Nun das gesuchte Bild zum sogenannten "Kultraum" auf Burg Lockenhaus.
Dazu begleitend der beschreibende Text aus der Broschüre von Paul Anton Keller, Ritterburg Lockenhaus, Landschaft und Geschichte, Lockenhaus 1982.
Paul Anton Keller und seiner Frau Margarete Keller haben das große Verdienst, die Burg Lockenhaus vor dem Verfall gerettet, renoviert und dem Land Burgenland als Stiftung übergeben zu haben.
Dennoch sind dem Herrn Paul Anton Keller bei seiner Broschüre zur Burg Lockenhaus
gravierende Fehler unterlaufen.
Der folgende Text ist daher nur mit größter Vorsicht zu verstehen, der enthaltene esoterische Unfug ist nur der dokumentarischen Vollständigkeit halber dabei:
„…Und doch blieb [Rudolf] Steiner, als er die Burg aufsuchte, die ungeheure Magie des Kultraumes verborgen, denn ein Inwohner der Vorburg hatte einst den Boden des Raums mit einer Betonauflage versehen um ein Wasserbecken für die Hasen und Hühner zu gewinnen, die er sich in der Burg hielt. Zudem war die Bodenfläche hoch mit Schutt bedeckt, Strauchzweige, hereingewehtes Laub und verfaultes Bauholz moderten im Wasser; all das wurde erst 1969 herausgeräumt.
Eine Rotalgenvegetation nahe dem Eingang zum Rittersaal und dem Vorbau zur Kapelle gab Anlass zur Sage vom „roten Pfaffen". Es handle sich um nie versiegendes Blut („... edeles, unschuldiges Blut, in schrecklicher Mitternachtsstunde von frevelhaften Händen vergossen..."), und zwar um das Blut der hingemordeten, durch Verrat überwältigten Ordensritter. Der Hinweis auf den „roten Pfaffen" ist insoferne interessant, als die Johanniter-Hospitaliter einen roten Waffenrock trugen.
Vom Brunnen (11), der seitlich des Palas in die Tiefe getrieben wurde, wissen wir, daß der Palatin Thomas Nádasdy ihn durch ausländische Maurer in den Jahren 1548—49 bauen ließ und dass dies 100 fl. kostete, eine enorme Summe. Es ist möglich, ja wahrscheinlich, dass hier eine alte Zisterne vertieft und erweitert wurde. In der Urkunde wird der Brunnen „lebend" genannt. Derzeit ist er zum Hauptteil verschüttet. Der Schacht ist zwei Meter weit und soll bis zur Taltiefe reichen. Joseph Scheiger, den man 1824 in die Brunnentiefe blicken ließ, schilderte: „...wo ein bey 60 Klafter (114 Meter) tiefer Brunnen, ganz in Felsen gehauen, und mit seiner Öffnung dem Boden gleich gähnt, den Bewohnern der Burg (arme Inleute) durch hineingeworfenes brennendes Stroh erleuchtet, um dem Besucher seine furchtbare Tiefe zu zeigen."
Von diesem Brunnen erzählt der Volksmund, dass er den Fluchtweg durch den „unterirdischen Gang" ermöglicht habe. In großer Tiefe sehe man noch eine eiserne Tür mit einem Schlüssel (!).
Jüngst sind, wie schon erwähnt, erstaunliche Fakten über die Anlage der Hochburg, insbesondere des Kultraums festgestellt worden, die den rein fortifikatorischen Charakter des Baues mit deutlich wahrnehmbaren mystisch-irrealen Belangen überdecken und somit den Kern der Anlage aus völlig neuen Gesichtspunkten erhellen. Demnach war hier das Kriegshandwerkliche von starken, religiöse Komponenten betonenden Kräften unterströmt. Der Kapellenturm, eine Wehrkirche immerhin, die Mauerzüge und Fensteröffnungen der frühen Anbauten aber nach astronomischen Erkenntnissen errechnet und errichtet. Auch astrologische Normen bezieht man ein. Das vertieft den an sich geheimnisvollen Habitus der Burg sehr und lässt für die Zukunft weitere bemerkenswerte Klarstellungen erwarten.
