Nach der Ausschaltung des Parlaments und dem Verbot von NSDAP, KPÖ und Republikanischem Schutzbund im Frühsommer 1933 füllten sich die österreichischen Gefängnisse bald mit sogenannten "Verwaltungsstrafgefangenen" – Personen, denen politische Delikte zur Last gelegt wurden. Heimwehrführer Richard Steidle forderte deshalb von Sicherheitsminister Emil Fey die Errichtung von "Anhaltelagern", und am 1. September 1933 beschloss die Regierung Dollfuß eine Verordnung über die Verhaltung sicherheitsgefährdender Personen zum Aufenthalt in einem bestimmten Ort oder Gebiet.
Das erste und gleichzeitig größte dieser Lager – weitere kleine Lager befanden sich in Kaisersteinbruch (Burgenland), Graz-Messendorf und Nauders (Tirol) – wurde im niederösterreichischen Wöllersdorf (Bezirk Wiener Neustadt-Land) errichtet. Im Ersten Weltkrieg befand sich hier die größte Munitionsfabrik der Monarchie, in der mehr als 40.000 Menschen Arbeit fanden. Seit 1922 standen die Objekte der ehemaligen Wöllersdorfer Werke leer.
Im Oktober 1933 wurden die ersten Häftlinge – neun Nationalsozialisten und ein Kommunist – in die neue "Einrichtung" in Wöllersdorf gebracht. Die "große Zeit" von Wöllersdorf kam allerdings erst nach dem Februar 1934, als hunderte Schutzbündler und sozialdemokratische Funktionäre in den Tagen nach der blutigen Niederwerfung des Aufstandes nach Wöllersdorf deportiert wurden.
Am 1. Mai 1934 befanden sich 831 politische Gefangene im Lager – 508 Sozialdemokraten und Kommunisten, sowie 323 Nationalsozialisten. Nach dem Nazi-Juliputsch füllte sich das Anhaltelager Wöllersdorf wiederum mit tausenden Neuankömmlingen; im Oktober 1934 war mit über 5.000 Personen der Höchststand erreicht. Durch die Amnestie des Jahres 1936 verringerte sich die Zahl der Inhaftierten auf rund 500 Personen.
Wer entlassen wurde, musste allerdings eine "Loyalitätserklärung" unterschreiben und unterlag der ständigen Meldepflicht bei der Polizei. Nach der Unterredung Schuschniggs mit Hitler im Februar 1938 wurde das Lager schließlich aufgelöst. Im März 1938 fanden die Baracken allerdings noch einmal für die vorübergehende Inhaftierung von austrofaschistischen Funktionären Verwendung.
Wöllersdorf, das zum Inbegriff der austrofaschistischen Willkürherrschaft geworden war, wurde bald darauf geschlossen. Die verbliebenen österreichischen Gefangenen verlegte man nach Dachau; wenige Monate später wurde das Konzentrationslager Mauthausen errichtet.
Das frühere Anhaltelager in Wöllersdorf wurde im Zweiten Weltkrieg dem Erdboden gleichgemacht.
Am 12. Februar 1974 wurde im Ort schließlich ein Mahnmal enthüllt, das der Opfer im Kampf für die Demokratie und Freiheit in Österreich gedenkt.
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