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Birkenbaumsage bzw. Prophezeiung

Artur

New member
Hallo liebe Forengemeinde,

eines der wesentlichen Elemente in der aus dem westfälischen kommende Sage bzw. Prophezeiung über eine Endschlacht am Birkenbaum (in der Gegend um/bei Werl), und zwar

- die des Fürsten ( in manchen Prophezeiungen ist auch von einem Geistlichen die Rede ), der von Mittag kommend auf einem weißen Pferde / mit weißem Kleide / mit Behinderung an Arm oder Bein / und deshalb verkehrt, von rechts oder auch von links aufs Pferd steigtend / eine Armee anführt in der Endschlacht der Völker zwischen Ost und West -

findet sich in vielen anderen Prophezeiungen wieder, auf die sich mein Interesse richtet. Dort besonders der Aspekt des "weißen" Fürsten, der verkehrtherum aufs Pferd steigt.

Würde mich sehr darüber freuen, wenn ich im Zuge meiner Rechechen in dieser Sache hilfreiche Unterstützung von euch erhalten könnte.

Mit bestem Dank und herzlichen Grüßen
Artur


Mir bereits bekannte Prophezeiungen, die inhaltlich den "weißen Fürsten" thematisieren:
- Der Mönch von Wismar, 1709
- nat. die Birkenbaumsage

P.S.:
hier die Birkenbaumsage in mündlicher Fassung:
„Es wird eine Zeit kommen, wo die Welt sehr gottlos werden wird. Das Volk will unabhängig sein von König und Obrigkeit, die Untertanen werden ihren Fürsten untreu. Nicht Treue, nicht Glauben herrscht mehr. Es wird dann zu einem allgemeinen Aufruhr kommen, so daß der Vater gegen den Sohn und der Sohn gegen den Vater steht. In dieser Zeit wird man sich bemühen, die Glaubenssätze in Kirche und Schule zu verdrehen. Auch wird man neue Bücher einführen. Die katholische Religion wird dann sehr bedrängt werden, und man wird sich mit List bemühen, sie gänzlich abzuschaffen.
Die Menschen lieben Spiel und Scherz, Lustbarkeiten aller Art um diese Zeit. Das Büchsen- und Vogel-Schießen (eine Sitte, die man früher in hiesiger Gegend gar nicht kannte) wird eingeführt werden. Aber dann wird's nicht lange mehr dauern. Vor der großen Umänderung und der gänzlichen Erneuerung der Kirche wird der Papststuhl eine kurze Zeit ledig stehn, und der deutsche Kaiser wird Zwietracht haben. Dann bricht ein furchtbarer Krieg aus. Auf der einen Seite wird stehen Rußland, Schweden und der ganze Norden, auf der andern Seite Frankreich, Spanien, Italien und der ganze Süden unter einem starken Fürsten. Dieser Fürst wird von Mittag kommen. Er trägt ein weißes Kleid mit Knöpfen bis unten hin. Er trägt ein Kreuz auf der Brust, reitet auf einem Schimmel und steigt von der linken Seite auf das Pferd, weil er mit einem Fuße hinkt. Dieser Fürst wird so kühn sein, daß ihm niemand widersteht. Er wird Friedensstifter sein.
Groß ist seine Strenge. denn er wird alle Tanzmusik und üppige Kleiderpracht abschaffen. Morgens wird er in der Kirche zu Bremen Messe hören. (Andere sagen: Er wird Messe lesen.) Von Bremen wird er nach der Haar (eine Anhöhe bei Werl) reiten; dort wird er seine Ruhekissen fordern und mit seinem Perspektive nach der Gegend des Birkenbaumes sehen und die Feinde betrachten. Darauf wird er an Holtum (einem Dorfe bei Werl) vorbeireiten. Bei Holtum steht ein Kruzifix zwischen zwei Lindenbäumen; vor diesem wird er niederknien und eine Zeitlang mit ausgestreckten Armen beten. Darauf wird er seine Soldaten, die weiß gekleidet sind, in das Treffen führen, und nach blutigem Kampfe Sieger bleiben. An einem Bache, der von Abend nach Morgen fließt, wird das Hauptmorden sein. Wehe! Wehe Budberg und Söndern in jenen Tagen. Nach dem Kampfe wird der siegreiche Feldherr in der Kapelle zu Schafhausen an der Haar eine Anrede halten.
So ungefähr lautet diese Prophezeiung nach den übereinstimmenden Aussagen vieler Landleute dortiger Gegend. Die Prophezeiung ist in einem kleinen Heftchen, wahrscheinlich im Kloster zu Werl, vor alten Zeiten gedruckt. Bei Aufhebung desselben sind die Büchlein alle spurlos verschwunden. Die Sage von dieser Schlacht ist sogar bis nach Frankreich gedrungen. Denn als Franzosen nach Werl kamen, erkundigten sie sich nach dem Birkenbaume. Auch die Pommern erfragten seine Stelle von dorthin kommenden Westfalen. Der Birkenbaum, stehend zwischen Holtum und Kirch-Hemmerde, zwischen Unna und Werl, vertrocknete, und ist an dessen Stelle auf königlichen Befehl ein anderer gepflanzt worden. Die Leute glauben so fest an diese Prophezeiung, daß sich die Bauern in dieser Gegend sogar der Einführung neuer Gesangbücher widersetzen. in der Meinung, sie seien die vorausverkündigten neuen Bücher. Bremen. Holtum, Budberg und Söndern sind
Dörfer bei Werl; auch steht ein Kruzifix mit zwei jungen Linden bei Holtum und fließt ein Bach von Abend nach Morgen.“
 
