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Der Fuchs und der Wolf

Der Fuchs und der Wolf​
Erzählt vom Hallknecht​
Es war einmal ein schlauer Rotfuchs. Er lebte mit seiner Familie auf dem Fuchsberg. Herr Reinecke, so hieß der Fuchs, hatte eine Frau, sie hieß Reinicki und zwei Kinder. Ein Kind hieß Wuschel und das andere Puschel.
Eigentlich wohnten die Füchse im Fuchsberg, denn hier hatten sie einen großen Fuchsbau mit vielen Ein- und Ausgängen.
Auf dem Fuchsberg wohnten seit Menschengedenken Füchse. Deshalb hieß dieser Berg auch Fuchsberg.
Die Füchse haben nie etwas gestohlen von den Menschen, die um den Fuchsberg herum in ihren Häusern und Dörfern wohnten. Na ja, mal ein kleines Hühnchen schon, das war so trottlich und wollte der Henne nicht auf dem Heimweg folgen. Das fing der Vater - Fuchs ein. Solche Sachen machte er ganz allein. Er wusste, die Menschen dürfen davon nichts merken, sonst kommen sie mit ihren Hunden und den Jägern. Dann wäre es wohl aus mit dem geruhsamen Leben auf dem Fuchsberg? Deshalb es sich lieber nicht mit den Menschen verderben, hatte der Fuchs schon immer gesagt. Neulich, als er das Hühnchen vom Bauern Hempel geholt hatte, verwischte er sorgfältig alle Spuren. Er hinterließ nicht einem einzigen Tapse und ließ auch keine Feder vom Hühnchen liegen. So dachten der Bauer und die Bäuerin, das Hühnchen hätte sich verlaufen, da es ja schon immer so trottlich war.
Doch eines Tages war es doch mit der Ruhe der Füchse auf dem Fuchsberg vorbei. Buchstäblich über Nacht war ein Wolf gekommen. Er fing an den alten Fuchs zu drangsalieren. Plötzlich stand er vor dem Fuchs, böse knurrend bellte er: "Rotfuchs, schaffe Futter oder ich fresse dich selbst auf!"
Den Fuchs konnte man nicht so leicht in das Bockshorn jagen, doch dieser graue Wolf machte keinen guten Eindruck auf ihn. Er war mindestens 5-mal stärker als der Fuchs, so schätzte dieser schnell ein. Außerdem war er so klappere dürre, dass man ihm seinen Hunger schon von weiten ansah. Sein Fell war zottig, seine Augen glühten vor Mordlust und Fressgier. "Nein, es hat keinen Zweck sich mit diesem unheimlichen Gesellen anzulegen", dachte der Fuchs. Tatsächlich war der Wolf in einem gewaltigen Dauerlauf vom fernen Russland bis hierher gelaufen, ohne zu fressen, sein Hunger war gewaltig.
Der Fuchs hatte dies alles schnell bedacht, schneller als man das erzählen kann. Jetzt knurrte der Wolf schon wieder, lauter und böser als vorhin: "Rotfuchs, schaffe mir Futter oder ich fresse dich selber auf!" Dabei riss er den Rachen weit auf und der Fuchs sah die gewaltigen Reißzähne des Wolfes, da wurde ihm klar, dass er schnell handeln musste. Deshalb sagte er auch gleich: "Lieber, starker, großer Wolf ruhe dich hier etwas aus, ich will gleich nach einem kräftigen Futter für dich suchen." Der Wolf knurrte böse und sprach: Solltest du nicht schnell genug wieder kommen, so fresse ich nicht bloß dich auf, sondern auch deine Frau und deine Kinder, schaffe Futter Rotfuchs, lange warte ich nicht!“ Der Fuchs machte schnell, dass er weg kam. "Den muss ich aber schnell wieder loswerden", beschloss im davon eilen der Fuchs.
Der Fuchs wusste, dass die Bauern geschlachtet hatten. er hatte doch das Quieken der Säue bis zum Fuchsberg gehört. Der Wind hatte auch den Duft von frischgeschlachtetem Schweinefleisch herüber getragen.