Zweifellos ist die Kommunikation zwischen dem Lichtauge vom Hof her und der aus dem Felsen gemeißelten Schale inmitten des Raumes aus solchen Belangen geschaffen worden. Über den Kultraum stellt der Forscher Hans Waltenberg, Frankfurt, fest: „Bei dem Bau wurden bestimmte Absichten verfolgt, die nicht allein mit der Kriegstechnik erklärt werden können. Die Erbauer müssen mathematische und astronomische Kenntnisse besessen haben...
Bei den gegebenen Verhältnissen ist es in Lockenhaus unmöglich, dass die Sonne sich in einem Spiegel in dem mit Wasser gefüllten Becken jemals spiegeln konnte. Beim Sommersolstitium beleuchtete um 12 Uhr mittags der einfallende Sonnenstrahl den nördlichsten Punkt des großen Mittelkreises auf dem Boden. Aber eine Reihe von zirkumpolaren Sternen, die bei ihrer Kulmination senkrecht über der Öffnung stehen, können sich in der Bodenschale spiegeln. Diese sind:
Deneb im Schwan mit einer Deklination von 42° 75'
Algenib im Perseus mit einer Deklination von 47° 30'
Capeila im Fuhrmann mit einer Deklination von 44° 10'.
Bei der Spiegelung wirkt die obere Öffnung wie ein Okular. Dadurch, dass sich dieser Vorgang in einem halbdunklen Raum abspielt, kann die Beobachtung einer Himmelskonstellation auch während der Morgendämmerung erfolgen. In der Mitte
des 13. Jahrhunderts kulminierte Deneb kurz vor Sonnenaufgang am 29. 5. jul. Dabei stand die Sonne im Sternbild des Stieres. Algenib kulminierte am 11. 8. jul. in der Morgendämmerung, wenn die Sonne im Löwen stand. Dabei hatte die Sonne kurz vor ihrem Aufgang eine untere Konjunktion mit dem Regulus. Etwa in der gleichen Nacht setzten auch die Sternschnuppenfälle aus dem Perseidenradianten ein. Wegen ihrer großen Geschwindigkeit konnten diese Sternschnuppen allerdings nicht aus dem unterirdischen Raum beobachtet werden. Capeila kulminierte am 8. 9. jul. kurz vor Sonnenaufgang. Jetzt stand die Sonne in der Jungfrau. Auch um Mitternacht konnten bei diesen drei Sternen die jeweiligen Kulminationen beobachtet werden und dadurch sowohl eine Datum- wie auch eine Zeitbestimmung erfolgen."
Dass sich hieraus mystische Kulthandlungen erahnen lassen, ist naheliegend, ja höchst wahrscheinlich. Das Phänomen wird mit dem Laurentiustag in Zusammenhang gebracht und was dieser Name in Verbindung mit der Burg Lockenhaus besagen soll, wird an anderer Stelle dieses Buches erklärt.
Zu denken ist hier an die Kathedrale zu Chartres, in der ein ähnlich mystischer Lichteffekt geschaffen wurde, gleichwie an die Burg Montségur in den Pyrenäen, die bedeutende astronomische Fakten aufweist und dem Sonnenkult zugedacht war.
