Rares Dokument der Grödner Bahn, Südtirol, Italien.
Die Grödentalbahn wurde von Ing. Riehl im Jahr 1906 von Klausen nach St. Ulrich projektiert. Die wirtschaftliche Notwendigkeit einer Bahnlinie ins Grödental ergab sich aus dem Export der Grödner Schnitzereien, die von Spielwaren auf sakrale Kunstgegenstände umgestellt hatte. Die damalige zu schmale Straße war nicht mehr für den Export voluminöser Kircheneinrichtungen und Altäre geeignet, um diese nach Italien und Frankreich zu bringen.
Die von den Grödnern gezeichneten Aktien reichten jedoch für die Finanzierung des Projektes von Ing. Riehl nicht aus.
Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges bzw. die im Mai 1915 erfolgte Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn verhalfen dem Projekt Grödentalbahn endgültig zum Durchbruch, da nun mitten durch die Dolomiten die Front verlief und dringend leistungsfähige Nachschubwege benötigt wurden. Auf Grundlage der Detailprojekte Ing. Riehls von Klausen bis nach St. Ulrich und dann weiter bis St. Wolkenstein am Talschluß wurde vom österreichischen Militär eine dampfbetriebene, in der Spurweite 760 mm angelegte Schmalspurbahn verwirklicht. Als Endpunkt der Trasse wurde der Talschluß des Grödentals in Plan gewählt, da dieser während des Dolomitenkrieges Ausgangspunkt eines umfangreichen Seilbahnnetzes zu den Kampfstellungen war. Die topographischen Verhältnisse des Grödentales verlangten die Errichtung zahlreicher Kunstbauten, darunter neun Tunnelbauwerke und 40 Brücken und Viadukte. Insgesamt über 10.000 Mann, darunter 6.000 russische Kriegsgefangene, errichteten von September 1915 bis Februar 1916 in nur 135 Tagen Bauzeit diese 31,4 Kilometer lange Bahn. Am 6. Februar 1916 konnte sie als erste Militärbahn in den Dolomiten ihren Betrieb aufnehmen.
Nach der Besetzung Südtirols durch italienische Truppen ging die Bahnlinie mitsamt dem österreichischen Schmalspur-Fahrzeugpark 1919 in den Besitz der Italienischen Staatsbahnen (FS) über, die die Bahn nach einigen Ausbesserungsarbeiten am 5. Februar 1919 wieder in Betrieb nahmen. Ende der 1920er Jahre erlebte die Bahn wieder einen Aufschwung, als sich der Dolomitentourismus neu belebte und auch die Grödner Schnitzereien mehr nachgefragt wurden.
Obwohl die FS den Betrieb der Bahn aufgrund ihrer Bedeutung für den Fremdenverkehr und der im Winter schlechten Straßenverhältnisse weiterführen wollte, erging die politische Weisung, die Grödentalbahn mit 29. Mai 1960 einzustellen.
(zitiert nach Thomas Mösl, 1999, S. 37 - 40)
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