Vorsichtig schlich sich der Fuchs hinunter in das Dorf. Schnuppernd lief er von einem Haus zu dem anderen. Da, auf einmal kam ihm ein Duft von frischem Schweinefleisch in die Nase. Der Fuchs drehte sich langsam und schnuppernd stellte er die Richtung fest, woher der Geruch kam. Dann schlich er immer der Nase nach, der Witterung entgegen. Jetzt war er am Hause des Bauern Hempel, da war der Geruch am stärkste. Hier musste es sein. Richtig, aus den Kellerfenstern drang der Geruch von frischem Schweinefleisch; dem Fuchs lief das Wasser im Maul zusammen. Lange hatte er so einen Fraß nicht geschnuppert. Immer nur Mäuse und Engerlinge, selbst das Hühnchen war nichts gewesen gegen den für einen Fuchs himmlischen Duft, welcher aus den Ritzen und feinen Spalten, des Kellers des Bauern Hempel herausströmte. Der Fuchs beleckte sich vor Appetit, vor so viel geschnupperter Köstlichkeit. Doch er behielt einen klaren Kopf und überlegte wie er wohl an das Futter heran kommen könnte. Vorsichtig, leise schlich er von Kellerfenster zu Kellerfenster und probierte ob nicht ein Riegel unverschlossen sei und er sich Eingang verschaffen könnte. Doch alle Fenster waren gut verschlossen und schon beschloss er, der Not gehorchend, weiter zu gehen. Doch war da hinten nicht noch ein Fenster, welches er noch nicht kontrolliert hatte?
Der Fuchs sah von weitem, dass es auch geschlossen war und dachte: "Zeitverschwendung, der Wolf wird ungeduldig und ich muss schnell mache, dass ich ihm Futter verschaffe sonst wird er noch meinen Fuchsbau aufsuchen. Na ja, meine Frau und die Kinder passen schon auf, außer dem passt der Höllenhund nicht herein. Doch besser ist besser, nichts riskieren!"
Der Fuchs wusste, wenn man etwas angefangen hat, soll man es auch zu Ende machen. Also, auch zu dem letzten Fenster und eine kurze Kontrolle. Als der Fuchs seine Schnauze zwischen die Stäbe steckte, mit denen das Fenster vergittert war und mit einer Vorderpfote gegen die Scheibe drückte, klappte das Fenster auf. Tatsächlich hatte Frau Hempel vergessen den Riegel nach den Lüften wieder vorzuschieben. Der Wind hatte das Fenster zu geschmissen und so war es dem Bauern auch nicht aufgefallen, als er, ehe es dunkel wurde einen Rundgang machte und kontrollierte ob alles in Ordnung sei.
Der Fuchs glitt durch die Gitterstäbe und sprang leicht in den Keller hinunter. Wie im Schlaraffenland der Füchse duftete es da. Doch der Fuchs sah kein Fleisch, nicht einmal einen Schweineschwanz oder Knochen, "Potztausend", dachte er: "Das Fleisch muss doch irgendwo sein?" Es stand aber ein großes Fass mitten im Keller und der Fuchs merkte bald, dass das Fleisch wohl im Fass aufbewahrt sein musste. Doch das Fass war mit einem Deckel verschlossen. Der Fuchs stellte sich auf die Hinterbeine, mit den Zähnen packte er den Deckel und zog mit den Pfoten gleichzeitig mit der Schnauze am Deckel. Tatsächlich, der Deckel löste sich und der Fuchs legte ganzleise den Deckel bei Seite. Bis oben hin war das Fass mit herrlichem Schweinefleisch gefüllt. Das Fleisch war eingesalzen. Große und kleine Stücke vom Feinsten sah der Fuchs. Vorsichtig nahm der Fuchs ein kleines Stück und fraß es auf. Oh, wie das schmeckte! " halt", dachte der Fuchs, "ich will doch lieber erst probieren ob ich schnell genug wieder aus dem Keller komme, wenn doch jemand zufällig kommen sollte." Ehe er das nächste Stück aus dem Fasse langte, sprang er erst mal wieder aus dem Kellerfenster.
