Das Wiener Einküchenhaus, der "Heimhof" steht in der Pilgerimgasse in Wien, 15. Bezirk.
Der Architekt war Otto Polak. Der erste Teil, die Stiege 1 mit 35 Wohnungen, wurde von der "Heimhofgenossenschaft" 1923 eröffnet. Zentralküche, Speiseraum und Wäschereien waren bereits für die spätere Größe von 246 meist Ein- oder Zweizimmerwohnungen ausgelegt.
Eine Entwicklungslinie zu diesem Wohnkonzept leitete sich aus der frühen Frauenbewegung her, eine andere aus dem zunehmenden Problem, DienstbotInnen zu finden.
Von beiden Linien sind Elemente im "Heimhof" verwirklicht worden. Die Hausfrau sollte von schwerer Hausarbeit entlastet werden, moderne Einrichtungen wie Zentralheizung, eine mit allen verfügbaren technischen Hilfsmitteln der Zeit eingerichtete Zentralküche, Speiseaufzug, Wäscherei, Staubsauganlage, Müllschacht waren dafür vorhanden.
Die Mahlzeiten konnten wahlweise im Speiseraum eingenommen oder mit dem Speiseaufzug in die Wohnung bestellt werden.
Die häuslichen Arbeiten wie Aufräumen, Kochen und Wäschewaschen wurden von Angestellten verrichtet und von den MieterInnen bezahlt.
Im Speisesaal fanden oft wissenschaftliche und politische Vorträge und unterhaltsame Veranstaltungen statt. Eine große Dachterrasse bot Gelegenheit zur Entspannung und zu geselligem Zusammensein
Das Einküchenhaus blieb ein isoliertes Experiment. Bereits zu Beginn des Austrofaschismus (1934), spätestens aber bei der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1938, fand die Idee von Auguste Fickert ein Ende.
Speisesaal und Zentralküche wurden zugesperrt, die Gemeinschaftseinrichtungen unterteilt, nachträglich Küchen in die Wohnungen eingebaut. Jede Frau sollte wieder in ihrem eigenen "kleinen Reich" für die Familie (= Mann und Kinder) arbeiten
Der "Heimhof" wurde in den 1990er Jahren renoviert. Seit 1993 wurden Wohnungen zusammengelegt, die Fassade, das Dach und die Fenster in Ordnung gebracht, Aufzüge wurden eingebaut. Der bestehende Kindergarten wurde erweitert.
Die Kommentare der bürgerlichen Presse, sowie diverser Politiker waren meist nicht positiv:
"Gemeinsame Küchen in Mietshäusern sind abzulehnen, alles ist abzulehnen, was die seelischen Kräfte der Familie zerstört." (Reichspost. 5.9.1925)
"Es ist ein Unsinn, wenn eine Familie in einem solchen Einküchenhaus wohnt. Es ist auch aus sittlichen Gründen nicht anzuraten, der Hausfrau alle Sorgen für den Haushalt abzunehmen. Die junge Hausfrau soll sich nur sorgen, sie soll wirtschaften und sparen lernen, das wird ihr für die Zukunft nur von Nutzen sein." (Gemeinderatssitzung. 9.3.1923. Sitzungsprotokoll).
Quelle: bezirksmuseum.at
Soweit auch ein Nachtrag zum gestrigen „Frauentag“.