Nach einer Originalzeichnung von F. Schlegel.
Der Brechlertag in Kärnten
Der Tag, an dem man den getrockneten Flachs auf der einfachen Brechelmaschine quetscht und durch Klopfen von den spröden Holzteilen - die hier "Agen" heißen - befreit, wird Brechlertag genannt und ist ein Festtag für die "Brechlerinnen", an dem sich diese allerlei Freiheiten gegen die "Mannerleut" herausnehmen dürfen, auch gegen den Bauern. Dieser versieht seine Taschen mit Silbergeld und begibt sich hinaus zum Brechelofen. Sofort lassen die Dirndln ihre Arbeit im Stich, fassen mit den Händen die kurzen "Agen" auf und stopfen sie ihm in den Hals und in alle Rocktaschen, ja sie stecken ihm auch kleine Flachsbündel in die Taschen und zünden sie an; guter Kärntner Loden fängt ja nicht leicht Feuer. Nun muss der Bauer mit dem Silbergeld herausrücken, wenn er nicht in Feuer aufgehen will. Dann ist er aber auch schnell seiner Angreiferinnen ledig. In der Nacht nach dem Flachsbrecheln wird gewöhnlich in der „Tenne“ getanzt und der Hausvater gibt zur Anfeuchtung der trockenen Kehlen je nach Vermögen ein Fässchen Apfelmost oder Wein preis.
Quelle: Die Gartenlaube, Halbheft 26, 1903, S. 732
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