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Blutige Späne

  • Ersteller Ersteller Elfenfreund
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Elfenfreund

Guest
Aus meiner Grundschulzeit kann ich mich dunkel erinnern, dass es eine Sage über den Kirchenbau von Emmering gibt. (kleines Dorf in Oberbayern, süd-ostlich von München, zwischen Grafing und Rosenheim). Die Kirche sollte ursprünglich im benachbarten Schalldorf gebaut werden, doch trug ein Rabe jede Nacht blutige Späne von der Baustelle in Schalldorf nach Emmering. Der Bau in Schalldorf wurde abgebrochen und die Kirche in Emmering gebaut. Gibt es jemanden, der diese Sage genauer kennt und mir mehr darüber sagen kann? Das wäre großartig!!!
Jetzt habe ich auf dieser Seite unter "traditionelle Sagen" - "Deutschland" - "Bayern" - "Isarwinkel" - "wie unsere Kirchen entstanden" gelesen dass sich bei Königsdorf und Brand, in der Jachenau und bei der Gründung des Klosters Ditramszell ähnliches zugetragen hat. Kennt irgendwer die Symbolik, die hier dahintersteckt? Haben diese Erzählungen ihren Ursprung vielleicht in heidnischer Zeit? Die Raben vieleicht mit dem germanischen Gott Odin/Wotan zu tun? Ich hoffe, das es jemanden gibt, der mir mehr hierzu sagen kann oder weiß, wo ich mehr rausfinden kann. Vielen Dank im voraus.
Gruß Elfenfreund
 
Die blutigen Späne kommen in sehr vielen Entstehungssagen zu Kirchen oder Kapellen vor (mancherorts hat sich die Sage jedoch eingeschlichen). Die Bedeutung liegt darin, dass die christliche Mission die alten heiligen Stätten Anfangs nicht überlagern wollte. Der neue Glaube sollte an neuen Stätten seine Verehrung finden. Die Bevölkerung wollte aber die alten Plätze nicht aufgeben und die "neuen Götter" dort verehren, wo sie schon immer ihre Götter verehrt hatte. Es gibt darüber schriftliche Quellen und sogar einen Papstbeschluss.

Dieter
 
Dieter schrieb:
Die Bevölkerung wollte aber die alten Plätze nicht aufgeben und die "neuen Götter" dort verehren, wo sie schon immer ihre Götter verehrt hatte. Es gibt darüber schriftliche Quellen und sogar einen Papstbeschluss.

Dieter

Ähnliche Fälle, dass heidnische Plätze zu Standorten von Kirchenorten wurden, sind auch aus Norddeutschland überliefert. Hierzu fällt mir eine Sage zum Kirchbau in Blexen (ein heutiger Stadtteil von Nordenham, Landkreis Wesermarsch) ein. Blexen gehört zusammen mit Bremen zu den ältesten Kirchenorten im Weser-Ems-Gebiet, was daran liegt, dass der an der Wesermündung gelegene Ort mit dem Schiff von Bremen aus leicht zu erreichen war und vermutlich bereits in heidnischer Zeit ein wichtiges Heiligtum war. Es gibt die Sage, dass es an der Weser einen Ort namens Pleccatesheim gab, ein Heiligtum, das Donar geweiht war und das oft mit dem heutigen Blexen in Verbindung gebracht wird.

Die Wesermasch war am Ende des 8. Jahrhunderts in weiten Teilen noch nicht kolonisiert und der Wasserweg der einzig mögliche Verkehrsweg. Zudem liegt der Standort strategisch ideal, weil man gleich am Eingang der Weser ankommenden Schiffen, die insbesondere, wenn sie aus Norwegen und Dänemark kamen, klar machte, dass man auf ihren 'Besuch' nicht all zu großen Wert legte und sich entsprechend dagegen zur Wehr zu setzen wusste.

