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Angeliter lassen letztes Stück Essen übrig

Gipsy-01

New member
Hallo,

in Angeln ist es tatsächlich bis heute gebräuchlich, das letzte Stück Torte, die letzte Kartoffel etc. übrig zu lassen.
Wenn z.B. auf einer Kaffeerunde drei Torten angeboten werden, wird jeweils 1 Stück nachbleiben.

Uns würde interessieren, wie dieser Brauch entstanden ist, steckt vielleicht auch eine Sage dahinter?


Gruss
Gipsy
 
Hallo gipsy!

Soweit mir bekannt ist, entstand dieser Brauch aus Höflichkeit: Man sollte den Tischgenossen etwas zurücklassen (und nicht als gierig verschrien werden ;) )
 
Hallo Gipsy 01,

ich schließe mich Gavial an. Mir ist der bei uns bereits veraltete Brauch auch so bekannt, dass die Hausfrau nicht meinen könnte es sei zu wenig gewesen, darum läßt man dieses "Anstandshäppchen" oder die letzte Kartoffel zurück.

Ebenso sollte sich ein sittsamer Gast jenes Kuchenstück nehmen, welches in seiner Nähe ist und nicht vielleicht das von der anderen Seite vom Kuchenteller.


Grüße Berit
 
Ursprünglicher Beitrag von Gipsy-01 am 22.03.2006. (Wegen Datenbankfehler nachträglich vom Admin erneut eingebracht)

Hallo Gavial und Berit,

vielen Dank für Eure Antworten.

Es wäre ja ganz spannend gewesen, hätte da "mehr" hintergesteckt :-)

Viele Grüsse
Gipsy
 
Moin, Moin aus Luusangeln.
Also es stimmt genau, dass es sich bei diesem Sitte um eine Höflichkeitsgeste hat. Sie hat ebenso wie das "Nötigen" ihren Ursprung in der sozialen Präsentation von Wohlstand.

Die angeliter Bauernschaft unterschied sich lange Zeit in zwei enscheidenden Kriterien von den Bauern in den benachbarten Landschaften.
1. Ist der angeliter Boden sehr viel Besser für die Landwirtschaft geeignet, als der karge Geestboden im Westen.
2. Bis auf einige Gutshöfe im Osten Angelns waren die angeliter Bauern nicht wie die Bewohner Schwansens im Süden Leibeigene.
Frei, störrisch und wohlhabend, so haben sich die Angeliter immer gern gesehen.
Daher waren die "fetten" angeliter Bauern immer sehr auf die Präsentation ihres Wohlstandes aus, der auch immer ein Zeichen der "Freiheit" war.
Besonders die sogenannten Dreigliedhöfe, die dem Baustil der großen Gutshöfe nachempfunden sind, spiegeln dieses "selbstherrliche" Empfinden wieder.
Diese Wohlstandsdarstellung hatte natürlich auch Einfluß auf die Sitten der Gastfreundschaft.
Das "Angeliter Stück" das auf dem Teller liegen bleibt bedeutet schlicht, dass die Hausfrau soviel aufgetafelt hat, dass die Gäste es beim besten willen nicht alles aufessen können. Daraus entwickelte sich die Sitte, das es unhöflich war, das letzte Stück zu nehmen, denn nun hätte die Hausfrau einen NEUEN Kuchen, eine NEUE Terrine Suppe, oder eine NEUE Flasche Schnaps holen müssen.
Das "Nötigen" gehört ebenfalls zu diesem Ritual. Es reicht nicht als Gast aus, einmal nein zu sagen, wenn man keinen Nachschlag an Schnaps oder Essen will, denn die guten Sitten verlangen von dem Gastgeber bzw. vorallem von das Frau des Hauses, den Gast dreimal zu "Nötigen", also sehr offensiv zu fragen ob er noch mehr haben will. Erst nach dem dritten mal ist ein "Nein" auch wirklich ein "Nein".
Und glaubt mir, wenn Eure Mutter und alle familliären Tanten immernoch nach diesen Sitten verfahren geht das ganzschön auf die Figur und auf die Nerven.
 
Hallo,

also ich denke, dass die Wurzeln der Sitte etwas auf dem Teller zu lassen in sehr frühe Zeit zurückreicht und mit einer Verehrung der Ahnen einer Sippe zu tun hat. Hierzu gibt es viele Hinweise in den Sagen (auch im Handbuch des deutschen Aberglaubens, siehe auch sagen.at).

Grüße,
Dieter
 
Das letzte Stück für die Ahnen. Schöne Vorstellung. Interessant.

Wenn dann ist aber von diesem Hintergrund nichts übergeblieben. Ich bin mir auch nicht sicher, ob diese Tradition länger als bis ins 18. Jahrhunder zurück belegt ist.
 
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