Plötzlich dachte er wieder an den gefräßigen Wolf, den alten Nimmersatt. Schnell langte er das größte Stück, was er finden konnte, aus dem Fass und mit einem Sprung durch das Fenster, er musste ja schnell nun zum Wolf, ehe der sich dieser noch was Böseres einfallen ließ. "Doch halt", fiel ihm da ein. Er legte das Stück Fleisch ab und sprang in den Keller zurück, dort setzte er den Deckel wieder auf `s Fass und drückte ihn mit den Pfoten zu. Dann stieg er aus dem Fenster. Auch dieses zog er mit der Schnauze und mit Hilfe der Pfoten wieder zu. Jetzt sah wieder alles aus wie vor dem. Schnell packte er den Patzen Fleisch und huschte zum Fuchsberg.
Der Wolf stand schon sprungbereit und grollte: " Rotfuchs, du sollst mir gut munden, jetzt fresse ich dich!" Der Fuchs ließ schnell das Fleischfallen und dachte: "Füchse muss man erst haben, ehe man die fressen kann." Laut sagte er: "Siehe doch Gevatter Wolf, welche Kostprobe ich dir bringe. Wenn es dir schmeckt, kannst du so viel fressen, bis dir das Fell wieder glänzt." Gierig nachte sich der Wolf über das Fleisch her. Im Handumdrehen verschlang er es, nicht einmal kauen tat er dabei. "Nun kommst du dran", bellte er heißer den Fuchs an. Seine Fresslust war ins unermessliche gestiegen und schon fletschte er die Zähne gegen den Fuchs mit weit auf gerissenen Rachen. "Was hättest du an mir? ", Beeilte sich der Fuchs zu fragen. "Komm, wir wollen doch uns laben an des Bauern Fleisch. Es ist genug da für uns zwei und noch mehr, soviel kann auch kein Wolf fressen", setzte der Fuchs hinzu. Den Geschmack des herrlichen, frischen Schweinfleisches noch im Rachen, ließ sich der Wolf beruhigen. Er sagte: "Ich werde laut bellen und heulen, alle sollen wissen, der Wolf kommt jetzt!“ Der Fuchs erschrak über so viel Dummheit und Gier, nur mit Mühe hielt er den Wolf von seinem Geschrei ab und veranlasste ihn mit zukommen. Beide trabten hinunter in das Dorf. Da bekam auch der Wolf Witterung von dem frisch Geschlachteten. Schon wieder hätte er am liebsten laut gebellt, eben wie Wölfe es tun in der Wildnis, wenn sie eine sichere Beute wittern. Nur mit Mühe hielt ihn der Fuchs wieder davon ab. So erreichten sie das Kellerfenster des Bauern Hempel. Der Fuchs schob es mit der Schnauze und den Pfoten auf und schwapp, drangen beide ein. Vor dem Fass, aus dem nun der Wolf das köstliche Fressen witterte, hätte er nun doch am liebsten wieder geheult und gebellt. Selbst der Fuchs bekam Angst, denn das hätte tödlich sein können! Schnellbeeilte sich der Fuchs den Deckel vom Fass ab zu ziehen. Der Wolf stürzte sich förmlich darauf, fast hätte er den Fuchs umgerissen, der dabei war den Deckelvorsichtig und leise ab zu legen.
Man hörte nur noch das mahlen der Zähne des Wolfes und manchmal ein Knurren. Es schmeckte so gut, dass der Wolf ringsherum alles vergaß.
Der Fuchs jedoch schnappte sich ab und zu ein kleines Stück Fleisch aus dem Fass, fraß es auf und schwapp sprang er durch die Gitterstäbe nach draußen, kam wieder rein und holte sich wieder ein Stückchen. So tat der Fuchs, während der Wolf immer tiefer mit der Schnauze im Fass stak und fraß und fraß, gierig und unersättlich. "Mach nur so weiter", dachte der Fuchs im Stillen, du wirst bald dein blaues Wunder erleben." In einer Atempause, die der Wolf nun doch einlegen musste, ehe er weiter fraß, sagte dieser: "Was tanzt du immer hin und her, friss dich voll und halte Ruhe. „ Der Fuchs sagte darauf: "Gevatter Wolf ich wache zu deiner Sicherheit, dass dich keiner stört beim Mahle." Der Fuchs jedoch, dem es nur um seine eigene Sicherheit ging, sprang immer wieder durch das Fenster raus und rein, denn er probierte ob er wohl schnell genug durch das Fenster käme, sollte doch plötzlich ein Menschauftauchen.