Zur Blexer Kirche - sie ist dem Heiligen Hippolyth geweiht - gibt es nun eine ganz spezielle Ortssage, die sich bei Ludwig Strackerjahn nachlesen lässt. Als nämlich den Blexern wieder einmal der Deich gebrochen war und sie vergeblich versuchten, die Bruchstelle wieder zu schließen, fuhren sie auf die andere Weserseite in den heute zu Bremerhaven gehörenden Ort Lehe. Dort kauften sie von den Lehern ein Kind, dass sie lebendig in die Deichbruchstelle warfen, denn es ging die Sage um, dass, wenn ein Deichbruch nicht geschlossen werden könne, man dort ein Menschenopfer bringen müsse, das lebendig dort hineingeworfen werden müsse. Als sie nun das Kind dort hineingeworfen hatten, kam der Sage nach der heilige Hippolyth des Weges und wurde fürchterlich zornig und rief über die Leher den Fluch Gottes aus, weil sie ein unschuldiges Kind geopfert hatten. Nun bekamen es die Blexer es aber mit der Angst zu tun, weil sie sich sorgten, der Deich könne nicht halten. Sie packten den heiligen Hippolyth und mauerten ihn in das heute noch in der Kirche vorhandene Märthyrergrab, das sogenannte Pollsgrab, ein - wohl auch aus dem Grund, dass die Götter milde gestimmt wurden. Nur zwei kleine Öffnungen ließ man durch die der Sage nach Tauben dem Heiligen seine Speise brachen und durch die er nach Lehe schauen konnte. Dort soll er dann immer ausgerufen haben "Oh weh, oh weh, Du sündig Leh, was tut mir das Herz im Leibe weh!" Tatsächlich hat man bis zur Gründung Bremerhavens im Jahre 1828 auf der östlichen Weserseite wirtschaftlich gesehen immer weniger Glück gehabt; auf der hannoverschen Seite war man immer ärmer als auf der oldenburgischen, wo die fetten Marschenbauern saßen, die sich mit Ochsenmast und Weizenanbau beschäftigten.

Blexen selbst war nicht nur im Mittelalter, sondern auch noch in nachreformatorischer Zeit ein wichtiger Wallfahrtsort, zumal sich im Jahre 1368 hier bei einem Bremisch-Oldenburgischen Feldzug gegen die Butjadinger (Butjenter) Friesen hier eine fürchterliche militärische Niederlage des Ritterheeres ereignete, das man als Wundertat des heiligen Hippoylts auffasste (vgl. hierzu: Heinrich SCHMIDT: Der Raum Nordenham in Mittelalter und Reformationszeit. In: Günther, Haiduck, Krämer et.al.: Nordenham. Die Geschichte einer Stadt: S. 81 ff.). Das pikante an dieser Angelegenheit war die Tatsache, dass der Heilige den Friesen eben im Kampf gegen den Bremer Erzbischof und damit gegen die katholische Kirche geholfen hat.
Noch im 18. Jahrhundert wurden, obwohl die Kirche bereits lange protestantisch war, Pilger verzeichnet, die das Grab aufsuchten.
 
Hallo. Vielen Dank für die beiden Antworten. Große Klasse. Die Raben haben also die Späne zu den alten Kultstätten zurückgetragen, oder? Weiß Dieter vieleicht, wo man diesen Papsterlaß oder die Quellen nachlesen kann?
 
Elfenfreund schrieb:
Hallo. Vielen Dank für die beiden Antworten. Große Klasse. Die Raben haben also die Späne zu den alten Kultstätten zurückgetragen, oder? Weiß Dieter vieleicht, wo man diesen Papsterlaß oder die Quellen nachlesen kann?

Was den Raben angeht, so denke ich, es könnte hier ein Zusammenhang damit bestehen, dass die Raben als Vögel Odins galten... An den Orten, an denen Odin (oder auch Wotan) verehrt wurde, wurden auch Menschenopfer gebracht; dies mag die blutigen Späne erklären. Einen sehr interessanten und mit Literaturhinweisen versehenen Text findet ihr hier (Admin: externer Link existiert nicht mehr).
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo niccelausi! Nochmals Danke für den Link.Du hast mir sehr weitergeholfen.
 
Ehe sich alle - für meinen Geschmack viel zu schnell! - auf Kultkontinuität und Odin einigen, darf ich mir doch zwei kritische Bemerkungen erlauben:

1. Wo gibt es einen Hinweis auf ein älteres germanisches Heiligtum an dem Platz, zu dem die Raben (oder andere Vögel!) die Späne tragen?

2. Im Bayerischen, wo SAGEN.at unter "Traditionelle Sagen - Deutschland - Bayern - Isarwinkel - Wie unsere Kirchen entstanden" (vgl. ganz oben!) eine ganze Reihe von Belegen für diese Vorstellung liefert, wird es sehr schwer sein, Odinsheiligtümer zu finden.

Schöne Grüße
D.F.
 
D.F. schrieb:
Ehe sich alle - für meinen Geschmack viel zu schnell! - auf Kultkontinuität und Odin einigen, darf ich mir doch zwei kritische Bemerkungen erlauben:

1. Wo gibt es einen Hinweis auf ein älteres germanisches Heiligtum an dem Platz, zu dem die Raben (oder andere Vögel!) die Späne tragen?

