Der Zustand der Leechkirche, wie wir sie heute betrachten können, ist das Ergebnis jahrhundertelanger Veränderungen und Ergänzungen. Die Denkmalpflege spricht von einem gewachsenen Baudenkmal.
Mit Hilfe der Archäologie war es möglich, verschüttete Phasen der älteren Baugeschichte, Spuren von Vorgängerbauten bis zurück zu prähistorischen Artefakten freizulegen und auch genau auszuwerten.
Die Restaurierung der Leechkirche wurde 1989 vom Kuratorium Grazer Dom beschlossen- Februar 1991 fand der letzte Gottesdienst statt. Danach begannen die archäologischen Grabungen und bauarchäologischen Untersuchungen. Eine Schwierigkeit in der Befundinterpretation ergab sich jedoch dadurch, dass jede frühe Phase durch alle darüberliegenden tiefgreifend gestört ist. Häufige Planierungen und große Erdbewegungen kennzeichnen die rege Bautätigkeit auf dem Leechhügel- jede frühere Mauer wurde als „Steinbruch“ für eine neu zu erbauende herangezogen. All das hat eine fast gänzliche Verlagerung und Vermischung des recht spärlichen Fundgutes bewirkt.
Die Grabungsbefunde geben uns Aufschluss darüber, dass die Leechkirche in 5 große Phasen zu gliedern ist. Im 9./8. Jahrhundert v.Chr. befand sich ein Flachgräberfeld der späten Urnenfelderzeit im heutigen Kirchenareal, welches auf einer natürlichen Geländewelle errichtet worden war. Im 7./6. Jahrhundert folgte ein Hügelgrab der Hallstattzeit. Durch die archäologischen Grabungen ist ermittelt worden, dass ein vorromanischer Rundbau auch noch vor dem Bau der romanischen Kunigundenrotunde (nach 1200) angelegt worden war. Im späten 13. Jahrhundert haben wir mit der großen Rundkirche mit Sicherheit den unmittelbaren Vorgänger der Leechkirche vor uns. 1233 gelangte die Kirche in den Besitz des Deutschen Ritterordens.
Die Leechkirche, als Hauptwerk der frühen heimischen Gotik, erfüllt heute die sakrale Funktion einer Universitätskirche.
Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit vieler Wissenschaftler konnte nicht nur die Restaurierung 1994 erfolgreich abgeschlossen werden, sondern auch das Geschichtsbild der Leechkirche und damit auch das Geschichtswissen über Graz wesentlich erweitert werden.
Quelle: © Verfasst von Teresa-Maria Kristan