Olympia 1936 geht Son Kee Chung in Berlin als Mitfavorit an den Start, ein Jahr zuvor hat er einen neuen Weltrekord aufgestellt. Auch die japanische Qualifikation entscheidet er souverän für sich. Nach Deutschland reist er aber unter Protest: Autogrammkarten unterschreibt er konsequent mit seinem koreanischen Namen. Und wann immer es geht, vermeidet er es, das japanische Trikot zu tragen. Am 9. August aber, als sich die 56 Marathonläufer an die Startlinie des Olympiastadions begeben, prangt auf seiner Brust die rote Sonne auf weißem Grund.
Vom Stadion aus führt die Strecke die Läufer am Glockenturm vorbei in den Grunewald und die Havelchaussee hinab auf die Avus. Beim Wendepunkt nach der Hälfte der Strecke liegt noch der Argentinier Carlos Zabala in Front, der Olympiasieger von Los Angeles 1932. Bei Kilometer 35 aber, etwa auf Höhe des Grunewaldturms, zieht Son Kee Chung gemeinsam mit dem Briten Ernest Harper vorbei. Zabala stürzt, kann das Rennen zunächst noch fortsetzen und muss dann doch aufgeben. Der Weg zu Gold ist frei, Son Kee Chung lässt Harper stehen und gewinnt vor den Augen von Adolf Hitler mit dem olympischen Rekord von 2:29:19,2 Stunden. Harper holt Silber, Bronze geht an den Koreaner Nam Sung-yong, der ebenfalls für Japan starten muss und auf der Anzeigetafel mit dem Namen Nan Shoryu erscheint.
Als bei der Siegerehrung die japanische Hymne für sie gespielt wird, senken beide Koreaner den Kopf. Son Kee Chung hält den Eichen-Schößling, den er als Goldmedaillengewinner überreicht bekommen hat, vor seine Brust, als wolle er die Flagge der Kolonialmacht Japan verdecken. In seiner Heimat tut es ihm ein Zeitungsredakteur gleich: Er druckt trotz japanischer Zensur ein Foto ab, auf dem die Flagge der Besatzer wegretuschiert wurde. Japan verbietet das Erscheinen der Zeitung daraufhin für mehrere Monate, mehrere Journalisten werden zu Gefängnisstrafen verurteilt. Für die Koreaner aber ist Son Kee Chung ein aber ein ewiger Held.