2. Im Bayerischen, wo SAGEN.at unter "Traditionelle Sagen - Deutschland - Bayern - Isarwinkel - Wie unsere Kirchen entstanden" (vgl. ganz oben!) eine ganze Reihe von Belegen für diese Vorstellung liefert, wird es sehr schwer sein, Odinsheiligtümer zu finden.

Schöne Grüße
D.F.


Aus nordischer Sicht sind Rabenvögel die Vögel Odins - dies ist nicht von der Hand zu weisen.So gab es in Upsala in Schweden einen Hain, wo man die Menschenopfer aufhängte, damit sich Odins Vögel daran gütlich tun konnten. Und da Odin der Herr der Winde war, machten Menschenopfer durchaus Sinn, denn wenn Odin gnädig gestimmt war, bestand durchaus die Möglichkeit, dass alle Schiffe und Männer, die im Frühjahr ausgezogen waren, den Acker der Alken (das sind dem Pinguin ähnliche Vögel, die nur auf der nördlichen Hemisphätre vorkommen, ans Meer gebunden sind, aber im gegensatz zum Pinguin fliegen können) zu pföügen, mit vollgestopften Schiffen wieder zurück kamen.
Was das Thema Blexen angeht, so werde ich Euch vorraussichtlich im Februar näheres zu berichten wissen. Nur so viel: dort wacht eine gewaltige an der Wesermündung errichtete romanische Wehrkirche darüber, wer in den Fluß einfährt. Übrigens kann ich so viel jetzt schon sagen: ihr Besuch ist absolut lohnenswert...
 
Lieber niccelausi,

ich bin Dir dankbar dafür, daß Du den Begriff "nordisch" expressis verbis ins Spiel bringst!

Damit sind wir nämlich schon bei einer meiner Hauptschwierigkeiten, wenn es darum geht, manche Gedankengänge nachzuvollziehen:
Ich bin nämlich durchaus nicht davon überzeugt, daß Erklärungsschemata, die vielleicht (!) für das "freie Germanien" funktionieren können, auch für Gebiete zutreffen müssen, die von alters her nicht germanisch und zudem stark römisch akkulturiert waren, wo vor allem kein Nordgermane je seinen Fuß hingesetzt hat.

Wenn ich bedenke, daß die thread-auslösende Geschichte wie die besten Vergleichsbeispiele sämtlich ausgesprochen süddeutsch sind, machen mir Odin, Uppsala, Alken und Co. eher Schwierigkeiten...

Daß ich nebenbei nicht ganz verstanden habe, wie die Blexener Geschichte zum Verständnis der Raben, die blutige Späne tragen, helfen soll, steht auf einem anderen Blatt.

Aber das wird sich erklären lassen und in Erwartung dessen
freundlich grüßend

D.F.
 
Servus D.F
Ich gebe dir dahingehend recht, dass der Name Odin unglücklich gewählt war. Wotan/ Wodan wäre besser gewesen, da ein und der selbe Gott im süddeutschen Raum unter diesem Namen besser bekannt ist. Die Namensunterschiede entstehen durch Sprach- und Dialektunterschiede, der unterschiedlichen germanischen Volksgruppen. Die Religion war aber überall nahezu dieselbe.
Wotan sendet seine Raben aus, damit sie ihm erzählen, was auf der Welt vorsichgeht. Sie heißen Hugin und Munin (Gedanke und Gedächtnis)
Ein guter Einwand ist, dass besagtes Gebiet lange unter römischer Herrschaft stand. Die Römer hatten jedoch die Eigenart die Religion und die Bräuche der unterwofenen Völker zu tolerieren und übernahmen sie sogar teilweise selbst.
Das würde schon dafür sprechen, dass es durchaus möglich ist, dass diese Sage ihren Ursprung im germanischen Glauben findet.
Dem griechisch/ römischen Gott Appolon, der als Überbringer göttlicher Fügungen und Befehle an die Menschen gilt, ist ebenfalls ein Rabe heilig. Dann müßte es doch aber solche Erzählungen in ganz Europa geben.
Die keltische Göttin Nantosuetta ist sowohl Fruchtbarkeitsgöttin als auch Todesgöttin und Göttin der Unterwelt. Auch ihr ist der Rabe heilig. Vor den Römern siedelten ja Kelten in Süddeutschland.
Möglich, dass die Sage keltischen Ursprungs ist. Mir erscheint nur der Zusammenhang zum germanischen am naheliegensden. Man müsste wissen, wann und wo genau die Sage ihren Ursprung hat.
Viele Grüße Elfenfreund
 
Hallo Elfenfreund,

zwei Bemerkungen, eine allgemeine und eine konkretere:

Ein guter Einwand ist, dass besagtes Gebiet lange unter römischer Herrschaft stand. Die Römer hatten jedoch die Eigenart die Religion und die Bräuche der unterwofenen Völker zu tolerieren und übernahmen sie sogar teilweise selbst.
Das würde schon dafür sprechen, dass es durchaus möglich ist, dass diese Sage ihren Ursprung im germanischen Glauben findet.

