfestival „Tiroler Volksschauspiele“ veranstaltet wird.

Der Film vom 2. Februar 2025 zeigt Szenen von der „Sonnenanbetung“ (ab ca. 07.00 Uhr morgens), bei der die Gruppe der „Sunna“ um ein schönes Wetter bittet, von der Auffahrt der „Schleicher“, die von zuhause abgeholt und in der Kutsche zum Versammlungsort gebracht werden, vom „Bäreneinfangen“ im Meaderloch vom Schleicherlaufen selbst: Ausschnitte aus den Auftritten der „Herolde“, der „Musibanda“, der „Vier Jahreszeiten“, der „Wilden“ (mit dem „Panznaff“), des „Laternenträgers“, der „Schleicher“, der „Bären und Exoten“ und der Wagengruppen „Laninger“, „Vogler, „‘s Galtmahd“, „Bease Buam“, „Bachof’n“, „Kurpfuscher“ und „Soaf'nsiader“.

Besonders berührend ist der auch im Film gezeigte letzte „Kroas“ der Schleicher an der Friedhofsmauer, wo sie der Toten gedenken.

Literatur:
Hans Gapp: „Telfer Schleicherlaufen“, in: Hans Gapp (Hg.): Die großen Fasnachten Tirols, Innsbruck 1996, S. 150–191
Thomas Nußbaumer: Fasnacht in Nordtirol und Südtirol. Von Schellern, Mullern, Wudelen, Wampelern und ihren Artgenossen, Innsbruck 2010, S. 134–153.


Wolfgang (SAGEN.at)
 
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