Dieter schrieb:
Die Bevölkerung wollte aber die alten Plätze nicht aufgeben und die "neuen Götter" dort verehren, wo sie schon immer ihre Götter verehrt hatte. Es gibt darüber schriftliche Quellen und sogar einen Papstbeschluss.
Dieter
Ähnliche Fälle, dass heidnische Plätze zu Standorten von Kirchenorten wurden, sind auch aus Norddeutschland überliefert. Hierzu fällt mir eine Sage zum Kirchbau in Blexen (ein heutiger Stadtteil von Nordenham, Landkreis Wesermarsch) ein. Blexen gehört zusammen mit Bremen zu den ältesten Kirchenorten im Weser-Ems-Gebiet, was daran liegt, dass der an der Wesermündung gelegene Ort mit dem Schiff von Bremen aus leicht zu erreichen war und vermutlich bereits in heidnischer Zeit ein wichtiges Heiligtum war. Es gibt die Sage, dass es an der Weser einen Ort namens Pleccatesheim gab, ein Heiligtum, das Donar geweiht war und das oft mit dem heutigen Blexen in Verbindung gebracht wird.
Die Wesermasch war am Ende des 8. Jahrhunderts in weiten Teilen noch nicht kolonisiert und der Wasserweg der einzig mögliche Verkehrsweg. Zudem liegt der Standort strategisch ideal, weil man gleich am Eingang der Weser ankommenden Schiffen, die insbesondere, wenn sie aus Norwegen und Dänemark kamen, klar machte, dass man auf ihren 'Besuch' nicht all zu großen Wert legte und sich entsprechend dagegen zur Wehr zu setzen wusste.
Zur Blexer Kirche - sie ist dem
Heiligen Hippolyth geweiht - gibt es nun eine ganz spezielle Ortssage, die sich bei Ludwig Strackerjahn nachlesen lässt. Als nämlich den Blexern wieder einmal der Deich gebrochen war und sie vergeblich versuchten, die Bruchstelle wieder zu schließen, fuhren sie auf die andere Weserseite in den heute zu Bremerhaven gehörenden Ort Lehe. Dort kauften sie von den Lehern ein Kind, dass sie lebendig in die Deichbruchstelle warfen, denn es ging die Sage um, dass, wenn ein Deichbruch nicht geschlossen werden könne, man dort ein Menschenopfer bringen müsse, das lebendig dort hineingeworfen werden müsse. Als sie nun das Kind dort hineingeworfen hatten, kam der Sage nach der heilige Hippolyth des Weges und wurde fürchterlich zornig und rief über die Leher den Fluch Gottes aus, weil sie ein unschuldiges Kind geopfert hatten. Nun bekamen es die Blexer es aber mit der Angst zu tun, weil sie sich sorgten, der Deich könne nicht halten. Sie packten den heiligen Hippolyth und mauerten ihn in das heute noch in der Kirche vorhandene Märthyrergrab, das sogenannte Pollsgrab, ein - wohl auch aus dem Grund, dass die Götter milde gestimmt wurden. Nur zwei kleine Öffnungen ließ man durch die der Sage nach Tauben dem Heiligen seine Speise brachen und durch die er nach Lehe schauen konnte. Dort soll er dann immer ausgerufen haben "Oh weh, oh weh, Du sündig Leh, was tut mir das Herz im Leibe weh!" Tatsächlich hat man bis zur Gründung Bremerhavens im Jahre 1828 auf der östlichen Weserseite wirtschaftlich gesehen immer weniger Glück gehabt; auf der hannoverschen Seite war man immer ärmer als auf der oldenburgischen, wo die fetten Marschenbauern saßen, die sich mit Ochsenmast und Weizenanbau beschäftigten.
Blexen selbst war nicht nur im Mittelalter, sondern auch noch in nachreformatorischer Zeit ein wichtiger Wallfahrtsort, zumal sich im Jahre 1368 hier bei einem Bremisch-Oldenburgischen Feldzug gegen die Butjadinger (Butjenter) Friesen hier eine fürchterliche militärische Niederlage des Ritterheeres ereignete, das man als Wundertat des heiligen Hippoylts auffasste (vgl. hierzu: Heinrich SCHMIDT: Der Raum Nordenham in Mittelalter und Reformationszeit. In: Günther, Haiduck, Krämer et.al.: Nordenham. Die Geschichte einer Stadt: S. 81 ff.). Das pikante an dieser Angelegenheit war die Tatsache, dass der Heilige den Friesen eben im Kampf gegen den Bremer Erzbischof und damit gegen die katholische Kirche geholfen hat.
Noch im 18. Jahrhundert wurden, obwohl die Kirche bereits lange protestantisch war, Pilger verzeichnet, die das Grab aufsuchten.