Angesichts der Besiedlungsgeschichte des Alpenvorlandes würde gerade das meines Erachtens gegen alte vorchristliche, germanische Vorstellungen sprechen.

Möglich, dass die Sage keltischen Ursprungs ist. Mir erscheint nur der Zusammenhang zum germanischen am naheliegensden. Man müsste wissen, wann und wo genau die Sage ihren Ursprung hat.

Da wird es spannend, denn: Man müßte zuerst ein einziges gutes Argument dafür finden, DASS die Sage vorchristlichen Ursprungs ist!
Immerhin erzählt sie - an vielen Orten lokalisiert - immer von der Gründung christlicher Kirchen (und zwar keineswegs ganz uralter!) und nirgends ist von Überlagerung älterer Heiligtümer, Ablösung oder Zerstörung derselbigen o. dgl. die Rede.
Ich möchte sogar die Behauptung wagen: Fielen nicht jedem Germanophilen bei "Raben" gleich die Vögel Wodans ein, käme man gar nicht auf den Zusammenhang.

Damit darf ich meinen grundsätzlichen Vorbehalt formulieren:

Die Vorstellung, jede Sage berge quasi automatisch einen uralten, über Jahrhunderte stabilen Kern von Vorstellungen, bei denen eigentlich nur wichtig zu sein scheint, daß sie vorchristlich sind, entbehrt jeder verifizierbaren Grundlage.

Freundlichst grüßend
D.F.
 
Servus D.F

Ich möchte sogar die Behauptung wagen: Fielen nicht jedem Germanophilen bei "Raben" gleich die Vögel Wodans ein, käme man gar nicht auf den Zusammenhang.

Du scheinst mit den germanischen Mythen nicht unbedingt zu sympatisieren.
Ich denke schon, dass dieser Gedanke naheliegend ist. Da der Rabe zwar in jeder europäischen Religion (siehe oben) vertreten ist, nirgends aber eine so wichtige Rolle spielt, wie im germanischen Glauben.
Für die christlichen Missionare und die Kirche galt der Rabe, obwohl er auch in vielen Geschichten der Bibel vorkommt, als Teufelsvogel.

Da wird es spannend, denn: Man müßte zuerst ein einziges gutes Argument dafür finden, DASS die Sage vorchristlichen Ursprungs ist!

Als Argument dafür möchte ich gerne anführen, dass es mir unwahrscheinlich erscheint, dass ein Teufelsvogel den Standort neuer Kirchen auswählen darf. Ich denke, dass die Sage ihren Ursprung sehr wohl in heidnischer Zeit hat, von den ersten Missionaren jedoch umgeschrieben wurde. Zudem gibt es viele lokale Varianten in der es keine Raben, sondern Tauben oder Falken sind. Dabei handelt es sich wohl noch um die Spuren der Umschreibung.

Immerhin erzählt sie - an vielen Orten lokalisiert - immer von der Gründung christlicher Kirchen (und zwar keineswegs ganz uralter!) und nirgends ist von Überlagerung älterer Heiligtümer, Ablösung oder Zerstörung derselbigen o. dgl. die Rede.

Doch es gibt eine Sage, die von einer Überlagerung erzählt. Schau mal unter "traditionelle Sagen" "Deutschland" "Bayern" "bayerisches Inntal" "warum das erste Kirchlein des Inntals auf den kleinen Madron, den Petersberg kam"

bei denen eigentlich nur wichtig zu sein scheint, daß sie vorchristlich sind,

Nein das ist keineswegs der Fall. Vielmehr interesiert mich, wie durch das Zusammenspiel Verschiedener Kulturen und Religionen unsere heutige Welt entstanden ist. Fakt aber ist, dass die Welt nicht nur aus christlichen Vorstellungen besteht.

Viele Grüße Elfenfreund
 
Hallo Elfenfreund,

Du scheinst mit den germanischen Mythen nicht unbedingt zu sympatisieren.
Ich habe gar nichts gegen die germanischen Mythen, aber ihre oft zu unkritische Ausschlachtung geht mir manchmal gegen den Strich...

