Der älteste bemalte Bildstock Österreichs steht in Lienz, Osttirol, in der östlichen Fortsetzung des Rindermarktes neben dem alten Siechenhaus. Dort wird bereits 1390 ein „gemauertes Kreuz" urkundlich erwähnt, also ein Totenmal für die im Siechenhaus Verstorbenen. Die Entstehung des heutigen Bildstocks wird um die Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert angesetzt, sein hohes Alter macht ihn zu einer kulturhistorisch wichtigen Erscheinung. Auf einem kurzen zylindrischen Schaft erhebt sich ein gedrungener Aufsatz mit vier Nischen, die durch breite Stege voneinander getrennt sind. Ein kräftig vorkragendes Schindeldach unterstreicht die schwere Gesamtform. Die Nischen sind mit figuralen Darstellungen geschmückt; der Zustand der Bilder ist im oberen Teil ziemlich gut, im unteren Teil durch Witterungseinflüsse in Mitleidenschaft gezogen und z. T. unkenntlich.
Die Westseite zieren eine Kreuzigungsgruppe im Nischengrund und an den Schrägseiten Maria und Johannes; am Wölbungsbogen Sonne und Mond. Die Südseite zeigt die Anbetung der Könige, die Nordseite vier Heilige: Nikolaus, Dorothea, Katharina und einen heiligen Bischof. Die Ostseite schließlich wird dominiert vom hl. Christophorus.
Alle Bilder sind von Bändern eingefaßt, die Stege sind marmoriert.
(Textquelle: Werner Auer, Josef Stock, Bildstöcke und Wegzeichen in Tirol, Innsbruck 1990, S. 122)
Aufnahme: 1967
© Bildarchiv SAGEN.at, Nr. 45410