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Cornelius Fabius

Anmut und Schönheit in Marmor. Eine Nymphe thront bis heute.

Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;
Da war’s um ihn geschehn:
Halb zog sie ihn, halb sank er hin,
Und ward nicht mehr gesehn.

-Johann Wolfgang von Goethe-

Diese Damenplastik in klassischer Ästhetik gehalten, schmückt eine Grabanlage aus den 1950er Jahren, sie sorgte schnell für Furore und machte in den 60er Jahren wohl so manch einen auf dem Friedhof wahnsinnig, wie ich las. Sorgte sie damals für Aufregung, wo ihr Zauber schon nicht gebannt werden konnte und man sie hier nicht zu haben wünschte. Nackte Schönheiten und erotische Darstellungen, na aber natürlich auch bei uns, obwohl sich meine Vaterstadt ja damit rühmte, eine kühle Reserve zu bewahren. Da sitzt sie nun harmonisch in ihrer Natürlichkeit und mit leicht gesenktem, mondänem Blick und man verliert sich nur in ihren Reizen. Es bedurfte anscheinend keiner letzten, frommen oder liebevollen Worte, sondern einfach nur dieser Skulptur, in welcher der Betrachter verlorengehend, nicht unbedingt der Trauer gedenkt. Aus diesem Verlorengehen, könnte hervorgehen, dass der Verstorbene selbst es wünschte, seinen Tod nicht nur zu betrauern, sondern auch wieder zum reinen und schönen seine Wege zu finden. Und stets vielleicht der Weiblichkeit zugetan zu sein.

Der Bildhauer Egon Lissow, der wohl dieses Werk in lasziver Pose 1955 schuf, schenkte damit nicht nur dem Grabe einst einen besonderen Schmuck, sondern auch der gesamten Hansestadt eine weitere bildhauerische Schönheit. Diese Frau ist eine der vollkommen unbekleideten Statuen auf unserem „Ohlsdorfer“.
Was auch alles um sie herum geschah: Sie lächelte nur jenen vornehm und gar etwas frech entgegen und trotzte und siegte betörend. So sitzt sie bis heute auf ihrem bescheidenen Stein so liebreizend und genießt es nach wie vor bewundert zu werden. Aber jeder wird mit dem gleichen Lächeln beschenkt, was manch einem im wirklichen Leben versagt bleibt, empfängt er hier in der Welt des Jenseits, wo Liebe verewigt wurde, Zärtlichkeit und Hingabe herausdringen. Es ist nicht bekannt, welche Dame hier verewigt wurde, doch hat sie gar dem verstorbenen vielleicht treu an der Seite gestanden? Die heimliche Liebe. Noch heute gibt es wohl die Meinungen, ob diese Skulptur nicht lieber in die Kunsthalle gehört und nicht auf ein Grab. Eine Stimme erklang und sagte sogar einmal, sie würde an die errungene sexuelle Befreiung der letzten Jahrzehnte erinnern. Diesem Gedanken kann man sich nähern, vielleicht auch ganz für sich selbst, denn wirkt diese Plastik nicht tatsächlich in irgendeiner Form die Gedanken befreiend?
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Kategorie
Friedhofskultur
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Cornelius Fabius
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