Detail des Stephansdoms in Wien
Die Tatsache, dass die Bewohner mittelalterlicher Städte innerhalb der Mauergürtel auf engstem Raum zusammenleben mussten, verlangte nach Schaffung von Normen und Regelungen für viele Lebensbereiche, deren Einhaltung streng kontrolliert und deren Nichtbeachtung ebenso streng sanktioniert wurden. Sichtbarer Ausdruck dieser "Normen" ist die an der Stephanskirche angebrachte "Wiener Elle".
In Wien sind links neben dem Westportal in die Mauer des Portalvorbaus von St. Stephan zwei eiserne Maßstäbe eingelassen, deren kürzerer als Normalmaß der alten Wiener Tuch-Elle, der längerer als Normalmaß der Leinen-Elle gedeutet wird. Der kürzere Stab, der in der Geraden 77,5 und an der kleinen Krümmung 77,6 cm misst, stellt die "Wiener Elle" oder Kleine Elle dar. Sie hat Teilungsstriche in unregelmäßigen Abständen, nämlich bei 1/8, 1/6, 1/4, 1/3, 1/2 und bei 2/3, 3/4 und 7/8 der Elle.
Die Große Elle oder Leinenelle misst innen 89,6 cm. Sie hat keine Teilungsstriche.
Die Käufer von Wäsche und Kleiderstoffen, die zum größten Teil des Lesens, Schreibens und Rechnens unkundig waren, konnten also am Normmaß neben dem Riesentor selbst nachprüfen, ob das ihnen vom Verkäufer zugemessene Maß richtig war.
(Quelle: Susanne Haiden/Ingrid Pastner: Regelungen und Normen am Stephansplatz)
Foto:©Harald Hartmann, Juli 2007