164 Häuser sind niedergebrannt, 1.300 Obdachlose, zwei Tote, mehrere Vermisste und Verletzte.
Gestern Mittag gegen halb 1 Uhr verbreitete sich in Innsbruck plötzlich das Gerücht, dass die altehrwürdige, durch Kaiser Maximilians Erlebnis auf der Martinswand bekannte Ortschaft Zirl in Flammen stehe. Jene, welche den Inn aufwärts eilten, konnten sich alsbald überzeugen, dass man es leider mit trauriger Wirklichkeit zu tun habe, und wer den ins Oberinntal fahrenden Zug benützte, sah alsbald ein Rauchmeer vor sich, von dem sich nur die ziemlich unversehrt gebliebene Kirche und die gespenstig in die Höhe ragenden Schornsteine der abgebrannten Häuser abhoben. Und wer in Zirl ausstieg, konnte Zeuge eines selten geschauten Elendes sein. Schon am Bahnhof begegneten einem weinende Mütter, die klagende Kinder an der Hand führten, und Karren und Wagen, die mit Bettzeug, Möbeln und Kisten beladen waren. Neben der Straße sah man weidende Pferde, Schweine, Rinder und Ziegen. Rechts an der Brücke standen ein paar Postwagen, die man aus dem Flammenherd gerettet hatte. Über der Brücke verdichteten sich die Eindrücke noch in sehr erhöhtem Maße. Bei den Gasthäusern zur "Traube" und zum "Regenbogen" standen Karossen, schwerbeladene Bauernwagen, Karren und Feuerspritzen in bunter Menge, daneben sah man rußgeschwärzte Feuerwehrmänner, entsetzte Zuschauer und frei umherlaufendes Vieh. Eine Schlauchlinie führte von hier gegen das Innere des Dorfes. Ihr folgend, kam man bald zu den ersten Ruinen, dann wanderte man schier endlos zwischen Glut und Hitze, rauchenden Trümmermassen, ausgebrannten Geschäftsräumen, einsturzgefährlichen Giebeln und Kaminen, verkohlten Schildern, verdorrten Bäumen und schwarzen Mauern, zwischen denen unablässig gierige Flammen hervorzüngelten. Dort und da lagen verkohlte Rinder, Katzen und Hühner. Von den Telegrafen- und Beleuchtungsleitungen hingen die Drähte zu Boden und die Masten waren verkohlt oder, sofern sie aus Eisen bestanden, verbogen und geknickt. Selbst die Bretter der Ritschen waren verkohlt. Unablässig waren noch Spritzen in Aktion, fortgesetzt hörte man Signale und dazwischen das Donnern der stürzenden Mauern.
Der Ausbruch des Brandes
Gestern (Sonntag) gegen 3/4 12 Uhr mittags wurden die Bewohner des lieblichen Dörfchens Zirl plötzlich von Feuerlärm aufgeschreckt. In der gegen Innsbruck zu führenden Meilengasse war Feuer ausgebrochen. Man weiß nicht genau, in welchem Haus. Die einen sagen im Hause Nr. 38 des Sattlers Schiffmann, die anderen behaupten, im Hause Nr. 39 des Bauers Franz Lechleitner, vulgo Pfasser. Kinder, die dort mit Zündhölzchen oder Pulver spielten, sollen den Brand verursacht haben. Andere wieder glauben, dass ein Kaminbrand bei einem Bäcker die Ursache war. Es hatte wohl niemand Zeit, lange nachzufragen, denn das Feuer verbreitete sich mit wahrer Blitzeseile. Erst erfasste es noch einige im Osten der Meilergasse liegende Häuser, dann wurde es von dem übrigens gar nicht heftigen Ostwind westwärts über die Ortschaft hingetragen und im Nu standen nun die mitten im Dorf befindliche Post und fast gleichzeitig auch der jenseits des Schlossbaches liegende Gasthof zum "Steinbock" in Flamm