Auf die Gefahr hin, mich dem Vorwurf der Rechthaberei auszusetzen, muß ich doch feststellen, daß die von Dir zitierte Sage nicht die Überlagerung darstellt, sondern mit bemerkenswerter Klarheit das genaue Gegenteil.

Und zum Raben: Er ist zwar auch mit Teufel, Hexen & Co. verbunden, andererseits aber sehr oft im Auftrage Gottes unterwegs: er versorgt schon Elias im Kerker, ebenso bringt er den Heiligen Antonius und Paulus Eremita Brot, er verfolgt die Mörder des hl. Meinrad und verteidigt den Leichnam des hl. Vincentius Diaconus, er ist Brautwerber für den hl. Oswald und er bewahrt den hl. Benedikt von Nursia vor vergiftetem Brot, wodurch er zu einem der Attribute des Heiligen in der christlichen Bildtradition wird – von daher könnte ich mir zum Beispiel in den Kopf setzen, die Rabengeschichten als Zeugnis benediktinischer Mission zu deuten! :)
Die Rabenjungen, die Gott mit Tau ernährt, werden zudem zum Gleichnis für die Menschen überhaupt, die Gott mit Sakramenten ernährt.

Der Schluß „Rabe = Teufelsvogel = Hinweis auf verdrängte heidnische Wurzeln“ ist also nicht ganz so zwingend.

Freundliche Grüße
D.F.
 
Servus D.F.
Sorry dass ich erst jetzt wieder zurückschreibe, aber mein studium verlangt mir zur Zeit einiges ab.
Die Geschichten über die Heiligen sind sehr interessant. Doch stellt sich mir dabei die Frage wann die besagten Heiligen gewirkt haben. Wahrscheinlich in der religiösen Übergangszeit. Könnte es nicht sein, dass hier die Lebensläufe der Heiligen mit den alten im Volk tief verwurzelten Mythen verschmolzen sind?
Dies ist zum Beispiel auch beim traditionellen Leonhardiritt der Fall. Die geschmückten Pferde gab es auch schon in heidnischer Zeit.
Ferner hat sich auch das Hufeisen, das Odins achtbeiniges Roß Sleipnir hinterläßt, als Glücksbringer bis in die heutige Zeit erhalten und ist z.B zu Sylvester fester Bestandteil unserer Kultur.

daß die von Dir zitierte Sage nicht die Überlagerung darstellt, sondern mit bemerkenswerter Klarheit das genaue Gegenteil.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Raben die Späne an einen anderen Ort brachten um die alten Kultplätze zu schützen. Nachweisbar ist das jedoch leider nicht.

Auf die Gefahr hin, mich dem Vorwurf der Rechthaberei auszusetzen,
Nein mit Rechthberei hat das gar nichts zu tun; ganz im gegenteil ich freue mich über jede Diskussion solcher Art.

Gruß Elfenfreund
 
Hallo Elfenfreund,

Die Geschichten über die Heiligen sind sehr interessant. Doch stellt sich mir dabei die Frage wann die besagten Heiligen gewirkt haben. Wahrscheinlich in der religiösen Übergangszeit. Könnte es nicht sein, dass hier die Lebensläufe der Heiligen mit den alten im Volk tief verwurzelten Mythen verschmolzen sind?

Da wäre unabhängig von der Frage, wie man genau die "religiöse Übergangszeit" einschränken wollte, doch zu bedenken, daß von den genannten Heiligen alle mit Ausnahme des sehr späten Hl. Meinrad (9. Jh.) in Gegenden ansässig waren (oder zumindest lokalisiert werden), wo germanischer Einfluß auf die Legendenbildung äußerst unwahrscheinlich ist, z. B. Antonius und Paulus in Ägypten, Benedikt in Italien, Vincentius in Spanien...

Im Übrigen stimme ich mit Dir durchaus darin überein, daß in die christliche Legendenbildung eine Vielzahl von populären Erzählmotiven einfließt, die man auch "heidnisch" nennen könnte. Allerdings habe ich oft Schwierigkeiten damit, sie religionsspezifisch zu "verankern", und ganz besonders damit, alles, was in heute deutschen Gegenden auftritt, auf Germanisches zurückzuführen: Wie die zitierten Legenden zeigen, gibt es den Raben an vielen Orten, und wenn wir noch die griechisch-römische Tradition dazunehmen wollten, sähe es mit dem Raben-Monopol Odins/Wodans noch schlechter aus!

Schöne Grüße und für heute gute Nacht
D.F.
 
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