Altöttinger Kapelle in Horn, Niederösterreich.
Sie wurde Mitte des 17. Jh. am Ende der doppelten Häuserreihe der Tuchmachersiedlung als kleiner Zentralbau nach dem Vorbild der bayrischen Altöttinger Kapelle von Ferdinand Sigmund Graf Kurz von Senfftenau errichtet. (Infotafel)
Tuchmachersiedlung in Horn, die beispielhafte Wohnsiedlung einer wichtigen Handwerkszunft
Seit 1652 ließ Ferdinand Sigmund Graf Kurz von Senfftenau (1628-1659 Stadtherr von Horn) vor dem Raabser Tor eine Siedlung für die Tuchmacher errichten. Die 30 eingeschossigen, giebelständigen Kleinhäuser sind zweizeilig angelegt. Im Laufe der Zeit wurden sie vielfach verändert und zum Teil zerstört. Die ursprüngliche Bausubstanz ist nur mehr teilweise erhalten.
Am Ende der Häuserreihen im Fluchtpunkt der Straße befindet sich die so genannte „Altöttinger Kapelle", die der in München geborene Graf Kurz 1656 nach dem Vorbild der «Heiligen Kapelle" in Altötting (Bayern) erbauen ließ. Der achteckige Zentralbau stand ursprünglich wohl alleine und wurde erst lange nach seiner Entstehungszeit durch die seitlichen Zubauten erweitert. 1987-1989 fand die Generalsanierung der Kapelle statt. In der Siedlung gab es auch eine herrschaftliche Taverne, in der Wein und Bier ausgeschenkt wurden. Der 115m lange Platz zwischen den Häuserzeilen und der Kapelle an der Stelle der heutigen Raabser Straße diente den Tuchmachern wahrscheinlich als Viehweide.
Das Tuchmachergewerbe ist in Horn mindestens seit 1562 nachweisbar. Eine Handwerkszunft wie in Waidhofen an der Thaya gab es jedoch erst ab 1586. Unter der Herrschaft von Graf Kurz kam es dann zu einem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung in Horn. Zu den wenigen ortsansässigen Meistern zog Kurz seit etwa 1647 viele fremde Gesellen und Meister hinzu, so dass es im November 1653 in der Stadt 49Tuchmachermeister, 56 Knappen, 17 Lehrlinge und 134 Spinnerinnen gab. Der Jahreszins in der neuen Siedlung betrug 1 Gulden und war an die Herrschaft zu entrichten. Abnehmer der Tuche war hauptsächlich die kaiserliche Hofkammer, die den Stoff zur Einkleidung von Soldaten verwendete.
Nicht nur wirtschaftliches Eigeninteresse, also das Eintreiben hoher Abgaben und Steuern, war für den Grafen der Grund für die Einrichtung des Tuchverlags. Nachdem 1620 in der „Schlacht am Weißen Berg" die politische Macht der protestantischen Stände gebrochen worden war, wurde die Gegenreformation mit starkem Druck fortgesetzt. Kurz setzte alle seine Mittel ein, um die Stadt zu rekatholisieren, und eines davon war eben, katholische Tuchmacher aus Mähren und Schlesien in seine Siedlung zu holen. Auch die Erbauung der Kapelle diente diesem Zweck.
Der von Graf Kurz organisierte Tuchverlag war wahrscheinlich die erste Gründung einer Textilmanufaktur in der Habsburgermonarchie. Nach dem Tode des Grafen Kurz ging die Tuchmanufaktur, auch bedingt durch
verschiedene sozialökonomische Veränderungen, ihrem Niedergang entgegen. 1675 gab es in Horn nur mehr 12 Tuchmachermeister. (Infotafel)