Der Wolf hatte schon so viel gefressen, das man schon sehen konnte wie sein vom Hunger eingefallener, klappere dürrer Bauch sich unaufhörlich wölbte und immer noch fraß er weiter. Der Fuchs grinste heimlich über so viel Dummheit, die durch die Fressgier entstand, denn kaum, das sah der Fuchs, würde der Wolf den Keller wieder durch das Fenster verlassen können.
Als der Fuchs das nächste Mal durch das Fenster sprang, nahm er ein großes Stück Fleisch mit, das größte Stück, welches er tragen konnte und legte es draußen bei Seite: "Für die Meinen", dachte der Fuchs", wenn ich mal schnell den Keller verlassen muss. Dies passierte schneller als gedacht. Der Wolf steckte schon tief mit dem Kopf im Fass und fraß unaufhörlich weiter. Als er doch einmal den Kopf heraus heben wollte, riss er das Fass um, welches polternd durch den Keller rollte. Auch der bei Seite gelegte Deckel kullerte mit klingendem Schall durch den Keller.
Über dem Keller war die Schlafstube der Bauern. Durch das Getöse weckte die Bauersfrau auf. Diese machte ihren Mann munter. Der brummte verschlafen." Was lässt du mich nicht in Ruhe?" Doch die Frau sagte: "Wach auf Mann, im Keller geht es um!" "Papperlapapp", sagte dieser, "du hast geträumt, lege dich wieder hin und schlafe." Doch die Frau ließ keine Ruhe. Da hörte der Mann plötzlich auch etwas. Es war nämlich, als gerade der Deckel klirrend umfiel. Der Mann sprang auf, ergriff einen mächtigen Stenz, einen Knüppel, den er immer neben dem Bett stehen hatte und begab sich so bewaffnet in den Keller.
Der Fuchs hörte den Bauern kommen, da er immer auf "Hab-Acht-Stellung" war. Blitzschnell huschte er durch das Fenster, noch ehe der Bauer die Tür aufriss. Draußen nahm er seinen Fleischpatzen auf und verschwand.
Als die Tür aufging wollte auch der Wolf das Weite suchen, er sprang mit einem mächtigen Satz zwischen die Gitterstäbe vor dem Fenster und wollte hinaus. Doch sein Bauch war so angeschwollen, dass er nimmer hindurch kam und zwischen den Stäben blieb der Wolf wie in einer Klammer festsitzend. Der Bauer sah den eingeklemmten Wolf und sah auch den Schaden, den dieser angerichtet hatte. "Ei", sprach er, als er das Hinterteil des Wolfes erblickte: "besser hätte ich dich auch nicht zurechtlegen können. Ich werde dir jetzt einen Denkzettel verpassen, den sollst du dein Lebtag nicht wiedervergessen!" Mit beiden Händen fasste er seinen Knüppel und drosch auf den Wolf ein. Dieser fing unter den gewaltigen Schlägen des Bauern an zu wimmern und zu heulen, dass man es in allen Dörfern weit und breit hören konnte, ja sogar bis in die Fuchsberge. Alle Hunde wachten auf und heulten vor Angst mit, denn durch das Wolfsgeheul, welches so markerschütternd klang, sträubten sich die Felle der Hunde. Seit mehr als 200 Jahren hatte man ein solches Wolfsgeheul nicht mehr gehört.
Der Bauer drosch fleißig auf den Wolf ein, buchstäblich pelzte er ihn durch das Gitter hindurch. Grün und Blau gedroschen landete der Wolf endlich draußen vor dem Kellerfenster. "Nur weg von hier", dachte der Wolf: "sonst schlägt er mich noch tot." Der Wolf machte sich noch in derselben Nacht auf den Weg in die weiten russischen Wälder. Seit dem wurde auch kein Wolf wieder in den Fuchsbergen gesehen.
Der Fuchs wurde schon zu Hause von Frau Fuchs und den Kindern erwartet. Ach, war das ein Nachtmahl, als die Frau Fuchs und die Kinder das mitgebrachte Fleischstück in Ruhe verzehrten. Der Vater Rotfuchs erzählte wie es zugegangen war. Die ganze Familie Rotfuchs war stolz auf den schlauen und gerissenen Papa. Wenn sie nicht gestorben sind, leben die Füchse heute noch auf dem Fuchsberg.
 
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