Wer im malerischen, von unverfälschter Burgenromantik durchatmeten Burghof die heftig bewegte, oft wild ausbrechende Historie des alten Hauses in Gedanken an sich vorüberziehen lässt und auch des Baubildes gedenkt, kann bald erkennen, dass es ein Haus war, in dem auch der Herr wohnte, dauernd wohnte, und nicht nur seine Reisigen lebten — allein der Rittersaal bezeugt dies. Die Gesamtanlage ist wie eine Symphonie, unterströmt von Wehrwillen und Mystik. Die Vorburg eine Ouvertüre, die in großartiger Steigerung über das magische Dunkel des geheimnisvollen Kultraumes im zweiten Hof zur mächtigen Raumgebärde der gotischen Halle leitet. Da die Burg jeweils lange im Besitz bedeutender Geschlechter war, blieb ihr das Altersgesicht erhalten, in das die Jahrhunderte Runen gegraben haben. In der Tat ist die Begegnung mit ihr ein Gang in den verfinsterten Raum abgelebter Jahrhunderte, ein unvergleichlich eindrucksvolles Zeugnis unverwechselbarer Eigenart. So hat die Burg Lockenhaus nicht ihresgleichen. Sie hat Kriegswirren, Gewalttat, Feuer und Mord erlebt wie jeder andere alte Wehrbau, und doch schwebt um ihre Mauern ein Unerlöstes "wie Magie, und das macht es, dass diese Burg so oft in mystischem Dunkel gesehen wird. Die Sagen, Legendenkranz jeder Burg, geben nicht Anlass dazu. Theosophen und Parapsychologen, Hellseher und beflissene Geisterbeschwörer haben sich für die Burg interessiert, und ein Besucher will dort sogar eine Irminssäule gesehen haben — in der Burg oder im Ort? —, Irmin, dem Wanderer der germanischen Mythologie, zugedacht. Doch alte Bauten gebären Träume, und Traum muss bleiben, was als sichtbares, stummes Zeichen die Sinne bewegt.
In manchen Beschreibungen der Burg, in Büchern und Zeitschriften vornehmlich aus jüngster Zeit, seit den Klarstellungen im sogenannten Kultraum der Hochburg, wird sie „Gralsburg" genannt und Hinweise auf den „Gral" tauchen immer wieder auf, verständlicherweise ohne dass es zu schlüssigen, beweisträchtigen Formulierungen käme. Wie wollte man wohl fixieren, was sich in der Rückschau über einen ungeheuren Raum der Zeitgeschichte einer klaren Sicht und Erkenntnis entzieht?
Zweifellos eines der ehrwürdigsten Probleme und seit alters in aller Mund: der Gral. Was ist darunter zu verstehen? Die Meinungen überschneiden sich. Ein Stein? Ein Gefäß mit Christi Blut? Tief in Esoterik Verflochtene wollen darin das Gefäß sehen, aus dem der Sohn Gottes beim Hl. Abendmahl trank und mehr noch: in diesem Gefäß habe Joseph von Arimathäa das Blut des Gekreuzigten aufgefangen. Die Schale werde in der Kathedrale von Valencia aufbewahrt. Dieses Gotteshaus birgt ein sehr altes schalenartiges Gefäß, das als „Gral" bezeichnet wird, doch dringen andere Überlegungen beträchtlich über diese Vorstellungen hinaus.
Manche Forscher führen die Gralslegende weit in keltische Geschichtsbezirke hinein, viel zu tief in Sagendämmerung als dass der Suchende damit leicht zu Rande käme.
Und die Burg Lockenhaus, sofern sie eine Tempelritterburg war — darauf weist nicht nur das Tatzenkreuz im Kultraum, sondern auch die 1670 sogar urkundlich verbriefte Überlieferung hin — hätte in diesem Rätselraum demnach Gralsmythen erlebt? Daher der in neuerer Zeit immer wieder auftauchende Hinweis auf die Gralssymbolik der Burg? Dies zu belegen haben wir, wie gesagt, keine Urkunde, zumal die Templer beklagenswerterweise ja selber ihr Sein und Sinnen mit Geheimnissen umgaben. Dennoch: so völlig in der Luft hängt der Hinweis auf kultische Handlungen zu Lockenhaus nicht. In jüngster Zeit wurden einige wesentlidie Erkenntnisse, um nicht zu sagen: Entdeckungen in diesem uralten Bau belegt.
