Moin, Moin aus
Luusangeln.
Also es stimmt genau, dass es sich bei diesem Sitte um eine Höflichkeitsgeste hat. Sie hat ebenso wie das "Nötigen" ihren Ursprung in der sozialen Präsentation von Wohlstand.
Die angeliter Bauernschaft unterschied sich lange Zeit in zwei enscheidenden Kriterien von den Bauern in den benachbarten Landschaften.
1. Ist der angeliter Boden sehr viel Besser für die Landwirtschaft geeignet, als der karge
Geestboden im Westen.
2. Bis auf einige Gutshöfe im Osten Angelns waren die angeliter Bauern nicht wie die Bewohner Schwansens im Süden Leibeigene.
Frei, störrisch und wohlhabend, so haben sich die Angeliter immer gern gesehen.
Daher waren die "fetten" angeliter Bauern immer sehr auf die Präsentation ihres Wohlstandes aus, der auch immer ein Zeichen der "Freiheit" war.
Besonders die sogenannten Dreigliedhöfe, die dem Baustil der großen Gutshöfe nachempfunden sind, spiegeln dieses "selbstherrliche" Empfinden wieder.
Diese Wohlstandsdarstellung hatte natürlich auch Einfluß auf die Sitten der Gastfreundschaft.
Das "Angeliter Stück" das auf dem Teller liegen bleibt bedeutet schlicht, dass die Hausfrau soviel aufgetafelt hat, dass die Gäste es beim besten willen nicht alles aufessen können. Daraus entwickelte sich die Sitte, das es unhöflich war, das letzte Stück zu nehmen, denn nun hätte die Hausfrau einen NEUEN Kuchen, eine NEUE Terrine Suppe, oder eine NEUE Flasche Schnaps holen müssen.
Das "Nötigen" gehört ebenfalls zu diesem Ritual. Es reicht nicht als Gast aus, einmal nein zu sagen, wenn man keinen Nachschlag an Schnaps oder Essen will, denn die guten Sitten verlangen von dem Gastgeber bzw. vorallem von das Frau des Hauses, den Gast dreimal zu "Nötigen", also sehr offensiv zu fragen ob er noch mehr haben will. Erst nach dem dritten mal ist ein "Nein" auch wirklich ein "Nein".
Und glaubt mir, wenn Eure Mutter und alle familliären Tanten immernoch nach diesen Sitten verfahren geht das ganzschön auf die Figur und auf die Nerven.