Zuletzt bearbeitet:
Man sollte einmal prüfen, inwiefern die Erfahrungen aus dem 30-jährigen Krieg, der großen deutschen Katastophe des 17. Jahrhunderts, von dem sich Mitteleuropa erst Ende des 19. Jahrhunderts erholte, hier eine wesentliche Rolle gespielt haben. Der Krieg zwischen den Ländern Nord- und Südeuropas interpretiere ich als Konfessionskrieg zwischen den protestantischen Großmächten Schweden und Dänemark auf der einen und den katholischen Frankreich, Spanien sowie dem katholischen Österreich und dem Kirchenstaat (das heutige Italien gehörte damals im Norden zu Österreich, im Süden zur Kurie) auf der anderen Seite.

Der Fürst auf dem weißen Pferd stellt mich in gewisser Hinsicht vor ein Rätsel: eine hinkende Führungsfigur symbolisiert normalerweise den Teufel und nicht den Botschafter Christi - in diesem Falle also die katholische Amtskirche.
 
Hallo Artur, die Sage ist mir bekannt und bei uns noch sehr lebendig.
War sie nicht schon mal Thema hier im Forum? -
Gute Informationen finden sich in: Kleibauer, Heinr. : Sagen aus der Stadt u.
dem Landkreis Iserlohn, Sauerland Verl. Iserl. Meine Ausg. ist allerdings von 1961. - Alter Text in A. Kuhn: Sagen, Gebräuche u. Märchen aus Westfalen,
Lepzig 1859. - Es wird sogar bei uns (Schwerte an der Ruhr) erzählt, unsere
Ruhrbrücke spiele eine Rolle. Von alters her ist hier ein Übergang (Furt), bevor
natürlich die moderne Brücke gebaut wurde. Ich kenne aber die Version, in der
Nähe von Soest wäre der Ort der "Endschlacht". Der Fürst aus dem Osten
reitet auf einem Schimmel. - Es gibt eine Arbeit von Prof. Zurbonsen darüber.-
Kleibauer bemerkt dazu: das Alter der Sage wird auf 1500 Jahre geschätzt.
Man bezieht sie auf die germ. Götterdämmerung. Der Reiter auf dem weißen
Roß könnte Odin sein. Christl. Einflüße durch Bibelgeschichten genährt.
Auch Siegfried, Armin u. Karl d. Gr. werden in Verbindung gebracht, alles große
"Lichtgestalten". Die Soester Fehde, der 30j. oder 7j. Krieg oder gar eine
Fata Morgana könnten den Text geprägt haben. - Jedenfalls ein interessantes
Thema!
Viele Grüße aus dem Lande der Spökenkieker (Westfalen)- Ulrike
 
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