Zwei deutsche Forscher — Dr. med. Gerhard Groß aus Hannover und Hans Waltenberg aus Frankfurt —, haben, unabhängig voneinander, esoterische Belange im Kultraum festgestellt. Diese Forschungsergebnisse sind neuen Datums. Waltenberg will mangels schriftlicher Zeugnisse aus so früher Zeit, die „Steine und Sterne Aussagen machen lassen." Er erkennt in der Bauplanung der Hochburg Gesetze der Symmetrie und meint: „Der Burg scheint das Fünfeck und Sechseck (Hexagramm und Pentagramm) innezuwohnen... Von Barres stammt der Ausspruch: „es gibt Stätten, wo der Geist weht, wo sich ihm Organe für das Göttliche öffnen und wo der Geist den Menschen durchdringt! Solche Stätten, wo Himmel und Erde sich begegnen, waren die Orte, an denen die Kultstätten entstanden." Und Waltenberg schließt: „Wenn diese Ausführungen auch keinen direkten Beweis für die Anwesenheit der Templer darstellen, ist deren Tätigkeit und Wirken in (der Burg) Lockenhaus hiemit wahrscheinlicher gemacht."
Hat der bescheidene Burgwanderer Joseph Scheiger, als er 1824 die Burg aufsuchte und im Kultraum den Eindruck empfing, die Halle „habe wohl einst zu der Templer verborgensten Mysterien gedient" doch richtig geraten?
Die eigentliche kultische Bedeutung des Raumes wurde ganz entscheidend betont und vertieft, als die Burgherrin in den dunklen Gewölbetiefen der Vorburg das tabernaculum, das Sakramentshäuschen fand, das zweifellos im Kultraum gestanden und heruntergetragen worden war, als man den Hühner-Wasserkeller schuf. Dieses einmalige Werkstück aus Stein mit sorgfältig ausgeführter Hostienkammer trägt auf seiner Stirnseite tief eingegraben die Symbolzeichen der alten Esoteriker — der Häretiker? —: ein ineinander verflochtenes Schlangenpaar, Symbol für das Wort „Religio", und untenhin das Zeichen des Brotes, in profaner Sicht eine Kringel, von einem romanischen Bogen, in allen Maßen durch 3 teilbar, umrahmt. Über die Symbolik und die Bedeutung der Hostienkammer hat Dr. Gerhard Groß in mühevoller Kleinarbeit referiert und die Bedeutung einwandfrei klargestellt.
So wäre die Burg dem Gralskult zugeordnet gewesen? Dieses Geschichtsbild rückt mit großer Wahrscheinlichkeit näher. Rudolf Meyer sagt in seinem schönen Buch „Der Gral und seine Hüter" (1955): „Das Geheimnis unseres Jahrhunderts wird man, trotz aller ihm widerstrebenden Tendenzen, als das einer einzigartigen Gralsnähe charakterisieren dürfen."
Der Kultraum zu Lockenhaus hat mit seinem magischen Lichtauge und der steinernen Hostienkammer in der ganzen Welt nicht seinesgleichen. Er war und ist der magische Herzpunkt der Burg Lockenhaus.
In verdämmerte Frühzeit rückwandernd, in alten Urkunden forschend, Jahrhunderte aufblätternd, taucht plötzlich ein Name aus dem Dunkel der Vergangenheit: Leuca — Burg Lockenhaus, im Osten des mitteleuropäischen Siedlungsgebietes. Im Februar 1242 baten die Kirche und der Laienstand Ungarns den Papst um Hilfe gegen die Mongolen. Die „tatari", furchtbare Landzerstörer, hatten die zugefrorene Donau überschritten und drangen mit Mord und Brand voran ins Land. Einige Burgen wurden noch gehalten, und unter sie ist Leuca — Lockenhaus gereiht.
Attila war schon lange tot. Doch das Bett, in das sich die Flut der Völkerwanderung ergossen hatte, füllte sich immer wieder aus dem nie versiegenden Reservoir der Weiten des ungeheuer auf drohenden Ostens; stets von neuem drängte Fremdvolk heran gegen die Bollwerke des Abendlandes.“
Quelle: Paul Anton Keller, Ritterburg Lockenhaus, Landschaft und Geschichte, Lockenhaus 1982
Im Anhang das gesuchte Bild zum "Kultraum".
Wolfgang (
SAGEN.at)